24.08.2022

Verbund-Chef Michael Strugl: “Ich kann ein Kraftwerk nicht mit Kieselsteinen bezahlen”

Strugl fordert beim European Forum Alpbach Leadership bei der Energiewende ein und appelliert an die Politik, das Momentum zu nutzen – auch, wenn der Leidensdruck in der Bevölkerung kurzfristig erhöht werden könnte.
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Michael Strugl, Vorstandsvorsitzender der Verbund AG, bei einem Hike in Alpbach
Michael Strugl, Vorstandsvorsitzender der Verbund AG, bei einem Hike in Alpbach

Erneuerbare Energien sind der Schlüssel, um die Versorgung zu sichern und die Klimaziele zu erreichen. Unter dem Motto “Dekarbonisierung und Sicherung der Zukunft der Energie: Jetzt!” lud Michael Strugl, Vorstandsvorsitzender der Verbund AG, im Rahmen des European Forum Alpbach zu einer Wanderung. In der anschließenden Diskussion im Gasthof Rossmoos diskutierte ein Expert:innengremium die Chancen und Herausforderungen für Europa, auf dem Weg zur Unabhängigkeit von fossilen Brennstoffen.

Welche Rolle spielt Leadership bei der Energiewende?

Michael Strugl: Ich möchte das mit einem Bild illustrieren: Wir sind heute mit einem klaren Ziel auf einen Berg gegangen. Man muss wissen, wo man hin will und braucht dafür eine Roadmap. Es muss eine Person geben, die anführt, Entscheidungen trifft und dafür sorgt, dass alle das Ziel erreichen. Und so ist es auch bei der Energiewende. Auf dem Weg zur Transformation des gesamten Energiesystems in Europa müssen wir Meilensteine setzen, um von einem Basislager ins nächste zu gelangen. Und dann muss man gehen, also in die Umsetzung kommen.

Ist bereits klar, wohin wir marschieren?

Wir haben kein Zielformulierungsproblem. Auf europäischer Ebene ist sehr klar gesagt worden, bis wann wir was erreichen wollen. Es geht darum, dass wir das 1,5-Grad-Ziel erreichen und unser CO2-Budget dafür ausreicht. Die Ziele sind somit klar. Wir haben eher ein Zielerreichungsproblem, weil wir zu langsam in der Umsetzung sind, unsere Zwischenziele nicht erreichen und immer wieder nachschärfen müssen.

Wieso sind wir so inkonsequent in der Umsetzung?

Da sind wir wieder beim Thema Leadership. Die Projekte und Technologien gibt es. Genauso wie die Bereitschaft der Investoren und Unternehmen, Geld in die Hand zu nehmen. Es ist eigentlich alles angerichtet. Das, was wir brauchen, sind Genehmigungen. Wir brauchen Flächen, schnelle Verfahren. Es scheitert auch nicht am Know-how, denn wir wissen, wie man Kraftwerke und die notwendige Infrastruktur baut. Es scheitert am fehlenden Willen, das umzusetzen. Das ist eine politische Aufgabe.

Wir haben in der Pandemie einen Digitalisierungsturbo erlebt. Diesen Boost vermissen wir derzeit beim Ausbau der Erneuerbaren. Fehlt der Druck aus der Bevölkerung?

Wenn der Leidensdruck groß ist, werden die Anstrengungen verstärkt. Die Politik geht derzeit jedoch einen anderen Weg und verringert diesen Leidensdruck, indem sie Geld ausschüttet und sagt ‘Wir machen alles so, damit es so ist, wie vorher’. Damit geht das Momentum für den Ausbau der erneuerbaren Erzeugung verloren, um den Strompreis runterzukriegen. Wir setzen lieber auf einen Strompreisdeckel und machen einen sozialpolitischen Transfer. Das ist meiner Meinung nach für eine kurze Zeit des Übergangs auch notwendig, um die Härte abzufedern. Aber wenn jetzt einfach die Preissignale aus dem Markt herausgenommen werden, um damit verhindert wird, dass mehr in die erneuerbare Erzeugung investiert wird, dann halte ich das für kontraproduktiv. Es vermittelt uns allen das Gefühl, dass es auch anders funktioniert und wir keinen Ausbau brauchen.

Wären Maßnahmen wie eine Übergewinnsteuer kontraproduktiv, da dadurch die finanziellen Mittel fehlen, um die Energiewende zu finanzieren?

Genau so ist es. Womit sollen die Unternehmen denn diese Investitionen bestreiten, wenn nicht mit ihren Gewinnen? Ich kann ein Kraftwerk nicht mit Kieselsteinen bezahlen. Das heißt, wenn man uns den finanziellen Spielraum nimmt, dann haben wir weniger Möglichkeiten zu investieren.

Wie könnte die Bevölkerung an diesen neuen Projekten beteiligt werden?

