05.09.2019

Stefan Poledna, CTO von TTTech: Ab 2022 fahren autonome Fahrzeuge auf der Autobahn

Im Rahmen des "The Autonomous"-Events in der Wiener Hofburg sprach Stefan Poledna, CTO TTTech, mit dem brutkasten über die Visionen für das selbstfahrende Auto und die Hürden, die es dabei noch zu nehmen gilt.
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TTTech Stefan Poledna
Stefan Poledna, Co-Founder und CTO von TTTech. (c) TTTech

Es wird viel über selbstfahrende Autos gesprochen, aber sie sind noch immer nicht auf der Straße. In welchem Stadium befinden wir uns gerade?

Stefan Poledna: Wir sind gerade im Stadium “assistiertes Fahren”, wo das Fahrzeug zwar Fahraufgaben übernimmt, der Fahrer aber immer noch in der Letztverantwortung ist. Wenn es irgendwo klemmt, muss der Fahrer also entscheiden, doch das Steuer zu übernehmen oder zu bremsen. Daran, dass das Fahrzeug selber Fahrverantwortung übernimmt, wird jetzt gearbeitet. Da gilt es aber, einen riesigen Graben zu überspringen. Das ist die große Herausforderung, vor der wir stehen, die durchaus von vielen als wesentlich einfacher eingeschätzt wurde, als sie ist. Das sieht man auch daran, dass der versprochene Rollout von einigen Playern im Silicon Valley noch nicht stattgefunden hat.

Geht es da vorwiegend um Sicherheitsaspekte?

Ja, das Thema Sicherheit steht sicher im Zentrum. Die Frage ist: Wie kann ich gewährleisten und auch nachweisen, dass die Sicherheit des Fahrzeuges jene eines menschlichen Fahrers übertrifft? Damit ich dem Fahrzeug soweit vertraue, dass ich während der Fahrt nicht mehr auf die Straße sehe, sondern etwas anderes mache, erwarte ich mir schließlich, dass es zumindest besser ist als ich.

Ist das Thema Sicherheit im autonomen Fahren mehr eine technische, oder eine juristische Herausforderung?

Beides. Es gibt tatsächlich noch kein juristisches Framework dafür. Da gibt es jede Menge offene Fragestellungen, die zu klären sind. Aber auch technisch ist es eine Herausforderung auf unterschiedlichsten Ebenen. Das resultiert vor allem daraus, dass der Straßenverkehr so ein komplexes Umfeld ist, das ich nicht einfach vollständig beschreiben kann. Da gibt es die verrücktesten Situationen. Es fahren ja auch nicht alle Verkehrsteilnehmer so, wie es die Straßenverkehrsordnung vorschreibt.

Zum Beispiel, wenn Menschen alkoholisiert fahren…

Ja, es muss nicht einmal das sein. Ein ganz einfaches Beispiel: Es gehen drei Fahrspuren am Ring um die Kurve und tendenziell schneiden alle Fahrer diese Kurve ein wenig. Das ist übliche Fahrpraxis, die Systeme tun sich damit aber schon schwer. Wenn jemand betrunken über die rote Ampel fährt, oder sonst etwas wildes tut, ist das nochmal eine andere Geschichte.

Was ist der Zeithorizont? Wann kann ich mit dem selbstfahrenden Auto zur Arbeit fahren?

Da gibt es zwei große Themen, an denen wir derzeit intensiv arbeiten. Das eine ist: Es gibt Situationen, die leichter beherrschbar sind, konkret die Autobahn. Da fahren alle in die selbe Richtung. Es gibt keine Ampeln und Abzweigungen und zumindest in Mitteleuropa auch keine Radfahrer, Fußgänger und Maultiere. So ein Szenario zu automatisieren ist wesentlich einfacher und das machen wir mit “Highway Pilot”. Wenn man 300 Kilometer zurücklegen soll, kann man es auch in Kauf nehmen, bis zur Autobahnauffahrt und ab der Abfahrt selber zu fahren.

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Dazu kommt das Thema Parken und Parkhaus. Als Fahrer würde ich gerne einfach aussteigen, statt einen Parkplatz zu suchen und das Auto soll mich nachher wieder abholen. Auch das ist ein recht einfaches Szenario.

Aber selbst-einparkende Autos gibt es ja heute schon…

Ja, die gibt es, wenn man daneben steht und auf den Schlüssel drückt und den Schlüssel auch hält. Aber das ist etwas anderes, als zum Parkhaus hinzufahren und zu sagen: “Bitte parken!” Also so eine Art elektronisches Valet-Parking.

