28.04.2022

The Dropout: Der beispiellose Fall der Theranos-Gründerin

Die Hulu-Serie "The Dropout" zeigt auf, wie es Theranos-Gründerin Elisabeth Holmes geschafft hat, die USA zu täuschen und über 900 Millionen US-Dollar an Investoren-Kapital mit einer fehlerhaften Technologie zu ergattern. Ein Filmstück wie eine Lehrstunde in der Nachbetrachtung - Warnung: Dieser Artikel enthält Spoiler.
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(c) DoD/Glenn Fawcett/ wikimedia.commons - Elisabeth Holmes, Theranos-Gründerin, droht eine lange Haftstrafe.

Elisabeth Holmes kam als ein Schock für die US-Startup-Szene. Als junge 19-jährige Gründerin wollte sie den HealthTech-Bereich revolutionieren und erschuf mit Theranos ein Unternehmen, das zu seiner Hochblüte neun Milliarden US-Dollar wert war. Und dann langsam zusammenfiel, wie ein Kartenhaus in Zeitlupe. Argument genug, daraus eine Mini-Serie zu entwickeln. Der Name: The Dropout.

Die Hulu-Serie (auf Disney+ zu sehen) folgt der Gründerin seit ihrer Jugend und kreiert dabei verschiedene spannende Aspekte, die man getrost und abseits der unglaublichen Vorgänge des großen Lügen-Konstruktes mitnehmen kann.

Für Kenner der Startup-Szene zeichnet sich vor allem ihre Fähigkeit, anderen Kapital zu entlocken – ohne dass Financiers grundlegende Prüfungen der gepriesenen Technologie durchführen – eigentlich als unrealistisch. Nach dem Konsumieren der Serie bleibt es schwer vorstellbar, dass alles, was die Filmfigur tut, auch in der Realität wirklich möglich wäre. Doch das war es.

Die Wandlung der Holmes in The Dropout

Ihr Charakter selbst wird als eine junge Gründerin dargestellt, die im Laufe der Jahre eine Wandlung erfährt, die nicht unbedingt mit Antagonisten anderer Serien vergleichbar ist. Es gibt nicht den einen Moment, der die “Heldin” dazu bringt, “böse” und “verlogen” zu werden. Es ist vielmehr die Fähigkeit, die in ihr wächst, Dinge selber zu glauben, die sie dem Publikum immer abstoßender werden lässt.

Und weitaus mehr: die Wahrheit dahinter derart zu ignorieren, sodass aus einer sympathischen CEO mit einer “work hard, play hard”-Kultur eine kleine Despotin mit strenger Überwachung der eigenen Mitarbeiter und vielen Geheimnissen wird. Und Loyalität gegenüber dem Anfangs-Team nur als ferne Erinnerung bleibt, die eigentlich und schlussendlich gelöscht wird.

Holmes selbst entwickelt in The Dropout in einer Männer-dominierten Welt ein Mindset, von dem sie denkt, dass es nötig ist, um zu bestehen. Hält sie reden, pitcht sie oder weicht verbal kritischen Nachfragen gekonnt aus, – eines der besonderen Merkmale der TV-Figur – so nickt sie ständig dem Adressaten ihrer Aussagen zu, wenn sie Worte und Sätze formt. Um dem Gegenüber und vor allem sich selbst zu bestätigen, dass Gesagtes auch wahr ist.

Weiters zeigt die Serie auf, dass Holmes nicht nur ihre Art zu sprechen perfektioniert, sondern auch an ihrer Intonation arbeitet. Mit der Zeit erhält ihre Stimme eine unnatürliche Tiefe, die sie sich aneignet, um “imposanter” zu wirken, wie das untere Video zeigt.

Theranos-Gründerin mit einer Fake-Stimme?

Diese Beispiele mögen zwar nur kleine Neben-Aspekte der Serie sein, die die wundervolle Amanda Seyfried bei der Verkörperung von Holmes einbrachte, geben aber dennoch einen Hinweis darauf, was hinter der ganzen Fassade der Gründerin steckt: pure Kalkulation.

