10.11.2022

Vienna Textile Lab: Wie ein Wiener Startup die Textilindustrie revolutioniert

Das Vienna Textile Lab ersetzt schädliche, synthetische Farbstoffe mit biobasierten Alternativen. Im Gespräch mit dem brutkasten spricht CEO und Gründerin Karin Fleck über die Zukunft der organischen Textilproduktion. Anfang November wurde Fleck zudem mit dem Gründerpreis Phönix 2022 in der Kategorie “Female Entrepreneur” ausgezeichnet.
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Karin Fleck Vienna Textile Lab
Karin Fleck, Gründerin und CEO des Vienna Textile Labs (c) Johannes Hloch, Vienna Textile Lab
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Im Juli 2011 veröffentlichte Greenpeace den Dirty Laundry Report, der globale Fashion Brands für die Umweltverschmutzung in China verantwortlich macht. In den Abwässern internationaler Konzerne seien toxische Chemikalien gefunden worden, die sowohl Umwelt als auch Gesundheit für Mensch, Tier- und Pflanzenwelt gefährden. Die Forderung der NGO: Globale Fashion Player müssen ihre Supply Chains verkürzen und ihre Textilproduktion nachhaltiger gestalten.

Forscher- und Expertenteams aus aller Welt haben sich dieser Challenge angenommen. Eines davon ist das Vienna Textile Lab, ein Startup rund um Gründerin und CEO Karin Fleck. Gemeinsam mit ihrem Team entwickelt Karin biobasierte Farbstoffe aus Mikroorganismen als Alternative zu synthetischen Additiven. Ihre Mission: Den Produktionsprozess von Textilien zu dekarbonisieren, Lieferketten zu verkürzen und die Textilbranche so nachhaltig wie möglich zu gestalten.

Wie das Vienna Textile Lab die Textilindustrie verändert

Das Wiener Startup kooperiert mit lokalen Bakteriolog:innen, Universitäten und Designer:innen, um Farbstoffe aus Mikroorganismen zu erzeugen und als Alternative zu umwelt- und gesundheitsschädlichen synthetischen Additiven auf den Markt zu bringen. Die Business Idee entstand 2017, als GmbH gibt es das Vienna Textile Lab seit 2021. “Langfristig wollen wir nicht nur Farbstoffe, sondern alle Additive, die in unsere Kleidung kommen, biobasiert produzieren und gesündere Produkte herstellen – sowohl für unsere Umwelt, als auch für uns selbst”, erzählt Karin im Gespräch mit dem brutkasten.

Farbstoffe werden im Vienna Textile Lab aus Mikroorganismen hergestellt. (c) Vienna Textile Lab

Warum die Fashion Industrie biobasierte Farbstoffe benötigt

Nicht alle synthetischen Farbstoffe sind schädlich. Doch ein Großteil synthetischer Additive kann Umwelt und Gesundheit schaden: Textile Workers, also Menschen, die in der Textilproduktion arbeiten, seien aufgrund ihrer Arbeitssituation einem höheren Krebsrisiko ausgesetzt. “Nicht zu vergessen: Die Umweltverschmutzung um die Textilfabriken”, erklärt Karin. Denn das Abwasser synthetischer Farbstoffe kommt letztendlich in das Grundwasser. Zudem werden fossile Farbstoffe in erster Linie aus Erdöl gewonnen. “Die Lieferketten sind kaum überschaubar. Ein Farbstoff durchläuft dutzend Produktionsschritte und Lieferstopps”, erklärt Karin den Missstand in der synthetischen Farbstoffproduktion.

Biotech ist skalierbar – und eine Preisfrage

Im Gegensatz zu fossilen Farbstoffen können Biochemicals regional produziert werden. Je mehr Additive biologisch hergestellt werden, desto besser: “Eine Zelle kann nicht alle Moleküle herstellen. Aber jene, die in ihrem Stoffwechsel ohnehin entstehen, sollte man nutzen.” Mit den Farbstoffen des Vienna Textile Labs schließt Karin eine Marktlücke. Ob sich biobasierte Farbstoffe in Massenproduktionen umsetzen lassen? Karin zufolge sei dies ohne Weiteres möglich: “BioTech ist definitiv skalierbar, das sehen wir in der Pharmaindustrie. Und mit dem richtigen Preis-Leistungsverhältnis ist das auch in der Modeindustrie machbar.”

(c) Vienna Textile Lab

Die Finanzierung des Vienna Textile Labs

Bezahlte Kundenprojekte treiben sowohl die Finanzierung als auch die Forschung und Entwicklung der Biochemicals des Startups voran. In Pre-Industrial-Runnings zeigt das Team rund um Karin, dass organische Farbstoffe in standardisierten Produktionsabläufen funktionieren und kommerziell verwendet werden können. Weiters werden ihre Produkte in sogenannten Capsule Collections, einer Vorstufe zu gelaunchten Kollektionen, auf Verlässlichkeit und Umsetzbarkeit getestet. “Von den 20 bis 30 Farbstoffen, an denen wir arbeiten, wollen wir vorerst die besten zwei bis drei bis 2025 kommerzialisieren”, sagt Karin zu den Zukunftsplänen des Startups.

