19.10.2023

Ventocom: Das Erfolgsgeheimnis des virtuellen Netzbetreibers hinter HoT

Michael Krammer ist einer der erfahrensten Telekom-Manager des Landes. Im brutkasten-Talk verriet er, wie er seine Learnings für den Aufbau von Ventocom nutze.
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(c) brutkasten

Seit dem Start vor etwa zehn Jahren keine Woche ohne Netto-Wachstum. Diese Statistik kann das Wiener Telekom-Unternehmen Ventocom vorweisen. Dahinter steht ein Gründer- und Führungsteam aus einigen der erfahrensten Telekom-Manager:innen des Landes. Im brutkasten-Talk erzählte Co-Founder und CEO Michael Krammer, wie er seine Learnings aus mehreren Stationen in der Branche heute umsetzt.

Von max.mobil über den tele.ring-Verkauf zum Orange-Exit an Drei

Krammer startete seine Mobilfunk-Karriere als Leiter des Kundenservice bei max.mobil (später T-Mobile, heute Magenta), wo er ins Top-Management aufstieg. Er brachte dann tele.ring als Geschäftsführer in die Gewinnzone und 2006 zur Milliarden-Übernahme durch T-Mobile (heute Magenta). Nach einem Intermezzo in Deutschland wurde der Manager One-CEO und vollzog das Rebranding zu Orange und später den Verkauf an Drei 2013.

Marktkonsolidierung: Drei Konzerne koordinieren sich leichter

“Der Markt war also konsolidiert, zuerst von fünf auf vier große Player [Anm. nach der Übernahme von tele.ring durch T-Mobile], dann von vier auf drei [Übernahme von Orange durch Drei]. Und ohne jemandem etwas Böses unterstellen zu wollen: Das bedeutet natürlich, dass sich die Unternehmen leichter – auch unbeabsichtigt – koordinieren. Die Marktanteile sind einigermaßen gleich, es gibt weniger Wettbewerb und deshalb Preiserhöhungen”, erzählt Krammer im brutkasten-Talk. Im Frühjahr 2013 sei diese Dynamik schon erkennbar gewesen. “Und das war der Zeitpunkt, wo wir gesagt haben: Okay, jetzt wollen wir’s wissen. Wir gründen!”

EU-Auflage brachte Möglichkeit für virtuelle Netzbetreiber

Eine EU-Auflage für die Übernahme von Orange durch Drei habe zudem eine gute Ausgangslage geschaffen. Demnach musste der Telekom-Konzern (und auch der Mitbewerb) virtuelle Netzbetreiber auf seinem Netz zulassen. Hier setzten Krammer und sein Team, das sich bereits aus der Zeit bei tele.ring kannte, an. Sie gründeten Ventocom – und fanden nahezu sofort den entscheidenden Partner, wie Krammer erzählt.

Ventocom-Partnerschaft mit Hofer: “Manchmal muss man auch Glück haben”

“Nicht alles ist Können, nicht alles ist Wissen, manchmal muss man auch Glück haben und zur richtigen Zeit am richtigen Ort sein”, räumt der Manager ein. In diesem Fall habe dies darin bestanden, dass man bei Hofer über einen Zeitungsartikel auf die neu gegründete Ventocom aufmerksam geworden sei. “Wir hatten mit Hofer schon in der Zeit bei Orange mit der Marke “Yesss!” zusammengearbeitet. Als sie gesehen haben, dass unser Team im Mobilfunk wieder etwas startet, sind sie an uns herangetreten. So ist die Kooperation hinter HoT entstanden”, erzählt Krammer.

Neben HoT betreibt Ventocom weitere gebrandete Mobiltelefonie-Anbieter, etwa Liwest Mobil oder Raiffeisen Mobil. Rapid Mobil des Wiener Fußballklubs, dessen Präsident Krammer von 2013 bis 2019 war, wurde kürzlich eingestellt. Zugpferd bleibt klar die Hofer-Marke. Aber was macht den Erfolg aus?

