21.02.2020

Unternehmens-Übergabe: “Mit gutem Gewissen Dinge ändern”

Wie gelingt die Unternehmens-Übergabe an die nächste Generation? Beim ersten Event der Junge Wirtschaft-Österreich-Roadshow Ready4TakeOff in Klagenfurt wurde diese Frage thematisiert.
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Unternehmens-Übergabe - Übernahme
(c) Thomas Hude: (vl.) JW-Bundesvorsitzende Christiane Holzinger, Gregor Grüner, Stefanie Rud und Josef Ortner
kooperation

Wie soll es mit der Firma weitergehen? Diese Frage müssen sich erfolgreiche Unternehmer irgendwann zwangsweise stellen. Dabei gilt: Mit dem Thema Unternehmens-Übergabe sollte man sich rechtzeitig auseinandersetzen. “Die Übergabe ist permanent in unseren langfristigen Überlegungen präsent gewesen”, erzählt dazu Josef Ortner, der 1985 in Villach den Reinraumtechnik-Spezialisten Ortner Group gründete. Er hatte eine Voraussetzung, die nicht alle erfolgreichen Unternehmer haben: Seine Tochter Stefanie Rud ist bereits seit 15 Jahren im Unternehmen und war zur Übernahme bereit.

+++ Ready4TakeOff: Junge Wirtschaft tourt ab heute durch Österreich +++


Josef Ortner und Stefanie Rud von der Villacher Ortner Group sowie Gregor Grüner von der Klagenfurter Traditions-Textil-Kette Grüner sprachen auf einem Panel zum Thema Unternehmens-Übergabe im Rahmen des ersten Events der Junge Wirtschaft Roadshow Ready4TakeOff in Klagenfurt.


Alle Abteilungen vorher kennen lernen

“Das Projekt Betriebsübernahme begleitet mich schon seit meinem Studium. Obwohl es zu diesem Zeitpunkt nicht klar war, dass ich den Betrieb übernehmen möchte oder sollte, ist die theoretische Möglichkeit immer auch mitgeschwungen. Mit dem Einstieg in das operative Geschäft wurde es dann immer klarer”, erzählt Rud. Dabei habe sie sich auch persönlich intensiv auf die Unternehmens-Übergabe vorbereitet: “Operativ war es für mich wichtig, dass ich unsere Mitarbeiter und deren tägliche Arbeiten richtig verstehe und zumindest in Ansätzen auch selbst gemacht habe. Es gibt nur ganz wenige Bereiche im Unternehmen, in denen ich nicht irgendwann einmal selbst in der Abteilung für einen gewissen Zeitraum mitgearbeitet habe. Das hilft sehr, die Demut und die Wertschätzung für jede Tätigkeit aufrechtzuerhalten”.

“Business im Business” vor der Unternehmens-Übergabe

Anders als Stefanie Rud machte es Gregor Grüner. Der nunmehrige Geschäftsführer der 1868 gegründeten Klagenfurter Textil-Kette Grüner startete mit einem “Business im Business”, wie er erzählt. An 2010 baute er den Online-Shop des Unternehmens auf, während seine beiden Eltern noch voll im Familien-Business aktiv waren. “Mein Vater hatte es schon 1998 mit einem Online-Shop versucht, aber war damit zu früh dran. Ich dachte eigentlich, schon zu spät zu sein. Aber es hat sich sehr gut entwickelt. Der Online-Shop bringt heute soviel Umsatz wie die größeren unserer fünf Filialen in Klagenfurt und Velden”.

Die Eltern sind noch Aktiv

Mit diesem Teilbereich zu beginnen, habe ihm am Anfang viel Freiheit gegeben, erzählt Grüner. Der Online-Shop werde auch Ressourcen-mäßig wie eine eigene Filiale behandelt. Diese zu leiten, habe ihn darauf vorbereitet, vor drei Jahren die Geschäftsführung der ganzen Kette zu übernehmen, die Kleidung und Accessoires von rund 150 verschiedenen Designern im Angebot hat. Seine Eltern seien aber nach wie vor im Unternehmen aktiv.

