14.03.2022

So stark wirkt sich der Ukraine-Krieg auf Österreichs Wirtschaft aus

Aktuelle Zahlen von EcoAustria, WIFO und dem KSV1870 zeigen das absehbare Ausmaß der Auswirkungen des Ukraine-Kriegs auf Österreich.
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Auswirkung Ukraine-Krieg auf die Wirtschaft Österreichs
(c) Adobe Stock - Engdao

Die Corona-Pandemie ist zwar noch da (mit höheren Ansteckungszahlen als je zuvor), doch aus volkswirtschaftlicher Sicht ist die Coronakrise so gut wie vorbei. Die Wachstums-Prognosen für Österreich waren noch Ende des Vorjahres sehr gut. So ging das WIFO etwa für dieses Jahr von einem BIP-Wachstum von 5,2 Prozent aus. Doch der Ukraine-Krieg und die Russland-Sanktionen dämpfen diese Erwartungen massiv. Das zeigen nun aktuelle Prognosen von WIFO und EcoAustria.

Weniger Wachstum, weniger Investitionen, weniger Beschäftigung

“Wir werden unsere Prognose deutlich herunterschrauben. Bestenfalls wird eine drei vor dem Komma stehen”, sagt WIFO-Chef Gabriel Felbermayr gegenüber der Kronenzeitung. Ähnlich sieht die aktuelle Erwartung von EcoAustria aus. Dort wird im Hauptszenario einer Kurzstudie von einer Korrektur der Wachstumserwartung um rund 1,3 Prozent nach unten ausgegangen. 2023 soll die negative Auswirkung auf das Wachstum sogar noch größer werden. Noch bis 2026 soll die aktuelle Situation dämpfend wirken. Außerdem prognostiziert EcoAustria, dass die aktuelle Krise die Investitionen um drei Prozent drückt und die Beschäftigung um 40.000 Personen niedriger ausfallen wird, als ursprünglich erwartet.

Direkte Verfechtungen in Russland und der Ukraine

Ein Grund für diese Auswirkungen ist die direkte Verflechtung heimischer Unternehmen in Russland und der Ukraine. Österreichs Bruttoexporte (Waren und Dienstleistungen) nach Russland und in die Ukraine belaufen sich laut EcoAustria auf rund 0,9 Prozent des BIP. Im Hauptszenario wird für dieses Jahr mit einem Totalausfall gerechnet.

Konkretere Zahlen zu direkt von den Sanktionen betroffenen Unternehmen liefert der KSV1870: “Die Suche nach österreichischen Unternehmen mit einer Kapitalverflechtung im Sinne von Gesellschaftern aus Russland, der Ukraine oder aus Belarus ergab eine Anzahl von rund 450. Der Branchenmix dieser Unternehmen ist breit gestreut: Von den klassischen Handelsunternehmen, Hotellerie/Gastronomie, Immobilien-Entwicklungsgesellschaften reicht der Bogen bis zu Zweckgesellschaften für Infrastruktur”, heißt es in einer Aussendung. Bei heimischen Unternehmen mit Geschäftsbeziehungen in die betroffenen Länder ist die Lage noch schwieriger einzuschätzen. Mit sanktionierten Unternehmen oder Personen dürfen keine oder nur unter ganz speziellen Rahmenbedingungen Geschäfte gemacht werden. Der Kreditschutzverband empfiehlt Unternehmen daher eine Analyse der konkreten Geschäftsverbindungen und bietet dafür auch ein Tool an.

Energiepreis & Inflation: Es könnte noch deutlich schlimmer werden

Noch größere Auswirkungen auf die heimische Wirtschaft als die direkte Verflechtungen hat das Ansteigen der Energiepreise – vor allem getrieben durch den Gaspreis – und der damit verbundene sprunghafte Anstieg der Inflation. Darin sind sich EcoAustria und WIFO einig.

Wenn die Erdgaspreise längere Zeit oben bleiben, sieht EcoAustria noch größere Auswirkungen auf Wachstum und Beschäftigung, als im Hauptszenario. Dabei räumt man allerdings ein: “Ein kräftiges Anziehen des Erdölpreises, Auswirkungen höherer Inflation auf die Geldpolitik, weitere Sanktionen der EU bzw. Gegenreaktionen von Seiten Russlands sind wesentliche Risiken, die die Wachstumsentwicklung weiter deutlich abschwächen könnten”. Es könnte also noch deutlich schlimmer werden. Wifo-Chef Felbermayer wird gegenüber der Kronenzeitung konkret: Sollten die Gas- und Öllieferungen ganz ausbleiben, dann werde die Inflation zweistellig werden. Und das hätte wahrscheinlich eine Rezession fürs Gesamtjahr zur Folge.

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Analyser, CSRD, EU-Taxonomie
(c) - PwC Österreich -Das Konsortium des Projekts "Analyser" beim Kick-Off.

