18.02.2019

Drei Hebel für die Unternehmenskultur

Was braucht es für gute Unternehmenskultur? Beim Grazer Softwareentwickler Parkside hat man diese Frage zum zentralen Thema gemacht. Wir sprachen mit HR-Chef Christian Moser.
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Parkside: HR-Chef und Culture-Experte Christian Moser zum Thema Unternehmenskultur
(c) Parkside: HR-Chef und Culture-Experte Christian Moser
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“An der Basis steht die Theorie Y”, sagt Christian Moser. Die in den 1960ern vom MIT-Management-Professor Douglas McGregor aufgestellte These besagt, dass Menschen von Natur aus ehrgeizig und wissbegierig sind und im Hinblick auf gesetzte Ziele eine strenge Selbstdisziplin wahren. Ihr steht McGregors Theorie X entgegen, die besagt, dass Menschen von Natur aus faul sind und extrinsisch motiviert werden müssen. “Wenn das Management eines Unternehmens die Theorie X zur Grundlage nimmt, wird es etwa die MitarbeiterInnen ständig kontrollieren und Fehler gleich bestrafen anstatt Feedback zu geben”, sagt Moser, HR-Chef beim Grazer Softwareentwickler Parkside.

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Keine Boni, keine All-In-Verträge

Wenn man jedoch eine auf Vertrauen basierende Unternehmenskultur aufbauen wolle, müsse man Theorie Y anwenden. Denn wenn MitarbeiterInnen zu lange in einem X-Unternehmen blieben, würden sie zu X-Menschen werden. Sprich: Sie könnten nur mehr durch äußere Reize motiviert werden. Bei Parkside hält man davon nichts. “Wir haben keine Boni und keine variablen Gehaltsanteile. Wenn man im Unternehmen Kooperation haben will, dann darf man nicht individuell incentivieren. Dann darf man nicht Abteilungen gegeneinander antreten lassen”, sagt Moser. Dafür gebe es bei Parkside auch keine All-In-Verträge – auch nicht für das Management.

“Man kann Unternehmenskultur nicht verordnen”

Das Y-Mindset in der Unternehmensführung bilde die Grundlage. Dabei gelte aber: “Es ist wichtig zu verstehen, dass man Unternehmenskultur nicht verordnen kann. Man kann sie nicht direkt beeinflussen”, sagt Christian Moser. Wohl aber könne man Maßnahmen setzen, die indirekt wirken. Und denen räumt man bei Parkside einen hohen Stellenwert ein. Neben Talent Acquisition ist Culture das zweite große Schwerpunktthema in Mosers Tätigkeit.

Unternehmenskultur Culture
(c) Parkside: HR-Chef und Culture-Experte Christian Moser

Drei Hebel

Doch was lässt sich nun konkret machen? “Es gibt drei große Hebel”, erklärt der HR-Chef.

1. Hiring

Dass die gelungene Unternehmenskultur bei den richtigen MitarbeiterInnen beginnt, versteht sich wohl von selbst. Doch damit, zu wissen, wen man will, sei es nicht getan, sagt Moser. “Es muss auch bei den potenziellen MitarbeiterInnen Klarheit herrschen, was sie erwartet. Häufig wird eine Employer Brand kommuniziert, die nicht der Wahrheit entspricht”. Gerade in großen Unternehmen werde diese Brand oft von der Marketing-Abteilung kreiert. “Es wird geschrieben, was die Leute hören wollen. Wenn mir aber flache Hierarchien und ein dynamisches Umfeld versprochen werden und sich dann im Arbeitsalltag herausstellt, dass ich für jede Entscheidung das OK von der Chefin brauche und diese Vorgänge ewig dauern, werde ich schnell unzufrieden sein”, erklärt Moser. Er verspreche daher nichts, was er nicht halten könne.

Und welche MitarbeiterInnen sucht Parkside? “Ein für uns zentraler Wert ist “Focus on Quality”. Wir brauchen Leute, die einen hohen Qualitätsanspruch auch an sich selbst haben. Da lässt sich bereits im Bewerbungsprozess viel filtern”, sagt der HR-Chef. Es müssten Menschen sein, die Exzellenz erreichen wollen und daher auch Feedback positiv aufnehmen. Ein zweites Schlagwort sei “Ownership”. Man suche Leute, die viel Verantwortung übernehmen wollen. “Die muss man nicht jede Woche um einen Bericht bitten. Das ist für diese Menschen sogar problematisch”, sagt Moser. Das dritte Schlagwort sei “Open-mindedness”. “Wir haben rund 60 MitarbeiterInnen aus insgesamt 22 Nationen. Wer damit nicht zurechtkommt, wäre bei uns nicht gut aufgehoben”.

