22.05.2018

Exit: startup300 kauft Pioneers für “mittleren siebenstelligen Betrag”

Paukenschlag wenige Tage vor Start des Pioneers 2018. startup300 kauft die JFDI GmbH, die hinter Pioneers steht. Das Linzer "Startup-Ökosystem" kauft sich damit auch jede Menge Know-How in relevanten Bereichen.
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startup300 pioneers
(c) Patrick Münnich (vlnr): oben: Michael Eisler, Michael Altrichter, Hansi Hansmann, Andreas Tschas, Jürgen Furian, unten: Bernhard Lehner, Oliver Csendes

“Pioneers haben bereits 2009 begonnen, Geschäftsbeziehungen zwischen Corporates und Startups aufzubauen – mitten in der Wirtschaftskrise und zu einem Zeitpunkt, als ‘Startup’ noch ein Fremdwort war in Österreich”, sagt Bernhard Lehner, Co-Founder von startup300. Die JFDI GmbH, die hinter Pioneers steht, wurde nun für einen “mittleren siebenstelligen Betrag” zu 100 Prozent von startup300 übernommen. Die Zahlung erfolge in startup300-Aktien (40 Prozent) und in Cash (60 Prozent), wie Lehner gegenüber dem Brutkasten bestätigt. Tatsächlich kann man die Pioneers-Gründer Jürgen Furian und Andreas Tschas wohl mit Lehner als “echte Pioniere” bezeichnen. Das wohl bekannteste Produkt, das Pioneers Festival, geht diese Woche bereits in die siebte Runde. Rund 2500 Gäste werden erwartet, 550 Startups werden sich präsentieren.

+++ startup300 kauft 25 Prozent von Startup Live +++

“Startup Ökosystem” mit vielen kleinen Beteiligungen

Dagegen ist die 2016 von Lehner und Michael Eisler als Business Angel Netzwerk gegründete startup300, die als AG strukturiert ist, also noch ein neuer Player im Feld. Ein neuer Player, der seit dem Start immer mehr Tempo aufnimmt. Zahlreiche sehr kleine Beteiligungen haben dem Linzer Netzwerk den Witz eingebracht, man halte bei 300 Startups je drei Hundertstel. Tatsächlich sind es mittlerweile rund 40 Beteiligungen. Zumindest elf davon (öffentlich einsehbar) liegen unter bzw. genau bei drei Prozent. Doch bei dem Business Angel Netzwerk soll es eben nicht bleiben. Man will ein “Startup Ökosystem” werden, heißt es von startup300. Dazu wurde mit der factory300 ein eigener Space in der Tabakfabrik Linz aufgebaut, mit capital300 ein VC-Fonds initiiert und mit think300 eine eigene Agentur für Corporate Startup Engagement-Projekte geschaffen.

Video-Interview zur Übernahme:

Investments und Corporate Startup Engagement

Es ist also eine Struktur, die durchaus an jene der JFDI erinnert. Auch Pioneers verfügt, neben dem Event-Arm, mit Pioneers Ventures über ein Investment-Vehikel, das in Kooperation mit Speedinvest betrieben wird. Es hält in Österreich und im Ausland zahlreiche Startup-Beteiligungen mit einem Fokus auf Health-Tech. Mit Pioneers Discover ist JFDI bereits seit Längerem im Bereich Corporate Startup Engagement tätig und organisiert etwa Hackathons, oder ganze Accelerator-Programme. Kunden sind etwa die Raiffeisen Bank International, die Bawag-PSK und die Erste Bank, ebenso wie ÖBB, Post, Microsoft, Wienerberger, Energie Steiermark und Magna.

“Der Stand heute ist, dass alles parallel bestehen bleibt.”

Gerade hier dürfte für die junge think300, die gerade noch ihre ersten Kunden betreut hat, besonders viel Know-How zu holen sein. “Wir sind auf dem besten Weg, eine professionelle Startup-Infrastruktur aufzubauen, von der nicht nur Gründer, sondern auch Corporates profitieren können”, sagt dazu Michael Altrichter, startup300-Aufsichtsratsvorsitzender. Trotz der Auffälligen Redundanzen soll an der Struktur innerhalb startup300 und JFDI vorerst nichts geändert werden. “Der Stand heute ist, dass alles parallel bestehen bleibt. Natürlich kann es sein, dass wir in den kommenden Jahren draufkommen, dass eine andere Struktur sinnvoller ist”, sagt Lehner.

