23.09.2019

Wie sich Trumps US-Zölle auf heimische Startups auswirken

Die Zollpolitik von US-Präsident Donald Trump richtet sich abwechselnd mal stärker, mal schwächer gegen China und die EU. Für Unternehmen, die in die USA liefern, sorgen die US-Zölle für Einbußen und Gedankenspiele hinsichtlich Produktionsstätten. Darüber sprachen wir mit Stefan Ponsold, Gründer Sunnybag, Tractive CEO Michael Hurnaus, Georg Weiß, CEO Logsta, Petra Dobrocka, Co-Founder Byrd, und Florian Krisch vom österreichischen AußenwirtschaftsCenter New York.
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Die US-Zölle betreffen heimische Startups auf unterschiedliche Art und Weise - (l.o.) Stefan Ponsold, Sunnybag, (r.o.) das Tractive-Team, (l.u.) ByrdDas Logsta-Team, (r.u.) Petra Dobrocka, Byrd
Collage: Die US-Zölle betreffen heimische Startups auf unterschiedliche Art und Weise - (l.o.) Stefan Ponsold, Sunnybag, (r.o.) das Tractive-Team, (l.u.) ByrdDas Logsta-Team, (r.u.) Petra Dobrocka, Byrd

Es herrscht Krieg in der Weltwirtschaft. Und Frieden. Manchmal. US-Präsident Donald Trumps Zollpolitik wirkt sprunghaft und willkürlich. Doch mag dabei auch keine klare Strategie erkennbar sein, sie richtet trotzdem Schäden bei jenen Unternehmen an, die in die USA liefern. In Gesprächen mit heimischen Hardware- und Logistik-Startups wird klar, dass flexibles Denken und Planung nötig sind, um im Streit zwischen China und den USA Mehrkosten wegen neuer US-Zölle zu umgehen.

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Beginn eines Handelskriegs

Der Beginn der neuen protektionistischen US-Politik lässt sich auf den Februar 2018 datieren. Die USA verhängten damals Zölle und Importkontigente für Waschmaschinen und Solarmodule. Knapp einen Monat später traten US-Zölle von 25 Prozent auf Stahl und 10 Prozent auf Aluminium in Kraft. Im April konterte China daraufhin mit Zöllen auf US-Landwirtschaftsprodukte.

Am sechsten Juli des selben Jahres rief die Trump-Administration Zölle von 25 Prozent auf chinesische Güter aus und setzte am 23. August eine zweite Welle von Strafzahlungen drauf. Insgesamt betrug das Handelswert-Volumen bei dieser Aktion rund 50 Milliarden US-Dollar. China reagierte mit Zöllen im gleichen Umfang. Die Folge: die USA klagten vor der WTO gegen die Strafzölle, die China gegen US-Produkte erhoben hatte.

Weitere Importe aus China wurden daraufhin mit Strafzöllen im kumulierten Handelswert von 200 Milliarden US-Dollar belegt und eine Liste mit betroffenen Gütern aus China veröffentlicht. Im Mai 2019 hob Donald Trump die Zölle auf Güter dieser Liste auf 25 Prozent an.

Danach kam es zu Gesprächen zwischen Trump und Chinas Staatschef Xi Jinping, die einen “Waffenstillstand” zur Folge hatten. Allerdings nur für kurze Zeit.

Weihnachtsbusiness nicht stören

Anfang August 2019 kam es erneut zu weiteren Strafzöllen von 10 Prozent auf chinesische Importe im Wert von rund 300 Milliarden US-Dollar. Diese sollten ursprünglich im September in Kraft treten. Die US-Regierung verschob allerdings die neuen Strafzölle auf Güter (Smartphones, Laptops und Spielzeug) auf den 15. Dezember, um das Weihnachtsgeschäft nicht allzu sehr zu “stören”, wie Trump sinngemäß per Twitter ausrichtete.

