26.04.2023

Up-Cycling-Startup re:flair macht aus alter Kleidung Designerstücke

Das Wiener Neustädter Startup re:flair möchte mit seiner Idee die stark klimabelastende Textilindustrie etwas ändern. Und macht daher aus alt neu.
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(c) privat - Tom Kessler (li.) und Thomas Forster von re:flair.

Die Textilindustrie gehört seit Jahren zu jenen Branchen, die das Klima am stärksten belasten. Deshalb hat Tom Kessler mit re:flair ein Startup gegründet, das Firmen mit (zu) viel Gewand mit Designerinnen und Designer zusammenbringt. Dadurch entstünden komplett neue Kreationen.

Tristesse führte zu re:flair

Nahezu jedes neue Kleidungsstück, das im Handel gekauft wird, weist einen beträchtlichen ökologischen Fußabdruck auf. In der Produktion wird viel Wasser verbraucht, künstliche Inhaltsstoffe sind keine Seltenheit und der Transport von der Produktionsstätte in den Handel setzt eine Menge CO₂ frei. Gleichzeitig mit dem Kauf eines neuen Stücks wandern andere in den Müll und belasten so das Klima zusätzlich. Das fällt vor allem bei großen Bestellmengen ins Gewicht, wie beispielsweise bei Unternehmen, die Merchandising produzieren lassen.

Tom Kessler und sein Freund Thomas Forster wissen das und haben, wie viele andere, all diese Dinge mehrmals in Medien und Büchern gelesen. “Diese etwas triste Ausgangslage hat mich auf die Idee zu re:flair gebracht. Warum nicht Kleidung, die nicht mehr gebraucht wird, von Profis umgestalten lassen und so ein neues, cooles Teil für die eigene Garderobe bekommen”, sagt Kessler.

Das Kreislauf-Vorhaben

Das niederösterreichische Startup, das die beiden nach Abschluss des Studiums am Campus Wieselburg der FHWN zusammen mit Konstanze Gruber gegründet haben, versteht sich als Vermittlungs-, Beratungs- und Werbeagentur, die alte Gebrauchsgegenstände – von Dienstkleidung über Werbeplanen bis hin zu Rückbauten – gemeinsam mit Designer:innen und sozialen Schneidereien oder diversen Werkstätten upcyceln und zurück in den Kreislauf bringen will.

“Nachdem wir momentan in einer Welt leben, in der übermäßiger Konsum überhandgenommen hat und Nachhaltigkeit kein Trend, sondern eine Notwendigkeit ist, müssen wir alle einen Gang zurückschalten. Und besonders in der Verantwortung stehen Unternehmen”, sieht Kessler seine Geschäftsidee als notwendigen Schritt an.

Dabei soll auch ein ökonomischer, sozialer und ökologischer Mehrwert für Unternehmen geschaffen werden. Beispielsweise könnte man aus diversen Gebrauchsgegenständen neues Merchandising oder Werbegeschenke produzieren, um einen positiven Return on Investment (ROI) zu generieren. Zudem erstellt re:flair Reportings, die die Emissionsreduktion aufzeigen, um beim firmeneigenen CSR-Bericht zu unterstützen.

Von B2C zu B2B für re:flair-Team “ein Schock”

Dass es überhaupt so weit kommen konnte, hat das Trio dem “StartUp Center der FHWN” zu verdanken, wie sie berichten. Über mehrere Workshops hinweg wurde zusammen der Businessplan überarbeitet – und eine Wendung um 180 Grad vollführt.

“Wir haben nach vielen Analysen alles verworfen und sind von einem B2C- zu einem B2B-Konzept übergegangen. Das war zu zunächst ein Schock, im Nachhinein gesehen aber genau die richtige Entscheidung. Diese Erfahrung hat uns das ‘StartUp Center’ gebracht. Ohne würden wir uns wahrscheinlich noch immer im Kreis drehen. Zudem profitieren wir von einem guten Netzwerk und lernen immer wieder neue und interessante Leute in unserem Bereich kennen” beteuert Kessler.