Es gilt das Credo: Sich selbst von diversen Lügen zu überzeugen, ist Voraussetzung, dass man es bei anderen auch schafft. Eine Bariton-ähnliche Stimme zu haben, schien Holmes als notwendige Eigenschaft zu sehen, um ernst genommen zu werden. Ihr ständiges Nicken war ein weiteres Tool ihrer Überzeugungsmaschinerie, mit dem Ziel, dass ihr Leute vorbehaltlos vertrauen.

Wieviel Regulierung braucht ein Startup?

Entfernt man sich vom Fokus auf die Haupt-Protagonistin, so hat die Serie ein weiteres wichtiges Merkmal auf die Screens gebracht, das in der realen Startup-Welt immer wieder ein Thema wird. Und bei dem viele Holmes’ Einstellung und die von anderen Startup-Stars offen teilen: Ein Startup braucht Freiheit.

Freiheit von regulatorischen Prozessen, Freiheit von bürokratischen Gepflogenheiten, Freiheit von kritischen Prüfungsverfahren und Blicken. TV-Holmes zitiert in ihren wenigen “Ausbrüchen”, wenn sie großen Druck spürt, altbekannte Slogans der Valley-Szene wie etwa: “move fast und break things” oder “fail fast”, nur um am Ende den Zorn auf die Personen und Institutionen zu lenken, die ihren “Fraud” schlussendlich offen gelegt haben.

Sinngemäß sagt sie, dass die “Healthcare”-Industrie nicht bereit sei für richtigen Fortschritt, den Theranos bieten würde. Und zeichnet Behörden und Journalisten als “Feinde der Startup-Welt” (und von Gründerinnen), die wenig Ahnung hätten, wie Unternehmertum funktioniere.

Möchte man sich aber als Zuseher mehr als nur mit Spannung berieseln lassen, so kann man aus The Dropout ebenso mitnehmen, dass es sehr wohl ungeliebte staatliche Bürokratien braucht, kritische Nachbetrachtung und hohe Transparenz, um außer Kontrolle geratene Founder:innen zu stoppen.

Wie in Holmes’ Fall, die aus ihrem eigenen Lügengespinst nicht mehr herauskam (oder wollte), obwohl sie erwiesenermaßen mit ihren falschen Ergebnissen das Leben von Patienten und Patientinnen gefährdete.

Was passierte?: Die Story rund um Theranos

Ein Rückblick: Elisabeth Holmes behauptete, dass nur ein einzelner Blutstropfen ausreicht, um mit ihrem Blutschnelltester (Edison) rund 240 Krankheiten nachzuweisen. Damit und mit Theranos konnte sie namhafte Investoren und Supporter von ihrer Idee überzeugen: Rupert Murdoch, Alice Walton (Walmart), Betsy DeVos, Henry Kissinger, Larry Ellisson und James N. Mattis. Rund 945 Millionen US-Dollar an Kapital soll die US-Amerikanerin ergattert haben.

Der Siemens-Trick

Es dauerte seine Zeit, bis erste Zweifel an der Wirksamkeit des Bluttest-Apparates aufkamen. 2015 etwa veröffentlichte der “Wall Street Journal”-Journalist John Carreyrou einen Artikel, der die Wirksamkeit von “Edison” anzweifelte. Er beschrieb darin, dass Theranos heimlich Analyse-Tools von Siemens verwendet, um Ergebnisse zu erzielen. Holmes’ Maschine selbst können nur erfolgreich Herpes nachweisen, liefere ansonsten fortwährend falsche Medizin-Ergebnisse.

Das endgültige Aus von Theranos kam erst nach viel Gegenwehr seitens der Firma. Potentielle “Whistleblower” wurden unter Druck gesetzt und beschattet, Mitarbeiter degradiert, das Wall Street Journal mit Anwälten belagert. Ian Gibbons (Chief Scientist seit 2005 bei Theranos) nahm sich gar das Leben.

The Dropout skizzierte nach diesem Suizid Elisabeth Holmes als kaltherzige Unternehmerin, ohne jegliches Gefühl. Spätestens hier hatte man als Zuseher den Eindruck, man sehe einer Soziopathin bei der Arbeit zu.

Ian Gibbons Witwe nach dem Tod ihres Mannes

Das Unternehmen selbst wurde der Darstellung Hulus nach zu einer Art Überwachungsstaat. Security-Karten beschränkten Zugänge für Mitarbeiter, die vorher offen waren, Vorgänge in Geheimräumen wurden vor kritischen Mitarbeitern verheimlicht, Überwachungssoftware nahm in der gesamten Company überhand.

