06.03.2020

US-Investoren entdecken die GmbH

Die Zeiten, in denen heimische Startups ihren Sitz in die USA verlegen mussten, um Kapital von amerikanischen VCs zu bekommen, ist vorbei. Die Vorteile des hiesigen Unternehmer-Mindsets haben sich inzwischen scheinbar in Übersee herumgesprochen.
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US-Investoren entdecken die GmbH
(c) Adobe Stock - Goss Vitalij

Über die Unterschiede im Mindset amerikanischer und hiesiger Unternehmer bzw. von österreichischen und US-Investoren wurden schon ganze Bücher geschrieben. Obwohl auch hier natürlich – wie so oft – Ausnahmen die Regel bestätigen, sprechen die Statistiken eine eindeutige Sprache:

Einerseits liegen Werte wie das durchschnittlich in Startups investierte Kapital, durchschnittliche Bewertungen von Wachstumsunternehmen und übliche Exit-Summen in den USA um ein Vielfaches höher als hierzulande. Andererseits kommen Studien bei der Scheiterrate für die USA (und auch im internationalen Schnitt) immer wieder auf einen Wert um die 90 Prozent. Der Austrian Startup Monitor 2019 zeigte für Österreich hingegen zuletzt, dass nur 17,4 Prozent der (erfassten) zwischen 2008 und 2010 gegründeten Wachstumsunternehmen entweder geschlossen wurden, oder Insolvenz anmelden mussten. Bei später gegründeten Startups ist die Rate entsprechend niedriger.

+++ „Zu hohe Bewertung“ – ein österreichischer Denkfehler +++

Tech-Riesen vs. Hidden Champions

Knapp zusammengefasst und etwas vereinfacht kann man also feststellen: Österreichische Entrepreneure bauen mit erheblich weniger Kapital deutlich kleinere, aber maßgeblich nachhaltigere Unternehmen auf. In den USA gilt dagegen tendenziell das Motto “Alles oder Nichts”. Langfristig drückt sich das in der Menge an Tech-Riesen auf der einen, und der Masse an Hidden Champions auf der anderen Seite des Ozeans aus.

Verdammt zum soliden Mittelstand?

Doch ist die österreichische Startup-GmbH deswegen dazu verdammt, bestenfalls zum soliden Mittelständler zu werden? Ist ihr der Unicorn-Status aufgrund des unterschiedlichen Mindsets bei Unternehmern und Investoren auf alle Zeit verwehrt?

Es gibt klare Hinweise darauf, dass sich die Vorzeichen derzeit ändern. Denn das Image der US-Wachstumsunternehmen in der Öffentlichkeit bröckelt, befeuert durch schwache Tech-IPOs, zu stark in die Länge gezogene Verlust-Phasen im Wachstum und medienwirksame Scaleup-Debakel wie jenes von WeWork.

US-Investoren intensivieren Aktivität in Europa

Das zeigt sich auch in der Aktivität der VCs: In den USA stagnierten laut Atomico-Studie die Startup-Investments 2019 mit einem leichten Absinken um ein Prozent. In Europa dagegen stiegen sie um rund 40 Prozent an. Und ein erheblicher Teil des im alten Kontinent investierten Kapitals – 10 von 34 Milliarden US-Dollar, kam von nordamerikanischen Investoren – weit mehr als in den Vorjahren. Österreich konnte 2019 statistisch noch nicht von diesem Trend profitieren, doch mehrere Finanzierungsrunden in der jüngeren Vergangenheit zeigen, das immer mehr drin ist – zuletzt etwa die US-VC-geführte 30 Millionen Euro Serie A-Runde des Wiener Startups PlanRadar – einer GmbH.

VC-EU-Tochter statt Startup-US-Mutter

Das (für heimische Verhältnisse) Mega-Investment ist Ausdruck einer Zäsur, auf die schon das 50 Millionen US-Dollar-Investment in die TourRadar GmbH 2018 hindeutete. Galt es noch vor kurzem als Grundregel, dass heimische Startups ihren Hauptsitz in die USA verlegen müssen, um US-VCs als Investoren zu gewinnen, sind diese nun bereit, ihrerseits ein EU-Tochter-Unternehmen (meist in Luxemburg) zu eröffnen, um direkt hier zu investieren.

US-Investoren: Milderung beim leidigen Thema Anschlussfinanzierung

Der Hintergedanke der US-Investoren scheint klar: Ein Unternehmen, das sonst ein solider Mittelständler geworden wäre, hat mit dem nötigen Kapital wohl auch das Zeug dazu, ein solider Riese zu werden. Ob diese Rechnung aufgeht, wird freilich von zahlreichen Parametern abhängig sein und kann gegenwärtig noch nicht final beurteilt werden. Für die heimische Startup-Szene gibt es jedenfalls Anlass zu Freude: Die bekannten Schwierigkeiten in der Anschlussfinanzierung dürften mit der Entdeckung der GmbH durch US-Investoren ein Stück weit gemildert werden.