Die Regeln der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD), die in den kommenden Jahren sukzessive schlagend werden, bedeuten für zahlreiche österreichische Unternehmen eine Verpflichtung zur Nachhaltigkeitsberichterstattung. Bei vielen von diesen – auch jene, die freiwillig schon früher als erforderlich mit der Umsetzung starten – werden Schwierigkeiten erwartet, die Anforderungen zu erfüllen, da insbesondere KMU nicht über ausreichend Kapazitäten für interne Nachhaltigkeitsabteilungen verfügen würden.

CSRD und Taxonomie

Dies gilt im Besonderen für die EU-Taxonomie, die ergänzend zur CSRD anzuwenden ist. Gemäß ihr müssen die wirtschaftlichen Aktivitäten eines Unternehmens als nachhaltig oder nicht-nachhaltig deklariert werden.

Die Verordnung umfasst umfangreiche und detaillierte Kriterien, die für Ungeübte nicht leicht zu verstehen sind. Deshalb will in einem kürzlich gestarteten Forschungsprojekt namens “AI Enabled Sustainability Jurisdiction Demonstrator” (Analyser) ein Forschungskonsortium KI-basierte Module entwickeln. Die sollen es auch ungeschulten Anwenderinnen und Anwendern ermöglichen, die gesetzlichen Meldepflichten zu erfüllen. So soll eine Erleichterung für Unternehmen erzielt werden.

“Das oberste Ziel unseres Projekts ist es, die Zahl der KMU zu erhöhen, die selbstständig in der Lage sind, die EU-Taxonomie in guter Qualität zu berichten”, erklärt Maximilian Nowak, der das Projekt bei Fraunhofer Austria leitet.

Das Konsortium

Das Konsortium, bestehend aus Fraunhofer Austria, Universität Innsbruck, Technischer Universität (TU) Wien, Leiwand AI, PwC Wirtschaftsprüfgesellschaft, der Wirtschaftsagentur Niederösterreich ecoplus, Murexin und Lithoz wird dafür Teile des Prozesses mithilfe von Künstlicher Intelligenz automatisieren. Ein Chatbot, der auf einem eigens kreierten Sprachmodell beruht, soll mit den Anwenderinnen und Anwendern im Dialog stehen und sicherstellen, dass alle benötigten Dokumente vorliegen.

Es sind nämlich viele Fragen im Rahmen der Nachhaltigkeitsberichterstattung zu klären: Welche wirtschaftlichen Aktivitäten gibt es im Unternehmen? Wie umfangreich sind diese? Welche davon sind taxonomiefähig, können also überhaupt nach den Kriterien bewertet werden?

Josef Baumüller, der von Seiten der TU Wien an dem Projekt beteiligt ist, sagt: “Es ist vielen noch nicht bewusst, wie komplex die Anforderungen zunächst an die Datenerhebung und anschließend an die Klassifizierung sind. Die Prozesslandschaft im Unternehmen muss erfasst und auf die Vorgaben der EU-Taxonomie übergeleitet werden, darüber hinaus gilt es, relevante Datenbedarfe zu identifizieren und im Sinne der Effizienz v.a. bereits vorhandene Datenbestände zu nützen.”

CSRD-Berichterstattung eine Herausforderung

Dass eine Unterstützung der Unternehmen unumgänglich ist, sagt auch Stefan Merl von der PwC Österreich GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft: “Wir spüren bereits jetzt eine massive Zunahme in den Anfragen von Unternehmen, insbesondere von KMU, die sehen, dass die Erfüllung der CSRD-Berichterstattungspflichten eine große Herausforderung ist. Es führt kein Weg daran vorbei, eine automatisierte Lösung zu entwickeln, die weit über den Automatisierungsgrad bestehender Tools hinausgeht. Genau das wollen wir im Projekt ‘Analyser’ verwirklichen.”

Dabei ist essenziell, dass die im Tool eingesetzte KI fair, nachvollziehbar und korrekt arbeitet. Dafür soll Leiwand AI GmbH die nötige Expertise in das Projekt einbringen.

“In einer so kritischen Angelegenheit wie der Nachhaltigkeitsberichterstattung ist es besonders wichtig, dass auch Maßnahmen hinsichtlich einer zuverlässigen und fairen KI-Lösung getroffen werden. Durch den Einsatz verschiedener Methoden rund um nachhaltige und vertrauenswürdige KI werden wir dazu beitragen, dass der ‘Analyser’ gesicherte Informationen liefert, fair in Bezug auf Bias und Diskriminierung ist und im Einklang mit dem EU AI Act steht”, sagt Mira Reisinger, Data Scientist bei Leiwand AI.

Das Projekt ist im Herbst 2024 gestartet, läuft über drei Jahre und wird durch die FFG aus Mitteln des Bundesministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie gefördert.

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