22.10.2024
GASTKOMMENTAR

TED AI oder wie uns die große Welt zu denken geben sollte

Gastbeitrag. Andreas Hladky (Partner bei PwC), argumentiert in seinem Gastbeitrag, dass Europa Gefahr läuft, die nächste technologische Revolution zu verpassen. Bei der jüngsten TED AI Vienna Konferenz wurde laut Hladky deutlich, dass es höchste Zeit für Investitionen in Forschung und Entwicklung ist.
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Andreas Hladky | (c) PwC Österreich

Als vor über 20 Jahren das Internet das Licht der Welt erblickte, erkannten amerikanische Manager und Unternehmer rasch das volle Potential der Technologie. Mit einem Heimmarkt von 300 Millionen Kunden, einem milliardenschweren Innovationscluster an Unternehmen und Universitäten und dem notwendigen unternehmerischen Mindset machten sich einzelne Visionäre an die Arbeit.

Das Ergebnis kennen wir: jeden Abend verschieben wir mit unseren Daumen und Zeigefingern Wertschöpfung von Europa nach Amerika – wenn wir auf Amazon Waren bestellen, Netflix oder Disney+ Serien auf unseren Apple-Geräten genießen, durch Facebook, Instagram oder LinkedIn scrollen und parallel dazu WhatsApp Nachrichten senden. Europa? Kaum dabei.

TED AI Vienna Konferenz

Vierundzwanzig Jahre später fand nun am vergangenen Wochenende unter Teilnahme führender internationaler Köpfe die TED AI Vienna Konferenz in Wien statt. Sie begann mit einem kritischen Statement von KI-Legende Sepp Hochreiter, der von einem besorgniserregenden Innovationsumfeld in Europa sprach und davon berichtete, wie Unternehmen dem Umgang mit KI ebenso skeptisch gegenüberstünden wie ehemals dem Web und europäische Erfindungen anderswo aufgegriffen und ökonomisch erfolgreich gemacht werden.

Diese Beobachtung teilten und teilen viele Mitglieder und Teilnehmer der österreichischen Innovationscommunity in den nachfolgenden Sessions und informellen Gesprächen rund um die TED AI, egal ob in Unternehmen oder Startups, jung oder alt, in der Forschung oder der Praxis: wir sind gerade dabei, den nächsten technologischen Innovationssprung aussitzen zu wollen.

Europas Wohlstand in Gefahr

Europa genießt immer noch die Ernte einer beispiellosen und mittlerweile jahrhundertealten Erfolgsgeschichte: Innovationen vorwiegend des 19 Jahrhunderts ermöglichten einen Siegeszug in so gut wie allen Branchen und Bereichen. Seit vielen Jahrzehnten schon wird dieser Erfolg nur mehr verwaltet, optimiert und adaptiert: ein wenig Wachstum hier, ein paar Prozent Umsatzplus dort, ein wenig Margenoptimierung oder anorganisches Wachstum – fertig. Das eigene Geschäftsmodell radikal zu hinterfragen, geschweige denn neu zu erfinden ist nicht Teil der Aufgabe. Und genau dieser Umstand – der Fokus europäischer Entscheidungsträger in Politik und Unternehmer auf risikooptimiertes Vorankommen bedroht unseren Wohlstand nun in zunehmendem Maße.

Neue Technologien als Bedrohungspotential?

Bei genauer Betrachtung klingt hohl, womit wir uns in Europa schmücken, wenn wir etwa bei neuen Technologien sofort über deren Bedrohungspotential diskutieren und uns daran machen, ebendieses zu zähmen noch ohne selbst überhaupt überzeugende, skalierbare und wertschöpfungsorientierte Lösungen gebaut zu haben (oder bauen zu können), die unseren europäischen Werten entsprechen. Regulatorik ist wichtig und wir können stolz darauf sein, in Europa die Gefahren neuer Technologien zu erkennen und rechtzeitig mitigieren zu wollen. Aber Regulatorik ersetzt und ermöglicht nicht per se die milliardenschweren Industrien, die in den USA, Asien und teilweise auch schon Afrika entstehen und dort Wohlstand und Wertschöpfung sichern.

Wir brauchen Investitionen

Die TED AI in Wien hat uns vor Augen geführt, dass hohe Investitionen in Forschung, Entwicklung, für Unternehmen und Standorte dringend notwendig sind, um ein Umfeld zu schaffen, dass auch nur annähernd im Wettbewerb bestehen kann. Auch wenn wir es kaum wahrnehmen wollen: Daten werden immer öfter ganze Branchen und Geschäftszweige ersetzen und je länger wir uns dieser Erkenntnis gegenüber abwartend verhalten, umso mehr Wertschöpfung, umso mehr Arbeitsplätze, umso mehr Wettbewerbsfähigkeit wird verloren gehen. Auf eine neue Steinzeit zu hoffen oder zu glauben, dass wir als Freilichtmuseum des Planeten Innovationsleistung ersetzen können, ist keine Strategie. TED AI hat uns die Zukunft gezeigt; sie anzunehmen – das ist unsere Aufgabe.


Andreas Hladky ist Partner bei PwC Österreich und Leiter des Bereichs Digital Consulting. Mit seinem Team unterstützt er Unternehmen in allen Branchen bei der digitalen Transformation. Als Gründer eines führenden Beratungsunternehmens für den digitalen Wandel und erfahrener Keynote Speaker ist er Experte für Geschäftsmodell-Innovationen.

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N26-Founder Maximilian Tayenthal und Valentin Stalf Onlinebank neobank n26
N26-Founder Maximilian Tayenthal und Valentin Stalf (v.li.) (c) N26

Elf Jahre nach ihrer Gründung gelingt es der Neobank N26, über einen längeren Zeitraum profitabel zu wirtschaften. Im dritten Quartal dieses Jahres erzielte das Unternehmen zum ersten Mal ein operatives Ergebnis von 2,8 Millionen Euro im Plus. Bereits im Juni konnte die Neobank ihren ersten monatlichen Gewinn verbuchen – brutkasten berichtete.

2024: 440 Mio. Euro Umsatz

Mitte des Jahres äußerte CEO Valentin Stalf die Hoffnung, dass das gesamte Jahr profitabel ausfallen könnte. Fünf Monate später steht N26 jedoch vor einem (unbereinigten) operativen Jahresminus von etwa 20 Millionen Euro. Zum Vergleich: Im Vorjahr lag das Minus noch bei 78,3 Millionen Euro.

Die aktuellen Zahlen verdeutlichen, dass es für die Neobank N26 in diesem Jahr deutlich bergauf geht. Der Umsatz wird voraussichtlich rund 440 Millionen Euro erreichen, was einem Wachstum von etwa 40 Prozent im Vergleich zum Vorjahr entspricht. Nahezu die Hälfte davon soll aus Zinserträgen stammen, ergänzt durch Erträge aus der Veranlagung von Kundengeldern und einem wachsenden Anteil aus dem Kreditgeschäft. Der Rest resultiert aus Gebühren und Provisionen.

N26: Transaktionsvolumen von 140 Milliarden Euro

Erstmals überschritt der Betrag der Kundeneinlagen in diesem Jahr die zehn Milliarden Euro. Das Transaktionsvolumen soll 2024 zudem 140 Milliarden Euro erreichen.

Nach der Aufhebung der Wachstumsbeschränkung im Juni, die von der deutschen Finanzaufsicht Bafin aufgrund von Mängeln in der Geldwäsche- und Betrugsbekämpfung verhängt wurde, verzeichnet N26 aktuell mehr als 200.000 Neuanmeldungen pro Monat, wie Stalf verkündet.


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