Zudem sei auch ein Zusatzzoll geplant, der Importe von Sojabohnen und Erdöl betreffe. Autozölle in Höhe von 25 Prozent sollen ebenfalls ab Mitte Dezember wirksam werden. Damit würden, falls all diese Vorhaben tatsächlich durchgezogen werden, fast alle chinesischen Produkte mit Strafzöllen belegt sein.

Auch EU und Japan betroffen

Neben China hat der US-Präsident auch andere Handelspartner ins Visier seiner Zoll-Politik genommen. Trump droht der EU neben den Schutzzöllen auf Aluminium und Stahl auch mit Sonderzöllen wegen Subventionen an den Luftfahrtkonzern Airbus. Auch Japan ist in den Fokus des US-Präsidenten geraten. Allerdings kam es mit dem Kaiserreich nach monatelangen Handelsgesprächen zu einer Einigung. Es soll zeitnah ein Abkommen zu Zollfragen und zum Thema digitaler Handel unterzeichnet werden. Dies teilte US-Präsident Donald Trump letzte Woche dem Kongress mit.

US-Handelsdefizit mit China

Zwischen regelmäßigen Drohungen und Rückziehern irritiert Trumps Wirtschaftspolitik sowohl Handelspartner als auch Beobachter. Seine Argumentation, er schütze die nationale Sicherheit, halten Experten für ein vorgeschobenes Argument. Die USA weisen gegenüber China ein Handelsdefizit von rund 419 Milliarden US-Dollar aus. Einer der Gründe für die aggressive Rhetorik des US-Präsidenten gegenüber dem Reich der Mitte.

“Property Theft” als Problem

Zudem ist, wie etwa CNBC berichtet, “intellectual property theft” ein riesiges Problem für die Vereinigten Staaten. Im März belegte die dort zitierte Studie, dass von China im Schnitt einem von fünf US-Unternehmen geistiges Eigentum gestohlen werde. Demnach richte diese Praktik jährlich Schäden im Wert von 600 Milliarden US-Dollar an.

“Wir überlegen mit unserer Produktion China zu verlassen und eventuell nach Vietnam zu gehen”

Auch Österreichische Startups betroffen

Auch heimische Startups hadern mit Einbußen aufgrund der US-Zölle, wenn auch nicht in diesem Ausmaß. Stefan Ponsold vom Solarladesystemhersteller Sunnybag, der in China seinen Solar Backpack produzieren lässt, berichtet von einem 17,6 Prozent Zollsatz zu dem obendrauf noch Strafzölle anfallen. Insgesamt würden sich die Extrakosten auf 42,6 Prozent des Warenwerts summieren, die als Zölle zu bezahlen sind.

Profiteure der US-Zölle

Wenig verwunderlich, dass sich das Startup andere Optionen ansieht, wie Ponsold erklärt: “Wir überlegen mit unserer Produktion China zu verlassen und eventuell nach Vietnam zu gehen”, sagt er. Er ist nicht der einzige, der diesen Schritt in Erwägung zieht. Laut einer Umfrage der Unternehmensberatung Bain & Company unter 200 US-Konzernen mit Geschäftsverbindungen nach China erklärten 60 Prozent, sie würden nach neuen Lieferanten, neuen Innovationsquellen und neuen Regionen für die Fertigung Ausschau halten. Zielregionen sind dabei Kambodscha, Mexiko, sogar Europa und eben Vietnam.

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(c) Sebastian Reich – Sunnybag-Gründer Stefan Ponsold überlegt Produktionsverlagerung aufgrund der US-Zölle.

Strafe bei Leistungsbezug zu China

Florian Krisch vom Österreichisches AußenwirtschaftsCenter New York präzisiert das Zustandekommen der enormen Extrakosten: “In gewissen Konstellationen kann es zu einem Zolltarif von 42 Prozent und mehr kommen. Dies geschieht dann, wenn zum bisherigen ‘normalen’ Zolltarif ein Strafzoll hinzukommt. Ein Strafzoll wird ausgelöst, sobald die in die USA importierten Waren einen Leistungsbezug zu China vorweisen”, sagt er. “Die US-Zollbehörde erteilt in Rahmen schriftlicher ‘Binding Rulings’ verbindliche Zollauskünfte, die online ersichtlich sind. Darin wird explizit erwähnt, dass ein Tarif von 17,6 Prozent in Rechnung gestellt wird”.

