12.02.2016

FinTech-Startups ändern Spielregeln im Kampf gegen Betrüger

Banken stehen vor einem wachsenden Problem: Im schnellen, aber unpersönlichen Online-Geschäft wird es immer schwieriger, Betrügern auf die Spur zu kommen. Das ruft Tech-Startups auf den Plan, die mit selbstlernender Software effiziente Lösungen versprechen – und einen riesigen Markt wittern. Der Brutkasten hat in London mit zwei jungen Unternehmen gesprochen.
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Startups ziehen mit selbstlernender Software gegen Betrüger ins Feld. Tomasz Zajda - Fotolia.com

Bisher konnten sich Banken ein gutes Bild von ihren Kunden machen. Identitäten wurden meist vor Ort in einer Filiale überprüft; ein persönliches Gespräch galt generell als Voraussetzung für einen Kredit. In der neuen, digitalen Welt gilt dieser Grundsatz nicht mehr. Konten werden online aus der Ferne eröffnet, Kredite ohne persönliches Kennenlernen vergeben. Damit können nicht nur Aufträge und Einnahmen steigen – sondern auch der Aufwand, betrügerische Fälle herauszufiltern.

+++ Auch interessant: Finanzportal Fintura zieht es nach Österreich +++

Hoher Aufwand rechnet sich nicht

„Die Banken sind das gar nicht gewohnt. Der Screening-Prozess im Bereich Betrug läuft bei den meisten noch manuell. Das rechnet sich im Bereich von Niedrigzinsen aber gar nicht mehr“, sagte Roberto Velerio, CEO des deutschen Startups Risk Ident, am Rande der FinTech-Konferenz Finovate 2016 in London. Er rechnet vor: Bei einem einjährigen, privaten Kleinkredit verdiene die Bank heute rund 35 €. „Wie soll sie da noch eine manuelle Prüfung rechtfertigen?“ Betrugsfälle seien auch immer schwieriger zu identifizieren, was den Aufwand weiter erhöhe.

Betrug kostet Händler durchschnittlich 1,32% des Umsatzes, nimmt speziell im Mobil-Bereich zu

Dazu würden natürlich noch die Verluste kommen, die Betrüger verursachen, schließlich sei Betrug „immer ein Totalausfall“, sagt Valerio. Aber das ist nicht alles: Organisierter Betrug im Onlinehandel und Finanzbereich stehe momentan stark im Fokus der Terrorismusbekämpfung, was strengere Auflagen für Banken bedeute.

Laut LexisNexis und Nasdaq haben betrügerische Aktivitäten im Vorjahr hohen Schaden bei Onlinehändlern und Kunden angerichtet:

  • Betrug kostet Händler durchschnittlich 1,32% des Umsatzes
  • Sie erleben monatlich im Schnitt 156 erfolgreiche Betrugsversuche
  • Betrug nimmt speziell im Mobil-Bereich stark zu
  • In den USA haben Identitäts-Diebe 2014 rund 14 Milliarden € erbeutet

Selbstlernende Software

Risk Ident setzt auf selbstlernende („machine learning“) Software, im Gegensatz zu regelbasierten Lösungen, die viele Banken verwenden. „Gerade im organisierten Betrug findet unser System ähnliche Fälle“, so Valerio. Es gehe um geographische Informationen, die Struktur von Emails, die zeitliche Abfolge von Anträgen – Attribute, die ein gewisses Muster erkennen lassen. Anhand dessen bewertet die Software, wie wahrscheinlich es ist, dass hinter einem Antrag Betrug steckt. „Das kannst du bei fünf Anträgen noch manuell machen, wenn du 500 am Tag hast kann das keiner komplett durchblicken“, sagt der CEO.

Das deutsche Unternehmen entstammt dem Reich des Versandhändlers Otto und hat sich bisher vor allem der Betrugsbekämpfung im Onlinehandel gewidmet. Dort habe man im Vorjahr Transaktionen im Wert von mehr als zehn Milliarden € abgesichert. Mittlerweile setze man stark auf Online-Finanzdienstleister, so Valerio. Der Markt wächst schnell und verlangt nach effizienten, kostengünstigen Lösungen – die von den großen Playern oft nicht selbst entwickelt werden können.

In Deutschland arbeite man mit zwei größeren Banken zusammen, auch in Österreich habe es Gespräche gegeben, zu denen sich Valerio aber nicht weiter äußern will. Risk Ident prüfe nun, „inwieweit das System europaweit einsetzbar ist“.

+++ Zum Thema: FinTech wächst rasant aus den Kinderschuhen +++

FinTechs: Neue Player machen sich einen Namen

Valerio und sein Team sind nicht die einzigen, die den wachsenden Mark für sich entdeckt haben. Neben den großen Playern – globale Informations-Dienstleister wie Experian oder Equifax – gibt es eine Reihe erfolgreicher Startups, die sich einen Namen machen wollen.