“Kein klassisches Exit-Szenario” – erste Gespräche erst im Jänner

Wie es zuletzt finanziell um die JFDI stand, ist indessen nicht ganz klar. Fest steht, die Gesellschaft hatte Umsätze im einstelligen Millionenbereich, fuhr jedoch keine Gewinne ein, wie Lehner gegenüber dem Brutkasten bestätigt. Der ganze Akquisitions-Vorgang sei schnell über die Bühne gegangen. Erste Gespräche habe es erst im Jänner 2018 gegeben. Lehner betont in diesem Zusammenhang abermals die Synergien, die sich durch die Akquisition ergeben. “Pioneers hat das Potenzial, Cashflow-positiv zu werden”, sagt er. Den Kaufpreis bezeichnet er als “super fair”. Auch JFDI-Co-Founder Andreas Tschas, der bereits seit einiger Zeit nicht mehr operativ für Pioneers tätig ist,  zeigt sich im Gespräch mit dem Brutkasten durchaus zufrieden. “Das ist kein klassisches Exit-Szenario. Pioneers ist primär ein Event. Das kann man nicht mit großen skalierbaren Geschäftsmodellen vergleichen”, sagt Tschas. Die neuen Eigentümer könnten das Unternehmen nun mit einer neuen Vision ausstatten. Denn die Vision habe seinem Empfinden nach in letzter Zeit “ein Stück weit gefehlt”.

Doppelrolle für Hansmann

Eine spezielle Rolle kam in den Exit-Verhandlungen wohl Hansi Hansmann zu. Er hielt bis zuletzt fast ein Viertel der JFDI-Anteile. Zugleich ist er Aktionär und Aufsichtsrat bei startup300. Gegenüber dem Brutkasten hält er sich aufgrund der Doppelfunktion bedeckt, was seine genaue Rolle in den Verhandlungen anbelangt. Er wolle sich bloß allgemein äußern: “Das ist super für die Szene. Einen besseren Platz hätte Pioneers nicht finden können. Die bauen echt was Großes. Ich bin begeistert, da dabei zu sein”.

Neues Crowdinvesting-Modell

Die startup300, die inzwischen 142 Aktionäre hat, nutze die Aussendung zur Pioneers-Akquisition auch, um ein neues Crowdinvesting-Modell anzukündigen. Mit der “Wir sind mehr”-Kampagne können nicht-Aktionäre demnach mit einem Betrag ab 5000 Euro über startup300 “von der digitalen Transformation profitieren”. Generell hat die Linzer AG große Pläne. Die Expansion nach Wien sei für dieses Jahr bereits fixiert, heißt es. Im laufenden Geschäftsjahr strebe man mit dem rund 40-köpfigen Team nun nach der Eingliederung von JFDI Umsätze im mittleren einstelligen Millionenbereich an. “Das ist nicht wahnsinnig ehrgeizig formuliert”, sagt Lehner. Seitens startup300 soll das Geld vorwiegend über die Dienstleistungen der factory300, aber verstärkt auch über think300 hereinkommen.

+++ Live von der Pressekonferenz zum neuen later-stage Venture Fonds von Startup300 +++

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Syncraft HQ
Syncraft Standort in Schwaz, Tirol (c) Syncraft

Der europäische Green-Deal verpflichtet alle EU-Länder, den Klimawandel bis 2050 mit Netto-Null-Treibhausgasemissionen zu bekämpfen. Auch Unternehmen müssen deshalb nachhaltig werden.

Ein großer Teil der heimischen Treibhausgasemissionen entsteht jedoch nach wie vor in der Energiegewinnung. Hier möchte das Tiroler Scaleup Syncraft ansetzen. Mit Firmensitz in Schwaz, konzentriert sich das Unternehmen auf den Bau sogenannter Rückwärtskraftwerke. Doch was genau steckt hinter diesem Konzept? brutkasten hat dazu mit Syncraft gesprochen.