Dank der Finanzierung der AWS konnte das Vienna Textile Lab sein Know-How erweitern und Kundenprojekte umsetzen, erklärt Karin: “Die Pre-Seed-Phase ist seit letztem Jahr abgeschlossen, wir befinden uns nun in der Seed-Financing-Phase der AWS. Das hilft uns, weiter zu wachsen, nach Investor:innen zu suchen und Fundraising zu betreiben. Dank dem AWS können wir uns auf unseren Unternehmensgegenstand konzentrieren und uns vor allem in puncto Nachhaltigkeit kontinuierlich verbessern.”

Neben der Unterstützung der AWS finanziert sich das Startup über Förderungen wie den Climate-KIC Accelerator des Impact Hub Vienna: “Mittlerweile arbeiten wir auch auf EU-Ebene mit diversen Initiativen zusammen, wie dem New European Bauhaus, das Nachhaltigkeit, Inklusion und Energie kombiniert.”

Eine grüne, bunte Zukunft

“Die Zukunft der Fashion Industrie liegt in lokaler, biobasierter Produktion”, erklärt Karin. Eine biobasierte Textilproduktion müsse zur Norm werden, um nachhaltige Kreislaufwirtschaft in der Modeindustrie zu garantieren. ”Wir wollen zeigen, dass Färbe- und Druckprozesse in der Textilindustrie sehr wohl biobasiert möglich sind. Irgendwann soll der ganze Finishing Prozess des Textils biologisch abgedeckt werden”, beschreibt Karin die Mission des Vienna Textile Labs, das eine grüne Zukunft der Textilindustrie ermöglichen möchte. “Biotech ist ein Marathon, kein Sprint. Wir tasten uns langsam vor und machen die Welt um uns herum jeden Tag ein Stück nachhaltiger.”

Anfang November wurde Fleck mit dem Gründerpreis Phönix in der Kategorie “Female Entrepreneur” ausgezeichnet. Dabei wird ein eingereichtes Projekt prämiert, an dem eine Frau als Forscherin, Gründerin oder Geschäftsführerin maßgeblich beteiligt ist. Mehr darüber könnt ihr auch hier nachlesen.

*Disclaimer: Dieser Beitrag erscheint in Kooperation mit der Austria Wirtschaftsservice.

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Lisa-Marie Schiffner gründet eigenes Tech-Startup Lmwy. (c) Lmwy

Über vier Millionen Menschen folgen ihr auf Social Media, sie wurde in die “Forbes 30 under 30” aufgenommen und gründete mit Anfang 20 ihr eigenes Startup. Die Rede ist von Lisa-Marie Schiffner: Sie gehört zu den bekanntesten Persönlichkeiten in Österreichs Social-Media-Landschaft. Die heute 23-Jährige startete 2013 ihre Reise als Content Creatorin und zählt mittlerweile zu den erfolgreichsten des Landes. Mit ihrer Leidenschaft für Fotografie und Videografie begeistert sie seit rund elf Jahren ihre Community, die insgesamt auf über vier Millionen Follower:innen angewachsen ist.

Was viele nicht wissen: Schon lange vor ihrem Social-Media-Erfolg verfolgte Schiffner den Traum, eine eigene App zu entwickeln. Ende letzten Jahres setzte sie diese Vision in die Realität um und gründete das Tech-Startup Lmwy. Kurz darauf brachte sie ihre Editing-App auf den Markt. Die Idee entstand aus ihrer Frustration, ständig mehrere Apps für die Bildbearbeitung nutzen zu müssen. Ihre Lösung: eine einzige App, die all die Anforderungen und Bedürfnisse eines Content Creators erfüllen soll.

Lmwy als “All-in-One”-Creator-App

Nach fünf Jahren Optimierungszeit war es dieses Jahr endlich so weit: Am 15. April launchte Schiffner ihre Lmwy-App. Die Plattform positioniert sich als die erste „All-in-One“-Creator-App, die laut Produktversprechen sämtliche Werkzeuge für die Content-Produktion in einer Anwendung vereint. Dazu gehören ein Bildbearbeitungstool mit Vorlagen und Filtern sowie ein Video-Tool, das als mobiles Schnittprogramm fungiert. Mit diesen Funktionen soll Lmwy alle notwendigen Features an einem Ort bündeln und das laut Schiffner zu einem vergleichsweise günstigen Preis.

Gegenüber brutkasten betont Schiffner: „Damals musste ich mir alles selbst beibringen und das Problem war, ich musste mir alles zusammen suchen. Ich möchte anderen die Möglichkeit geben, an einem einzigen Ort kreieren zu können – und das nicht nur für professionelle Creator, sondern für alle, die einfach Lust darauf haben”.