Zusätzlich dazu sei zu prüfen, ob das Produkt von den (jetzt neuen) Strafzöllen/Zusatzzöllen für chinesische Waren betroffen ist. Dies könne man dieser Liste entnehmen. In dem oben genannten Fall von Sunnybag, und als Anleitung für ähnlich betroffene Startups, sei unter der Nummer 4202.92 (Travel, sports and similar bags) ein “Yes” zu finden. Somit würden die weiteren 25 Prozent an Zöllen anfallen. Diese werden auf den normalen Tarif aufgeschlagen.

Billiger: Logsta routet Container um

Auch das Logistik-Startup Logsta, das viele heimische Startups als Kunden hat, musste Alternativen finden, um Kosten zu sparen, wie CEO Georg Weiß erklärt. “Einer unserer Kunden ließ seine Ware von China in die USA verschicken. Genau in der Zeit der Verschiffung wurden die Strafzölle eingeführt. Da der Verkauf für unseren Kunden nicht mehr wirtschaftlich war, haben wir den Container nach Österreich umgeroutet. Selbst die Mehrkosten für das Umrouten der Ware waren billiger, als die Strafzölle”, erklärt er.

Weiß hat zudem mit seinem Team in den USA analysiert, wann es ratsamer wäre, bestimmte Warengruppen nicht so intensiv zu importieren. “Die Entscheidung obliegt stets unseren Kunden. Daher besprechen wir das immer individuell, um ihnen bei der Entscheidung zu helfen, ob sie trotz Zoll und Transportkosten noch gewinnbringend in den USA operieren können. Wir sind froh, dass dennoch viele Kunden den Schritt wagen und mit unserer Hilfe den amerikanischen Markt erobern”, erklärt der Gründer.

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(c) Adrian Almasan: Das Logsta-Team. Laut Logsta-CEO Georg Weiß sei “Umrouten” der Ware billiger als Starfzölle zahlen.

Laut Logsta sind Alternativen zur Produktion in China für viele Startups immer noch schwer zu finden. Schließlich seien die Lohn- und Produktionskosten dort sehr niedrig: “Auch hier versuchen wir gemeinsam zu kalkulieren, welcher Weg der finanziell Beste ist, um den optimalen Service bereit zu stellen und unseren Kunden die Sorge um die Zölle abzunehmen”, sagt Weiß.

Getbyrd: “Zölle für unsere Kunden ein Vorteil”

Für  Getbyrd, ebenfalls ein Logistik-Startup, zeigen die US-Zölle eine andere Wirkung, wie Founderin Petra Dobrocka erklärt: “Wir betreuen Online-Händler, die Produkte in die USA verkaufen, aber der Großteil dieser Händler produziert die Ware nicht in China. Viele unserer Kunden sind direkt auch Hersteller und produzieren meist lokal, oft im DACH-Raum oder zumindest in Europa. Man könnte also sagen, dass die Strafzölle im Rahmen unserer Kundengruppe aktuell sogar einen Vorteil bringen, da unsere Kunden so möglicherweise ihre Produkte besser in die USA verkaufen können”, sagt sie.

(c) Byrd: CMO Petra Dobrocka

In Gesprächen mit Fullfilment-Partnern

Dobrocka fügt aber an: “Wir sehen jedoch, dass die aktuelle Situation sich auch großflächiger auf europäische Produkte ausweiten kann und sind deshalb bereits in Gesprächen, um Fuflillment-Partner in den USA zu finden. Damit möchten wir einerseits den weiteren Entwicklungen in den USA einen Schritt voraus sein, aber gleichzeitig auch allen unseren Kunden einen einfachen Marktstart in den USA ermöglichen”.

