20.09.2017

Blockchain-Usecases: Es gibt weit mehr als Kryptowährungen

Der Blockchain-Hype ist natürlich auch auf der TechCrunch Disrupt in San Francisco angekommen. Dabei wurden einige spannende Usecases präsentiert.
/artikel/techcrunch-disrupt-blockchain-usecases
(c) Dominik Perlaki: Bildausschnitt Chasyr-Website

Die Blockchain ist angekommen – zumindest in der Startup-Welt. Daran lässt sich nicht mehr zweifeln. Nachdem die Technologie durch Bitcoin und Co allgemeine Bekanntheit erlangt hat, werden jetzt immer mehr Blockchain-Usecases abseits des Kryptowährungsbereichs vorgestellt. So auch auf der TechCrunch San Francisco, auf der es einen eigenen “Blockchain & Cryptocurrency Pavillion” gab. Startups aus aller Welt, vor allem aber aus San Francisco und dem Silicon Valley selbst, zeigten dort ihre Konzepte. Was (fast) alle gemeinsam haben: Das Funding für ihr Vorhaben soll über einen ICO kommen. Der Tenor: “Check out our upcoming ICO”. Der Brutkasten hat ein paar Highlights herausgepickt.

+++ Grundwissen: Die Blockchain – einfach erklärt +++

In einer Minute zum abgesicherten Copyright

Da wäre etwa Copyrobo, das in Vietnam ansässig ist. Das Startup will mit der Blockchain-Technologie das internationale Copyright-System revolutionieren. Konkret wird versprochen, dass man mit Copyrobo seine Online-Inhalte innerhalb einer Minute international schützen kann. Wenn etwa ein Video hochgeladen wird, wird es mit einem “Wasserzeichen” versehen, dass über die Blockchain mit einem sogenannten Hash, also einem Schlüssel, abgesichert wird. “Unsere Besonderheit ist, dass wir nicht eine Blockchain nutzen, sondern mit verschiedenen, etwa jener von Bitcoin, Ethereum, Litecoin oder Dash arbeiten”, erklärt Founder Hasan Kurtulus. Dazu sollen noch nationale Systeme einzelner Länder kommen, um seine Inhalte innerhalb des eigenen Staates gegen Diebstahl absichern zu können. Der User hat also die Wahl, über welche Blockchain er seine eigenen Inhalte sichert, beziehungsweise welche für seinen Zweck am geeignetsten ist. Einen ICO will Kurtulus übrigens erst durchführen, wenn das Produkt klassisch finanziert ist und läuft: “Viele andere Firmen haben noch überhaupt nichts zu bieten, wenn sie ihren Token Sale machen.”

“Google hat wirklich keine Ahnung, was wir da bei ihnen hochladen”

Sicherheit: Unbrauchbare Datenfragmente in der Google-Cloud

Das Startup Cryptyk aus San Francisco nutzt die Blockchain dafür, Daten sicher im Internet ablegen zu können. Wird ein File über die Plattform hochgeladen, wird es in fünf Teile aufgeteilt, die alle gesondert über die Ethereum-Blockchain verschlüsselt werden. Die einzelnen Teile werden dann in fünf verschiedene Clouds hochgeladen, etwa jene von Google und Amazon. Für diese Provider sind die zerstückelten, verschlüsselten Daten dabei gänzlich unlesbar. “Google hat wirklich keine Ahnung, was wir da bei ihnen hochladen”, sagt Founder Adam Weigold. Der Vorteil liege also darin, dass man mit dem System Clouddienste für sich nutzen könne, ohne dabei die Datensicherheit aufs Spiel zu setzen. Für die Rekonstruktion der Daten seien durch die Art der Aufsplittung aber dennoch nicht alle fünf Teile notwendig. “Man verliert also nicht seine Daten, wenn eine Cloud versagt”, erklärt Weigold.

Marketing: Die Blockchain lässt nur echte Menschen passieren

Auch in San Francisco ist iBuildApp ansässig. Das Startup coded, wie der Name nahelegt, kommerziell Apps. Dabei nutzt iBuildApp für seine Kunden die Blockchain im Mobile Marketing, um Fake-User auszuschalten. “Advertiser können den Erfolg ihrer Kampagnen immer schwerer abschätzen, weil ihre Schaltungen von zu vielen Bots und Fake Usern geklickt werden”, erklärt Founder Rafael Soultanov. Bei Apps des Unternehmens werde die Identität der User über die Blockchain verifiziert. Nur echte Menschen bekämen dadurch die Werbung ausgespielt, erklärt Soultanov. Schon bald soll man das Service mit einem eigenen IBA Coin nutzen können – in wenigen Tagen gibt es einen ICO.