2. Abläufe & Prozesse

Sind die richtigen MitarbeiterInnen gefunden, muss für die gelungene Unternehmenskultur sichergestellt werden, dass diese mit dem Arbeitsprozess gut zurechtkommen. Moser nennt das im Zusammenhang mit Prozessoptimierung wohl beliebteste Buzzword: Agilität. Doch was macht Parkside agil? Und wie beeinflusst das die Culture positiv? Die Antworten liegen bereits in den oben beschriebenen Eigenschaften der MitarbeiterInnen.

“Wir sind in autonomen Teams strukturiert. Die arbeiten selbstständig an ihren Tasks”, erklärt Moser. Denn Entscheidungen könnten jene am besten treffen, die tief im Thema sind – Stichwort: Ownership. Bottlenecks gelte es zu vermeiden. “Wichtig ist dabei auch, dass der Know-how-Transfer zwischen den Teams funktioniert”, sagt der HR-Chef. Es brauche also entsprechende Schnittstellen. Bei großen Projekten arbeite man mit Scrum- bei kleineren Projekten mit Kanban-Modellen.

Und auf noch etwas lege man bei Parkside im Bereich Prozessoptimierung Wert: “MitarbeiterInnen müssen so gut wie möglich von administrativen und nicht-wertschöpfenden Prozessen freigespielt werden”. Moser gibt ein Beispiel: “Man beobachtet in anderen Unternehmen oft, dass bei einem punktuellen Problem gleich ein neuer Standardprozess für sämtliche MitarbeiterInnen eingeführt wird. Wir suchen in dem Fall individuelle Lösungen”.

3. Unternehmensstrategie

Hier als dritter Punkt angeführt, steht die Unternehmensstrategie wohl noch über dem zuvor genannten. Denn die intrinsische Motivation kommt – optimierte Prozesse hin oder her – nur dann zu Tragen, wenn die MitarbeiterInnen sich mit dem Unternehmen und seinen Zielen assoziieren können. “Der informelle Seinszweck von Parkside ist es, die Welt von hässlicher und schlecht benutzbarer Software zu befreien”, fasst Moser zusammen.

Teil der Strategie sei es auch, ganz bewusst mit Unternehmen zusammenzuarbeiten, die in ihrem Bereich Markt- oder Innovationsführer werden wollen. “Parkside setzt Projekte für Kunden um, die ‘mission-critical’ sind. Das sind dann auch Projekte, die für A-Level Developer spannend und komplex genug sind”, sagt der HR-Chef.

Dabei ginge es wieder um das mehrfach angeführte Stichwort Zusammenarbeit – nicht nur zwischen den MitarbeiterInnen, sondern auch mit den KundInnen. Um dieses Mindset der Kollaboration in der Unternehmenskultur zu leben, müsse man für die MitarbeiterInnen entsprechende Gegebenheiten schaffen, sagt Moser. “Neben dem Verzicht auf individuelle Incentivierung ist es auch unsere Philosophie, dass Menschen am besten zusammenarbeiten, wenn sie gemeinsam an einem Standort sind. Dafür helfen wir internationalen KollegInnen auch aktiv bei der Relocation”, sagt Moser.

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Das "Expedition Zukunft"-Team, Annamaria Andres (erste links) | (c) FFG

In Zeiten großer gesellschaftlicher, wirtschaftlicher und ökologischer Herausforderungen braucht es mutige Ideen, die nicht nur schrittweise verbessern, sondern bestehende Systeme grundlegend neu denken. Genau hier setzt das Förderprogramm „Expedition Zukunft“ der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) an. Annamaria Andres, die das Programm maßgeblich mitentwickelt hat, betont: “Die EU und auch Österreich sind sehr gut in inkrementellen Innovationen und Grundlagenforschung, doch es braucht auch disruptive Ansätze, um die Welt zu einem besseren, gerechteren und nachhaltigeren Ort zu verändern.”

Mehr als inkrementelle Verbesserungen

Das Ziel von “Expedition Zukunft” ist es, Projekte zu unterstützen, die einen echten Paradigmenwechsel bewirken können. Während traditionelle Innovationsprogramme oft auf Verbesserungen bestehender Technologien und Prozesse abzielen, sucht „Expedition Zukunft“ nach bahnbrechenden Ideen. Es geht darum, mit komplett neuen Ansätzen die jetzigen Herausforderungen anzugehen. Diese Herausforderungen könnten technologischer, gesellschaftlicher oder ökologischer Natur sein.

