12.09.2019

Udolf-Strobl bei 1MillionStartups: “Gute Zukunft nicht nur für Privilegierte”

Bei der 1MillionStartups Global Conference in Wien stehen auch dieses Jahr die Sustainable Development Goals (SDGs) der Vereinten Nationen im Zentrum. Wirtschaftsministerin Elisabeth Udolf-Strobl fand dazu bei der Konferenz klare Worte.
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Wirtschaftsministerin Elisabeth Udolf-Strobl bei der 1MillionStartups Global Conference
(c) Annex Marketing: Wirtschaftsministerin Elisabeth Udolf-Strobl bei der 1MillionStartups Global Conference
kooperation

Der Marmorsaal im Ministerium für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort war heute schon in der Früh gut gefüllt. Der Grund: 1MillionStartups lud seine Community zur zweiten Auflage der Global Conference, die den ganzen Tag andauert. Die Gastgeberin, Wirtschaftsministerin Elisabeth Udolf-Strobl, brachte das Ziel in ihrer Eröffnungsrede mit einer Metapher auf den Punkt: “Dieses Gebäude wurde 1912 als Kriegsministerium gebaut. Heute geht es hier um Wirtschaft und Digitalisierung. So wie sich das Gebäude geändert hat, kann sich die gesamte Gesellschaft ändern”.

+++ 1MillionStartups-Mitgründerin: “strukturierter Fahrplan” zu einer Mio. Startups +++

Udolf-Strobl: “Wir sind die Privilegierten. Das heißt, wir sind die Verantwortlichen”

Konkret spielt sie auf das Erreichen der von den Vereinten Nationen definierten 17 Sustainable Development Goals (SDGs) an, das sich auch 1MillionStartups mit seinem Netzwerk zum Ziel gesetzt hat. Diese Ziele sollten “nichts besonderes” sein, meint Udolf-Strobl. “Sie sind eigentlich selbstverständlich, aber wir müssen sie wie eine Fackel vor uns tragen”. Denn mit ihnen könne es gelingen, das Leben in Zukunft für alle gut zu machen, “nicht nur für ein paar Privilegierte”. Und die Ministerin stellt klar: “Wir sind diese Privilegierten. Das heißt, wir sind auch die Verantwortlichen”.

1MillionStartups: “Ein Haufen von Verrückten, die eine Idee hatten”

Für 1MillionStartups-Gründerin und CEO Selma Prodanovic ist klar: Die von der Ministerin genannte Verantwortung kann und muss über Entrepreneurship wahrgenommen werden. “Auch 1MillionStartups hat wie alles im Entrepreneurship begonnen. Wir waren ein Haufen von Verrückten, die eine Idee hatten”, erzählt die “Grand Dame der österreichischen Startup-Szene”. Das Interesse an und das Aufgebot bei der Global Conference, etwa die Kooperation mit der UNIDO, würden zeigen, dass mit dieser Idee schon große Schritte gelungen seien. Für Entrepreneurship brauche es immer drei Dinge, sagt Prodanovic: “Erstens: ‘Ich weiß, dass ich kann’. Zweitens: ‘Ich weiß, wie es geht’. Und drittens den Zugang zu entsprechenden Ressourcen”. Vor allem letzteres sei vielerorts nicht vorhanden, was die Wichtigkeit der Initiative unterstreiche.

Selma Prodanovic, CEO 1MillionStartups
(c) Annex Marketing: Selma Prodanovic, CEO 1MillionStartups

Mamas2Mamas: Von Schmuck…

Ein Beispiel für ein Projekt, das durch 1MillionStartups entstand, wurde gleich nach den Eröffnungsreden präsentiert: “Mamas2Mamas”. Im vergangenen Jahr war der kenianische Entrepreneur Duncan Saitoti Kaloi zur ersten Ausgabe der Global Conference angereist. Er hatte dort sein Social Business Maasai Duka präsentiert – eine Fairtrade-Schmuckproduktion durch Maasai-Frauen in Kenia. Ihm selbst war durch die Arbeit der Frauen in seinem Dorf der Schulbesuch und das anschließende Informatik-Studium ermöglicht worden. Nun sollen die Frauen und weitere Schüler noch stärker davon profitieren.

Duncan Saitoti Kaloi
(c) Annex Marketing: Gründer Duncan Saitoti Kaloi

…zum Coden

Auf der letztjährigen Konferenz fand Saitoti Kaloi die Satelliten-Unternehmerin, Investorin und ehemalige EBAN-Präsidentin Candace Johnson als Business Angelina. Gemeinsam stellten die beiden mit Mamas2Mamas aber ein neues Projekt auf die Beine. “Der Schmuck, den die Maasai-Frauen herstellen, ist über seine Muster ‘gecoded’. Alles hat eine Bedeutung. Dadurch entstand die Idee, dass sie auch am Computer coden können. Mit Duncan als studiertem Informatiker ist auch der Experte schon vorhanden”, erklärte Johnson. Über eine Kooperation mit der libanesischen Initiative Coder Maker werden nun Raspberry Pis mit entsprechendem Equipment bereitgestellt. Die “Mamas” sollen dann ihr Know-How in Familie und Gemeinschaft weitergeben.