Eine weitere Besonderheit der App ist das integrierte Community-Forum, das als Plattform für Austausch und Unterstützung dienen soll. Dort teilt Schiffner ihre Erfahrungen und Tipps als erfolgreiche Content Creatorin. Nutzer:innen erhalten Tutorials zu den neuesten Content-Trends und Inspiration für eigene Projekte. Außerdem verriet Schiffner im Interview, dass bereits die ersten Community-Events in Planung seien. Diese sollen die Möglichkeit bieten, sich persönlich zu vernetzen und gemeinsam Ideen rund um Content Creation auszutauschen.

50.000 iOS-Downloads in einem halben Jahr

Das Unternehmen Lmwy wurde von Beginn an durch Schiffners Personal Brand finanziert. Sie berichtet, dass sie während der Entwicklungsphase „immer wieder viel an der Personal Brand arbeiten musste, um das Startup überhaupt hochziehen zu können”. Die Einnahmen stammen aus den Abonnements der App sowie einem eigenen Online-Shop, bei dem ein speziell für die Content-Produktion entwickelter Kalender angeboten wird. Nach eigenen Angaben verzeichnete die App im ersten Halbjahr bereits 50.000 iOS-Downloads und erzielte einen Umsatz von über 100.000 Euro.

Um die Vision zu verwirklichen, holte sie zwei App-Entwickler ins Team – jeweils für iOS und Google Play. Abgesehen davon sei Lmwy aus einer reinen „One-Woman-Show“ entstanden, wie sie im Interview erklärt. Bis heute übernimmt Schiffner einen Großteil der Aufgaben selbst: von Designentscheidungen bis hin zum Marketing. Zusätzlich greift sie bei Bedarf auf die Unterstützung von Freelancer:innen im Grafikbereich zurück.

Schiffner über Lmwy: “Ich bin auf viel Ablehnung gestoßen”

Der Arbeitsaufwand, besonders in der Anfangsphase, sei zwar oft überwältigend gewesen, doch ihre Vision und ihr Durchhaltevermögen hätten überwogen, erzählt Schiffner im Interview. „Ich habe mir einen Bereich ausgesucht, der mich challenged. Nach elf Jahren als Creator habe ich für mich eine neue Herausforderung gebraucht. Es fühlt sich gerade an wie damals am Anfang von meiner Social Media Karriere, wo sich alles so schwer angefühlt hat. Aber ich habe Bock drauf, ich will dazu lernen und mich weiterentwickeln“.

Schiffner begann ihre Social Media-Karriere zwar rein aus Leidenschaft für die Fotografie, erkannte jedoch bald das enorme Potenzial, das die Plattformen im Bereich Marketing bieten. Dennoch stößt sie des Öfteren auf die Skepsis, die ihrem Berufsfeld entgegengebracht wird. Im Interview erzählt sie: „Ich bin auf viel Ablehnung gestoßen, weil meine App halt darauf ausgerichtet ist, mit Social Media zu interagieren. Dann präsentierst du das eingesessenen Business-Menschen, meistens Männern, die dann letztendlich erstens dich für zu jung empfinden und zweitens dann die Idee scheiße finden, was auch völlig in Ordnung ist”.

Als Frau erlebte sie zusätzlich, dass ihr oft weniger zugetraut wird. „Es ist eine Zusatz-Challenge“, sagt Schiffner, „es gibt immer noch sehr viele Vorurteile, dass eine Frau nicht fähig ist, ein Team zu führen oder irgendwie krass Karriere zu machen“. Anstatt dass Schiffner sich davon demotivieren lässt, lernte sie, an der Kritik und ihren Fehlern zu wachsen. „Ich ecke gerne an, ganz ehrlich. Mittlerweile finde ich es sogar lustig”.

Schiffner mache “Business mit Herz”

Die Lmwy-App ist mit ihren sechs Monaten noch in einer frühen Entwicklungsphase und befindet sich weiterhin in der Optimierung. Für das Team bedeute das Learning by Doing, da die technischen Herausforderungen einer Bildbearbeitungsapp laut Schiffner sehr komplex seien. In Zukunft plant sie, verstärkt auf Fotomanipulation durch Künstliche Intelligenz zu setzen und den Community-Bereich der App weiter auszubauen.

Langfristig schließt Schiffner die Gründung eines weiteren Unternehmens aus. Ihr Terminkalender lasse dafür neben Lmwy und ihrer Personal Brand keinen Raum. Außerdem sei sie sehr familiengebunden und will zukünftig in “Richtung Family gehen und auch eine andere Seite des Erfolgs, den im Personal Life, dann auch genießen”, sagt die 23-jährige Steierin. „Also ich muss nicht mehr die Welt zerreißen. Ich habe voll Bock auf das, was ich gerade mache und ich bin da mit Herz und Seele dabei, aber ich bin nicht verkrampft darin”. Schiffner mache “Business mit Herz und nicht nur aus Geldgründen. Das ist der Grund, weshalb das [Startup] so erfolgreich werden kann, genauso wie die Personal Brand”.


Aus dem Archiv: Lisa Marie Schiffner bei brutkasten Spotlight (März 2023):

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