Organisationsseitige Vorbereitungen auf die Unternehmens-Übergabe

Auch noch in seinem Unternehmen aktiv ist Josef Ortner –  er habe aber seinen Schwerpunkt verlegt. Dabei geholfen haben auch organisationsseitige Vorbereitungen für die Unternehmens-Übergabe an Tochter Stefanie Rud, erzählt der Senior-Chef: “Wir haben vor ca. zehn Jahren begonnen, eine zweite Führungsebene mit fixen Bereichszuteilungen zu entwickeln. Ziel war es, das Unternehmen von einem Eigentümer-geführten Unternehmen zu einem Management-geführten Unternehmen zu entwickeln. Diese Maßnahme hat wesentlich zur Veränderung der Organisation, zu einer geänderten Denkweise und auch zum Führungsverhalten beigetragen”. Vor etwa fünf Jahren habe man dann einen externen zusätzlichen Geschäftsführer eingestellt, der gemeinsam mit Tochter Stefanie Rud und Ortners Frau Brigitte die Geschäftsleitung übernahm.

“Ganz leicht, mich aus der Führung zurück zu ziehen”

Ob ihm dieser Wechsel schwer oder leicht gefallen ist, könne er nicht einseitig beantworten, sagt Ortner: “Für mich war und ist der Gedanke niemals schwer gewesen, die Führung des Unternehmen in die Hände von Stefanie zu übergeben. Es ist auch ganz leicht, mich aus der Führung und Verantwortung zurück zu ziehen. Schwieriger ist für mich dieser Weg, weil ich verhindern will, dass unsere Tochter Stefanie ihr Privatleben dem Unternehmen unterordnet”.

Verstehen, dass auch andere Dinge erfolgreich sein können

Rud selber sah sich im Laufe der Unternehmens-Übergabe vor einer anderen Herausforderung: “Für mich war es wichtig, mich selbst als Führungskraft zu verstehen, und dann erst die Maßnahmen einzuleiten. Ich musste erst verstehen, dass mir andere Dinge wichtig sind als meinem Vater und dass diese auch erfolgreich sein können. Danach war es viel leichter, Entscheidungen zu treffen”. Sehr geholfen habe ihr auch, gemeinsam mit ihrem Vater die großen Elemente für die Übergabe zu definieren: “Das hilft beiden Seiten, um Sicherheit zu schaffen: Für die übergebende Generation, dass das Unternehmen auch in ihrem Sinne weiterleben kann und für die übernehmende Generation, dass man mit gutem Gewissen Dinge ändern kann”.

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Lanbiotic, Neurodermitis
(c) Oliver Wolf - Patrick Hart und Katrin Susanna Wallner von Lanbiotic.

Das Grazer Startup Lanbiotic stellt medizinische Hautpflege-Produkte mit lebensfähigen Bakterien speziell für die von Neurodermitis geplagte Haut her. Dabei verwenden die beiden Gründer:innen Patrick Hart und Katrin Wallner den zum Patent angemeldeten Bakterienstamm “Lactococcus Lanbioticus“.

Lanbiotic: “Skalierung als neue Normalität”

“Mit unseren probiotischen Hautanwendungen bringen wir gesundheitsfördernde Bakterien direkt auf die Haut, um die natürliche Balance des Hautmikrobioms wiederherzustellen und Hautprobleme gezielt an der Ursache zu bekämpfen”, erklärt Wallner.

Das letzte Jahr fühlte sich für die Gründerin an, als sei ein Traum nicht nur wahr, sondern sogar übertroffen worden. Andererseits sei es eine “neue Normalität” an der Skalierung des Unternehmens zu arbeiten.

“Wir haben weitere Produkte mit unserem einzigartigen Bakterienstamm ‘Lactococcus Lanbioticus’ entwickelt, um umfassender auf die Bedürfnisse von Menschen mit zu Neurodermitis neigender Haut eingehen zu können. Neu hinzugekommen sind Flora Bath und Flora Sun”, erklärt Wallner.

Flora Bath ist ein spezieller Badezusatz, der für Menschen entwickelt wurde, die großflächig oder an der Kopfhaut von Ekzemen betroffen sind – ein Bereich, in dem Pflegecremen oft an die Grenzen ihrer Praktikabilität stoßen.