Tractive: “meisten Verkäufe in Europa”

Weniger Probleme mit den USA hat das Paschinger Startup Tractive, wie Gründer Michael Hurnaus dem brutkasten erklärt. “Ich denke nicht, dass beim Handel die USA viel anders sind, als andere Länder”, sagt er. Da das Unternehmen die Massenproduktion in China hat, spüre man den Handelskrieg zwar etwas: “Allerdings sind 90 Prozent unserer Verkäufe in Europa, daher betrifft es uns tatsächlich nur am Rande”.

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(c) jakoblehner.com: Das Tractive-Team. Tractive-Gründer Michael Hurnaus: “90 Prozent unserer Verkäufe sind in Europa”.

Vier Listen und Qualitätsverlust

Laut Florian Krisch gibt es als Informationsquelle aktuell vier Listen (siehe Links unten), die von Strafzöllen betroffenen Waren auflisten. Die letzte und vierte Liste sei jedoch noch nicht fertig ausgehandelt. “Es kann also sein, dass Trump und Xi Jinping sich noch auf ein paar Zollbefreiungen einigen”, sagt er. Diese Strafzölle seien besonders für österreichische Startups relevant, die in China Waren produzieren und diese dann in die USA exportieren wollen.

Laut Forbes Magazine planen rund 14 Prozent der europäischen Unternehmen sich aufgrund des Handelskrieges aus China zurückzuziehen. “Stattdessen beziehen sie ihre Produkte aus anderen asiatischen Ländern. Zwar bezahlen sie dann keine Strafzölle, jedoch leidet möglicherweise die Produktqualität darunter: In Indien und Pakistan sind zum Beispiel 37 Prozent der inspizierten Waren mangelhaft, in Kambodscha sogar 40 Prozent. In der Türkei sind es nur 25 Prozent, gleich dem Wert für China”, merkt Krisch an.

US-Zölle nichts Neues für heimische Startups

Insgesamt sieht der Außenwirtschafts-Experte den Handelskrieg für die österreichische Startup-Szene nicht allzu drastisch. “Einführzölle in die USA sind für österreichische Unternehmen nichts Neues. Mithilfe der Zolltarifnummer kann für jedes Produkt individuell ermittelt werden, ob ein Zoll zu entrichten ist und wie hoch diese Abgabe sein wird. Neben dem Produkt an sich, ist das Ursprungsland einer Ware der ausschlaggebende Faktor zur Berechnung des Einfuhrzolls. Trumps Zusatzzölle richten sich aktuell ja nur gegen Produkte aus chinesischer Fertigung.”, fasst Krisch zusammen.

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(c) WKO – Florian Krisch, Manager Startups & Innovation, WKO AußenwirtschaftsCenter New York zu Abwanderungsgedanken: “In Indien und Pakistan sind zum Beispiel 37 Prozent der inspizierten Waren mangelhaft,…”.

Apps und Saas-Lösungen als Exportschlager in die USA

Da österreichische Startups in den USA jedoch hauptsächlich Softwareprodukte (SaaS Lösungen oder Apps) verkaufen würden und weniger auf Hardwareprodukte setzen, seien sie von den Zusatzzöllen auf chinesische Produkte weniger stark betroffen. “Es gibt natürlich Sondersituationen, vor allem wenn das Startup in China fertigen lässt und dann in die USA exportiert, jedoch haben wir noch nicht mitbekommen, dass Startups aufgrund der neuen US-Zölle die Pläne für den US-Markteintritt verschieben”. Die Außenwirtschaft Austria sei jederzeit bereit, detailliertes Feedback zu geplanten Markteintrittsvorhaben zu geben. “Außerdem sind wir in regem Austausch mit Experten und Behörden und können umgehend die passenden Infos zu anfallenden Einfuhrzöllen recherchieren”, sagt Krisch.

Abwarten und auf Dynamik hoffen

Auch wenn bisher US-Zölle trotz des großen medialen Echos noch keine großen Auswirkungen auf österreichische Startups hatten, so könne leider nicht ausgeschlossen werden, dass sich dieses Problem nicht noch verschlimmert, meint Krisch.