Es ist eine wichtige Frage, wie die Akzeptanz der Leute für diesen Ausbau erhöht werden kann. Ich verstehe ja, wenn man sagt, dass ein Windrad oder eine Stromleitung nicht besonders schön ausschaut und man diese nicht vor der Haustür stehen haben möchte. Allerdings gibt es ein übergeordnetes Interesse, dass wir mehr Strom überzeugen müssen. Man muss Betroffenen, die Nachteile davon haben, auch einen fairen Ausgleich anbieten in Form von Entschädigungen. Außerdem kann man sie auch an den Vorteilen solcher Anlagen beteiligen – beispielsweise wenn ein Windpark in einer Gemeinde gebaut wird und die Bürger dadurch die Möglichkeit haben, dort Strom zu beziehen. Dadurch könnte auch die Akzeptanz erhöht werden.

Aktuell wird die Merit Order heiß diskutiert. Haben wir ein systematisches Problem am Energiemarkt?

Vor einem Jahr wussten die wenigsten, was man unter der Merit Order versteht. Jetzt hinterfragt man zu recht, ob das ein gutes Marktmodell ist. Dazu ist zu erwähnen, dass das Modell selbst die letzten 20 Jahre tadellos funktioniert hat. Die höheren Profite fließen in den Ausbau der erneuerbaren Erzeugung – das ist auch so gewollt. Jetzt haben wir Verwerfungen, weil wir in Strompreishöhen kommen, die niemand bezahlen kann. Darüber denkt schon seit längerer Zeit die gesamte Energiebranche nach. So einfach ist es aber nicht, da der Strommarkt über Jahrzehnte seit der Liberalisierung entwickelt worden ist. Wenn nun jemand meint, dass es alles ganz einfach sei, dem kann ich nur sagen, dass das ein Vorgaukeln von einfachen Lösungen ist. Möglicherweise müssen wir beispielsweise Gaskraftwerke aus der Merit Order herausnehmen, aber solche Maßnahmen können nur funktionieren, wenn der gesamte europäische Strommarkt diese Entscheidung mitträgt. Wenn nur Österreich das macht, verpufft der Effekt und wir bezahlen die ganze Rechnung dafür.

Wie ist es um die Stromversorgung für den Herbst bestellt?

Wir erleben derzeit auch, dass der Strom knapp wird. Ein Grund dafür ist die Trockenheit, die bereits in Ländern wie Spanien oder Italien Kraftwerke teilweise zum Stehen gebracht hat oder Frankreich dazu gezwungen hat, Atomkraftwerke auf minimale Leistung herunterzufahren, weil das Kühlwasser fehlt. Die Trockenheit führt auch dazu, dass Kohlekraftwerke nicht mehr auf voller Leistung laufen, weil Kohlelieferungen aufgrund der niedrigen Wasserführung nicht möglich sind. Hier zeichnet sich ein gewisser Engpass in der Versorgung ab und das macht mir ehrlich gesagt Sorgen.

Trotzdem hast du heute eine durchgehend zuversichtliche Zukunftsprognose abgegeben. Wie siehst du die Zukunft?

Ich bin deswegen zuversichtlich, weil wir es selber in der Hand haben, auch diese Krise zu meistern. Wir haben die Ressourcen, wir haben die die Fähigkeiten, wir haben das Know-how, wir haben die Technologien, wir müssen – und da bin ich wieder bei Leadership – aber dafür sorgen, dass wir das jetzt auch umsetzen und zwar durch eine gemeinsame Kraftanstrengung, sowohl national als auch europäisch. Wenn wirklich alle am selben Strang in dieselbe Richtung ziehen, dann können wir das schaffen. Ich bin zuversichtlich, weil ich grundsätzlich optimistisch eingestellt bin. Wir müssen es nur wollen.

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Gründer und CTO von Dynatrace - Bernd Greifeneder © Ines Thomsen

Im abgelaufenen Geschäftsjahr 2024 – bis zum 31. März 2024 – hat das in Linz gegründete und global tätige Softwareunternehmen Dynatrace einen Umsatz von 1,431 Milliarden US-Dollar erreicht. Gemessen am Vorjahresumsatz in Höhe von 1,159 Milliarden US-Dollar entspreche dies einem Umsatzzuwachs von 23 Prozent, gab das Unternehmen bekannt.

Gegründet wurde das Software-Multinational am 2. Februar 2005 als dynaTrace Software GmbH durch Bernd Greifeneder, Sok-Kheng Taing und Hubert Gerstmayr. Im Jahr 2011 kaufte die US-amerikanische Compuware-Corporation mit Hauptsitz in Detroit, Michigan, das SoftwareTech. Damit gelang dem AI-Specialist aus Linz einer der größten Tech-Exits der österreichischen Startups-Geschichte – für 256 Millionen US-Dollar.

