21.10.2016

Vergaberecht: “Startups! Versteckt euch nicht vor öffentlichen Aufträgen”

POWERED BY SCHÖNHERR- Referenzen, Umsatz, Kapital - Wer sich schon einmal mit der Ausschreibung öffentlicher Äuftrage befasst hat, kennt auch die hohen Anforderungen, die meist damit verbunden sind. Doch Startups brauchen deshalb keineswegs davor zurückzuschrecken, sich zu bewerben.
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Startups müssen sich vor öffentlichen Aufträgen nicht verstecken. fotodo - fotolia.com

Gerade Startups und andere KMUs verschließen sich oft vor der Teilnahme an öffentlichen Aufträgen. Der Grund warum viele das Handtuch werfen, bevor sie es eigentlich versucht haben, sind oftmals die hohen Anforderungen:

  • beizubringende Referenzen (dh Erfahrung bei der Abwicklung vergleichbarer Projekte)
  • finanzielle Mittel
  • wirtschaftliche Mittel

Vergaberecht lässt die Kleinen “mitnaschen”

Jedoch sollte sich kein junger Unternehmer von dem Anschein trügen lassen, dass man gegen die “eingesessenen” Platzhirsche ohnehin keine Chance hätte. Das Vergaberecht bietet gerade für kleine und junge Unternehmen zahlreiche Mittel und Wege, um am “großen Kuchen” der öffentlichen Aufträge “mitzunaschen“.

Nicht vom Anschein trügen lassen, dass man gegen die “eingesessenen” Platzhirsche ohnehin keine Chance hat.

Referenzen

Öffentliche Auftragsvergaben sollen grundsätzlich den größtmöglichen Wettbewerb gewährleisten und damit insbesondere auch die Beteiligung von KMUs fördern. Bewerber und Bieter müssen nicht alle Bedingungen in den Ausschreibungen selbst erfüllen. Denn jeder Bewerber hat das Recht, sich auf die Kapazitäten und Ressourcen Dritter zu stützen, um den Anforderungen gerecht zu werden. Dabei haben  sich insbesondere Partnerschaften als vielversprechende Strategie herausgestellt. Und zwar in Form von:

  • Arbeitsgemeinschaften
  • Subunternehmertum
  • sonstige Kooperationen

Mit dem richtigen Partner, kann ein Startup einerseits den notwendigen Referenznachweisen gerecht werden, andererseits wertvolle Erfahrung (vorausgesetzt es bekommt den Zuschlag) sammeln. Die gesammelte Erfahrung kann bei künftigen Ausschreibungen bereits verwertet werden. Wesentlich ist hierbei, dass der “Referenzspender” seine Teilnahme an der Auftragsabwicklung verbindlich bestätigt und im Falle der Auftragserteilung unmittelbar in die Auftragsabwicklung eingebunden ist.

Umsatz

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Thomas Kulnigg (Schwerpunkt Startups) und Johannes Stalzer (Vergaberecht)

Neben Referenzen werden regelmäßig Umsatznachweise der Bewerber der vergangenen drei Geschäftsjahre gefordert. Es liegt auf der Hand, dass Startups mehrjährige Umsatznachweise nicht erbringen können. Viele übersehen jedoch, dass dies nicht erforderlich ist! (Junge) Unternehmen, die kürzer bestehen, können einen entsprechenden Umsatznachweis auch für einen kürzeren Zeitraum beibringen. Das “Umsatzproblem” lässt sich ebenfalls durch eine Kooperation mit einem umsatzstarken Partner oder einem anderen Startup lösen. Die Umsätze der beteiligten Unternehmen sind zu addieren, sodass jedes Unternehmen nur einen Teil zum geforderten Umsatz beibringen muss. Diese Möglichkeit gilt selbstverständlich auch für alle anderen Arten von finanziellen Nachweisen, wie etwa Bonitätserklärungen, Versicherungsdeckungen oder Bilanzen.

(Junge) Unternehmen, die kürzer bestehen, können einen entsprechenden Umsatznachweis auch für einen kürzeren Zeitraum beibringen.