Die Macht der Bürokraten

2016 war es schlussendlich (in der Realität und in The Dropout) die Aufsichtsbehörde “Centers for Medicare & Medicaid Services” (CMS), die Theranos ein Ende bereitet hatte, indem es der Firma für zwei Jahre die Lizenz entzog, ein Bluttest-Labor in Kalifornien zu betreiben. Dies, nachdem die ehemalige Mitarbeiterin Erika Cheung einen Brief an die Behörde geschrieben hatte. Heute ist Cheung die Gründerin von Ethics in Entrepreneurship.

Bemerkenswert war hier, dass John Carreyrou, gespielt von Ebon Moss-Bachrach (The Punisher), am Ende und nach langer Zeit dem Druck von Theranos standhaltend, in der Serie in Jubelstürme ausbricht und eine Liebeserklärung an die Bürokratie ausruft.

Sein Artikel, kritische Fragen und Gerüchte haben nicht das erreichen können, was ein einzelner Bürokrat in wenigen Tagen Beobachtung und mit einem Report vermochte: die Schließung von Theranos.

Holmes schuldig gesprochen

Anfang Jänner wurde Holmes im echten Leben in vier von elf Anklagepunkten schuldig gesprochen. Das endgültige Strafmaß wird im September 2022 verkündet werden; theoretisch drohen der Theranos-Gründerin bis zu 20 Jahre Haft.

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Memorandum of Understanding, Startup-Allianz, Innovation, Wien, Rio
(c) Stock.Adobe/mRGB/ IrynaV - Wien und Rio kooperieren künftig.

Mit der Unterzeichnung eines „Memorandum of Understanding“ zwischen den Startup- und Innovations-Ökosystemen aus Wien und Rio de Janeiro sollen eine wirtschaftliche Brückenbau-Funktion in Gang gesetzt und interkontinentale Perspektiven zwischen Europa und Südamerika ermöglicht werden.

Erstes “Memorandum of Understanding” außerhalb portugiesischsprachiger Welt

“Dies ist das erste von Rio de Janeiro unterfertigte ‘Memorandum of Understanding’ außerhalb der portugiesischsprachigen Welt. Wir öffnen damit eine wirtschaftliche Pforte in die größte Volkswirtschaft Lateinamerikas. Eine Marktchance, von der die zahlreichen innovativen Wiener Startups und Technologieunternehmen in ihrem Wachstumsbestreben nur profitieren können”, erklärt Wirtschaftsstadtrat Peter Hanke.

Die Idee zu dieser Allianz startete vor rund vier Wochen während eines Besuchs einer Expert:innendelegation der Wirtschaftsagentur Wien in Rio de Janeiro: “Wien und Rio de Janeiro verbindet nun offiziell der Wille, die wirtschaftliche Zusammenarbeit auszubauen und den Dialog zu vertiefen”, sagt Gerhard Hirczi, Geschäftsführer der Wirtschaftsagentur Wien. “Ähnlich wie bei uns sind auch in Rio de Janeiro die Kreativwirtschaft und die Biotech-Branche von großer Bedeutung für den Standort und wir erwarten uns hier einen regen wirtschaftlichen Austausch.”

ViennaUp und WebSummit

Zu einem der künftigen Schwerpunkte zählt die Zusammenarbeit der internationalen Startup-Festivals der beiden Städte: Konkret geht es um die von der Wirtschaftsagentur Wien initiierte ViennaUP und um den WebSummit in Rio.

“Wir sehen auch hinsichtlich einer engeren Kooperation während unserer Festivals großes Potential. Diese Veranstaltungen bieten aufstrebenden Jung-Unternehmer:innen beider Städte die internationale Bühne, die sie für eine Weiterentwicklung ihrer Ideen und Produkte benötigen”, glaubt Hanke.

Das zwischen Wien und Rio de Janeiro abgeschlossene “Memorandum of Understanding” ist bereits die vierte Vereinbarung in den letzten zwölf Monaten, die die Hauptstadt getroffen hat. Ähnliche Übereinkommen wurden zuvor bereits mit Bangkok, Shanghai und Shenzhen vereinbart.

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