Den Durchbruch hat dann der Pivot zum Cloud-Fokus gebracht. Nach dem ersten Exit an Compuware folgte ein zweiter Verkauf – nämlich die Übernahme durch die in Chicago ansässige Beteiligungsgesellschaft Thomas Bravo für 2,4 Milliarden US-Dollar.

Pivot brachte Durchbruch

Seit seiner Gründung im Jahr 2005 hatte sich der AI-Spezialist auf den Bereich Application Performance-Monitoring fokussiert. Ab 2015 stellte Gründer und CTO Bernd Greifeneder mit seinem Team das Produkt mit Fokus auf Entreprise Cloud neu auf. Inzwischen wurde das Unternehmen vom US-Marktforschungsunternehmen Gartner als Marktführer in seinem Bereich gelistet. Schon damals positionierte sich Dynatrace als SaaS-Market-Leader in der Kategorie AI-powered Software Intelligence.

Konkret ist Dynatrace auf Netzwerk-Monitoring spezialisiert – das multinationale Unternehmen überwacht den Netzwerkverkehr auf Host- und Prozessebene. Überwacht wird indes, welche Prozesse die meiste Netzwerkbandbreite verbrauchen und wo es Verbindungsprobleme gibt. Die aus dem Monitoring gewonnenen Informationen dienen der Kapazitätsplanung und -optimierung – ressourcenintensive Prozesse werden indes “auf einen Blick erkennbar”, wie das SoftwareTech auf seiner Website schreibt.

2019 ging das Unternehmen dann mit einem erfolgreichen IPO an die New Yorker Börse. Der Wachstumskurs setze sich fort: 2022 erreichte der Software-Spezialist fast eine Milliarde Dollar Umsatz – konkret 929 Millionen US-Dollar bis zum 31. März 2022 – damals eine Umsatzsteigerung um 32 Prozent im Vorjahresvergleich. Als CEO ist seit Dezember 2021 Rick M. McConnel tätig.

Zuwachs bei Belegschaft

Nach oben geht es auch mit der Zahl der bei Dynatrace Beschäftigten: Binnen eines Jahres sind 500 neue Mitarbeitende in den Betrieb aufgenommen worden. Weltweit erhöhte sich die Dynatrace-Belegschaft damit von 4.200 auf 4.700 Personen.

Das von Gründer und CTO Bernd Greifeneder geleitete Forschungs- und Entwicklungsteam (R&D) ist nach Angaben des Unternehmens von 1.400 auf über 1.600 Mitarbeitende gewachsen sein. Damit seien rund ein Drittel der Mitarbeitenden des Konzerns im Bereich Forschung & Entwicklung – zu Englisch Research und Development (R&D) – beschäftigt.

KI soll gegen Engpässe und Kostenfallen helfen

„Dynatrace unterstützt die größten Unternehmen der Welt dabei, ihre digitalen Innovationen voranzutreiben, Cyber-Risiken zu minimieren und Cloud-Kosten zu optimieren. Dabei spielt der Gründungsstandort eine zentrale Rolle“, erklärt Bernd Greifeneder.

Bereits Anfang des Jahres hat Dynatrace seine Analyse- und Automatisierungsplattform um Observability und Security – zu Deutsch Beobachtbarkeit und Sicherheit – für KI-gestützte Anwendungen erweitert. Diese soll Schutz vor technischen Leistungsengpässen und Kostenfallen bieten, wie Dynatrace kommuniziert.

Spatenstich in Linz

Erst im März 2024 startete der Ausbau des Dynatrace Engineering Headquarters in der Linzer “Am Fünfundzwanziger Turm-Straße”. Der Campus soll über sieben Stockwerke verfügen – und das Herz der Produktentwicklung bilden, heißt es in einer Aussendung. Bis Ende 2025 soll das Gebäude fertig sein. Der gesamte Dynatrace-Campus soll indes auf eine Bürofläche von 29.000 Quadratmetern gewachsen sein – und rund 1.500 Software-Entwickler:innen aus aller Welt beheimaten.

Österreich zählt über ein Viertel der globalen Belegschaft

Zudem sollen die Entwicklungs-Labors in Wien und Graz erweitert werden: Im laufenden Mai soll Der Wiener Standort im Icon Tower des Hauptbahnhofs ein zusätzliches Stockwerk bekommen. In Graz stehe im baldigen Sommer eine Übersiedelung bevor – und zwar in den Grazer Impuls Campus auf den Reininghaus-Gründen.

Nach eigenen Angaben sollen in ganz Österreich mehr als 1.200 Expert:innen aus über 60 Nationen angestellt sein. An den österreichischen Dynatrace-Standorten Linz, Wien, Graz, Klagenfurt, Hagenberg und Innsbruck sind damit 26 Prozent – also über ein Viertel – der weltweiten Belegschaft beschäftigt.

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