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Zwei Wege in die Zukunft: #START – Business Edition und #INNOVATION

Das Programm gliedert sich in mehrere Ausschreibungsschienen. Hier ein Überblick zu zwei Förderschienen, die sich besonders für Gründer:innen von Startups und KMU eignen:

  • #START – Business Edition: Hier können Gründer:innen und KMU einreichen, die ganz am Anfang stehen. Sie haben eine visionäre Idee, aber noch kein ausgearbeitetes Konzept. Es geht darum, die Durchführbarkeit zu testen – nicht nur aus technischer Sicht, sondern auch in Bezug auf soziale Aspekte, strategische und rechtliche Rahmenbedingungen. Für diesen Schritt stellt die FFG bis zu 80.000 Euro zur Verfügung.
  • #INNOVATION: In dieser Schiene wurde ein Problem bereits klar definiert, die Lösung ist jedoch noch offen. Mit einer Förderung von bis zu 150.000 Euro bei einer Förderquote von 50 Prozent unterstützt das Programm die Lösungsfindung in Zusammenarbeit mit relevanten Stakeholdern. Hier geht es um iterative Innovationsprozesse, wie zum Beispiel Open Innovation und Design Thinking, um eine optimale Lösung für eine Zielgruppe oder ein disruptives Geschäftsmodell zu entwickeln.

Weitere Ausschreibungsschienen findet ihr auf der Programm-Website.

Mut zum Risiko und zur Veränderung

Disruptive Innovationen sind riskanter als schrittweise Verbesserungen. Sie bewegen sich oft in unklaren rechtlichen Rahmenbedingungen, müssen neue Märkte erschließen und kulturelle Veränderungen anstoßen. Diese bahnbrechenden Ideen haben ein höheres Umsetzungsrisiko. Deshalb bietet das Programm neben finanzieller Unterstützung auch umfassende Beratungsservices und Expeditionsguides.

Die Expeditionsguides sind Expert:innen, die die geförderten Projekte begleiten. Neben der individuellen Begleitung bietet das Programm auch Netzwerktreffen, bei denen sich die Fördernehmer:innen untereinander austauschen können.

Von der Vision zur Umsetzung

Ein zentrales Kriterium für die Förderung ist der Mut zur großen Vision. Dahingehend werden Fördernehmer:innen gesucht, die größer denken und bereit sind, neue Wege zu gehen. Diese Vision muss auch einen gesellschaftlichen oder ökologischen Mehrwert bieten. Es geht nicht nur um Profit, sondern um Impact – sei es in der Umwelt, der Gesellschaft oder der Wirtschaft.

Ein Beispiel für solche visionären Projekte sind Innovationen in der Raumfahrt, der Krebsbekämpfung, sozialen Inklusion oder Pflegekonzepte für eine alternde Gesellschaft.

Solche Ideen stoßen jedoch oft auf große gesellschaftliche Herausforderungen. So stellt beispielsweise die Bereitschaft der Menschen, eingefahrene Verhaltensmuster zu ändern, eine Hürde dar. Genau hier setzt das Programm an, um den notwendigen Wandel zu unterstützen und den Weg für zukunftsweisende Innovationen zu ebnen.

Unterstützung, die über Geld hinausgeht

Neben der finanziellen Förderung bietet „Expedition Zukunft“ auch umfangreiche Beratungsleistungen. Dazu gehören Workshops zu Geschäftsmodellen, Strategieberatung oder Hilfe bei IP-Fragen. So soll sichergestellt werden, dass die Projekte nicht nur technisch funktionieren, sondern auch erfolgreich umgesetzt werden können.

Das Programm „Expedition Zukunft“ vernetzt die Teilnehmenden gezielt mit relevanten Partner:innen aus Wirtschaft, Forschung und öffentlichem Sektor. Ein starkes Netzwerk aus Wirtschaftsagenturen, Ministerien und internationalen Partnern unterstützt dabei, die richtigen Kontakte zur richtigen Zeit zu knüpfen – oft der Schlüssel zum Erfolg eines Projekts.

Bewerbungsfrist und Kriterien

Die Einreichfrist für die #START Business Edition endet am 28. Januar um 12:00 Uhr. Die Schiene #INNOVATION ist als laufende Ausschreibung angelegt. Bewerber:innen müssen neben einer bahnbrechenden Idee auch den Willen mitbringen, Risiken einzugehen und groß zu denken. Diversität, gesellschaftlicher Impact und die Bereitschaft zur Veränderung sind entscheidend.

Abschließend merkt Andres an: “Wir suchen Visionär:innen, die bereit sind, die Welt zu verändern. Die Expedition Zukunft ist für diejenigen, die über den Tellerrand hinaus denken, die mutig sind und größer denken. Wer bereit ist, sich dieser Herausforderung zu stellen, findet in dieser Initiative der FFG nicht nur einen Förderer, sondern einen Partner auf dem Weg in die Zukunft.”

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