15.11.2023

Vereinbarkeit von Selbstständigkeit und Familie: “Sich fürs persönliche Wachstum entscheiden”

Karriere und Kinder werden von vielen als nicht zusammengehörig gesehen. Bettina Ludwig, u.a. Gründerin von "Zukunfts.Symposium Eferding" erklärt, wie sie beide Bereiche unter einen Hut bringt. Und was persönliches Wachstum und Ermächtigung damit zu tun hat.
/artikel/vereinbarkeit-von-selbststaendigkeit-und-familie-sich-fuers-persoenliche-wachstum-entscheiden
Vereinbarkeit
(c) zVg - Bettina Ludwig über ihre Art der Vereinbarkeit von Beruf und Familie.

Man muss zuerst alles wissen. Wissen, wie “es” geht. Erst dann kann ein Kind ins Leben treten. Diese Einstellung ist eine verbreitete Lebensweise, die auch unter Unternehmer:innen eine große Rolle spielt. Kinder als Karrierekiller schrecken Founder und Founderinnen zugleich ab; eine Studie von OMR in Kooperation mit Appinio bestätigt diese Ängste und zeigt vor allem für Frauen die Schwierigkeiten der Vereinbarkeit von Familie und Berufsleben auf.

Vereinbarkeit oft schwierig

Laut der Untersuchung schrecken 44 Prozent der Frauen davor zurück, Karriere mit Kind zu machen. Bezüglich Wiedereinstieg in den Job nach der Elternzeit gaben 37 Prozent der Befragten an, dass dieser erschwert wurde – wobei davon knapp jede zweite der über 600 Befragten (48 Prozent) in einer führenden Position ist.

In Hinblick auf das Arbeitsumfeld gaben zudem 38 Prozent an, dass sie aufgrund der Mutterschaft schon einmal Diskriminierung erfahren haben und 25 Prozent denken, dass sie in ihrem Unternehmen nicht problemlos Kinder bekommen können.

Dennoch gibt es auch Beispiele, wie die Vereinbarkeit von Beruf und Familie gelingt, ohne alles “wissen zu müssen” bevor man den Schritt in die Elternschaft wagt.

Der fehlerhafte Gedanke

Bettina Ludwig sieht diesem “Warten” einen falschen Gedanken zugrunde liegen. Für die international tätige Keynote-Speakerin bedeutet Vereinbarkeit von Karriere und Familie schlicht, sich fürs “persönliche Wachstum” zu entscheiden.

“Man wächst ja mit Kindern mit und kann nicht davon ausgehen, dass man mit 30 fertig ist”, sagt sie. Die Mutter einer Zweijährigen möchte, dass das “was sie beruflich in die Welt tragen will, Hand und Fuß hat”.

“Meine Tochter hilft mir dabei, mir die großen Fragen zu stellen, etwa ob, das, was ich tue, ‘aligned’ mit dem ist, was ich sehe und empfinde”, erklärt sie.

“Schnell passt nicht mit Wachstum zusammen”

Was sie damit meint, ist etwas, das in der Startup-Szene oftmals als “move fast and break things” subsummiert wird. Man “drückt aufs Gas” ohne darauf zu achten, ob der eigene Körper bzw. das eigene System dies überhaupt verträgt.

“Schnell ist etwas, was nicht mit persönlichem Wachstum zusammenspielt”, erklärt Ludwig. “Da hilft meine Tochter sehr, denn das Familienleben verlangt, auf sich selbst zu schauen. Man selbst braucht Ressourcen, denn im ‘long run’ ist man so schlussendlich schneller.”

Angesprochen auf die Rolle von Männern beim Thema Vereinbarkeit spricht sich die 33-Jährige dagegen aus, den Fehler zu machen und die Geschlechter zu trennen. Gesellschaftlich hänge ein Kind schnell mal an der Mutter, doch es sind am Ende beide Personen, die es großziehen.