Erste Partner an Bord

Das Trio will mit der offiziellen Gründung der Firma im Juli 2023 den nächsten Meilenstein erreichen. Bisher konnten der erste Platz beim Gründertag der FH Wiener Neustadt (Gewinn: 5.000€ für Rechtsberatung und Steuerberatung) und u.a. auch eine Top-5-Platzierung beim “i2B Wettbewerb” als Erfolge verbucht werden. Auch konnte man wichtige Key Player der Szene überzeugen.

Katharina Rathammer etwa, die als Head of Corporate Communications & Marketing bei der 6B47 Real estate Investors AG tätig ist, gehört zu jenen Entscheidungsträgern, die in einer solchen Präsentation überzeugt wurden: “Aus einem Nachhaltigkeitsgedanken einen Geschäftszweig zu entwickeln ist mutig, aber vor allem zukunftsweisend und smart. Als Immobilienentwickler suchen wir ständig neue Ideen für die Umsetzung der Kreislaufwirtschaft. Mit re:flair sind wir fündig geworden und prüfen gerade weitere Kooperationsideen”, sagt sie.

Aktuell geht die Unternehmens-Akquise und der Netzwerkaufbau bei sozialen Schneidereien und Modedesignerinnen und -designern weiter. Denn das „re:flair“-Team ist sich sicher: “Die Idee ist zu gut, um sie nicht großflächig auszurollen.”

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Anekdoten - Das brutkasten-Team und seine Weggefährten haben in den vergangenen zehn Jahren viel erlebt | (c) Marko Kovic
Das brutkasten-Team und seine Weggefährten haben in den vergangenen zehn Jahren viel erlebt | (c) Marko Kovic

Dieser Artikel ist im Dezember 2024 in der Jubiläumsausgabe des brutkasten-Printmagazins – “Wegbereiter” – erschienen. Eine Download-Möglichkeit des gesamten Magazins findet sich am Ende dieses Artikels.


Es gibt bekanntlich für alles ein erstes Mal – und in einem Startup gibt es diese ersten Male noch ein bisschen häufiger. Gründet man ein Medien-Startup, das sich mit Startups beschäftigt, sollte man etwa erst einmal die bekannten Gesichter der Startup-Szene kennenlernen. Aber wie?

“Am Anfang, als ich das Ganze begonnen habe und es mich so fasziniert hat, habe ich erst einmal versucht herauszufinden, wie ich Andreas Tschas (Anm.: damals Gründer und CEO Pioneers Festival) kennenlernen kann. Das war für mich so, als ob ich es schaffen muss, einen Superstar kennenzulernen”, erzählt brutkasten-Gründer und -CEO Dejan Jovicevic. “Auch Hansi Hansmann war für mich weit weg und unerreichbar.” Schließlich schaffte er es bekanntlich, und nach Tschas vor ein paar Jahren ziert nun Hansmann das aktuelle brutkasten-Cover.

Ein besonderer allererster Live stream

Leichter – vielleicht sogar etwas zu leicht – fiel es Redakteur Martin Pacher anfangs, an so richtig bekannte Persönlichkeiten zu kommen. “Es war Anfang 2019; ich war gerade erst zwei Wochen in meiner fixen Position bei brutkasten und hatte noch nie einen Video-Talk moderiert”, erzählt Pacher. “Und dann hat es sich ergeben, dass Dejan kurzfristig die Moderation eines sehr hochkarätig besetzten Livestream-Interviews nicht machen konnte, und ich war der Einzige, der Zeit hatte, einzuspringen.”

Die Gesprächspartner:innen für Pachers allererstes Video-Interview waren keine Geringeren als die damalige Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck, der damalige Nationalbank-Gouverneur Ewald Nowotny, Business-Angel-Legende Hansi Hansmann und “Future Law”-Gründerin Sophie Martinetz; natürlich alles in einem Take und live in den Social-Media-Kanälen von brutkasten.