Shared Mobility: Fahrer am Firmenerfolg teilhaben lassen

Ebenfalls am Pavillion war Chasyr aus Kalifornien. Das Startup will mit seinem Konzept Uber Konkurrenz machen. Für User soll sich die Chasyr-App genau so anfühlen wie jene der großen Provider, Uber und Lyft. Der Unterschied, so Founder Tommy Marquez, liege in der Wertschätzung gegenüber den Fahrern: “Ich war selbst zwei Jahre lang Uber-Fahrer. Mit unserem System bilden wir besser ab, was die Fahrer und die Nutzer wollen”. Buchung und Bezahlung der Fuhren laufen über die Ethereum Blockchain. Bezahlt werden kann sowohl mit klassischen Kreditkarten, als auch mit dem Chasyr-Coin, der – wie sollte es anders sein – erstmals beim baldigen ICO ausgegeben werden soll. Fahrer würden zwar in klassischer Währung bezahlt, hätten aber die Möglichkeit mit dem Coin entgolten zu werden. “Dadurch können sie direkt am Erfolg des gesamten Unternehmens teilhaben”, erklärt Marquez. Chasyr selbst nimmt keine Gebühren für die Fahrtenvermittlung, sondern baut auf die Wertsteigerung des eigenen Coins.

+++ Oliver Schmerold und Florian Moosbeckhofer im Live Gespräch über Mobilität der Zukunft +++


Disclaimer: Dieser Beitrag entstand in redaktioneller Unabhängigkeit. Die Berichterstattung direkt aus San Francisco wird mit finanzieller Unterstützung von go International (www.go-international.at), der Internationalisierungsoffensive des Bundesministeriums für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft (BMWFW) und der Wirtschaftskammer Österreich (WKO) ermöglicht.

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Lanbiotic, Neurodermitis
(c) Oliver Wolf - Patrick Hart und Katrin Susanna Wallner von Lanbiotic.

Das Grazer Startup Lanbiotic stellt medizinische Hautpflege-Produkte mit lebensfähigen Bakterien speziell für die von Neurodermitis geplagte Haut her. Dabei verwenden die beiden Gründer:innen Patrick Hart und Katrin Wallner den zum Patent angemeldeten Bakterienstamm “Lactococcus Lanbioticus“.

Lanbiotic: “Skalierung als neue Normalität”

“Mit unseren probiotischen Hautanwendungen bringen wir gesundheitsfördernde Bakterien direkt auf die Haut, um die natürliche Balance des Hautmikrobioms wiederherzustellen und Hautprobleme gezielt an der Ursache zu bekämpfen”, erklärt Wallner.

Das letzte Jahr fühlte sich für die Gründerin an, als sei ein Traum nicht nur wahr, sondern sogar übertroffen worden. Andererseits sei es eine “neue Normalität” an der Skalierung des Unternehmens zu arbeiten.

“Wir haben weitere Produkte mit unserem einzigartigen Bakterienstamm ‘Lactococcus Lanbioticus’ entwickelt, um umfassender auf die Bedürfnisse von Menschen mit zu Neurodermitis neigender Haut eingehen zu können. Neu hinzugekommen sind Flora Bath und Flora Sun”, erklärt Wallner.

Flora Bath ist ein spezieller Badezusatz, der für Menschen entwickelt wurde, die großflächig oder an der Kopfhaut von Ekzemen betroffen sind – ein Bereich, in dem Pflegecremen oft an die Grenzen ihrer Praktikabilität stoßen.

“Der Fokus liegt wie immer bei Lanbiotic auf der Ergänzung des Hautmikrobioms, also ‘der lebende Teil’ der natürlichen Schutzbarriere der Haut, die den gesamten Körper bedeckt, mit probiotischen Bakterien”, so Wallner weiter. “Eine Ausgewogenheit des Hautmikrobioms ist, wie auch im Darm, entscheidend, um die Gesundheit der Haut zu bewahren und Beschwerden zu lindern.”

Flora Sun hingegen ist ein weiteres Produkt, das auf die besonderen Herausforderungen empfindlicher Haut unter UV-Strahlung eingeht. Studien hätten gezeigt, dass das Hautmikrobiom die natürliche Fähigkeit der Haut verbessern kann, mit den Effekten – und häufig auch Schäden – durch Sonneneinstrahlung umzugehen.

EHI-Siegel für Onlineshop

“Parallel dazu haben wir auch international expandiert: Der Eintritt in den deutschen Markt war ein großer Schritt, der mit der Anpassung unserer Produktions- und Logistikkapazitäten verbunden war, um langfristig weitere internationale Märkte beliefern zu können. Unser Webshop wurde außerdem mit dem EHI-Siegel zertifiziert, um unseren Kund:innen einen sicheren und vertrauenswürdigen Einkauf zu ermöglichen.”

Auch das Team wuchs 2024, zudem konnte durch zahlreiche Medienauftritte und Messeteilnahmen Aufmerksamkeit für die eigenen Produkte und die Marke gewonnen werden.

“Als weiteres Highlight wurden wir von der Apothekerkammer mit unserer Fachfortbildung akkreditiert, was Apotheker dazu motiviert, unsere Fortbildungen zu besuchen und mehr über das noch recht ‘nischige’ Thema Hautmikrobiom zu erfahren”, sagt Wallner.