“Es braucht als Familie, die unternehmerisch tätig ist, viel Kommunikation in der Beziehung. Sich zu fragen, was ‘Leben’ für einen bedeutet und es so umzusetzen. Und nicht im Stress zu sein. Es ist eine regelmäßige Feedbackschleife”, sagt Ludwig.

Vereinbarkeit erfordert Selbstermächtigung

Sie selbst war lange Zeit mit der Frage beschäftigt, wann ein Kind in ihr Leben treten soll und ob es für sie als Gründerin, Keynote-Speakerin und Anthropologin überhaupt machbar ist. Ihr Partner hatte dann irgendwann gemeint, es wäre einzig ihre Entscheidung. Es gebe nur ein “Ja” oder “Nein”, dazwischen gibt es nichts. Das war der Moment, wo Ludwig realisiert hat, dass Selbstermächtigung ein starkes Vehikel sei, um ihr Schicksal selbst in die Hand zu nehmen. “Es hat geholfen, sich mit sich selbst auseinanderzusetzen und zu klären, wie ich leben will”, erinnert sie sich.

Da sie und ihr Partner beide selbstständig sind, brauche so ein Modell unbedingt Flexibilität, damit man auf Kinder eingehen kann. “Das ist das A und O für Arbeitgeber und Arbeitgeberinnen. Das kann eine Stunde mehr oder weniger sein, oder Verständnis im Umfeld, dass man ein Stillkind daheim hat. Wo wer zum Beispiel Termine übernehmen kann”, betont Ludwig abschließend. “Es geht darum, Menschlichkeit walten zu lassen und dieses Tabuthema aufzubrechen. Man muss am Ende realisieren, dass das Leben aus mehreren Aspekten besteht. Und nicht nur aus 9to5.”

Deine ungelesenen Artikel:
04.11.2024

Carbon Cleanup: Wie ein Linzer Startup die Kohlefaserindustrie revolutionieren möchte

Das Linzer Startup Carbon Cleanup hat sich auf das Recycling von Kohlenstofffasern aus Industrieabfällen spezialisiert. Wir haben mit Gründer und CEO Jörg Radanitsch über die weiteren Wachstumsschritte und eine neue Kooperation mit KTM Technologies gesprochen. 
/artikel/carbon-cleanup-portraet
04.11.2024

Carbon Cleanup: Wie ein Linzer Startup die Kohlefaserindustrie revolutionieren möchte

Das Linzer Startup Carbon Cleanup hat sich auf das Recycling von Kohlenstofffasern aus Industrieabfällen spezialisiert. Wir haben mit Gründer und CEO Jörg Radanitsch über die weiteren Wachstumsschritte und eine neue Kooperation mit KTM Technologies gesprochen. 
/artikel/carbon-cleanup-portraet

Die Verwendung von Kohlefaser in der Industrie hat in den letzten Jahren stark zugenommen – insbesondere in Bereichen wie der Luft- und Raumfahrt, dem Automobilbau und der Windenergie. Kohlefaser überzeugt durch ihre hohe Festigkeit bei geringem Gewicht, doch ihre Herstellung ist ressourcenintensiv und teuer. Ein großes Problem stellt der hohe Verschnitt bei der Produktion dar: In der Industrie landen im Durschnitt bis zu 30 Prozent der Rohstoffe im Abfall. Diese Materialverluste sind nicht nur ökonomisch ineffizient, sondern auch aus ökologischer Sicht problematisch, da Kohlefaser biologisch nur schwer abbaubar ist.

Carbon Cleanup setzt auf KI

Das 2020 gegründete Linzer Startup Carbon Cleanup rund um Gründer Jörg Radanitsch hat sich diesem Problem angenommen und zum Ziel gesetzt, Kohlenstofffasern aus Industrieabfällen aufzubereiten und wiederverwendbar zu machen. Konkret hat das Startup eine mobile Aufbereitungsanlage entwickelt, um Carbonfasern direkt vor Ort beim Kunden aufzubereiten. 

Zum Herzstück der Anlage gehört nicht nur die mechanische Aufbereitung der Kohlenstofffasern. Im Hintergrund läuft auch eine Software, die eine KI-gestützte visuelle Erkennung der zugeführten Rohstoffe ermöglicht.

