11.01.2021

Die nächste Schlacht der Tech-Titanen!

Apple versus Google versus Facebook versus Tesla versus alle: In seiner aktuellen Kolumne beschäftigt sich Mic Hirschbrich mit der Schlacht der "Tech-Titanen" am Beispiel der Mobilität.
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Tech-Titanen
(c) Adobe Stock

Zunächst verzeihen Sie bitte den martialischen Begriff „Titanen“, wo wir doch als Medien üblicherweise von den US-Tech-„Giganten“ schreiben.

Zur Einordnung der Begriffe, Gaia galt bei den alten Griechen als die personifizierte Erde und Übermutter. Diese gebar die „Giganten“ aus Wut über die „Titanen“, einem mächtigen Göttergeschlecht. Trotzdem werden die in US-Medien als Titanen beschrieben IT-Größen in Europa als Giganten bezeichnet. Nach Übermutter Gaia wurde nun ein EU-Projekt benannt, welches für europäische Kunden die Abhängigkeit von US-Cloud-Anbietern verringern soll – „Gaia-X“ genauer gesagt.

Sie sehen schon, jetzt haben wir den semantischen Murks beisammen, denn das passt als Metapher so gar nicht in unsere Tech-Welt. Und dann gibt es da noch ein spannendes Projekt namens Titan, doch dazu mehr am Ende des Artikels.

Die heterogenen Konkurrenten

Wir lesen häufig über „die“ großen Tech-Titanen und nennen dabei eigentlich sehr heterogene Unternehmen in einem Atemzug, die noch dazu in harter Konkurrenz zueinanderstehen.

Diese Unternehmen eint, dass sie extrem schnell wuchsen, Software im Zentrum ihrer Value Proposition haben und durch gezielte und oft sehr große Akquisitionen in verschiedenste Branchen diversifizierten und expandierten. Das war es dann aber auch schon! Apple, Microsoft, Google, Facebook, Amazon und Co könnten unterschiedlicher nicht sein, in ihrer Produkt-Philosophie, den Charakteren ihrer Gründer, die ihre Unternehmen nachhaltig prägten und in ihren Methoden, ihre Produkte zu monetarisieren.

Und genau darin entfacht auch immer wieder ein neuer Streit. Es geht nicht bloß um den „War for Talent“, es geht um Märkte, immer größere Schnittmengen bei Kundensegmenten und sehr unterschiedliche Technologiezugänge.

Bevor wir uns die nächste Schlacht dieser Titanen am Beispiel der Mobilität ansehen, kurz einen Überblick über die unterschiedlichen Größen derselben.

Die Größenunterschiede der Tech-Titanen

Nach der Kennzahl „Marktkapitalisierung“ (das entspricht der Summe aller im Umlauf befindlichen Aktien zum aktuellen Kurs), spielt Apple mittlerweile in einer eigenen Liga. Ende von Q3 2020 lag diese bei rund zwei Billionen Dollar und ist damit etwa doppelt so hoch wie jene von Alphabet (Google) und dreimal so hoch wie jene von Facebook.

Microsoft und Amazon hielten mit etwa drei Viertel der Apple-Kapitalisierung den zweiten und dritten Platz im Ranking.

Alphabet erwirtschaftet immer noch fast 99% seiner Umsätze (162 Mrd. UDSD, 2019) mit Google und dort werden 80% mit Werbung verdient. Das auf mittlerweile bald drei Milliarden Smartphones installierte Android macht ebenfalls den meisten Umsatz mit Werbung und über den Google Playstore. Von den anderen Alphabet-Töchtern machten vor allem der KI-Spezialist Deep Mind von sich reden, sowie das auf selbstfahrende Auto-Software spezialisierte Waymo, von dem wir später noch hören werden.

Bei Facebook ist ebenfalls Werbung die bei weitem größte Einnahmequelle. Damit machte man 71 Mrd. Dollar Umsatz (2019), auf Facebook selbst und auf Instagram. Die beiden anderen großen Akquisitionen, nämlich WhatsApp (für 17 Mrd. Dollar) und Oculus (für 1,2 Mrd. Dollar) waren vorerst strategischer Natur, große Umsätze sollen hier erst folgen.


Exkurs: Die unterschiedlichen Business-Modelle der Tech-Titanen

Und hier sehen wir die enormen Unterschiede dieser Unternehmen. Während die einen die Daten-Ökonomie nutzen, um Kunden besser analysieren und dadurch mit Werbung mehr Geld verdienen zu können, sind andere völlig anders aufgestellt.

