20.08.2024
PORTRÄT

Unify: Wie ein Vorarlberger Social-Startup mit Merch Gutes tun will

Wer als Unternehmer:in auffallen will, greift oft zu einer Lösung: Merch. Der Vorarlberger Manes Gründler will die obligatorischen Hoodies und T-Shirts cooler und nachhaltiger machen. Und damit vor allem soziale Projekte in Gambia unterstützen.
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Manes Gründler Unify Vorarlberg Help2Unify
Das Help2Unify-Team: Lamin Yatta (Grundschuldirektor), Lamin Koopmans (Lehrer), Manes Gründler (Unify-Gründer), Ebou Ngum Bah (Farmer und Fußballtrainer) (c) Help2Unify

Vor fünf Jahren war Manes Gründler einen Monat lang im westafrikanischen Gambia unterwegs. Zurück in Österreich begann Gründler zuerst, private Kleidung und Bücher zu sammeln und mit Containern zu seinen neu gewonnenen Freund:innen nach Gambia zu verschicken. Bald wollten auch Bekannte Dinge spenden, es gab immer mehr zu transportieren. So entstand 2020 die NGO Help2Unify, die heute ein eingetragener Verein ist.

Unify als “Business For Good”

Statt Spendengelder an eine Organisation zu überweisen, wollte der Vorarlberger ein “Business For Good” starten, ein Business kombiniert mit nachhaltigen Charity-Projekten. “Ich bin auch nicht reich, ich habe keine Millionen am Konto, um Menschen in Afrika zu helfen”, sagt Gründler im brutkasten-Gespräch. Er wollte eine Möglichkeit finden, die Hilfe auch dann aufrecht zu erhalten, wenn keiner seiner Bekannten mehr Dinge zu verschenken hat.

Als NGO könne man nicht gewinnorientiert arbeiten, deswegen gründete er das Einzelunternehmen Unify Austria. Dort kann er seine Liebe zu Mode und Design einbringen und einen Teil des Gewinns an die eigene Charity-Organisation spenden. Zuerst als B2C gegründet, designte er unter dem Namen Unify Austria eine Streetwear-Kollektion. Die T-Shirts und Hoodies mit bunten Blumen und Smileys fielen in Vorarlberg auf, eine H&M-Filiale in Dornbirn bietet die Stücke seither zum Verkauf an. Das Besondere: Von jedem verkauften Kleidungsstück gehen fünf Euro an Help2Unify. Die NGO wiederum unterstützt durch ein lokales Team in Gambia Projekte wie den Bau von Brunnen oder Waschmöglichkeiten in Schulen.

Manes Gründler mit den Unify-Designs in der H&M Filiale Dornbirn. (c) Unify

Merch: Nachhaltig statt ungetragen

Gründler organisierte all das vier Jahre lang neben seinem Vollzeit-Job bei der Jobplattform hokify, wo er durch Messebesuche vor allem im Employer Branding viele Eindrücke gewinnen konnte. Seit knapp einem Monat widmet er sich nun voll und ganz Unify und Help2Unify. Mittlerweile liegt der Fokus von Unify auf B2B. Gründler meint: “Dass Menschen konsumieren, das wird nie aufhören.” Er möchte den Konsum aber nachhaltiger gestalten und “ein bisschen ausnutzen, um damit Charity-Projekte umzusetzen”.

In seinem Fall heißt das: Firmen wollen weiterhin ihren eigenen Merch produzieren. Gründler hilft ihnen dabei, das nachhaltiger und in “cooleren Designs” zu verwirklichen. Er zitiert eine Statistik, dass zum Beispiel rund 65 Prozent von Messebesucher:innen Unternehmen aufgrund ihres Merchandise in Erinnerung behalten. Allerdings werden 30 Prozent dieser Merch-Produkte selten getragen, da sie oft von schlechter Qualität und schlecht designt sind.

Unify will daher Teamkleidung schaffen, die auch außerhalb des Arbeitsplatzes gerne getragen wird. Gründler designt die Kleidungsstücke, produziert wird aus zertifizierter Biobaumwolle und ausschließlich in Familienunternehmen in Albanien, Serbien, Portugal, der Türkei und in Vorarlberg (gemeinsam mit der Sozialen Einrichtung Integra Vorarlberg).

Von Poloshirts zu sauberem Wasser

Bestellt ein Unternehmen bei Unify, wird damit ein Projekt in Gambia gefördert. Bilder und Videos dieser Projekte können wiederum in eigenen Marketingkampagnen eingesetzt werden. Ein bisheriges Projekt war zum Beispiel die Produktion von Socken für die Ineratec, ein deutsches Unternehmen, das sich auf die Produktion nachhaltiger Kraftstoffe spezialisiert hat. Damit wurde das SheLeads-Programm unterstützt, dass Frauen durch Businesspläne, Logo-Designs und Mikrokrediten zur Selbstständigkeit verhilft.

Oder ein Kunde, der 1.000 Poloshirts bei Unify bestellt hat, wodurch ein Brunnen gebaut werden konnte. Dadurch bekamen 400 bis 500 Personen Zugang zu sauberem Wasser, was in weiterer Folge dazu führte, dass mehr Kinder in die Schule gehen konnten. Für Gründler “eine Win-Win-Win-Situation für alle”. Weitere Kunden von Unify waren bisher Pemundo, Hirebuddy, IT Fuchs Vorarlberg und der Bregenzer Segelclub.