“Wollen nachhaltigen Beitrag zur Lösung des Klimaproblems leisten”

Kohlekraftwerke benötigen fossile Kohle, um Energie zu erzeugen. Dabei wird jedoch sehr viel CO2 in die Atmosphäre ausgestoßen. Syncrafts Rückwärtskraftwerke kehren diesen Prozess um. Die Kraftwerke wandeln ungenutztes Wald-Restholz in Energie um, doch das bei der Verbrennung entstandene CO2 wird in Kohle gespeist. Dabei spricht das Unternehmen von “grüner Kohle”.

Die Kohle speichert rund 30 Prozent des im Holz enthaltenen CO2 dauerhaft. Das Endprodukt kann anschließend in Baumaterialien wie Beton verwendet werden. Ebenfalls kann die Kohle zur Defossilisierung weiterverwertet werden, indem sie in anderen Industrien fossile Kohlenstoffe ersetzt.

Bereits 2016 zeigte eine Studie der FH Vorarlberg das Potenzial von Holzkohle als Kohlenstoffsenker. Diese sogenannte „grüne Kohle“ dient nicht nur als effektiver CO2-Speicher, sondern findet in verschiedensten Bereichen Anwendung – von der Landwirtschaft bis hin zur Bauindustrie. Syncraft möchte dieses Wissen nutzen, um seine Technologie kontinuierlich zu verbessern. Aufklärung und Forschung rund um die Einsatzmöglichkeiten von grüner Kohle, auch bekannt als „Biochar“, haben sich mittlerweile zu einem zentralen Bestandteil des Geschäftsmodells entwickelt.

„Unser Ziel ist es, einen nachhaltigen Beitrag zur Lösung des Klimaproblems zu leisten“, sagt Syncraft-Gründer Marcel Huber. Huber hat 2007 einen Schwebefestbettvergaser an der Hochschule MCI Innsbruck entwickelt – die patentierte Technologie, auf welcher das Unternehmen ruht. Zwei Jahre später gründete Huber Syncraft als Spin-off. 2014 gingen die ersten Rückwärtskraftwerke in Südtirol und Vorarlberg in Betrieb. Bis heute realisierte Syncraft mehr als 40 Rückwärtskraftwerke – unter anderem in Kroatien, Italien und Japan.

Neue Anlage in Gänserndorf

Mit rund 60 Mitarbeitenden konzentriert sich Syncraft auf die Kernbereiche des Kraftwerksbaus, der Forschung & Entwicklung, des Vertrieb und der Verwaltung. Der neue Firmensitz in Schwaz wurde 2024 eröffnet und soll ausschließlich mit erneuerbaren Energiequellen laufen.

Zu den jüngsten Erfolgen zählt die Eröffnung eines Rückwärtskraftwerks in Gänserndorf, Niederösterreich. Die Anlage versorgt das Fernwärmenetz mit 750 kW Wärme und speist 500 kW Elektrizität ins öffentliche Netz ein.

Darüber hinaus konnte Syncraft den Energy Globe Austrian Award 2024 in der Kategorie Wasser gewinnen. Wasser deshalb, da die Kohle auch dafür verwendet wird, um Abwasser zu reinigen, sagt das Unternehmen. Mit dem Projekt “Smarte Abwasserreinigung mittels Pulverkohle” konnten sich Syncraft gegen rund 300 andere Umweltprojekte durchsetzen.

Offen für Investor:innen

Syncraft hat sich mittlerweile zu einem profitablen Scaleup entwickelt. Seit der Gründung wirtschaftet das Unternehmen laut eigener Aussage mit den gleichen Gesellschaftern. Da Syncraft als Spin-off an der Hochschule MCI Innsbruck entstanden ist, zählt dazu auch MCI selbst.

Für die Zukunft hat sich Syncraft das Ziel gesetzt, sich noch weiter zu entwickeln und weiter zu wachsen. “Sollte uns also in Zukunft ein interessantes Investitionsangebot erreichen, werden wir uns dieses auf jeden Fall genauer anschauen”, so das Unternehmen.

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