“Alle jene Dinge verwirklicht, die wir in den großen Corporates nicht verwirklichen konnten”

Aus der langjährigen Erfahrung als Management-Team bei großen Mobilfunkern habe man gewusst, wie sehr Legacy-Systeme, ob in der IT oder bei Tarifen, Innovation blockieren können. “Wir haben einfach alle jene Dinge verwirklicht, die wir in den großen Corporates nicht verwirklichen konnten”, sagt Krammer. Dabei habe man eine “ganz starke Selbstdisziplin” bewahrt und sei “nicht auf jede Verlockung aufgesprungen”.

Zugleich sei schon zum Start klar gewesen, dass Hofer kein Service vor Ort wie in den Shops der Mobilfunker bieten könne, man habe also das beste digitale Kundenerlebnis und ein starkes Callcenter aufbauen wollen.

Tarife werden für HoT-Kund:innen automatisch besser

Die Message ist indessen klar: Gerechtigkeit, Fairness und Transparenz. Das bedeute etwa, keine zusätzlichen Gebühren wie Servicepauschalen, erklärt Krammer. Und wenige Tarife – um genau zu sein drei, die auch bei Bestandskunden automatisch geändert werden, wobei sie immer nur besser werden können. “Das hat zu Beginn viele Kund:innen überrascht und zu Anrufen im Call Center veranlasst. Mittlerweile haben die Kund:innen das realisiert und werden dadurch zu den besten Botschaftern für uns. Wir haben ein unglaubliches Weiterempfehlungsverhalten”, sagt der Ventocom-Chef.

Ventocom-Partner übernehmen Marketing und Vertrieb

Das sei auch ein Grund, warum man in einem Markt mit etwa 100 Millionen Euro Werbeausgaben im Jahr gut performe, obwohl entsprechende Werbebudgets “niemals für uns erreichbar” seien. Der zweite Grund sei die richtige Partnerwahl. Ein solcher brauche “eine große Kundenbasis, eine leistungsfähige Vertriebsstruktur und ein relevantes Marketing-Budget” – eben wie Hofer. Denn aus der Erfahrung bei tele.ring und Orange habe man gewusst, es brauche 20 Prozent des Umsatzes für Marketing und Vertrieb. Nachdem die Partner dies übernehmen, könne man das eingesparte Geld als günstigeren Tarif an die Kund:innen weitergeben.

Von Beginn an eingespieltes Team bei Ventocom

Ein weiteres Erfolgsgeheimnis sei das von Beginn an eingespielte Team – nicht nur im Management. “In Wirklichkeit funktioniert die Ventocom wie eine große Familie. Die wenigsten, die bei uns arbeiten, haben wir ‘von der Straße angeworben’, sondern das sind hauptsächlich Leute, die wir aus unseren Vorunternehmen kennen. Zehn Leute haben aus einer fixen Anstellung bei Mobilfunk-Anbietern zu uns gewechselt, noch bevor wir einen einzigen Kunden und einen einzigen Cent Umsatz hatten. Das schafft schon einen Spirit, der sich weiterträgt”, sagt Krammer.

“Zumindest 50 Prozent meiner Tätigkeit, die ich als Corporate-CEO gemacht habe, war unproduktiv”

Die Mitarbeiter:innen würden die Unternehmensprinzipien mittragen. Es gebe keine Firmenautos und dergleichen, dafür gute Gehälter und völlige Transparenz innerhalb des Unternehmens, das man bewusst nicht zu groß werden lasse. Daher würde er sich auch “nicht eine Sekunde” nach der Welt der großen Telekom-Unternehmen zurücksehnen, sagt der Ventocom-Chef. “Mein Empfinden ist, dass zumindest 50 Prozent meiner Tätigkeit, die ich als Corporate-CEO gemacht habe, unproduktiv war. Für irgendwelche Matrix-Organisationen irgendetwas vorzubereiten oder zu Meetings zu fliegen – diese Zeit kann man im Kreativprozess, in der Mitarbeiterführung, für Verbesserungen für Kund:innen, in der Produktentwicklung oder im Partnermanagement nutzen und nicht für irgendwelche Luftmaschen”.