“Der Fokus liegt wie immer bei Lanbiotic auf der Ergänzung des Hautmikrobioms, also ‘der lebende Teil’ der natürlichen Schutzbarriere der Haut, die den gesamten Körper bedeckt, mit probiotischen Bakterien”, so Wallner weiter. “Eine Ausgewogenheit des Hautmikrobioms ist, wie auch im Darm, entscheidend, um die Gesundheit der Haut zu bewahren und Beschwerden zu lindern.”

Flora Sun hingegen ist ein weiteres Produkt, das auf die besonderen Herausforderungen empfindlicher Haut unter UV-Strahlung eingeht. Studien hätten gezeigt, dass das Hautmikrobiom die natürliche Fähigkeit der Haut verbessern kann, mit den Effekten – und häufig auch Schäden – durch Sonneneinstrahlung umzugehen.

EHI-Siegel für Onlineshop

“Parallel dazu haben wir auch international expandiert: Der Eintritt in den deutschen Markt war ein großer Schritt, der mit der Anpassung unserer Produktions- und Logistikkapazitäten verbunden war, um langfristig weitere internationale Märkte beliefern zu können. Unser Webshop wurde außerdem mit dem EHI-Siegel zertifiziert, um unseren Kund:innen einen sicheren und vertrauenswürdigen Einkauf zu ermöglichen.”

Auch das Team wuchs 2024, zudem konnte durch zahlreiche Medienauftritte und Messeteilnahmen Aufmerksamkeit für die eigenen Produkte und die Marke gewonnen werden.

“Als weiteres Highlight wurden wir von der Apothekerkammer mit unserer Fachfortbildung akkreditiert, was Apotheker dazu motiviert, unsere Fortbildungen zu besuchen und mehr über das noch recht ‘nischige’ Thema Hautmikrobiom zu erfahren”, sagt Wallner.

Neue Märkte im Fokus

Aktuell arbeitet das Startup intensiv daran, Lanbiotic als Unternehmen und Marke weiterzuentwickeln, strategisch zu positionieren und zu skalieren. Das oberste Ziel ist es, die Lebensqualität von Menschen mit Neurodermitis über ihre mikrobiombasierten Produkte zu verbessern.

“Wir möchten Lanbiotic in weiteren Märkten etablieren, insbesondere natürlich in Ländern, wo die Prävalenz für Neurodermitis hoch ist. Dafür arbeiten wir an effizienten Marketingprozessen, um unsere Markenbekanntheit zu steigern, und bauen unsere Vertriebsstrukturen aus”, erklärt die Founderin. “Um diesen Schritt bestmöglich zu unterstützen, suchen wir gezielt nach vertrauenswürdigen Partnern für den internationalen Vertrieb, die unsere Werte und Qualitätsansprüche teilen. Die Kooperationen sollen es uns ermöglichen, unsere Produkte nachhaltig in weiteren europäischen und außereuropäischen Ländern anzubieten und das Thema Hautmikrobiom international bekannter zu machen.”

Daneben optimiert das Team Produktionsprozesse, um der wachsenden Nachfrage nachkommen zu können. In der Produktentwicklung liegt dabei der Fokus auf der Entwicklung weiterer wissenschaftsbasierten probiotischen Pflegeprodukten, die speziell auf die Bedürfnisse von Menschen mit Neurodermitis und empfindlicher Haut zugeschnitten sind. Dazu steht man intensiv mit Industrie und Spitzenforschung in Kontakt.

Lanbiotic: Strukturen und Prozesse schaffen

Intern sei man vor allem stark mit dem Aufbau der Organisation beschäftigt. Man arbeitet daran, Strukturen und Prozesse zu schaffen, die das Wachstum langfristig stützen können. Ziel sei es, eine gesunde Organisation aufzubauen, die den Expansions- und Innovationszielen gerecht werde und das Unternehmen flexibel in die nächsten Entwicklungsstufen führt.