Martin Pachers (l.) erster Live-Video-Talk mit (vlnr.) Ewald Nowotny, Margarete Schramböck, Hansi Hansmann und Sophie Martinetz | (c) brutkasten

“Ich habe eigentlich immer den Ansatz, zu sagen: ‘Ja, mach’s einfach!’ – auch wenn es wenig Vorbereitungszeit gibt und man ins kalte Wasser springen muss“, erzählt der Redakteur. In der Situation sei er dann aber doch sehr aufgeregt gewesen. “Haris, unser damaliger Head of Video, hat mir dann positiv zugeredet. Er hat mich schön in Szene gesetzt, die Lichter eingeschaltet und heruntergezählt: ‘3, 2, 1, go!’ Und ja, dann kam es zu meiner ersten Anmoderation. Die hätte ich rückblickend betrachtet vielleicht noch ein bisschen flüssiger machen können“, räumt Pacher ein.

Es sollten noch Dutzende weitere Video-Interviews werden – “ich weiß nicht, wie viele Video-Talks ich in all der Zeit moderiert habe, aber es ist definitiv im dreistelligen Bereich!”, so Pacher. Unter seinen Interviewpartnern waren Leute wie Wikipedia-Gründer Jimmy Wales oder Formel-1-Legende Jean Todt. Letzterer habe mitten im Interview sein Handy abgehoben und zu telefonieren begonnen, erzählt der Redakteur. “Das hat mich dann doch ein bisschen aus dem Konzept gebracht. Aber es ist dann alles gut gegangen und wir konnten die Aufnahme fortführen, nachdem Todt dann noch einen großen Schluck Kaffee genommen hatte.”

Martin Pacher im Gespräch mit Jean Todt | (c) brutkasten

Exit während der Weihnachtsfeier

Manchmal hat man den Kontakt zu den wichtigen Persönlichkeiten schon erfolgreich hergestellt, und dann kommen einem aber andere Hindernisse in die Quere, weiß Redakteur Momcilo Nikolic. Er hatte bei KI-Koryphäe Sepp Hochreiter um ein Interview angefragt – “und er hat sich auch gemeldet. Es war der erste Schultag meines Sohns und wir sind gemeinsam mit anderen Eltern vor der Schule gestanden. Da ruft Hochreiter an und sagt, er hätte jetzt ein paar Minuten Zeit”, erzählt Nikolic. Und dann? “Ich habe festgestellt: Auch das geht. Ich bin kurz auf die Seite gegangen, habe inmitten von nervösen Eltern auf der Straße ein komplexes Interview über KI geführt und war glücklicherweise rechtzeitig wieder fertig.”

Generell ist Nikolic der Mann für solche Fälle bei brutkasten. “2021 hatten wir – noch coronabedingt – eine Remote-Weihnachtsfeier. Kurz nach neun Uhr abends kam die Meldung zum Durchblicker-Exit; einer der größten Exits der österreichischen Startup-Geschichte. Ich habe mir ein Glas Whiskey gegönnt und das runtergetippt”, erzählt der Redakteur.

Die legendäre “gemischte Platte”

Ein halbes Jahr später war die Coronazeit halbwegs überwunden, das brutkasten-Sommerfest konnte in Präsenz stattfinden – und eine brutkasten-Tradition wurde eingeführt, wie sich Conny Wriesnig, Lead Media Consulting und Begründerin dieser Tradition, erinnert: “Damals ist die ‘gemischte Platte’ entstanden.“ Dabei handelt es sich um ein Tablett mit unterschiedlichsten alkoholischen Getränken bzw. Shots – first come, first serve. “Das war praktisch eine neue Sales-Taktik: Erst wollten ein paar Leute nichts trinken, dann habe ich die gemischte Platte gepitcht, und zack: Auf einmal hatte jeder ein Getränk in der Hand”, erzählt Wriesnig.