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Die HeldYn-Gründerinnen Sabine Niedermüller und Simone Mérey | (c) HeldYn

Das 2022 gegründete Startup HeldYn hat sich auf die Bereitstellung maßgeschneiderter Pflege und Betreuungsdienste spezialisiert. Das Unternehmen bietet professionelle Unterstützung in den Bereichen Pflege, Betreuung, Physiotherapie und Ergotherapie an. Ein besonderes Merkmal von HeldYn ist die Möglichkeit, Pflegekräfte auszuwählen, die die Muttersprache der Kund:innen sprechen. Dadurch soll eine optimale Kommunikation und Betreuung gewährleistet werden. HeldYn wurde von den diplomierten Gesundheits- und Krankenpflegerinnen Simone Mérey und Sabine Niedermüller gegründet. Sie verfügen gemeinsam über 20 Jahre Berufserfahrung im Gesundheitswesen und leiten als Geschäftsführerinnen das Unternehmen auch operativ.

Sechsstelliges Investment für HeldYn

Das Wiener Pflege-Startup HeldYn hat nun eine sechsstellige Finanzierung erhalten und möchte damit seinen Expansionskurs fortsetzen. Mit Weilburg Ventures GmbH als neuem Lead-Investor plant das Unternehmen, seine Dienstleistungen im B2B-Bereich auszubauen und seine Präsenz in Österreich zu erweitern. Im Zuge der jüngsten Finanzierungsrunde sind auch die Bestandinvestoren mitgezogen –  darunter etwa der ehemalige österreichische Bundeskanzler Sebastian Kurz mit seiner AS²K Beteiligungs GmbH (brutkasten berichtete). Für das Startup handelt es sich um die mittlerweile zweite Finanzierungsrunde.

“Wir haben die Finanzierungsrunde durchgeführt, um den Markt auszubauen. Wir sind nämlich auch in den B2B-Bereich eingestiegen“, erklärt Simone Mérey, Co-Founderin von HeldYn. Neben Dienstleistungen für Privatpersonen bietet das Startup nun auch Services für Spitäler, Hauskrankenpflegeanbieter und Pflegeheime an. “Diesen Markt wollen wir mit dem Investment verstärkt ausbauen“, ergänzt sie.

Zusätzlich plant HeldYn, seine Dienstleistungen in weiteren österreichischen Städten anzubieten. “Wir sind auch nach Salzburg gegangen und fokussieren uns auf den städtischen Bereich, weil wir dort mit unseren Dienstleistungen besonders schnell und effizient agieren können“, so Mérey. Das Hauptquartier bleibt jedoch in Wien, von wo aus alle Prozesse zentral gesteuert werden.

Ausbau des Teams und Fokus auf Österreich

Mit dem neuen Kapital investiert das Unternehmen auch in die Optimierung interner Abläufe. “Unser Ziel ist es, die Prozesse so aufzusetzen, dass wir besser skalierbar werden”, erklärt die Gründerin. In diesem Zusammenhang wurde das Team ebenfalls erweitert. „Wir sind jetzt fünf Mitarbeiterinnen, die sich um Marketing, Social Media und das Backoffice kümmern.“

Die Nachfrage nach Pflegeleistungen wächst in Österreich weiterhin stark, was HeldYn eine klare Wachstumsstrategie ermöglicht. „Der Markt in Österreich ist extrem groß, und unser Konzept funktioniert sehr gut. Daher liegt unser Fokus weiterhin auf Österreich”, so Mérey. Eine Expansion nach Deutschland ist frühestens für 2027 geplant.



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