12.07.2024
PORTRÄT

Vorarlberger Startup Gleap: Mit Customer Feedback zu 250 Millionen Nutzer:innen

Das Software-Startup Gleap entstand aus dem Wunsch heraus, Bugs einfacher zu melden. Mittlerweile hat man Unternehmen wie SquareSpace als Kunden.
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Gleap Gründerteam Manuel Koch, Isabella Salzmann, Tobias Duelli, Lukas Böhler Software Bug Reporting Vorarlberg Startup
Das Gleap-Team, v.l.n.r.: Manuel Koch, Isabella Salzmann, Tobias Duelli, Lukas Böhler (c) Gleap

Viele Startups entstehen aus der Absicht heraus, ein bestimmtes Problem zu lösen. So lief auch die Gründungsgeschichte von Gleap ab: Die Vorarlberger Softwareagentur BoehlerBrothers hatte immer wieder das Problem, dass Kund:innen Fehler und Anpassungswünsche in komplizierten E-Mails beschrieben haben. Für die Softwareentwickler:innen war es oft kaum nachvollziehbar, wo genau der Bug bestand. Daher entwickelte man ein ursprünglich nur für den Eigengebrauch gedachtes Programm: Bugbattle.

Customer Feedback bei Gleap an erster Stelle

Isabella Salzmann war damals Projektmanagerin in der Agentur. Sie kam ursprünglich aus dem politischen Bereich und hatte bei der Vorarlberger Arbeiterkammer an dem Projekt Digital Campus gearbeitet. Auf der Suche nach einem Coding-Experten stieß sie auf Lukas Böhler, mit dem sie schon gemeinsam in der Schule war. “In Vorarlberg ist die Welt noch kleiner als in Österreich”, wie Salzmann sagt. Böhler holte sie zur Agentur BoehlerBrothers, die er gemeinsam mit seinem Bruder Florian leitete.

Im brutkasten-Interview erzählt Salzmann, dass sowohl Entwickler:innen als auch Kund:innen schnell den Mehrwert von Bugbattle erkannten. Endnutzer:innen können Fehler direkt auf der Website melden, im Hintergrund werden Daten zum verwendeten Endgerät und Browser gesammelt. Das erleichtere die Arbeit für Entwickler:innen enorm und erspare Zeit.

2020 entschloss man sich daher, das Programm als Startup auszugründen. Auch der Name wurde geändert: Aus Bugbattle wurde Gleap, eine Zusammensetzung der beiden Wörter “Glee” und “Leap”. Letzteres bezeichnet in der Softwareentwicklung einen großen Fortschritt oder Erfolg. Gleap ist bootstrapped, finanziert habe man sich aus Eigenmitteln der Agentur und Förderungen. Mit an Bord ist außerdem der Vorarlberger Business Angel Christian Beer mit einer Beteiligung von 39 Prozent. Das Founderteam besteht aus Lukas Böhler (CEO), Isabella Salzmann (COO) und Tobias Duelli (CTO).

AI first

War Gleap ursprünglich nur ein Bug-Reporting-Tool, sehe man sich heute als “vollumfängliche Customer Feedback Suite”, wie Isabella Salzmann erklärt. Vor allem durch Customer Feedback habe man sich nach und nach weiterentwickelt. Mittlerweile habe man rund 770 Kund:innen, 75 Prozent davon sitzen in den USA. Gleap arbeite mit der Devise “AI first”: Das Herzstück ist der Chatbot KAI, der auf Basis von ChatGPT-4-Turbo arbeitet. Unternehmen können ihre eigenen Manuals und FAQs als Grundlage für die Beantwortung von Kund:innenanfragen hochladen. Knapp 50 Prozent aller Fragen könne KAI beantworten, der Rest werde an Support-Mitarbeiter:innen weitergeleitet.

Bei der Frage, welche Unternehmen Gleap bereits verwenden, wird der große Anwendungsbereich deutlich: Vom Softwareunternehmen SquareSpace bis hin zur Pizzakette Papa John’s sei man breit vertreten. Alle Kund:innen dürfe Salzmann nicht nennen, es seien aber einige große Enterprises darunter. Gleap ist ein klassisches Software-as-a-Service-Modell, je nach Traffic und Größe des Unternehmens werden verschiedene Lizenzen verkauft.