“Wir haben ein KI-generiertes Datenblatt entwickelt, das automatisch die Charakteristika von eingehendem Material erkennt und den Wert des Rezyklats bestimmt“, so Radanitsch. “Bevor das Material in unsere Anlage kommt, wissen wir schon, welche mechanischen Eigenschaften es haben wird. Das ist entscheidend für die Qualität und den Marktwert des Endprodukts.”

Gründer Jörg Radanitsch | (c) Carbon Cleanup

Entwicklung der zweiten Generation an Anlagen

Während die erste Anlage des Unternehmens für R&D-Zwecke dient und über eine Kapazität von 30 Tonnen pro Jahr verfügt, konnte das Unternehmen über den Sommer eine zweite Anlage in Betrieb nehmen. „Unsere zweite Anlagengeneration ist im August fertiggestellt worden. Die Produktionskapazität ist dreimal so hoch wie bei unserer ersten Anlage. Damit sind wir jetzt in der Lage, deutlich mehr und auch verschiedene Kompositabfälle zu verarbeiten.“

Besonders stolz ist Radanitsch auf die gestiegene Materialqualität: „Das neue Aggregat ist viel stärker, was uns mehr Flexibilität bei der Verarbeitung der Materialien gibt. Wir können jetzt eine Vielzahl an Abfällen effizienter recyceln, was die Qualität der Produkte erheblich verbessert.“

Ein wichtiger Baustein für den Erfolg von Carbon Cleanup war die Unterstützung durch die Austria Wirtschaftsservice (aws). “Das Seed-Financing der Austria Wirtschaftsservice hat uns erlaubt, nicht nur unsere Forschung und Entwicklung voranzutreiben, sondern auch in Marketingaktivitäten zu investieren, die für uns als Hardware-Startup besonders wichtig sind“, erklärt Radanitsch.

Luftfahrtindustrie und Kooperation mit KTM Technologies

Eine der spannendsten Entwicklungen bei Carbon Cleanup ist der Einsatz ihrer recycelten Materialien im 3D-Druck, besonders in der Luftfahrtindustrie. “Wir liefern im Tonnenmaßstab Kunststoffgranulate, die mit unserer Rezyklatfaser verstärkt sind. Diese werden in großen 3D-Druckern verwendet, um Formen zu bauen, die dann für die Produktion von Flugzeugteilen genutzt werden”, so der Gründer.

Zudem arbeitet Carbon Cleanup mit dem österreichischen Motorradhersteller KTM zusammen. Gemeinsam arbeiten beide Unternehmen an einem geschlossenen Materialkreislauf, bei dem Post-Consumer- und Post-Industrial-Abfälle von KTM Technologies recycelt und für die Herstellung neuer Bauteile genutzt werden. Spezifisch handelt es sich um das Recycling der Teile des Rennmodells “X-Bow GT2”, dessen Rahmen zu 100 % aus Carbonfasern besteht. Durch Unfälle entsteht eine große Menge an beschädigtem Material, das normalerweise als Abfall betrachtet wird. Mit der Partnerschaft von KTM und Carbon Cleanup wird dieses Material zurück in den Kreislauf gebracht. 

(c) Carbon Cleanup

“KTM Technologies war von Anfang an ein Vorreiter. Sie testen unsere recycelten Materialien bereits erfolgreich in ihren Motorrädern“, betont Radanitsch.

Das Besondere an dieser Kooperation ist das sogenannte Closed-Loop-Material, das zu 100 Prozent aus dem Abfallstrom von KTM Technologies besteht. „Die Herausforderung ist, die Materialien zirkulär zu sammeln und in die Produktion zurückzuführen. Das Sammeln und die Qualität sind dabei entscheidend. Aber wir haben gezeigt, dass wir sogar leistungsfähigere Materialien aus Abfall herstellen können”, so der Gründer.