“Viele heimische Startups haben auch in anderen Ländern eine starke Präsenz aufgebaut und ein generelles Abkühlen der Wirtschaft, bedingt durch einen Handelsstreit der beiden größten Volkswirtschaften der Welt, kann auf mehreren Ebenen – etwa schwächerer Konsum und schlechteres Investorenklima – negative Auswirkungen haben. Momentan bleibt nicht viel mehr als abzuwarten, ob und in welcher Form ein Trade-Deal mit China zustande kommt. Die Tatsache, dass nächstes Jahr in den USA gewählt wird und der Präsident wohl noch eines seiner größten Wahlversprechen umsetzen möchte, könnte der Debatte neue Dynamik verleihen”, so Krisch abschließend.


⇒ Logsta

⇒ Getbyrd

⇒ Sunnybag

⇒ Tractive

⇒ AUSSENWIRTSCHAFT Austria

⇒ Liste der Strafzölle 1.1

⇒ Liste der Strafzölle 1.2

⇒ Liste der Strafzölle 2.1

⇒ Liste der Strafzölle 2.2

⇒ Liste der Strafzölle 3.1

⇒ Liste der Strafzölle 3.2

⇒ Proposed List der Strafzölle 4.1

⇒ Proposed List der Strafzölle 4.2

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Angel Investorin und Content Creator Diana zur Löwen am Global Leaders Summit (c) brutkasten

Das Influencer-Sein kann eine Goldgrube sein. Nicht umsonst ist es der Traum vieler Menschen, sich ihren Weg auf sozialen Kanälen hochzuarbeiten. Nicht wenigen ist es bereits gelungen, sich damit ein Vermögen aufbauen. So wie Diana zur Löwen. Im Rahmen des Global Leaders Summits von the female factor, unterstützt von der Stadt Wien, haben wir sie zu einem Gespräch im Innenhof des Wiener Rathauses getroffen.

Sie ist eine der über 500 Unternehmer:innen, die sich am 19. September in Wien versammelt haben – und aus über 50 Nationen angereist sind. Heute sprechen wir allerdings nicht (nur) über Female Leadership, sondern reden Klartext über Geld. Über Dianas Geld, um genauer zu sein.

Diana zur Löwen (Angel Investor, Rawr Ventures) am Global Leaders Summit mit Erika Diskancova (EMEA Sales Lead,Canva), Ida Tin (Co-Founder, Clue), Franzi von Hardenberg (Founder & CEO, The Siss Bliss) (c) Valerie Maltseva

Der Wunsch nach Impact

Mit über einer Million Followern ist Diana zur Löwen eine der berühmtesten Influencer:innen Deutschlands. Mittlerweile agiert sie nicht nur als Content Creatorin in den Bereichen Beauty, Fashion und Lifestyle, sondern ist auch Inhaberin mehrerer Firmen.

Wie es sich gehört, investiert sie ihr erarbeitetes Geld in ihre Schmuck- und Parfum-Marken, in ihre Social-Media-Plattform – und in Startups. Und zwar so professionell, dass sie dafür ein eigenes Unternehmen gegründet hat, das heute unter dem Namen Rawr Ventures agiert.

Als Startup-Investorin legt sie einen Teil ihres Geldes nicht nur in die Eigenkapital-Lade von deutschen Startups, sondern konsultiert diese auch. Sie will Impact haben und junge Menschen bei dem unterstützen, was ihres Glaubens einen positiven Einfluss auf unsere Gesellschaft und unseren Planeten hat.

Mode Influencerin und Angel Investorin

Diesem Mantra folgte zur Löwen, die schon im Alter von 14 Jahren erste Mode-Videos auf die Videoplattform YouTube stellte, bereits seit ihrem BWL-Studium. Mittlerweile hat sie selbst Produkte entwickelt und vertreibt sie unter ihrem Namen – darunter ein Anxiety Ring, eine Palette an Ohrringen, Parfums. Und Finanztipps.