Ausschreibungen Startup-freundlich gestalten

Natürlich liegt es in der Hand der öffentlichen Auftraggeber, Ausschreibungen Startup-freundlich und innovationstauglich zu gestalten. Jungunternehmer sollten dabei keine besonderen oder erhöhten Risiken eingehen müssen. Die Gestaltungsmöglichkeiten dafür sind unterschiedlich:

  • “richtige” Erkundung des Marktes im Vorfeld
  • Aufteilung großer Aufträge in kleinere
  • KMU freundliche Fachlose
  • innovationsfreundliche Gestaltung der Leistungsbeschreibung
  • bewusste Zulassung von Alternativangeboten
  • Verwendung innovationsfreundlicher Zuschlagskriterien

 

Das Vergaberecht möchte grundsätzlich die Beteiligung von KMUs im weitest möglichen Sinne zulassen und fördern. Bei offenkundigen KMU-feindlichen Ausschreibungsunterlagen empfiehlt sich eine rechtliche Überprüfung. Möglicherweise liegt ein Verstoß gegen zwingende vergaberechtliche Vorschriften vor, der bei frühzeitigem Erkennen entsprechend bekämpft werden kann.

(c) schönherr
(c) schönherr
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Doris Lippert (Microsoft | Director Global Partner Solutions und Mitglied der Geschäftsleitung) und Thomas Steirer (Nagarro | Chief Technology Officer)
Doris Lippert (Microsoft | Director Global Partner Solutions und Mitglied der Geschäftsleitung) und Thomas Steirer (Nagarro | Chief Technology Officer) | Foto: brutkasten

“No Hype KI” wird unterstützt von CANCOM Austria, IBM, ITSV, Microsoft, Nagarro, Red Hat und Universität Graz


Mit der neuen multimedialen Serie “No Hype KI” wollen wir eine Bestandsaufnahme zu künstlicher Intelligenz in der österreichischen Wirtschaft liefern. In der ersten Folge diskutieren Doris Lippert, Director Global Partner Solutions und Mitglied der Geschäftsleitung bei Microsoft Österreich, und Thomas Steirer, Chief Technology Officer bei Nagarro, über den Status Quo zwei Jahre nach Erscheinen von ChatGPT.

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„Das war ein richtiger Hype. Nach wenigen Tagen hatte ChatGPT über eine Million Nutzer”, erinnert sich Lippert an den Start des OpenAI-Chatbots Ende 2022. Seither habe sich aber viel geändert: “Heute ist das gar kein Hype mehr, sondern Realität“, sagt Lippert. Die Technologie habe sich längst in den Alltag integriert, kaum jemand spreche noch davon, dass er sein Smartphone über eine „KI-Anwendung“ entsperre oder sein Auto mithilfe von KI einparke: “Wenn es im Alltag angekommen ist, sagt keiner mehr KI-Lösung dazu”.

Auch Thomas Steirer erinnert sich an den Moment, als ChatGPT erschien: „Für mich war das ein richtiger Flashback. Ich habe vor vielen Jahren KI studiert und dann lange darauf gewartet, dass wirklich alltagstaugliche Lösungen kommen. Mit ChatGPT war dann klar: Jetzt sind wir wirklich da.“ Er sieht in dieser Entwicklung einen entscheidenden Schritt, der KI aus der reinen Forschungsecke in den aktiven, spürbaren Endnutzer-Bereich gebracht habe.

Von erster Begeisterung zu realistischen Erwartungen

Anfangs herrschte in Unternehmen noch ein gewisser Aktionismus: „Den Satz ‘Wir müssen irgendwas mit KI machen’ habe ich sehr, sehr oft gehört“, meint Steirer. Inzwischen habe sich die Erwartungshaltung realistischer entwickelt. Unternehmen gingen nun strategischer vor, untersuchten konkrete Use Cases und setzten auf institutionalisierte Strukturen – etwa durch sogenannte “Centers of Excellence” – um KI langfristig zu integrieren. „Wir sehen, dass jetzt fast jedes Unternehmen in Österreich KI-Initiativen hat“, sagt Lippert. „Diese Anlaufkurve hat eine Zeit lang gedauert, aber jetzt sehen wir viele reale Use-Cases und wir brauchen uns als Land nicht verstecken.“

Spar, Strabag, Uniqa: Use-Cases aus der österreichischen Wirtschaft

Lippert nennt etwa den Lebensmittelhändler Spar, der mithilfe von KI sein Obst- und Gemüsesortiment auf Basis von Kaufverhalten, Wetterdaten und Rabatten punktgenau steuert. Weniger Verschwendung, bessere Lieferkette: “Lieferkettenoptimierung ist ein Purpose-Driven-Use-Case, der international sehr viel Aufmerksamkeit bekommt und der sich übrigens über alle Branchen repliziert”, erläutert die Microsoft-Expertin.