250 Millionen Endnutzer:innen

Während des Gesprächs mit brutkasten sitzt Isabella Salzmann vor einer weißen Wand, auf der bienenwabenförmige Tafeln mit Motivationssprüchen hängen. Einer davon ist: “The most important thing is to enjoy your life – to be happy. It’s all that matters.” Vielleicht ein Hinweis darauf, dass auch Customer Success immer mehr im Mittelpunkt steht: “Das Thema Customer Relations kommt immer mehr, das hilft uns extrem, weil Firmen merken wie wichtig Kund:innenkontakt ist.”

Und wie sieht das innerhalb eines Gründer:innenteams aus, steht dort auch Zufriedenheit und Harmonie an erster Stelle? Salzmann wirft ein: “Ich weiß gar nicht, ob Harmonie immer das ist, wonach man suchen soll. Ab und an eine Explosion führt zu coolen Ideen.” Reibung erzeugt Innovation. Am wichtigsten sei vor allem offene Kommunikation, dass Probleme offen angesprochen werden und miteinander diskutiert werde, wohin das Produkt sich entwickeln soll.

Gleap ist derzeit schon profitabel, man wachse aktuell um 12 bis 20 Prozent pro Monat. Diese Richtung wolle man auch in Zukunft fortsetzen, auch das Team soll wachsen. In den kommenden Wochen werde ein fünfter Mitarbeiter angestellt, der ausschließlich remote arbeiten wird. Rund 250 Millionen Endkund:innen erreicht Gleap pro Monat. Neue Kund:innen würden vor allem durch Weiterempfehlungen zu Gleap kommen, das kleine Marketing-Budget stecke man in Suchmaschinenoptimierung.

Fragt man Salzmann nach Tipps für Gründerinnen, legt sie sich schnell auf zwei Worte fest: Einfach machen. “Wenn man eine coole Idee hat, ist das schon die halbe Miete”, sagt sie. “Oft traut man sich in der letzten Konsequenz nicht, da bleiben viele gute Ideen auf der Strecke.” Dabei könne eine gute Idee so viel bewirken. Man müsse nur den Leap wagen.

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Das "Expedition Zukunft"-Team, Annamaria Andres (erste links) | (c) FFG

In Zeiten großer gesellschaftlicher, wirtschaftlicher und ökologischer Herausforderungen braucht es mutige Ideen, die nicht nur schrittweise verbessern, sondern bestehende Systeme grundlegend neu denken. Genau hier setzt das Förderprogramm „Expedition Zukunft“ der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) an. Annamaria Andres, die das Programm maßgeblich mitentwickelt hat, betont: “Die EU und auch Österreich sind sehr gut in inkrementellen Innovationen und Grundlagenforschung, doch es braucht auch disruptive Ansätze, um die Welt zu einem besseren, gerechteren und nachhaltigeren Ort zu verändern.”

Mehr als inkrementelle Verbesserungen

Das Ziel von “Expedition Zukunft” ist es, Projekte zu unterstützen, die einen echten Paradigmenwechsel bewirken können. Während traditionelle Innovationsprogramme oft auf Verbesserungen bestehender Technologien und Prozesse abzielen, sucht „Expedition Zukunft“ nach bahnbrechenden Ideen. Es geht darum, mit komplett neuen Ansätzen die jetzigen Herausforderungen anzugehen. Diese Herausforderungen könnten technologischer, gesellschaftlicher oder ökologischer Natur sein.

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Zwei Wege in die Zukunft: #START – Business Edition und #INNOVATION

Das Programm gliedert sich in mehrere Ausschreibungsschienen. Hier ein Überblick zu zwei Förderschienen, die sich besonders für Gründer:innen von Startups und KMU eignen:

  • #START – Business Edition: Hier können Gründer:innen und KMU einreichen, die ganz am Anfang stehen. Sie haben eine visionäre Idee, aber noch kein ausgearbeitetes Konzept. Es geht darum, die Durchführbarkeit zu testen – nicht nur aus technischer Sicht, sondern auch in Bezug auf soziale Aspekte, strategische und rechtliche Rahmenbedingungen. Für diesen Schritt stellt die FFG bis zu 80.000 Euro zur Verfügung.
  • #INNOVATION: In dieser Schiene wurde ein Problem bereits klar definiert, die Lösung ist jedoch noch offen. Mit einer Förderung von bis zu 150.000 Euro bei einer Förderquote von 50 Prozent unterstützt das Programm die Lösungsfindung in Zusammenarbeit mit relevanten Stakeholdern. Hier geht es um iterative Innovationsprozesse, wie zum Beispiel Open Innovation und Design Thinking, um eine optimale Lösung für eine Zielgruppe oder ein disruptives Geschäftsmodell zu entwickeln.