Dann kommt noch die andere Seite dazu, etwa dass im städtischen Bereich an der Infrastruktur gearbeitet wird. Da geht es zum Beispiel um spezielle Fahrspuren und Signalisierung. Das macht es dann natürlich um einiges einfacher, als in der Innenstadt von Wien vollautomatisch herumzufahren.

Und was sind die Timelines für die einzelnen von dir erwähnten Punkte?

Die sind schon sehr klar. Beim Thema “Highway Pilot” wollen wir 2021, 2022 soweit sein. Valet-Parking wird es in bestimmten, kartographierten Parkhäusern, die möglicherweise eigene Bereiche dafür haben, auch in dem Zeitraum geben. Von da an wird man sich Schritt für Schritt weiterbewegen.

Das heißt, das komplett selbstfahrende Auto…

…ist noch weiter weg.

Mindestens fünf Jahre?

Ich schätze schon. Mindestens.

Auf dem “The Autonomous”-Event in der Wiener Hofburg ist auch viel über das Thema Collaboration gesprochen worden. Auf welchen Ebenen sollten welche Player zusammenarbeiten?

Aktuell sieht man, dass wir langsam über den Hype Cycle hinwegkommen und ein gewisser Reality Check eintritt. Gleichzeitig sind die Investitionen gigantisch. Wir sprechen hier von Milliardensummen, die bewegt werden müssen, um beim Thema Sicherheit zu einem State of the Art zu kommen, bei dem autonome Autos wirklich besser sind als menschliche Fahrer. Da ergeben sich eine ganze Reihe von Themen, wo Collaboration sehr viel Sinn macht.

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Das beginnt bei der Software-Architektur, wo man z.B. Fahrdaten und Corner Cases untereinander teilen kann und damit gewisse Tool-Standards schaffen kann. Im Luftfahrtbereich haben sich bei der Elektronik ja auch einige Sicherheitsarchitekturen, Prozesse und Absicherungsmethoden durchgesetzt. Es ist eine notwendige Voraussetzung, so einen State of the Art zu schaffen, um einen wirklich hohen Sicherheits-Level zu erreichen, damit das autonome Fahren auch Akzeptanz findet.

Welche Rolle spielen Startups in diesem Ökosystem der Collaboration?

Prinzipiell glaube ich, dass es auch für Startups sehr viele Möglichkeiten gibt, hier eine Rolle zu spielen. Wir sind ja auch einmal eines gewesen. Wir haben vor etwas mehr als 20 Jahren ganz klein begonnen. Es gibt viele Fragestellungen, bei denen neue, innovative Ideen relevant sind. Das gesamte Thema AI und Safety ist noch ein sehr offenes Feld.

Und wie sieht eure Zusammenarbeit mit Samsung (Anm. Bestandsinvestor) konkret aus?

Mit Samsung haben wir ein sehr gutes Arbeitsverhältnis. Das Unternehmen ist ja zum einen ein Chip-Hersteller, zum anderen gehen sie jetzt in den Automobil-Bereich. Wir haben da mit unserer Safety-Plattform MotionWise eine Zusammenarbeit.

Abschließend: Welche Chancen hat Österreich, sich als Standort im Bereich Autonomous Driving zu etablieren?

Da muss man ganz klar differenzieren. Nachdem wir hier in Österreich nicht einmal einen Fahrzeughersteller haben, werden wir nie eine Komplettlösung anbieten. Aber es gibt extrem viel Raum, in bestimmten Segmenten bzw. auf bestimmten horizontalen Ebenen auch Marktführerschaft zu erlangen. Das ist natürlich auch unser klares Ziel mit unserer Plattform MotionWise. Das haben wir noch nicht erreicht, aber wir sind gut unterwegs.

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Livin Farms-Gründerin Katharina Unger | (c) Paris Tsitsos / Livin Farms
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Gestern Abend verlieh Martin Kocher in der Grand Hall am Erste Campus den Staatspreis Innovation 2024 – die “höchste Auszeichnung für Unternehmen, die durch innovative Lösungskompetenz wesentlich zur nachhaltigen Wirtschaftsentwicklung des Landes beitragen” – an das Spritzguss-Unternehmen Engel Austria GmbH aus Schwertberg in Oberösterreich.

Engel Austria wurde unter mehreren Nominierten zum Sieger gekürt. Ausgezeichnet wurde das Unternehmen für seinen “Zwei-Stufen-Prozess für energieeffizientes Kunststoffrecycling”. Dabei handelt es sich um einen Kunststoffrecycling-Prozess, der Kosten, Ressourcen und Energie mittels einer Zwei-Stufen-Technologie sparen und damit die CO2-Bilanz verbessern soll.