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Analyser, CSRD, EU-Taxonomie
(c) - PwC Österreich -Das Konsortium des Projekts "Analyser" beim Kick-Off.

Die Regeln der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD), die in den kommenden Jahren sukzessive schlagend werden, bedeuten für zahlreiche österreichische Unternehmen eine Verpflichtung zur Nachhaltigkeitsberichterstattung. Bei vielen von diesen – auch jene, die freiwillig schon früher als erforderlich mit der Umsetzung starten – werden Schwierigkeiten erwartet, die Anforderungen zu erfüllen, da insbesondere KMU nicht über ausreichend Kapazitäten für interne Nachhaltigkeitsabteilungen verfügen würden.

CSRD und Taxonomie

Dies gilt im Besonderen für die EU-Taxonomie, die ergänzend zur CSRD anzuwenden ist. Gemäß ihr müssen die wirtschaftlichen Aktivitäten eines Unternehmens als nachhaltig oder nicht-nachhaltig deklariert werden.

Die Verordnung umfasst umfangreiche und detaillierte Kriterien, die für Ungeübte nicht leicht zu verstehen sind. Deshalb will in einem kürzlich gestarteten Forschungsprojekt namens “AI Enabled Sustainability Jurisdiction Demonstrator” (Analyser) ein Forschungskonsortium KI-basierte Module entwickeln. Die sollen es auch ungeschulten Anwenderinnen und Anwendern ermöglichen, die gesetzlichen Meldepflichten zu erfüllen. So soll eine Erleichterung für Unternehmen erzielt werden.

“Das oberste Ziel unseres Projekts ist es, die Zahl der KMU zu erhöhen, die selbstständig in der Lage sind, die EU-Taxonomie in guter Qualität zu berichten”, erklärt Maximilian Nowak, der das Projekt bei Fraunhofer Austria leitet.

Das Konsortium

Das Konsortium, bestehend aus Fraunhofer Austria, Universität Innsbruck, Technischer Universität (TU) Wien, Leiwand AI, PwC Wirtschaftsprüfgesellschaft, der Wirtschaftsagentur Niederösterreich ecoplus, Murexin und Lithoz wird dafür Teile des Prozesses mithilfe von Künstlicher Intelligenz automatisieren. Ein Chatbot, der auf einem eigens kreierten Sprachmodell beruht, soll mit den Anwenderinnen und Anwendern im Dialog stehen und sicherstellen, dass alle benötigten Dokumente vorliegen.

Es sind nämlich viele Fragen im Rahmen der Nachhaltigkeitsberichterstattung zu klären: Welche wirtschaftlichen Aktivitäten gibt es im Unternehmen? Wie umfangreich sind diese? Welche davon sind taxonomiefähig, können also überhaupt nach den Kriterien bewertet werden?

Josef Baumüller, der von Seiten der TU Wien an dem Projekt beteiligt ist, sagt: “Es ist vielen noch nicht bewusst, wie komplex die Anforderungen zunächst an die Datenerhebung und anschließend an die Klassifizierung sind. Die Prozesslandschaft im Unternehmen muss erfasst und auf die Vorgaben der EU-Taxonomie übergeleitet werden, darüber hinaus gilt es, relevante Datenbedarfe zu identifizieren und im Sinne der Effizienz v.a. bereits vorhandene Datenbestände zu nützen.”

CSRD-Berichterstattung eine Herausforderung

Dass eine Unterstützung der Unternehmen unumgänglich ist, sagt auch Stefan Merl von der PwC Österreich GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft: “Wir spüren bereits jetzt eine massive Zunahme in den Anfragen von Unternehmen, insbesondere von KMU, die sehen, dass die Erfüllung der CSRD-Berichterstattungspflichten eine große Herausforderung ist. Es führt kein Weg daran vorbei, eine automatisierte Lösung zu entwickeln, die weit über den Automatisierungsgrad bestehender Tools hinausgeht. Genau das wollen wir im Projekt ‘Analyser’ verwirklichen.”

Dabei ist essenziell, dass die im Tool eingesetzte KI fair, nachvollziehbar und korrekt arbeitet. Dafür soll Leiwand AI GmbH die nötige Expertise in das Projekt einbringen.

“In einer so kritischen Angelegenheit wie der Nachhaltigkeitsberichterstattung ist es besonders wichtig, dass auch Maßnahmen hinsichtlich einer zuverlässigen und fairen KI-Lösung getroffen werden. Durch den Einsatz verschiedener Methoden rund um nachhaltige und vertrauenswürdige KI werden wir dazu beitragen, dass der ‘Analyser’ gesicherte Informationen liefert, fair in Bezug auf Bias und Diskriminierung ist und im Einklang mit dem EU AI Act steht”, sagt Mira Reisinger, Data Scientist bei Leiwand AI.

Das Projekt ist im Herbst 2024 gestartet, läuft über drei Jahre und wird durch die FFG aus Mitteln des Bundesministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie gefördert.

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