01.03.2023

TeamEcho-Founder zur 4 Tage-Woche: “Dann sollen sie eine staatliche Studie in Auftrag geben”

Markus Koblmüller, der bereits 2021 bei seinem Startup die 35 Stunden-Woche eingeführt hat, zieht ein Resümee. Und kann die Kritik (der ÖVP) an der 4 Tage-Woche nicht ganz nachvollziehen.
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(c) TeamEcho - Markus Koblmüller (l.) und David Schellander von TeamEcho.

Seit Arbeitsminister Martin Kocher Teilzeitarbeitende bestrafen wollte, ist hierzulande die Debatte rund um weniger Arbeiten voll im Gange. Bekannte Gegner der 4 Tage-Woche argumentieren im Akkord über die Gefahren einer Arbeitszeitreduzierung und nehmen sogar das bisherige Tabu-Wort “Sozialstaat” in den Mund.

Der ÖVP-Wirtschaftsbund-Generalsekretär Kurt Egger befürchtet bei 4-Tages-Arbeitsideen einen “Todesstoß für Sozialsystem und Wohlstand“. Und nennt Studien, die die Wirksamkeit dieses “New Work-Ansatzes” zeigen, schwindlig.

Etwas das TeamEcho-Founder Markus Koblmüller nicht nachvollziehen kann. Er hat im Oktober 2021 in seinem Startup, gemeinsam mit David Schellander, die 35-Stunden-Woche in Kombination mit einem Gleitzeitmodell eingeführt. Und kann nun ein Resümee ziehen.

Interne Studie von TeamEcho

Heute gibt es bei TeamEcho drei Dinge, die von den eigenen Mitarbeiter:innen positiv erwähnt werden. Die reduzierte Arbeitszeit auf 35 Stunden, die Gleitzeit und die vollkommene Öffnung der Home Office-Regelung, so das Kurzfazit.

In Form von Interviews haben er und sein Co-Founder – unter dem Lead von “People- & Culture-Managerin” Marlene Fleischanderl, quantitativ und qualitativ erhoben, wie zufrieden die eigenen Mitarbiter:innen sind.

Bereiche wie Work-Life-Balance, Arbeitsalltag, Flexibilität-Motivation, Effizienz und Produktivität sowie Gesundheit wurden per siebenstufiger Skala unter die Lupe genommen. Das Ergebnis war grundlegend positiv.

“Wir waren von Anfang an der Meinung, dass die 35 Stunden-Woche in etwa die gleiche Produktivität liefern wird, wie das Arbeitszeit-Modell davor”, sagt Koblmüller. “Als Startup mit jährlichen Wachstumszielen im zwei- bis dreistelligen Prozentbereich, ist es jetzt schwer zu beurteilen, ob sich deswegen Vor- und Nachteile beim ‘Growth’ ergeben haben; gefühlt kann ich aber sagen, dass es insgesamt keine negativen Auswirkungen gab. Auch keine großen positiven. Jedoch zeigte sich, dass die Mitarbeiterzufriedenheit ein großer Vorteil wurde. Und ‘overall’ bei allen Aspekten, inklusive Motivation und Produktivität, eine positive Einschätzung seitens der Befragten herrschte.”

Angst, dass sich in einer 4 Tage-Woche nicht alles ausgeht

“Wir hatten vorab natürlich Sorgen, dass jemand sagt, er schaffe seine Arbeit bei verkürzter Zeit nicht”, gesteht Koblmüller. “Aber niemand hat auf unsere Skala etwas negativ bewertet. Ein paar standen der Veränderung neutral gegenüber, aber der Großteil lieferte in all den erwähnten Bereichen eine positive Rückmeldung.”

Die TeamEcho-Angestellten betonten bei der Befragung vor allem, dass sie mehr Zeit für Sport, Schlaf und andere ausgleichende Tätigkeiten hätten, was sich positiv auf die Motivation und Produktivität und allgemein den Arbeitsalltag auswirke.

“Wir sehen”, so Koblmüller präzisierend, “dass die Stimmung im Unternehmen besser geworden ist. Wobei das ja nicht bloß auf einen Parameter zurückzuführen ist. Auch wir hatten mit Krisen zu kämpfen und litten darunter. Die letzten sieben Monate allerdings stieg die Zufriedenheit stetig. Und die 35 Stunden-Woche war ein Baustein dessen. Auch einer, um ein attraktiver Arbeitgeber zu sein, wo alle an einem Thema arbeiten und gerne in die Arbeit kommen.”

“Schwindlige Studien” zu 4 Tage-Woche?

Die Kritik an der 4 Tage-Woche von Egger und besonders an den als “schwindlig” bezeichnetet Studien beurteilt Kloblmüller natürlich aus Sicht eines Gründers, bei dem das “New Work”-Modell funktioniert, das weiß er.