Diana zur Löwen hat es sich neben Beauty- und Fashion-Tipps nämlich zur Aufgabe gemacht, junge Menschen über Finanzen und Investmentmöglichkeiten zu informieren. Auf ihren Kanälen teilt sie Insights rund um ihre persönlichen Ausgaben, Investmentstrategien, Vermögenswerte und Anlagen. Dazu erscheint auch regelmäßig ein Newsletter. Transparenz und Zugänglichkeit sind ihr wichtig: So ist ihr “Investieren an der Börse – Guide 2024” kostenlos in ihrem Online-Shop zum Download erhältlich.

Mit ihrem Tun stellt Diana Geld und den Umgang damit in den Mittelpunkt. Sie enttabuisiert Themen, die einige ihrer Branchenkolleg:innen mitunter als zu heikel empfinden. Ein durchaus heikles und risikobehaftetes Feld behandelt die Influencerin auch mit ihrem Unternehmen Rawr Ventures.

Seit 2020 investiert sie damit regelmäßig in Startups. Mittlerweile zählt ihr Portfolio zwölf Beteiligungen. Ihr erstes Investment war das Berliner FemTech Femtasy, das sie noch während ihres BWL-Studiums an der Universität zu Köln tätigte.

“Ich investiere, weil ich den Impact toll finde”

“Ich investiere primär, weil ich den Impact so toll finde”, beginnt Diana unser Gespräch. “Ich habe als Influencerin gemerkt, dass ich mein verdientes Geld verwalten möchte und sollte. Obwohl Investments in Startups mit einem gewissen Risiko behaftet sind, finde ich es toll, junge Unternehmen zu unterstützen. Vor allem deshalb, weil dabei oft wirklich innovativere Ideen umgesetzt werden, als man es je selbst tun könnte.”

Ihrem Wunsch, Gründer:innen zu unterstützen, ging sie das erste Mal vor sechs Jahren nach: mit dem besagten Investment in das Berliner FemTech-Startup Femtasy. Trotz der anfangs sehr großen Begeisterung an Femtasy, das Erotikgeschichten für Frauen produziert und zur Verfügung stellt, hat sich die Influencerin schnell an einem “bunten Portfoliomix” orientiert: Bald investierte sie in Startups der Software- und HealthTech-Szene. So unter anderem in das HealthTech Nelly Solutions, das Arztpraxen digitalisiert, wie sie brutkasten erzählt.

Das Risiko gehört dazu

Heute, sechs Jahre später, besteht ihre Faszination gegenüber Femtasy nach wie vor: “Ich finde, Femtasy ist eine tolle Firma. Ich genieße es total, mit ihnen zu arbeiten und zu sehen, in welchen Bereichen man noch besser werden kann. Schon am Anfang hat mich die Gründerin und ihr Approach sehr fasziniert. Sie hat mit einer simplen Methode angefangen, ihre Website zu bauen und das dann Schritt für Schritt und ressourcensparend weiterentwickelt.”

Dass sich ihre Tätigkeit als Investorin durchaus risikoreich gestaltet, ist sich die 29-Jährige bewusst: “Das Risiko gehört im Leben dazu. Und es macht es ja auch spannender, wenn man fest an eine Vision glaubt und darin auch investiert ist. Klar, die Firma muss selbst performen, aber man kann in gewissen Punkten schon ganz gute Stellschrauben drehen.”

Follower arbeiten mittlerweile bei investiertem Startup

Schrauben drehen kann Diana zur Löwen vor allem in puncto Marketing, Vertrieb und Employer Branding. Dies tat sie unter anderem beim besagten Startup Nelly. Hier arbeitete sie in der digitalen Kommunikation mit und habe das Team nicht nur strategisch und finanziell unterstützt, sondern auch Follower zur Mitarbeit an Nelly inspiriert: Mittlerweile würden schon einige ihrer Follower bei dem von ihr unterstützten HealthTech mitarbeiten:

“Die Zusammenarbeit mit Nelly hat mir gezeigt, wie toll es ist, Leute zu inspirieren. Da geht es nicht nur um das Verkaufen von Produkten, sondern auch um das Vorstellen von Unternehmen auf meiner Plattform.”