Konkret kann Engel Austria Kunststoffabfälle direkt nach dem Zerkleinern im Spritzguss verarbeiten, was den Energiebedarf dieses Prozesses um rund 30 Prozent vermindern soll. Bundesminister Kocher gratuliert “dem neuen Staatspreisträger und seinem hervorragenden Team herzlichst”.

Bundesminister Kocher zeichnet ENGEL AUSTRIA GmbH mit Staatspreis Innovation 2024 aus (c) aws/Martin Lusser

Der Staatspreis Innovation wird im Auftrag des Bundesministeriums für Arbeit und Wirtschaft (BMAW) und von der Austria Wirtschaftsservice GmbH (aws) organisiert. Dieses Jahr wurde er zum 44. Mal vergeben.

Im Rahmen der Preisverleihung betonte auch Hans Unterdorfer, Unternehmensvorstand der Erste Bank Österreich, den hohen Stellenwert innovativer Lösungsansätze: “Innovation hat gerade in herausfordernden Zeiten eine hohe Bedeutung für die Wirtschaft: Sie treibt den Fortschritt an, schafft neue Möglichkeiten und stärkt die Wettbewerbsfähigkeit. Daher ermutigen wir alle Menschen, an ihre Ideen zu glauben und sie weiter zu verfolgen.”

Fünf Nominierungen – darunter Wiener Startup Livin Farms

Neben Engel Austria wurden auch fünf weitere Unternehmen mit einer Nominierung für den 44. Staatspreis Innovation ausgezeichnet. Eines davon ist das Wiener Startup Livin Farms, das erst Ende Oktober seine Europa-Expansion verkündete. Ausgezeichnet wurde das BioTech für sein Projekt “Modular skalierbare Zero Waste Protein Factory.” Das Startup verwandelt durch Zucht von Larven der Schwarzen Soldatenfliege organische Reststoffe in nachhaltiges, proteinreiches Futtermittel.

Außerdem mit einer Nominierung ausgezeichnet wurde die Synex Tech GmbH und die voestalpine Stahl GmbH aus Oberösterreich, die AT & S Austria Technologie & Systemtechnik Aktiengesellschaft aus der Steiermark sowie die Henn GmbH & Co KG aus Vorarlberg.

Sonderpreise “Econovius” und “Verena” verliehen

Im Rahmen der Preisverleihung wurden außerdem zwei weitere Sonderpreise vergeben. Namentlich: Der Sonderpreis “Econovius 2024” durch die Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ) sowie der Sonderpreis “Verena 2024” durch Verbund.

Den Econovius 2024 erhielt das KMU Novasign GmbH für sein Projekt “SmartBio: Die KI-gesteuerte Bioprozessentwicklung der Zukunft”. Die Softwarelösung von Novasign nutzt digitale Zwillinge zur Optimierung komplexer Bioprozesse und gestaltet sie damit um bis zu 70 Prozent effizienter als herkömmliche Methoden. Nominiert wurden neben Novasign auch die Filter System Steyr (FSS) GmbH, die Gebe-Strebel GmbH aus Niederösterreich sowie die LiveVoice GmbH aus Salzburg.

“Verena”-Sieger bereits in Londoner Piccadilly Line integriert

Den Sonderpreis Verena 2024 erhielt heuer die Siemens Mobility Austria GmbH in Kooperation mit der Technischen Universität Wien (TUW). Ausgezeichnet wurde das Projekt “Bionischer Wagenkasten: U-Bahn-Wagenkästen werden 20 Prozent leichter”. Dabei analysiert eine Optimierungssoftware, wie Material im Wagenkasten durch subtraktive Fertigung eingespart werden kann. Damit kann das Rohbaugewicht eines Wagenkastens um 20 Prozent reduziert werden, was den U-Bahn-Verkehr energieeffizienter, nachhaltiger und wirtschaftlicher gestaltet. Die Technologie wird bereits in der neuen Londoner Piccadilly Line angewendet.

Vergeben wurde “Verena 2024” von Franz Zöchbauer, Bereichsleiter Corporate Innovation bei Verbund. “Dieses Projekt zeigt eindrucksvoll, wie technische Innovationen zur Reduktion von CO₂-Emissionen und zu mehr Effizienz im urbanen Verkehr beitragen können“, betont Zöchbauer und meint weiter: „Die Zusammenarbeit von Siemens Mobility mit der TU Wien ist ein herausragendes Beispiel dafür, wie durch modernste Technologien Ressourcen geschont und der öffentliche Verkehr nachhaltiger gestaltet werden können.”

Außerdem für den Sonderpreis Verena nominiert wurden die Anexia Internetdienstleistungs GmbH in Kooperation mit der Universität Klagenfurt sowie die Weider Wärmepumpen GmbH in Kooperation mit der Fachhochschule Salzburg.

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