Lanbiotic wurde in der Vergangenheit unter anderem auch von der Austria Wirtschaftsservice (aws) unterstützt. So absolvierte das Unternehmen den aws First Incubator und erhielt über aws Innovationsschutz eine Förderung, um sein geistiges Eigentum zu schützen. Später folgte eine Preseed- und Seed-Förderung über aws Innovative Solutions. Mit diesem Seed-Förderprogramm unterstützt die aws innovative Gründungsideen, die über die Unternehmensgrenzen hinaus einen positiven gesellschaftlichen Impact bewirken. Der Fokus liegt auf skalierbaren Geschäftsmodellen. Im Fall von Lanbiotic war die Förderung essentiell, um die Produktentwicklung und Markteinführung zu finanzieren und sich allgemein zu professionalisieren.

“Eine bessere Förderung als aws Seed Innovative Solutions könnte es derzeit, meiner Meinung nach, für uns nicht geben”, sagt sie. “Es handelt sich um einen nicht rückzahlbaren Zuschuss von 400.000 Euro, der für unterschiedlichste Aktivitäten in der Markteinführung und Produkteinführung verwendet werden kann. Naturgemäß ist das Programm sehr kompetitiv, aber wenn man für die Finanzierung ausgewählt wird, hat man wirklich einen gewaltigen Booster, um ein nachhaltiges Unternehmen aufzubauen.”

Die weiteren Ziele von Lanbiotic

Im Allgemeinen habe ihnen das Programm bereits jetzt weit mehr gebracht als Geld. “Ich empfand den Bewerbungsprozess per se als wertvolle Erfahrung, um mir unser Business Model noch einmal ganz genau anzusehen und unsere Ziele zu definieren”, präzisiert die Grazerin. “Dass wir sie jetzt so scheinbar ‘locker’ übertreffen konnten, ist natürlich die Draufgabe.”

Durch die positive Resonanz der stetig wachsenden Stammkundenbasis sieht sich Wallner in ihrer Mission bestätigt. “Wir wissen aber auch, dass viele Menschen Lanbiotic noch nicht kennen und Neurodermitis in vielen Ländern nach wie vor ein großes Problem darstellt”, sagt sie. “Daher wollen wir gezielt skalieren, den Umsatz und Gewinn steigern, innerhalb und außerhalb Europas expandieren und unser Produktportfolio weiter diversifizieren.”

In Sachen Umsatzentwicklung wird Lanbiotic 2024 das gesetzte Umsatzziel voraussichtlich verdoppeln, wie Wallner erzählt. “Unser für 2025 gestecktes Ziel ist ambitioniert, aber wir sind zuversichtlich, dass wir hier wieder gute Arbeit leisten. Aktuell haben wir einen sechsstelligen Nettoumsatz erreicht, und dank der Unterstützung durch die aws Seed-Förderung werden wir auch heuer, wie jedes Jahr seit unserer Gründung, noch profitabler sein.”


* Disclaimer: Das Startup-Porträt erscheint in Kooperation mit Austria Wirtschaftsservice (aws)

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Unternehmens-Übergabe: “Mit gutem Gewissen Dinge ändern”

Dabei gilt: Mit dem Thema Unternehmens-Übergabe sollte man sich rechtzeitig auseinandersetzen. Josef Ortner und Stefanie Rud von der Villacher Ortner Group sowie Gregor Grüner von der Klagenfurter Traditions-Textil-Kette Grüner sprachen auf einem Panel zum Thema Unternehmens-Übergabe im Rahmen des ersten Events der Junge Wirtschaft Roadshow Ready4TakeOff in Klagenfurt. Der nunmehrige Geschäftsführer der 1868 gegründeten Klagenfurter Textil-Kette Grüner startete mit einem “Business im Business”, wie er erzählt. Seine Eltern seien aber nach wie vor im Unternehmen aktiv. Organisationsseitige Vorbereitungen auf die Unternehmens-Übergabe Sehr geholfen habe ihr auch, gemeinsam mit ihrem Vater die großen Elemente für die Übergabe zu definieren: “Das hilft beiden Seiten, um Sicherheit zu schaffen: Für die übergebende Generation, dass das Unternehmen auch in ihrem Sinne weiterleben kann und für die übernehmende Generation, dass man mit gutem Gewissen Dinge ändern kann”.

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