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iDWELL: 10 Mio. Euro Investment für Wiener PropTech

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Das iDWELL-Management-Team (von links hinten): Michael Haller, Daniel Hobmeier, Christian Wurm, Fritz Stiegler; von rechts vorne: Anika Szokoll, Alexander Roth, Anna-Katharina Matzenberger, Raphaela Leiner | (c) Leonardo Ramirez
Das iDWELL-Management-Team (von links hinten): Michael Haller, Daniel Hobmeier, Christian Wurm, Fritz Stiegler; von rechts vorne: Anika Szokoll, Alexander Roth, Anna-Katharina Matzenberger, Raphaela Leiner | (c) Leonardo Ramirez

Im Februar dieses Jahres verkündete das Wiener PropTech iDWELL, dass über seine Plattform rund 1,2 Millionen Wohneinheiten betreut werden, wie brutkasten berichtete. Neun Monate später sind es bereits 1,5 Millionen, wie es vom Startup nun in einer Aussendung zu einem aktuellen 10-Millionen-Euro-Investment heißt. Etwa 750 Immobilienverwaltungen in Österreich, Deutschland und der Schweiz setzen demnach auf die SaaS-Lösung des Unternehmens, mit der alle Beteiligten einer Immobilie auf einer zentralen Plattform verbunden werden sollen. Das soll eine effiziente Kommunikation und Verwaltung ermöglichen.

Knight Capital aus Amsterdam übernimmt Lead in 10 Mio. Euro Runde

Das starke Wachstum der vergangenen Monate soll nun weiter fortgeführt werden. Dazu holte sich iDWELL eine Kapitalspritze über zehn Millionen Euro unter dem Lead der Amsterdamer Investmentgesellschaft Knight Capital. Auch bestehende Investoren, darunter Flashpoint Venture aus London und Wecken & Cie aus Basel beteiligten sich an der Kapitalrunde.

iDWELL-Gründer: “Diese Investition ist ein starkes Signal für unser Geschäftsmodell”

“Diese Investition ist ein starkes Signal für unser Geschäftsmodell. Sie ermöglicht es uns, unsere Wachstumsambitionen mit voller Kraft zu verfolgen und jeden Immobilienverwalter zur Nutzung von iDWELL zu bewegen”, kommentiert Gründer und CEO Alexander Roth. Das Geld soll sowohl in die Expansion als auch in die Produktentwicklung fließen. “Wir wollen konsequent weiterwachsen, indem wir neue Hausverwaltungen gewinnen, unser Produktangebot diversifizieren und langfristige Partnerschaften in der DACH-Region pflegen”, so Roth. iDWELL-COO Anna Matzenberger konkretisiert: “Der Fokus liegt dabei auf der Entwicklung einer noch effizienteren Immobilienverwaltung auf Basis künstlicher Intelligenz, dem Ausbau von Finanz- und Versicherungslösungen sowie der Erweiterung des Dienstleistungsportfolios.”

iDWELL-CEO Alexander Roth und -COO Anna-Katharina Matzenberger | (c) Leonardo Ramirez
iDWELL-CEO Alexander Roth und -COO Anna-Katharina Matzenberger | (c) Leonardo Ramirez

Und Diederik Ingen Housz, Managing Partner von Knight Capital, kommentiert: “Mit seinem beeindruckenden Wachstum und einem hoch zufriedenen Kundenstamm ist iDWELL perfekt positioniert, um innovative Lösungen in der sich schnell digitalisierenden Immobilienbranche anzubieten.”

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  • Einerseits liegen Werte wie das durchschnittlich in Startups investierte Kapital, durchschnittliche Bewertungen von Wachstumsunternehmen und übliche Exit-Summen in den USA um ein Vielfaches höher als hierzulande.
  • Andererseits ist die Scheiterrate in Österreich erheblich niedriger.
  • Knapp zusammengefasst und etwas vereinfacht kann man also feststellen: Österreichische Entrepreneure bauen mit erheblich weniger Kapital deutlich kleinere, aber maßgeblich nachhaltigere Unternehmen auf.
  • Nun scheinen US-Investoren auf den Geschmack des hiesigen Modells gekommen zu sein und sind bereit, auch in hier angemeldete Unternehmen zu investieren.
  • Für die heimische Startup-Szene gibt es jedenfalls Anlass zu Freude: Die bekannten Schwierigkeiten in der Anschlussfinanzierung dürften mit der Entdeckung der GmbH durch US-Investoren ein Stück weit gemildert werden.

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