Auch die Baubranche hat Anwendungsfälle vorzuweisen: Bei Strabag wird mittels KI die Risikobewertung von Baustellen verbessert, indem historische Daten zum Bauträger, zu Lieferanten und zum Bauteam analysiert werden.

Im Versicherungsbereich hat die UNIQA mithilfe eines KI-basierten „Tarif-Bots“ den Zeitaufwand für Tarifauskünfte um 50 Prozent reduziert, was die Mitarbeiter:innen von repetitiven Tätigkeiten entlastet und ihnen mehr Spielraum für sinnstiftende Tätigkeiten lässt.

Nicht immer geht es aber um Effizienzsteigerung. Ein KI-Projekt einer anderen Art wurde kürzlich bei der jüngsten Microsoft-Konferenz Ignite präsentiert: Der Hera Space Companion (brutkasten berichtete). Gemeinsam mit der ESA, Terra Mater und dem österreichischen Startup Impact.ai wurde ein digitaler Space Companion entwickelt, mit dem sich Nutzer in Echtzeit über Weltraummissionen austauschen können. „Das macht Wissenschaft zum ersten Mal wirklich greifbar“, sagt Lippert. „Meine Kinder haben am Wochenende die Planeten im Gespräch mit dem Space Companion gelernt.“

Herausforderungen: Infrastruktur, Daten und Sicherheit

Auch wenn die genannten Use Cases Erfolgsbeispiele zeigen, sind Unternehmen, die KI einsetzen wollen, klarerweise auch mit Herausforderungen konfrontiert. Diese unterscheiden sich je nachdem, wie weit die „KI-Maturität“ der Unternehmen fortgeschritten sei, erläutert Lippert. Für jene, die schon Use-.Cases erprobt haben, gehe es nun um den großflächigen Rollout. Dabei offenbaren sich klassische Herausforderungen: „Integration in Legacy-Systeme, Datenstrategie, Datenarchitektur, Sicherheit – all das darf man nicht unterschätzen“, sagt Lippert.

“Eine große Herausforderung für Unternehmen ist auch die Frage: Wer sind wir überhaupt?”, ergänzt Steirer. Unternehmen müssten sich fragen, ob sie eine KI-Firma seien, ein Software-Entwicklungsunternehmen oder ein reines Fachunternehmen. Daran anschließend ergeben sich dann Folgefragen: „Muss ich selbst KI-Modelle trainieren oder kann ich auf bestehende Plattformen aufsetzen? Was ist meine langfristige Strategie?“ Er sieht in dieser Phase den Übergang von kleinen Experimenten über breite Implementierung bis hin zur Institutionalisierung von KI im Unternehmen.

Langfristiges Potenzial heben

Langfristig stehen die Zeichen stehen auf Wachstum, sind sich Lippert und Steirer einig. „Wir überschätzen oft den kurzfristigen Impact und unterschätzen den langfristigen“, sagt die Microsoft-Expertin. Sie verweist auf eine im Juni präsentierte Studie, wonach KI-gestützte Ökosysteme das Bruttoinlandsprodukt Österreichs deutlich steigern könnten – und zwar um etwa 18 Prozent (brutkasten berichtete). „Das wäre wie ein zehntes Bundesland, nach Wien wäre es dann das wirtschaftsstärkste“, so Lippert. „Wir müssen uns klar machen, dass KI eine Allzwecktechnologie wie Elektrizität oder das Internet ist.“

Auch Steirer ist überzeugt, dass sich für heimische Unternehmen massive Chancen eröffnen: “Ich glaube auch, dass wir einfach massiv unterschätzen, was das für einen langfristigen Impact haben wird”. Der Appell des Nagarro-Experten: „Es geht jetzt wirklich darum, nicht mehr zuzuwarten, sondern sich mit KI auseinanderzusetzen, umzusetzen und Wert zu stiften.“


Folge nachsehen: No Hype KI – wo stehen wir nach zwei Jahren ChatGPT?


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Die Partner von No Hype KI
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