“Ich verstehe, dass der Sozialstaat finanziert werden muss, aber ich kenne keine staatlich durchgeführte Studie zur 4 Tage-Woche. Es werden ja nur die Studien kritisiert, die existieren und positive Veränderungen ausweisen. Dann würde ich ihnen (Anm.: der ÖVP) vorschlagen, sie sollen eine staatliche Studie in Auftrag geben und dann können wir diskutieren, ob ihre Studie qualitativ besser ist. Wir haben in unserer eigenen Untersuchung Verbesserungen festgestellt”, sagt er.

Und ergänzt: “Was die ÖVP bei der Kritik auslässt, ist, dass höhere Arbeitszeiten auch zu mehr Stress und Krankheiten führen. In der Geschichte hat es immer wieder gesetzliche Arbeitszeitreduktionen gegeben. Heute ist es mehrere Jahrzehnte her, seit der letzten. Die nächste, so meine Meinung, wird bald kommen müssen, weil wir als Gesellschaft immer produktiver werden.”

Arbeitszeitverkürzung in der Geschichte

Exkurs: Laut der Arbeiterkammer ist die letzte, gesetzliche Arbeitszeitverkürzung mehr als vierzig Jahre her. Im 19. Jahrhundert mussten die Menschen noch bis zu 90 Stunden in der Woche arbeiten. 1919 wurde der Acht-Stunden-Tag für Industrie und Gewerbe gesetzlich beschlossen, galt allerdings von Montag bis Samstag – also 48 Stunden in der Woche.

1959 war die Überschreitung der täglichen Arbeitszeit von acht Stunden nur mehr mit Genehmigung des Arbeitsinspektorats möglich. Sozialdemokratie und Gewerkschaften forderten damals die 40-Stunden-Woche, fanden aber im Parlament keine Mehrheit, die ÖVP blockierte.

Die Folge: eine Strategieänderung und die Entstehung der Kollektivverträge. Ein Jahr später einigte man sich auf die 45 Stunden-Woche. 1975 kam dann aufgrund der Weltwirtschaftskrise und hohen Arbeitslosenzahlen die Verkürzung auf 40 Stunden (zuerst auf 43, dann 42) zustande.

2018 war es die schwarz-blaue Bundesregierung unter Sebastian Kurz, die ein „Paket zur Arbeitszeitflexibilisierung“ entwarf und die mögliche Höchstarbeitszeit auf zwölf Stunden pro Tag und 60 Stunden pro Woche anhob.

Fairness durch Ausgleich

Koblmüller weiß natürlich, dass es in manchen Branchen schwierig oder unmöglich ist, derartige Modelle zu etablieren, besonders wenn körperliche Arbeit oder Anwesenheit unabdingbar sind – bei Ärzt:innen oder Pfleger:innen etwa. In Bereichen, die er Wissensarbeit nennt, sehe er hingegen keine Probleme.

“Am Ende muss es aber ‘fair’ sein”, sagt er. “Es kann nicht sein, dass es nur bei Büroarbeiten Stundenreduktionen gibt. Wo es nicht möglich ist, muss es einen Ausgleich geben.”

Die 4 Tage-Woche und ihr Vorteil beim “Employer Branding”

Koblmüller erinnert sich, dass ein wichtiger Aspekt, die 35 Stunden-Woche bei TeamEcho einzuführen war – neben dem Fokus auf Mitarbeiter:innenzufriedenheit – die Sichtbarkeit im “Employer Branding” war. In Retrospektive würde der Founder, was die Einführung der Arbeitszeitverkürzung betrifft, auch alles genauso machen, wie beim ersten Mal. Bis auf einen Punkt.

“Vor dem Hintergrund, die besten Talente anzulocken, wäre es wohl besser gewesen, die 35 Stunden-Woche als ‘4 Tage-Woche’ zu ‘framen’. Die ist ja mit unserem Gleitzeitmodell genauso möglich bei uns. Wir wollten mit den 35-Stunden volle ‘Flexibiliät’ in beide Richtungen ermöglichen. Länger vier oder kürzer fünf Tage zu arbeiten. Das ist wahrscheinlich für Mitarbeiter:innen besser, kam aber im ‘Employer Branding’ nicht so gut an”, so sein “learning”.

Zufriedenheit eine unterschätzte Firmengröße?

Das HR-Startup mit einer Echtzeit-Feedback-Plattform für Mitarbeiter:innen versucht aktuell mit seiner Vision von Zufriedenheit, Arbeitsklima und Firmenkultur das eigene Mess-Tool weiterzuentwickeln, sein Befragungssystem zur Arbeiter:innen-Zufriedenheit mehr zu dynamisieren und Kund:innen noch bessere Insights zu liefern.

Dabei soll künftig AI eine verstärkte Rolle spielen, um Führungskräften automatisiert Hilfestellungen und Lösungen zu liefern sowie um eine langfristige Unternehmenskultur zu etablieren. “Und”, wie Kobmüller abschließend betont, “gemeinsam am Verbesserungsprozess zu arbeiten.”