Weitere Ausschreibungsschienen findet ihr auf der Programm-Website.

Mut zum Risiko und zur Veränderung

Disruptive Innovationen sind riskanter als schrittweise Verbesserungen. Sie bewegen sich oft in unklaren rechtlichen Rahmenbedingungen, müssen neue Märkte erschließen und kulturelle Veränderungen anstoßen. Diese bahnbrechenden Ideen haben ein höheres Umsetzungsrisiko. Deshalb bietet das Programm neben finanzieller Unterstützung auch umfassende Beratungsservices und Expeditionsguides.

Die Expeditionsguides sind Expert:innen, die die geförderten Projekte begleiten. Neben der individuellen Begleitung bietet das Programm auch Netzwerktreffen, bei denen sich die Fördernehmer:innen untereinander austauschen können.

Von der Vision zur Umsetzung

Ein zentrales Kriterium für die Förderung ist der Mut zur großen Vision. Dahingehend werden Fördernehmer:innen gesucht, die größer denken und bereit sind, neue Wege zu gehen. Diese Vision muss auch einen gesellschaftlichen oder ökologischen Mehrwert bieten. Es geht nicht nur um Profit, sondern um Impact – sei es in der Umwelt, der Gesellschaft oder der Wirtschaft.

Ein Beispiel für solche visionären Projekte sind Innovationen in der Raumfahrt, der Krebsbekämpfung, sozialen Inklusion oder Pflegekonzepte für eine alternde Gesellschaft.

Solche Ideen stoßen jedoch oft auf große gesellschaftliche Herausforderungen. So stellt beispielsweise die Bereitschaft der Menschen, eingefahrene Verhaltensmuster zu ändern, eine Hürde dar. Genau hier setzt das Programm an, um den notwendigen Wandel zu unterstützen und den Weg für zukunftsweisende Innovationen zu ebnen.

Unterstützung, die über Geld hinausgeht

Neben der finanziellen Förderung bietet „Expedition Zukunft“ auch umfangreiche Beratungsleistungen. Dazu gehören Workshops zu Geschäftsmodellen, Strategieberatung oder Hilfe bei IP-Fragen. So soll sichergestellt werden, dass die Projekte nicht nur technisch funktionieren, sondern auch erfolgreich umgesetzt werden können.

Das Programm „Expedition Zukunft“ vernetzt die Teilnehmenden gezielt mit relevanten Partner:innen aus Wirtschaft, Forschung und öffentlichem Sektor. Ein starkes Netzwerk aus Wirtschaftsagenturen, Ministerien und internationalen Partnern unterstützt dabei, die richtigen Kontakte zur richtigen Zeit zu knüpfen – oft der Schlüssel zum Erfolg eines Projekts.

Bewerbungsfrist und Kriterien

Die Einreichfrist für die #START Business Edition endet am 28. Januar um 12:00 Uhr. Die Schiene #INNOVATION ist als laufende Ausschreibung angelegt. Bewerber:innen müssen neben einer bahnbrechenden Idee auch den Willen mitbringen, Risiken einzugehen und groß zu denken. Diversität, gesellschaftlicher Impact und die Bereitschaft zur Veränderung sind entscheidend.

Abschließend merkt Andres an: “Wir suchen Visionär:innen, die bereit sind, die Welt zu verändern. Die Expedition Zukunft ist für diejenigen, die über den Tellerrand hinaus denken, die mutig sind und größer denken. Wer bereit ist, sich dieser Herausforderung zu stellen, findet in dieser Initiative der FFG nicht nur einen Förderer, sondern einen Partner auf dem Weg in die Zukunft.”

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