(c) Carbon Cleanup

Die nächsten Schritte von Carbon Cleanup

Das Geschäftsmodell von Carbon Cleanup basiert derzeit auf zwei Einnahmequellen: Zum einen bietet das Unternehmen Kunden einen Recycling-Service an, bei dem diese für die umweltgerechte Entsorgung des Materials bezahlen. Dafür wurde eine eigene Logistikstruktur aufgebaut. Zum anderen werden die Faserverbundkunststoffe an weitere Abnehmer verkauft. Derzeit liefert das Startup 98 Prozent der aufbereiteten Granulate ins Ausland. “Für eingehendes Material sind die Hauptmärkte neben Österreich vor allem Deutschland und Italien. Der Materialzufluss ist für uns derzeit jedoch kein Engpass, sodass wir gezielt das für uns passende Material auswählen können”, so der Gründer abschließend.


*Disclaimer: Das Startup-Porträt erscheint in Kooperation mit Austria Wirtschaftsservice (aws)

Toll dass du so interessiert bist!
Hinterlasse uns bitte ein Feedback über den Button am linken Bildschirmrand.
Und klicke hier um die ganze Welt von der brutkasten zu entdecken.

brutkasten Newsletter

Aktuelle Nachrichten zu Startups, den neuesten Innovationen und politischen Entscheidungen zur Digitalisierung direkt in dein Postfach. Wähle aus unserer breiten Palette an Newslettern den passenden für dich.

Montag, Mittwoch und Freitag

AI Summaries

Vereinbarkeit von Selbstständigkeit und Familie: “Sich fürs persönliche Wachstum entscheiden”

AI Kontextualisierung

Welche gesellschaftspolitischen Auswirkungen hat der Inhalt dieses Artikels?

Leider hat die AI für diese Frage in diesem Artikel keine Antwort …

Vereinbarkeit von Selbstständigkeit und Familie: “Sich fürs persönliche Wachstum entscheiden”

AI Kontextualisierung

Welche wirtschaftlichen Auswirkungen hat der Inhalt dieses Artikels?

Leider hat die AI für diese Frage in diesem Artikel keine Antwort …

Vereinbarkeit von Selbstständigkeit und Familie: “Sich fürs persönliche Wachstum entscheiden”

AI Kontextualisierung

Welche Relevanz hat der Inhalt dieses Artikels für mich als Innovationsmanager:in?

Leider hat die AI für diese Frage in diesem Artikel keine Antwort …

Vereinbarkeit von Selbstständigkeit und Familie: “Sich fürs persönliche Wachstum entscheiden”

AI Kontextualisierung

Welche Relevanz hat der Inhalt dieses Artikels für mich als Investor:in?

Leider hat die AI für diese Frage in diesem Artikel keine Antwort …

Vereinbarkeit von Selbstständigkeit und Familie: “Sich fürs persönliche Wachstum entscheiden”

AI Kontextualisierung

Welche Relevanz hat der Inhalt dieses Artikels für mich als Politiker:in?

Leider hat die AI für diese Frage in diesem Artikel keine Antwort …

Vereinbarkeit von Selbstständigkeit und Familie: “Sich fürs persönliche Wachstum entscheiden”

AI Kontextualisierung

Was könnte das Bigger Picture von den Inhalten dieses Artikels sein?

Leider hat die AI für diese Frage in diesem Artikel keine Antwort …

Vereinbarkeit von Selbstständigkeit und Familie: “Sich fürs persönliche Wachstum entscheiden”

AI Kontextualisierung

Wer sind die relevantesten Personen in diesem Artikel?

Leider hat die AI für diese Frage in diesem Artikel keine Antwort …

Vereinbarkeit von Selbstständigkeit und Familie: “Sich fürs persönliche Wachstum entscheiden”

AI Kontextualisierung

Wer sind die relevantesten Organisationen in diesem Artikel?

Leider hat die AI für diese Frage in diesem Artikel keine Antwort …

Vereinbarkeit von Selbstständigkeit und Familie: “Sich fürs persönliche Wachstum entscheiden”