Dazu gehört auch Featurespace, das von Großbritannien aus auf Expansionskurs ist. Gegründet in der Universitätsstadt Cambridge, spezialisierte sich das Team anfangs auf Betrugsbekämpfung bei Computerspielen. Die selbstlernende Software wurde darauf trainiert, jene Spieler zu identifizieren, die nicht von einem Menschen, sondern von einem Programm gesteuert werden. Der Erfolg im Gaming-Bereich machte Anbieter von Onlinewetten auf das Featurespace aufmerksam, und schließlich fand man auch den Weg in die FinTech-Welt.

Featurespace zieht weitere Finanzierungsrunde in Betracht

DavidExcell
(c) featurespace.co.uk – David Excell

„Wir haben Banken geholfen, mehr Umsatz zu machen, indem sie noch mehr Kunden akzeptieren und Betrugsfälle automatisch erkannt werden, ganz ohne menschliche Hilfe“, sagt Mitgründer David Excell. Oft würden Finanzdienstleister die Karten von vielen unschuldigen Kunden sperren, nur um eine betrügerische Transaktion zu stoppen. Abgesehen von den Verlusten, die durch den eigentlichen Betrug entstehen, würden die gesperrten Karten zu weiteren Umsatzeinbußen führen. Ziel sei es, die Auswirkungen mit intelligenter Software möglichst gering zu halten, so Excell.

Laut dem Unternehmer ist man in ganz Europa und bald auch in den USA tätig. Die Kunden würden jeweils zur Hälfte aus dem Gaming- und dem Finanzbereich kommen – wobei letzterer an Bedeutung gewinne.

Bisher hat das Startup rund 6,5 Millionen € in drei Finanzierungsrunden aufgestellt. „Wir evaluieren auch, ob wir eine weitere Finanzierungsrunde brauchen um weiter wachsen zu können“, sagt Excell.

+++ Zum Weiterlesen: Startup-Szene in London: Goldrausch an der Themse +++

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(c) Christoph Steinbauer & Das Merch

Die Initiative No Walls Left wurde ursprünglich von Ali Mahlodji, Klaus Buchroithner (Das Merch), Colin Linde und Hannes Puchner ins Leben gerufen. Bereits 2020 und 2023 wurden Kampagnen umgesetzt, um auf Missstände aufmerksam zu machen. Zudem schloss sich auch Patricia Wenigwieser, Frauenpreisträgerin der Stadt Linz 2024, dem Team an.

No Walls Left startet auch in diesem Jahr wieder eine Kampagne. Die Initiatoren machen hierfür erstmals mit UN Women Austria und deren Orange the World Kampagne gemeinsame Sache. Die UN-Initiative findet jährlich zwischen dem 25. November, dem “Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen”, und dem 10. Dezember, dem “Internationalen Menschenrechtstag”, statt.

No Walls Left spendet Geld an den Orange Fund der UN Women

Pünktlich am 25. November öffnet der No Walls Left-Webshop seine Türen und startet die Charity-Kampagne, “Kunst, die bewegt”. Zu erwerben gibt es T-Shirts mit exklusiven Designs und Botschaften aufstrebender, österreichischer Künstler:innen. Die T-Shirts werden durch das Linzer Startup Das Merch fair und umweltfreundlich in Portugal hergestellt. Der Preis beträgt 38 Euro pro Shirt – ein Symbol für den 8. März, den Internationalen Frauentag.

Das gesamte Team arbeitet ehrenamtlich. Der Reinerlös fließt direkt als Spende in den Orange Fund der UN Women. Mit Spendengeldern realisieren die UN Women jährlich etwa 170 lokale, effektive Programme zur Gewaltprävention. Je mehr Mittel zur Verfügung stehen, desto mehr Projekte können umgesetzt werden und desto weniger Frauen müssen unter geschlechtsspezifischer Gewalt leiden.

Kritik an Werbebotschaften großer Konzerne

In den vergangenen Jahren konnte die Initiative übrigens über 68.000 Euro an Spenden sammeln, die unter anderem an Frauenhäuser überreicht wurden (brutkasten berichtete). Der Name No Walls Left möchte zudem auf einen weitere Misstand in unserer Gesellschaft hinweisen. “Die Wände unserer Städte sind voll mit Werbebotschaften großer Konzerne. Wenn keine Wände mehr übrig sind, um Menschen an wichtige gesellschaftliche Themen zu erinnern, müssen wir selbst zu Träge:innen dieser Botschaften werden”, so die Initiative in einer Aussendung.


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