Neue Märkte im Fokus

Aktuell arbeitet das Startup intensiv daran, Lanbiotic als Unternehmen und Marke weiterzuentwickeln, strategisch zu positionieren und zu skalieren. Das oberste Ziel ist es, die Lebensqualität von Menschen mit Neurodermitis über ihre mikrobiombasierten Produkte zu verbessern.

“Wir möchten Lanbiotic in weiteren Märkten etablieren, insbesondere natürlich in Ländern, wo die Prävalenz für Neurodermitis hoch ist. Dafür arbeiten wir an effizienten Marketingprozessen, um unsere Markenbekanntheit zu steigern, und bauen unsere Vertriebsstrukturen aus”, erklärt die Founderin. “Um diesen Schritt bestmöglich zu unterstützen, suchen wir gezielt nach vertrauenswürdigen Partnern für den internationalen Vertrieb, die unsere Werte und Qualitätsansprüche teilen. Die Kooperationen sollen es uns ermöglichen, unsere Produkte nachhaltig in weiteren europäischen und außereuropäischen Ländern anzubieten und das Thema Hautmikrobiom international bekannter zu machen.”

Daneben optimiert das Team Produktionsprozesse, um der wachsenden Nachfrage nachkommen zu können. In der Produktentwicklung liegt dabei der Fokus auf der Entwicklung weiterer wissenschaftsbasierten probiotischen Pflegeprodukten, die speziell auf die Bedürfnisse von Menschen mit Neurodermitis und empfindlicher Haut zugeschnitten sind. Dazu steht man intensiv mit Industrie und Spitzenforschung in Kontakt.

Lanbiotic: Strukturen und Prozesse schaffen

Intern sei man vor allem stark mit dem Aufbau der Organisation beschäftigt. Man arbeitet daran, Strukturen und Prozesse zu schaffen, die das Wachstum langfristig stützen können. Ziel sei es, eine gesunde Organisation aufzubauen, die den Expansions- und Innovationszielen gerecht werde und das Unternehmen flexibel in die nächsten Entwicklungsstufen führt.

Lanbiotic wurde in der Vergangenheit unter anderem auch von der Austria Wirtschaftsservice (aws) unterstützt. So absolvierte das Unternehmen den aws First Incubator und erhielt über aws Innovationsschutz eine Förderung, um sein geistiges Eigentum zu schützen. Später folgte eine Preseed- und Seed-Förderung über aws Innovative Solutions. Mit diesem Seed-Förderprogramm unterstützt die aws innovative Gründungsideen, die über die Unternehmensgrenzen hinaus einen positiven gesellschaftlichen Impact bewirken. Der Fokus liegt auf skalierbaren Geschäftsmodellen. Im Fall von Lanbiotic war die Förderung essentiell, um die Produktentwicklung und Markteinführung zu finanzieren und sich allgemein zu professionalisieren.

“Eine bessere Förderung als aws Seed Innovative Solutions könnte es derzeit, meiner Meinung nach, für uns nicht geben”, sagt sie. “Es handelt sich um einen nicht rückzahlbaren Zuschuss von 400.000 Euro, der für unterschiedlichste Aktivitäten in der Markteinführung und Produkteinführung verwendet werden kann. Naturgemäß ist das Programm sehr kompetitiv, aber wenn man für die Finanzierung ausgewählt wird, hat man wirklich einen gewaltigen Booster, um ein nachhaltiges Unternehmen aufzubauen.”

Die weiteren Ziele von Lanbiotic

Im Allgemeinen habe ihnen das Programm bereits jetzt weit mehr gebracht als Geld. “Ich empfand den Bewerbungsprozess per se als wertvolle Erfahrung, um mir unser Business Model noch einmal ganz genau anzusehen und unsere Ziele zu definieren”, präzisiert die Grazerin. “Dass wir sie jetzt so scheinbar ‘locker’ übertreffen konnten, ist natürlich die Draufgabe.”

Durch die positive Resonanz der stetig wachsenden Stammkundenbasis sieht sich Wallner in ihrer Mission bestätigt. “Wir wissen aber auch, dass viele Menschen Lanbiotic noch nicht kennen und Neurodermitis in vielen Ländern nach wie vor ein großes Problem darstellt”, sagt sie. “Daher wollen wir gezielt skalieren, den Umsatz und Gewinn steigern, innerhalb und außerhalb Europas expandieren und unser Produktportfolio weiter diversifizieren.”

In Sachen Umsatzentwicklung wird Lanbiotic 2024 das gesetzte Umsatzziel voraussichtlich verdoppeln, wie Wallner erzählt. “Unser für 2025 gestecktes Ziel ist ambitioniert, aber wir sind zuversichtlich, dass wir hier wieder gute Arbeit leisten. Aktuell haben wir einen sechsstelligen Nettoumsatz erreicht, und dank der Unterstützung durch die aws Seed-Förderung werden wir auch heuer, wie jedes Jahr seit unserer Gründung, noch profitabler sein.”


* Disclaimer: Das Startup-Porträt erscheint in Kooperation mit Austria Wirtschaftsservice (aws)

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