12.06.2019

Facebook für Verbrecher: US-Startup Pigeonly verbindet Insassen mit der Außenwelt

Das US-Startup Pigeonly hat eine App entwickelt, über die Inhaftierte mit ihren Angehörigen kommunizieren können. Neben einer "low cost number" für Gefängnis-Telefonate bietet das Startup auch einen Upload-Service für Fotos der Angehörigen an.
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(c) Pigeonly/Facebook - Das US-Startup Pigeonly möchte mit seiner App die Kommunikation zwischen Insassen und deren Familien verbessern.

Es hilft, wenn die Gründerstory eines Startups eine gute ist. Im Idealfall erzählen die Gründer von einem Problem mit dem sie selbst konfrontiert waren und in weiterer Folge daraus ein Geschäftsmodell entwickelt haben. Die Anfangsgeschichte von Frederick Hutson beginnt nicht mit Meetings oder Gesprächen mit Partnern. Nicht einmal mit einem einschneidenden Erlebnis oder dem Gespür für ein Geschäftsfeld. Am Anfang von Pigeonly standen gezückte Waffen.

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Von DEA festgenommen

Wie Bloomberg und das US-News-Network CGTN berichten, wurde Gründer Frederick Hutson 2007 von der DEA (Drug Enforcement Administration) aufgrund des Dealens mit Marihuana mit gezogener Pistole festgenommen. Der spätere Gründer verbüßte eine fünfjährige Haftstrafe und erzählte in einem Interview mit USA Today 2014, dass er zwar älter und reifer geworden sei, aber noch immer eine hohes Maß an Risikobereitschaft und den Drang habe, Probleme auf kreative Weise zu lösen.

Ohne “Support Network” rückfällig

Der CEO von Pigeonly hat “first-hand-experience”, wie schwer es ist, mit den Liebsten außerhalb des Gefängnisses in Kontakt zu bleiben. Und welchen positiven Eindruck es auf jene hätte, die es schaffen: “Ich habe die Leute gesehen, die die finanziellen Mittel hatten, um ‘in touch’ zu bleiben. Jene haben sich, sobald sie frei waren,  gut geschlagen. Die Anderen wiederum, die kein ‘support network’ hatten, kehrten als Gefangene ziemlich schnell zurück”, so sein Zitat bei Bloomberg.

Das Problem mit US-Gefängnissen

Um die wahre Bedeutung des Startups zu verstehen, muss man zuerst eine gewisse Ahnung von der “Prison-Policy” der USA haben. Momentan befinden sich rund 2,3 Millionen Personen in den Vereinigten Staaten hinter Gittern. Insassen können dabei ohne Vorwarnung von einer in eine andere Haftanstalt transportiert werden. Was es für Angehörige äußerst schwierig macht, den Kontakt zu halten.

Bisher war es der Familie oder Freunden allein durch ein komplexes Phone-System, mittels Brief oder durch direkte Besuche möglich, mit den verurteilten Angehörigen Umgang zu pflegen. Alle drei Varianten können jedoch teilweise unüberwindbare Hürden darstellen, wenn der Gefangene in einem anderen US-Bundesstaat sitzt. Vor allem was die Geldfrage betrifft, da alleine Telefon-Kosten von mehreren hundert US-Dollar pro Monat entstehen können. Pigeonly hingegen verlange eine monatliche Gebühr zwischen 7,99 und 19,99 US-Dollar.

Eine zwei Milliarden schwere Industrie

Das “prison-phone system” in den USA sei eine zwei Milliarden US-Dollar schwere Industrie, erzählt Hutson und erklärt seinen Zugang: seine Plattform basiert auf einer Datenbank, die alle Kriminalakten sammelt und organisiert, um herauszufinden, wer in welchem Gefängnis sitzt, welche Regelungen es für den Briefverkehr gibt, wer den Phone-Provider stellt und wie viel für Prison-Calls verlangt wird.

Mit Pigeonly “low cost number” anrufen

Mit Pigeonly haben die inhaftierten Nutzer mehrere Möglichkeiten den Kontakt mit ihren Angehörigen zu pflegen: Der Phone-Part funktioniert so, dass der Insasse eine “low cost number” des Startups anruft und dann auf die kostengünstigste Art und Weise mit der Nummer der gewünschten Person verbunden wird. Laut dem Startup können so rund 80 Prozent der Telefonkosten gespart werden.

Auch die Nutzung des PC, um eine Nachricht zu schreiben, kann schnell teuer werden. Inhaftierte zahlen bisher (je nach Region unterschiedlich) rund fünf Cents pro Minute, um den PC benützen zu dürfen. Dazu kommen 15 bis 47 Cents  pro Nachricht über ein Messaging-System, das von einem Unternehmen verwaltet und geprüft wird. Gefangene verdienen im Vergleich, wenn sie im Gefängnis arbeiten, acht Cents pro Stunde.

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c) Pigeonly/Facebook – Mit der “Prison-App” Pigeonly lassen sich Fotos uploaden und Nachrichten verschicken.

Fotos uploaden und Aufenthaltsort erfahren

Auch Angehörige sollen durch Pigeonly profitieren können: Über ein Suchfeld, kann der Name und die Inmate ID eingetragen werden, wobei sich so der Aufenthaltsort des Inhaftierten eruieren lässt. Zudem können Angehörige Fotos über die App uploaden und Messages schreiben, die anschließend nach einer ausführlichen Kontrolle ausgedruckt zugestellt werden.