Amazon zum Beispiel macht seine Umsätze mit Handel und Abos, die größten Gewinne aber mit seinen AWS Cloud-Services.

Apple hat wieder ein ganz anderes Modell. Ikone Steve Jobs wollte mit seinem Design-Fokus vor allem ein neues Lebensgefühl schaffen und mit seiner geschlossenen Betriebssystemarchitektur den Menschen ungleich mehr (digitale) Sicherheit geben – ein enorm wichtiges Grundbedürfnis, wie wir von Maslow wissen. Dies wurde in der aufkommenden Datenökonomie weiter interpretiert und auch Jobs‘ Nachfolger Tim Cook hielt Spur und ließ die Kundendaten auf Apple-Geräten weitgehend nicht durch Werbung monetarisieren. Von den 275 Milliarden Dollar (2020) Gesamtumsatz, entfiel ein großer Teil alleine auf das iPhone, der Rest auf Macs, iPads und Services. Seit 2004 stieg der Umsatz aus dem Hause Apple um galaktische 3.000 Prozent und im Zentrum stehen nach wie vor Design und sichere Technologie und Datenschutz. Apple macht heute fast doppelt soviel Umsatz mit seinem App-Store wie Google mit dem Play-Store.

Das führt durchaus zu Begehrlichkeiten von in Abhängigkeit stehenden Anbietern, wie z.B. Epic.
30% jedes Umsatzes im App-Store geht an Apple und für das Erfolgsspiel Fortnite muss Epic damit hohe Summen an Apple überweisen, ohne einzusehen, wofür genau – ein Streit, der derzeit vor einem kalifornischen Gericht ausgetragen wird. Epic ist zwar selbst milliardenschwer, aber noch kein Titan wie Facebook, mit dem Apple ebenfalls im Clinch liegt.

Facebook verdient 98% des Geldes mit Werbung und trackt dazu User in allen erdenklichen Arten und Weisen, um deren Kauf-Bedürfnisse besser zu verstehen. Das steht im Widerspruch zur DNA Apples, wo Privatsphäre im Zentrum steht. So will Apple künftig seine Kunden besser darauf aufmerksam machen, was Anbieter im App-Store mit ihren User-Daten machen.

Für Instagram hieße das zum Beispiel, dass Apple eine Information anzeigt, wonach die App „Kontaktinformationen, Identifizierungsmerkmale und andere Daten sammelt und den User über Apps und Websites anderer Unternehmen hinweg verfolgt. Sie sammelt zudem den Browserverlauf, finanzielle Informationen und solche zu Gesundheit und Fitness, dem User- Standort, und verknüpft all das mit der User-Identität.“ – soweit ein aussagekräftiges Beispiel vom Tech-Journalisten Jamey Tucker. Dass das Facebook nicht recht sein kann, liegt auf der Hand.

Hinzu kommt, dass sich die Tech-Titanen nicht nur als Konkurrenten in verschiedenen Märkten treffen, sondern auch als streitende Partner. Samsung zum Beispiel ist nicht nur erbitterter Smartphone-Konkurrent von Apple, sondern gleichzeitig auch sein OLED-Display-Lieferant. Und weil Apple weniger davon bestellte, als vertraglich zugesichert, musste Apple dieses Jahr fast eine Milliarde Strafe an Samsung bezahlen.

Apple greift nun Google, Tesla und eigentlich alle Autobauer an

Zu den alt bekannten Schlachten um neue Märkte, kommt eine neue hinzu und zwar im Bereich Mobilität. Seit sechs Jahren arbeitet Apple an einem Projekt namens „Titan“. Wir wissen seit Tesla, dass ein modernes Auto vor allem Software können muss und einen deutlichen USP in der Akku-Technologie braucht. Und so hat es sich das mittlerweile wertvollste Unternehmen der Welt zum Ziel gesetzt, schon 2024 (!) selbstfahrende Fahrzeuge zu bauen, die noch dazu auf einen völlig neuen Batterie-Technologie aufbauen.

Apple greift damit Konkurrenten Waymo (Alphabet-Tochter), die auf Roboter-Taxis setzen, und Uber, die ebenfalls an selbstfahrender KI arbeiteten, frontal an. Auch Tesla arbeitet akribisch an dieser Technologie, sowie andere führende Auto-Marken. Uber stößt seine „selbstfahrende Technologie“-IP gerade an Konkurrenten Aurora ab, die – raten Sie mal – als mächtigen Investor Jeff Bezos‘ Amazon an Bord haben. Bekannt wurde der Deal durch folgende Schlagzeile: „The tech titan (Amazon, Anm.) just announced its investing in autonomous technology developer Aurora.”