Ein buntes Ökosystem

Das Thema Startups und Innovation in jüngeren Zielgruppen zu pushen, ist Diana gerade auch deshalb ein Anliegen, um jungen Arbeitskräften ein bunteres Bild unseres Ökosystems zu zeichnen:

“Wenn wir an Wirtschaft denken, denken wir oft an Großunternehmen und Konzerne, die es schon jahrelang am Markt gibt. Ja, an klassische, alte Unternehmen. Dabei gibt es so viele neue Geschäftsmodelle, viele Startups und viele coole Ideen, die ich einfach ein bisschen greifbarer machen möchte. Auf meiner Plattform rede ich deshalb auch manchmal von Firmen, an denen ich nicht beteiligt bin. Einfach, um meiner Followerschaft ein bisschen ein Bild zu geben, was es da in unserem Ökosystem noch alles gibt.”

Smarte Consumer-Brands, Software & FemTech

Ein buntes Bild zeichnet Diana nicht nur ihrer Followerschaft. Auch ihr Investment-Portfolio will die 29-Jährige divers halten, allerdings mit Fokus auf bestimmte Key Branchen: Als “bunten Mix mit einem roten Pfad” beschreibt Diana ihre investierten Startups. Vor Augen halte sie sich außerdem “smarte Direct-to-Consumer-Brands”, in denen sie Potenzial sieht, bald profitabel zu werden.

Am liebsten investiert zur Löwen in Early-Stage-Software-Firmen, wie sie brutkasten im Wiener Rathaus-Innenhof verrät. Ein Auge legt sie hier auf ein “hohes Potenzial für ein noch höheres Multiple”, und richtet ihren Blick auf einen “guten Product-Market-Fit”. Außerdem muss das Team spannend, überzeugt und kompetent sein. “Ich muss das Gefühl haben, dass es auch wirklich was weiterbringen will.”

Ein guter Fit für ihr Portfolio ist das SaaS-Umfeld auch deshalb, “weil eigentlich nicht so viele Frauen in SaaS-Firmen investieren. Ich will da aber mitmischen. Deswegen habe ich auch in Nelly Solutions investiert. Und bin jetzt auch bei einem SoftwareTech im Steuerberech mit dabei.”

Beteiligt ist zur Löwen aus denselben Gründen auch bei mehreren FemTech-Firmen, darunter das Startup Ovom, das sich auf Frauengesundheit und Fruchtbarkeit fokussiert. Auch Endogene.Bio, das zur verbesserten Diagnose und Behandlung von Endometriose forscht, befindet sich im Portfolio der Influencerin.

“Ich würde mir wünschen, dass mehr Leute in Startups investieren”

Als Content Creatorin und Angel Investorin will Diana zur Löwen kein Einzelfall bleiben: “Am Ende kann natürlich jeder mit seinem Geld machen, was er will. Ich verstehe, wenn man das lieber in Immobilien oder Aktien steckt. Aber ich finde, es gibt so tolle junge Menschen mit tollen Ideen, diesen sollte man eine Chance geben. Und im Idealfall profitiert man davon. Ich würde mir wünschen, dass mehr Leute in Startups investieren.”

Sie selbst habe bereits den Versuch gestartet und wollte andere Content Creators zum Investieren motivieren. Bislang leider fast vergebens, wie sie in unserem Interview berichtet: “Weibliche Creators habe ich bislang eher nicht zu Startup-Investments animieren können. Vielleicht klappt es bald.”

“Ich kann mit Leuten gut auf Augenhöhe arbeiten”

Dass die Unternehmerin von einem guten Verhältnis in Investorenkreisen berichtet, liegt mitunter auch an der Kooperationsbereitschaft ihrer selbst: “Ich kann mit Leuten gut auf Augenhöhe arbeiten, und ich glaube, deshalb funktioniert das Investieren bei mir auch. Ich hatte schon damals bei meinem ersten Investment ein recht gutes Netzwerk und Leute um mich, die mich in meinem Vorhaben bestätigt haben.”