Y Combinator als Investor

Studien würden laut Bloomberg belegen, dass Rückfälligkeitsraten bei jenen niedriger seien, die in Kontakt mit Familienmitgliedern stehen würden. Das ist auch eines der Hauptargumente des Startups, das mittlerweile über 5,1 Millionen US-Dollar an Kapital von gleich neun Investoren (darunter y Combinator) ergattern konnte. Täglich würden vom Unternehmen 4000 Aufträge im gesamten Land ausgeführt und zwischen zwei und drei Millionen “phone-minutes” im Monat über Pigeonly laufen.

Teil der Rehabilitation

Hutson sieht sein Startup als Teil des Rehabilitationsprozesses. Rund 98 Prozent der Inhaftierten in den USA würden nämlich keine lebenslange Haftstrafe verbüßen und in die Gesellschaft wieder zurückzukehren. “Es ist viel teurer jemanden im Gefängnis zu halten, als ihn zur Schule zu schicken”, sagt Hutson.

CGTN America-Interview mit Pigeonly CEO Frederick Hutson über die Rolle von Pigeonly bei der Rehabilitation von Insassen.


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Michael Kowatschew | Foto: Sigma Squared

Michael Kowatschew, ehemals The Pixel Beat, wurde im März 2022 Präsident der Sigma Squared Society. Dabei handelt es sich um eine globale Gemeinschaft von mehr als 1.000 Unternehmer:innen unter 26, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, kaputte Branchen zu verändern und positive Auswirkungen zu erzielen. Zuvor war die Organisation als “Kairos Society” bekannt, die vor rund 15 Jahren in den Vereinigten Staaten gegründet wurde.

Sigma Squared: Auch Ohswald, Wundsam und Steinberger dabei

Wie der brutkasten damals berichtete, war Sigma Squared in 25 Ländern (heute über 30) aktiv und hatte u.a. den Plan, den nächsten Steve Jobs oder Bill Gates “von Morgen” langfristig zusammenzubringen. Mitglieder sind Gründer:innen, deren Unternehmen mit mehreren hundert Millionen Euro oder mehr bewertet sind oder etwa über plus 100 Mitarbeiter verfügen. Auch Unicorn-Founder wie Felix Ohswald oder Hannah WundsamVaitea Cowan von EnapterEric Steinberger von ClimateScience und Sebastian Böhmer von First Momentum gehören zur “invite-only-“Gemeinschaft.

Nun und knapp nach etwas mehr als zwei Jahren an der Spitze von Sigma Squared tritt Kowatschew zurück, wie er auf dem sozialen Netzwerk LinkedIn verkündet.

1,8 Milliarden US-Dollar geraised

Er schreibt: “Nach mehr als zwei Jahren des Ausbaus unserer Gemeinschaft von einer europäisch ausgerichteten zu einer wirklich globalen Organisation bin ich begeistert von der exponentiellen Zukunft von Sigma Squared und unseren Fellows. Die letzten zwei Jahre waren beruflich wirklich die lohnendsten Jahre und es war sehr erfüllend, die Organisation mit einem Team von absoluten Rockstars aus der ganzen Welt zu neuen Höhen zu führen. Bei Sigma Squared geht es darum, die besten Gründer unter 26 Jahren zu finden, die sich auf einem exponentiellen Weg befinden (und was am wichtigsten ist) und wirklich gute Menschen sind.”

In weiterer Folge nennt Kowatschew ein paar Zahlen, die den Erfolg von Sigma Squared unterstreichen: Über 1.000 aktive Fellows weltweit, Chapter in über 30 Ländern auf fünf Kontinenten, Fellows haben über 1,8 Milliarden US-Dollar für ihre Unternehmen aufgebracht (90 Prozent davon nach ihrem Beitritt zu Sigma).

“Das bedeutet, dass unsere Kohorten ihre Leistungen in den ersten drei Jahren nach ihrem Beitritt zur Gemeinschaft im Durchschnitt um den Faktor 10 steigern! Noch wichtiger ist, dass die größte Wirkung von Sigma Squared noch bevorsteht – und sie wird von einer neuen Generation von Führungskräften ausgehen.”

Nun im Sigma Squared Aufsichtsrat

Kowatschew wird künftig neben Daniel Dippold (seinem Vorgänger bei Sigma Squared) und Emanuel Jöbstl im Aufsichtsrat sitzen und “Sigma weiterhin auf jede erdenkliche Weise zu helfen (allerdings vom stillen Rand aus)”.

Zudem merkte der ehemalige  NOVID20-Initiator, dass er im Herzen ein Baumeister sei und es an der Zeit wäre, sich wieder dem Aufbau von Unternehmen zu widmen.

Kowatschew abschließend dazu: “Etwas Neues ist im Entstehen. Da Erfolgsgeschichten nie allein geschrieben werden, zögert nicht, uns anzusprechen und euch unserer Mission anzuschließen, die CO2-Emissionen in Europa zu reduzieren (vor allem, wenn ihr euch mit B2C-Marketing oder -Vertrieb beschäftigen).”

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