Tech-Titanen: Musk wollte Tesla an Apple verkaufen

Wenn Sie noch nicht genug verwirrt sind, dann spätestens jetzt: Uber hatte früh Google (später Alphabet) als großen Investor an Bord und um ein Haar wäre Google auch Retter von Tesla geworden, als das Musk-Venture 2013 beinah krachte. Heute wünschten sie vielleicht, es wäre so gekommen.

Erst vor etwas über zwei Jahren war Tesla abermals mit schwerwiegenden Problemen konfrontiert und Musk zog sogar in Erwägung, sein Baby nothalber an Apple zu verkaufen. Kein Hollywood-Thriller ist spannender als die Realität. Aber Apple-Boss Tim Cook verweigerte ihm ein Treffen, so ein kürzlich erschienener Tweet dazu.

Ein möglicherweise hunderte Milliarden Dollar schwerer Fehler, wie Analysten mutmaßen oder die Gewissheit des Apple-Bosses, dass er noch bessere Karten in Händen hält. Dem Unternehmen gelang es, bislang alle Details zu „Titan“ geheim zu halten. Brancheninsidern zufolge aber soll Apples‘ Batterie sowohl die Reichweite enorm vergrößern, als auch die Erzeugungskosten radikal senken. Wenn man so will, der Inbegriff von Disruption bei E-Autos.

Musk brauchte 17 Jahre um Tesla zu dem zu machen, was es heute darstellt. Waymo ist 11 Jahre alt und Apple will es in nochmal der halben Zeit schaffen. Bei Verbrennungsmotoren war physikalische Sicherheit von enormer Bedeutung. Bei selbst-fahrenden Autos, die von komplexer Software gesteuert werden, wird man Sicherheit vor allem einem Software-Unternehmen zutrauen, die diese schon immer in seiner DNA trug. Just my 2 cents.

Achja. „Aurora“, das von Amazon geölte Startup, das mit Uber-Intelligenz ausgestattet wurde, welches wiederum von Google anfangsfinanziert wurde, trägt auch einen Namen aus einer Mythologie, allerdings der römischen. Als Göttin der „Morgenröte“ klingt sie weniger angriffig, kann aber nicht verbergen, dass die Schlacht um die technologische Zukunft zunehmend unter den bekannten Tech-Titanen ausgetragen wird.


Zum Autor

Mic Hirschbrich ist CEO des KI-Unternehmens Apollo.AI, beriet führende Politiker in digitalen Fragen und leitete den digitalen Think-Tank von Sebastian Kurz. Seine beruflichen Aufenthalte in Südostasien, Indien und den USA haben ihn nachhaltig geprägt und dazu gebracht, die eigene Sichtweise stets erweitern zu wollen. Im Jahr 2018 veröffentlichte Hirschbrich das Buch „Schöne Neue Welt 4.0 – Chancen und Risiken der Vierten Industriellen Revolution“, in dem er sich unter anderem mit den gesellschaftspolitischen Implikationen durch künstliche Intelligenz auseinandersetzt.

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10 Jahre Fuckup Nights - Dejan Stojanovic vor der
Dejan Stojanovic vor der "Wall of Champions" | (c) wolf&woodpecker

“Werden Menschen wirklich freiwillig über ihre größten Misserfolge sprechen? Und noch wichtiger: Werden andere zuhören wollen?” – die Fragen habe er sich gestellt, bevor er vor zehn Jahren in Österreich mit dem Format Fuckup Nights startete, sagt Dejan Stojanovic. Zum Jubiläum ist klar: Ja, es funktioniert. Schon eine ganze Dekade.

64 Fuckup Nights seit 2014

“Die letzten zehn Jahre haben mir gezeigt, dass echte Veränderung dort beginnt, wo wir uns trauen, unsere Fehler anzunehmen und darüber zu sprechen – egal ob als Einzelperson, in einem Team oder in einer Organisation”, sagt der Fuckup-Nights-Initiator. “Es war erstaunlich zu sehen, wie das Teilen von Misserfolgen Brücken zwischen Menschen baut und eine Gemeinschaft schafft, die auf Vertrauen basiert.”