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Das Wiener Startup PowerBot automatisiert den physischen Stromhandel an Strombörsen. Damit leistet es einen Beitrag zur Energiewende. CEO Helmut Spindler hat uns vergangenen April mehr über die Technologie erzählt.

Das SaaS-Unternehmen wurde im Jahr 2020 von Felix Diwok, Manuel Giselbrecht und Helmut Spindler gegründet. Mit dem Ziel, Handelsabläufe an den europäischen Strombörsen zu automatisieren und zu verbessern. Und damit die Energiewende voranzutreiben. CEO Spindler war jahrelang als Berater für Energiemarktfragen tätig. Als Spin-off der Energiemarktberatung Inercomp GmbH entstand dann 2020 PowerBot.

Exit an norwegischen Tech-Konzern

Am gestrigen Mittwoch verkündete das Wiener Startup, vom “europäischen Marktführer für Energiesoftware, Volue, offiziell übernommen” worden zu sein. Eine konkrete Summe wird nicht genannt. Gemeinsam habe man sich das Ziel gesetzt, den Markt “im algorithmischen kurzfristigen Stromhandel” anzuführen.

Das Käufer-Unternehmen Volue positioniert sich als Technologielieferant grüner Energie. Das norwegische Unternehmen arbeitet an Lösungen zur Optimierung von Produktion, Handel, Verteilung und Verbrauch von Energie.

Co-Founder Diwok hielt bislang 37,5 Prozent, Spindler und Giselbrecht je 18,74 Prozent. Auch das Partnerunternehmen der Armstrong Consulting GmbH unter Geschäftsführer Roger Armstrong hielt bislang 25,01 Prozent der Firmenanteile.

Schrittweise Integration

Mit dem Kauf des Wiener Energy-Startups soll das bestehende Portfolio von Volue erweitert werden. Die Integration soll Schrittweise erfolgen, ab Jänner 2025 sei die PowerBot-Lösung vollständig in das Volue-Portfolio integriert.

Volue-CEO Trond Straume wird in einem LinkedIn-Post von PowerBot zitiert: „Diese Übernahme ist ein entscheidender Schritt auf unserem Weg, bis 2030 der führende SaaS-Anbieter für das globale Energiesystem zu werden. Die hochmoderne Plattform von PowerBot ergänzt den Volue Algo Trader perfekt, indem sie Quants befähigt und unsere Expansion über Westeuropa hinaus beschleunigt.“

Das Wiener Energy-Startup soll fortan die bestehende Lösung des Käufers – namentlich “Volue Algo Trader Power” ergänzen. Dabei handelt es sich um eine SaaS-Lösungen für den kurzfristigen Stromhandel, kurz für “Intraday”-Stromhandel.

“Keinen besseren Partner”

Wie PowerBot weiter vermeldet, soll die Integration die Entwicklung von traderfreundlichen Benutzeroberflächen und Lösungen für Unternehmen begünstigen. PowerBot wird dabei eng mit dem Team rund um die SaaS-Lösung Volue Algo Trader Power zusammenarbeiten.

Für das PowerBot-Team sei der Exit “nur der nächste wichtige Schritt auf dem Weg des Wachstums”, heißt es. Auch weiterhin soll das bestehende PowerBot-Team, darunter Helmut Spindler, Maximilian Kiessler und Jakob Ahrer, “die Entwicklung des Produkts weiter vorantreiben und für Kontinuität und Innovation sorgen”. Das Startup will indes bereits baldige neue Produkte auf dem Markt verkünden.

Helmut Spindler, CEO von PowerBot, kommentiert: „Wir haben in den letzten Jahren ein unglaubliches Wachstum erlebt, und um weiter zu skalieren und zu internationalisieren, brauchten wir einen starken Partner. Volue ist aufgrund seiner umfassenden Branchenkenntnisse und seiner gemeinsamen Vision die perfekte Wahl. Ich könnte mir keinen besseren Partner vorstellen“.

Stärken kombinieren

Mittlerweile soll das Wiener Energy-Startup über 85 Kunden in 26 Ländern vorweisen. Handeln soll es derzeit an neun Börsen. Das Team sei 25-köpfig und in Wien sitzend. Auch die Zertifizierungen ISO 27001 und SOC2 Typ 2 – beides Zertifizierungen für Cybersicherheit und Datenschutz – weise man vor.

Roland Peetz, SVP von Volue Energy Software, fügt hinzu: „Indem wir unsere Stärken kombinieren, schaffen wir ein unübertroffenes Angebot, das den Anforderungen des sich schnell verändernden Stromhandelsmarktes gerecht wird.“

Aus dem Archiv: PowerBot-CEO Helmut Spindler im Studio

Der PowerBot-CEO und Mitgründer Helmut Spindler war zu Gast im brutkasten Studio.

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