Gemischte Platte bei der brutkasten-Weihnachtsfeier 2023 | (c) brutkasten

“Mein Highlight war aber am nächsten Morgen: Wir haben alle fast durchgefeiert und höchstens drei Stunden geschlafen und hatten gleich um neun ein Meeting. Dort hat Dejan erzählt: Als seine Frau ihn gefragt hat, was er frühstücken will, hat er instinktiv gesagt: ‘Eine gemischte Platte’. Ab dem Moment wusste ich: Es wird keine Feier mehr ohne die gemischte Platte geben!”. Und tatsächlich sollte das nicht die einzige Anekdote mit Beitrag des besonderen Getränketabletts bleiben.

Folgenreiche Aprilscherze

An dieser Stelle sollte betont werden, dass man es bei brutkasten auch ohne Alkohol lustig haben kann, etwa am 1. April, wie Aprilscherz-und-Weihnachtslied-Beauftragter Dominik Perlaki, Autor dieser Zeilen, weiß. “Der ‘Standard’ ist einmal auf einen meiner Aprilscherz-Artikel hereingefallen und hat den Inhalt zwei Tage später in einem ernst gemeinten Beitrag verarbeitet. Hansi Hansmann, um den es ging, fand das dann leider nicht mehr so lustig”, erzählt Perlaki.

“Ich habe im Laufe der Jahre die brutkasten-Wochenzeitung ‘im Kasten’ erfunden und Sebastian Kurz zum ‘2 Minuten 2 Millionen’-Investor gemacht. Mein Highlight war aber ein Scherz, den hiMoment-Gründer Christoph Schnedlitz, der damals im Büro im weXelerate ein paar Meter entfernt saß, mit mir umsetzte.” Schnedlitz, der sich stets sehr skeptisch zum Konsum sozialer Medien äußerte, wurde im Aprilscherz-Artikel ein 100-Millionen-Euro-Exit an Facebook angedichtet. „Kurze Zeit später hat mir Christoph erzählt, dass es richtig anstrengend für ihn wurde: Sein Steuerberater hat ihn gefragt, wie er so etwas machen kann, ohne es mit ihm zu besprechen, und noch Wochen später haben sich regelmäßig Leute bei ihm gemeldet, mit denen er ewig keinen Kontakt hatte, um zu fragen, wie es ihm denn so geht.“

Titelbild zum HiMoment-Exit-Aprilscherz mit Christoph Schnedlitz | (c) brutkasten

Im Railjet erkannt werden

Mit Prominenz muss man eben umgehen können. Dazu kann auch Dejan Jovicevic etwas erzählen: “Ich bin einmal im Railjet gesessen und bei der Fahrscheinkontrolle kommt die Schaffnerin zu mir und sagt: ‘Du bist doch Dejan vom brutkasten!’ Ich dachte: ‘Jetzt bin ich schon so bekannt, dass mich alle kennen!’ Aber es stellte sich heraus: Sie war ÖBB-Vorständin und quasi undercover unterwegs – und hatte mich kurz zuvor bei einem Event gesehen.”

Zumindest für eine Zeit lang in Erinnerung geblieben dürfte auch Dominik Perlaki einmal einigen Event-Teilnehmern sein, wie er erzählt: “Es war AustrianStartups-Stammtisch im später leider geschlossenen Wiener Coworkingspace sektor5; Stargast war der damalige Kanzler Christian Kern.” Am Ende des Programms habe Moderator Daniel Cronin gesagt, Kern könne nur mehr eine Frage aus dem Publikum beantworten, bevor er gehen müsse. “Und Cronin erklärte, die Frage dürfe derjenige stellen, der auf drei am höchsten hüpft und am lautesten schreit. In einem gestopft vollen Raum mit mehreren Hundert Leuten war ich der Einzige, der gehüpft ist und geschrien hat – und zwar ziemlich hoch und laut”, erzählt Perlaki. An die Frage könne er sich aber nicht mehr erinnern.

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