(c) wolf&woodpecker

64 Fuckup Nights hat es seit dem Start gegeben. “Über 360 mutige Menschen, die ihre tiefsten Fehler und größten Erkenntnisse mit uns geteilt haben. Mehr als 25.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer, die bereit waren, zuzuhören, zu lernen, zu lachen – und manchmal auch ein bisschen zu weinen”, resümiert Stojanovic.

“Was mich wirklich erfüllt, ist nicht in Zahlen zu fassen”

Doch diese Zahlen seien nicht alles. “Was mich wirklich erfüllt, ist nicht in Zahlen zu fassen”, meint der Fuckup-Nights-Initiator. “Es ist das Gefühl, wenn jemand nach einer Fuckup Night auf mich zukommt und sagt: ‘Danke. Diese Geschichte hat mich inspiriert, es noch einmal zu versuchen.’ Es ist das Lächeln der Speaker, die die Bühne verlassen und zum ersten Mal merken, dass ihre größten Fehler vielleicht ihr größtes Geschenk waren. Es ist die unbändige Energie, die in einem Raum spürbar wird, wenn Menschen erkennen, dass sie mit ihren Ängsten und ihrem Scheitern nicht allein sind.”

Denn das Scheitern sei ein unverzichtbarer Bestandteil von Wachstum und Innovation. “Viele unserer Speaker:innen haben das bestätigt, indem sie erzählt haben, wie ihre größten Rückschläge letztlich zu ihren größten Erfolgen geführt haben. Diese Erkenntnis, dass Fehler ein Sprungbrett und keine Sackgasse sind, treibt mich heute mehr an, als je zuvor”, so der Initiator.

Zu viele Highlights

Und was waren seine größten Highlights in der Zeit? “Es gab unzählige bewegende Momente, sodass es schwerfällt, einzelne auszuwählen, ohne den vielen großartigen Speaker:innen nicht gerecht zu werden. Was ich jedoch über die Jahre deutlich gemerkt habe: Die Auswahl der Speaker hat immer mehr an Tiefe gewonnen, und meine Speaker-Coachings sind heute persönlicher, noch authentischer und intensiver”, so Stojanovic. Ein bewegender Moment sei es gewesen, die “Wall der Champions”, eine Fotowand mit über 180 Speaker:innen der Fuckup Nights, aufzustellen.

10 Jahre Fuckup Nights
(c) wolf&woodpecker

Herausforderungen auf für Stojanovic und Fuckup-Nights-Team

Herausforderungen zu bewältigen hatten übrigens nicht nur die Auftretenden, sondern auch Stojanovic und sein Team selbst, wie er erzählt: “Die letzten zehn Jahre haben uns auch auf die Probe gestellt. Es gab schwierige Momente, in denen wir gegen unfaire Attacken ankämpfen mussten – Angriffe von außen, die uns auf die Probe gestellt haben, und Enttäuschungen von Menschen, die wir einst Partner nannten.” Manchmal habe es sich angefühlt, als würde man “gegen ignorante Windmühlen kämpfen”.

Letztlich sei das Wichtigste: “All das funktioniert nur, wenn man mit Integrität handelt und konsequent seiner Mission treu bleibt – auch wenn es schwierig wird. Die Herausforderungen, denen ich begegnet bin, haben mir gezeigt, dass es sich lohnt, für das einzustehen, woran man glaubt.”

Pläne für die kommenden 10 Jahre

Auch für die nächsten zehn Jahre hat Stojanovic Pläne. “Die nächsten Jahre werden mutiger, größer und – hoffentlich – noch wirkungsvoller”, meint er. “Ich möchte und werde eine Welt mitgestalten, in der Scheitern als notwendiger Teil des Wachstums angesehen wird, nicht als etwas, das vermieden werden muss”, so der Fuckup Nights-Initiator. Die Mission bleibe dieselbe: “Scheitern enttabuisieren, Lernen zelebrieren und gemeinsam wachsen”.

Zu diesem Ziel soll es neue Formate geben, man wolle ein engagiertes Team aufbauen und man wolle noch stärker in Unternehmen und Organisationen “eine echte Kultur des Lernens und Wachsens verankern”. Der “Anker” soll dabei das Failure Institute als “zentrale Plattform für Austausch, Weiterbildung und Forschung” bleiben. “Langfristig möchte ich auch ein starkes Team hinter den Fuckup Nights aufbauen und ein Advisory Board aus Vordenker:innen und Innovator:innen etablieren, die uns dabei helfen, unsere Vision strategisch zu verwirklichen.”, so Stojanovic, “Für mich ist klar: Wir stehen erst am Anfang.”

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