Team in Vorarlberg und Gambia

In Gambia konnten durch Help2Unify bisher 22 Brunnen gebaut werden, über 11.000 Menschen sind dadurch laut Angaben der Organisation nachhaltig mit Wasser versorgt worden. An einer Partnerschule wurden neue Waschanlagen errichtet und eine Hühnerfarm gebaut. Vier Personen sind in Gambia organisatorisch für Help2Unify tätig.

Wichtigster Ansprechpartner ist dort Lamin Koopmans, der an der Tanji Lower Basic School unterrichtet. Gemeinsam mit dem Schuldirektor Lamin Yatta und Ebou Bgum Bah, einem Farmer und Trainer eines örtlichen Fußballvereins, übernimmt er die Koordination der Projekte vor Ort. In Vorarlberg wird Manes Gründler von “sechs Aktiven und zehn weiteren Freiwilligen” unterstützt, die mithelfen, wenn sie gebraucht werden.

Mehr Arbeitsplätze, neue Kunden

In Zukunft plant Gründler in Gambia weitere Arbeitsplätze zu schaffen und die Partnerschule von Help2Unify zu einer Business School zu entwickeln, “die Kinder praxisnah auf die Arbeitswelt vorbereitet”. Auch in Österreich selbst will Gründler verstärkt Projekte unterstützen, hier gebe es “genügend Möglichkeiten, Gutes zu tun”.

Als praktische Ziele für das nächste Jahr nennt Gründler “Neukundengewinnung, Umsatzsteigerung, Ausbau der Homepage und die Erweiterung [der] Social-Media-Aktivitäten”. Durch seine Erfahrung als Keynote-Speaker bei hokify will er sein Wissen außerdem bei Events teilen und selbst Netzwerkevents organisieren. Als Seitenprojekt plant der Bregenzer eigenen Bregenz-Merch für Tourist:innen – “einfach aus Spaß und Leidenschaft für meine Heimat”.

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(c) Adobestock

Wie steht es um die Haltung und Aktivitäten rund um Nachhaltigkeit in der heimischen Wirtschaft? Ein umfassendes Bild liefert eine neue Befragung der Unternehmenberatung Deloitte, die gemeinsam mit Foresight im Herbst 2024 über 400 Unternehmen mit mehr als 25 Mitarbeiter:innen befragt hat.

Strategische Verankerung fehlt

Das Ergebnis: Unternehmen erkennen zunehmend die Relevanz von Nachhaltigkeit. So schätzen 86 Prozent der Befragten das Thema als entscheidend für ihren künftigen Geschäftserfolg ein. Zudem haben mehr als die Hälfte der Unternehmen Maßnahmen zur Dekarbonisierung eingeleitet, etwa durch Photovoltaikanlagen oder den Umstieg auf grünen Strom. Diese Maßnahmen bleiben laut Deloitte jedoch häufig oberflächlich. Die strategische Verankerung von Nachhaltigkeit im Kerngeschäft – inklusive klarer Zielsetzungen – ist oft nicht ausreichend ausgeprägt.

“Zwar setzen viele Betriebe bereits Einzelmaßnahmen um, aber es fehlen die strategische Verankerung sowie klar definierte und laufend überprüfte Nachhaltigkeitsziele. Die nachhaltige Transformation kann allerdings nur mit einem klaren strategischen Fokus gelingen“, so Karin Mair, Managing Partnerin Risk Advisory & Financial Advisory bei Deloitte Österreich.

Geschäftskunden üben Druck aus

Besonders der Druck aus den nachgelagerten Wertschöpfungsstufen treibt Unternehmen an. 60 Prozent der Befragten berichten, dass ihre Geschäftskunden (30 Prozent) sowie öffentliche und private Kunden die Haupttreiber für Nachhaltigkeitsmaßnahmen sind. Dieser Druck wird durch strikte Berichtspflichten und die zunehmende Nachfrage nach Transparenz verstärkt.

Im Fokus vieler Nachhaltigkeitsagenden steht vor allem die Reduktion der CO2-Emissionen. 61 Prozent der Befragten haben dazu zwar mit der Umsetzung konkreter Maßnahmen begonnen, hinsichtlich der erwartbaren Kosten für eine umfassende Dekarbonisierung herrscht aber große Unsicherheit. So kann oder will über ein Drittel (39 Prozent) derzeit keine Angaben über die diesbezügliche Kostenveranschlagung des Unternehmens machen.

Investitionsbereitschaft geht zurück

Gleichzeitig geht auch die Investitionsbereitschaft zurück: Der Anteil jener Betriebe, die von 500.000,- bis über fünf Millionen Euro pro Jahr für Maßnahmen zur Dekarbonisierung aufwenden wollen, ist von 26 Prozent im Vorjahr auf 17 Prozent gesunken.

Ein wesentlicher Stolperstein ist die fehlende Klarheit bei der Umsetzung europäischer Richtlinien in nationales Recht. Rund ein Viertel der Unternehmen in Österreich weiß noch nicht, ob sie von der neuen Berichtspflicht betroffen sind, was Unsicherheiten bei der Planung verstärkt. Gleichzeitig bleibt die Bürokratie für viele kleinere Unternehmen eine fast unüberwindbare Hürde.



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