Von zu Hause hat sich zur Löwen immerhin keine Investor-Erfahrung mitgenommen. In ihrem Elternhaus kam das Investieren wenig zur Sprache – schon gar nicht im Startup-Sektor. “Deshalb habe ich mir sehr schnell durch mein Netzwerk Hilfe geholt”, erinnert sich Diana. Über die Jahre sei sie schließlich “mit den Firmen, bei denen ich beteiligt bin, mitgewachsen. Man lernt so viel, wenn man es einfach macht. Ein Risiko ist es immer, aber es kann eben auch aufgehen.”

Mittlerweile sei möglicherweise bald ein Unicorn-Status im ihrem Portfolio dabei, meint die Investorin. Wann und bei wem genau dies der Fall sein könnte, bleibt allerdings noch verschwiegen.

Wie viel ihres Vermögens Diana in ihre eigene Plattform investiert und wie viel dabei in europäische Startups wandert, verrät sie nur in Umrissen: “Als Creator hast du das Glück, dass sich Dinge relativ schnell profitabel aufziehen lassen. Denn man hat ja nicht viele Marketingkosten und eine starke Community. Was viele Ressourcen frisst, ist die Produktentwicklung. Dafür hole ich mir meisten Business Partner, so wie bei meinen Parfums.”

Auf das Bauchgefühl hören

Egal ob man selbst gründen oder einem Gründerteam Unterstützung schenken möchte – Diana zur Löwen rät in beiden Fällen zu Achtsamkeit und zum Bauchgefühl: “Achtet darauf, dass es menschlich passt. Egal, was ihr beginnt. Gründen und Investieren sind beides eine Art Ehe, die man eingeht. Da ist es wichtig, dass man auch eine schöne Zeit zusammen hat und sich menschlich gut versteht. Und über all dem natürlich an einem Strang zieht.”

Überdies rät die Content Creatorin auch zum Mut zur Lücke: “Man muss nicht überall dabei sein, FOMO sollte man nicht haben. Als Investorin musste ich mir auch selbst den Druck rausnehmen und mich nicht überall beteiligen, was gut klang. Manche Leute sind sehr gute Sales-Personen, aber es muss mich im Gesamtkonzept überzeugen.” Außerdem investiert es sich zu mehrt immer besser als alleine: “Vier Augen gucken nochmal besser auf ein Konzept als zwei. Vor allem dann, wenn man noch wenig Erfahrung als Angel Investor hat.”

Unverkennbar ist Diana zur Löwen kein Neuling in der Angel-Investor-Szene. Mittlerweile strotzt nicht nur ihr Investment-Portfolio von Vielfältigkeit. Auch ihr Geschäftsleben als Influencerin und Markeninhaberin zeugt von Abwechslung: Von Finanztipps über Investments bis hin zu Dianas Beauty- und Fashionwurzeln. Nun stellt sich aber die Frage, was Diana davon am liebsten macht?

“Finanzen sind eine große Passion von mir”

“Finanzen. Die sind wirklich eine große Passion von mir. Ich werde jetzt auch bald eine Weiterbildung an der TU München machen, im Bereich Venture Capital und Private Equity. Das Engagement beim Thema Finanzen ist groß und ich überlege mir jedes Mal aufs Neue: Wie kann ich die Themen gut verständlich kommunizieren?”, sagt uns die Investorin im Rahmen des Global Leaders Summit.

Aktuell genieße sie allerdings die Balance und rege Abwechslung ihrer Geschäftsbereiche. Und auch in ihren Investments möglicherweise den ein oder anderen Ausreißer: “Letztens habe ich ein Startup gefunden, das Schokolade ohne Kakao macht, aber wie Schokolade schmeckt. Das kann in puncto Nachhaltigkeit sicher einiges ändern. Das finde ich spannend.”

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