26.10.2016

Ein Startup namens Österreich: Mit Rebranding und Investments zum Erfolg

Die Alpenrepublik steht heute international nicht schlecht da. Wohlhabend, erfolgreich, konkurrenzfähig – das sind Assets, die auch Founder mit ihren Startups erreichen wollen. Die jüngere Geschichte des Landes zeigt aber auch, dass, wie bei einem Startup, vieles nötig war, um so weit zu kommen.
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Die Vorgeschichte: Die gescheiterte Version 1.0

Scheiterkultur auf österreichisch

1945. Nahezu alles ist zerstört. Die Männer im arbeitsfähigen Alter sind größtenteils tot oder in Gefangenschaft. Und ein paar Founder finden sich zusammen, um mit einer Idee, die erst sieben Jahre zuvor endgültig gescheitert war, einen neuen Versuch zu wagen. Das Startup Österreich 2.0 ist geboren. Ein erfolgreiches Beispiel von Scheiterkultur? Nicht wirklich, denn von einer eigenen Schuld am Untergang von Österreich 1.0 wollte man zu diesem Zeitpunkt nichts wissen. Man sei ein reines Opfer der bösen Machenschaften des totalitären Großkonzerns Nazi-Deutschland gewesen. Diese „Opferthese“ sollte für das Marketing des Startups entscheidend werden. Über Österreich 1.0 und insbesondere die austrofaschistische Geschäftsführung gegen Ende wollte man lieber gar nicht mehr reden.

Ein Rebranding, das bis heute wirkt

Trotzdem gingen die Founder von Österreich 2.0, unter ihnen auch Karl Renner, der schon beim ersten Versuch ganz vorne stand, die Sache diesmal anders an. Die wichtigste Maßnahme war ein umfassendes Rebranding. Nannte man sich beim ersten Versuch zunächst noch „Deutsch-Österreich“, wollte man mit „deutsch“ nun nichts mehr zu tun haben. So gab es plötzlich die Nationalität „Österreicher“ und man behauptete, es hätte sie immer schon gegeben. (In Versuch eins waren die deutschsprachigen noch “Deutsche” gewesen). Das Rebranding ging so weit, dass „Deutsch“ in der Schule kurzfristig zu „Unterrichtssprache“ wurde. Österreicher waren nun auch nicht mehr primär fleißig und pünktlich, sondern vor allem gemütlich und weinselig. Gewalt, Militarismus und Großmachtsfantasien verachtete man nun, stattdessen sprach man von Bergen, Wäldern, Seen, klarer Luft und klarem Wasser. Die neue Marke „Österreich“ sollte sich bald als Verkaufsschlager erweisen.*

Vier strenge Business Angels im Hintergrund

Ganz von selbst waren die Founder von Österreich 2.0 natürlich nicht auf all das gekommen. Im Hintergrund standen vier sehr strenge Business-Angels, die auch im operativen Geschäft mitmischten. Im Verhältnis zu früher relativ wohlwollend, legten der Multi USA, der sozialistische Staatskonzern Sowjetunion und die angeschlagenen  Corporates Großbritannien und Frankreich dem Startup Österreich sehr deutlich ihre Wünsche nahe. Dabei unterstützen es alle auf ihre eigene Weise beim Rebranding. Die einen halfen, die neue Marke nach außen zu tragen. Die anderen schrieben die Opferthese in ihre Geschichtsbücher. 1955 zogen sich die Business-Angels dann aus dem operativen Geschäft zurück. Das wird heute am Nationalfeiertag gefeiert. Man blieb trotzdem mit allen vier in gutem Kontakt. Da sich die Sowjetunion mit den anderen inzwischen massiv zerstritten hatte, war das eine Besonderheit, die Österreich 2.0 immer wieder zugutekommen sollte.

Dreistellige Millioneninvestments pushen Österreich 2.0

Einer der Business-Angels investierte besonders viel in das neue Startup: die USA. Knapp über 700 Millionen Dollar flossen im Zuge der „Marshall-Plan“- beziehungsweise European Recovery Program (ERP)-Zahlungen ab 1948 nach Österreich. In heutiger Kaufkraft entspricht das etwa der zehnfachen Summe. Das Geld kam jedoch in Form von Sachgütern, die noch verkauft werden mussten. Die Erlöse wurden in verschiedenen Feldern, allen voran aber für den Infrastrukturwiederaufbau und –Ausbau eingesetzt. Derartige Zahlungen gab es auch an die anderen Firmen in Westeuropa. Es besteht heute unter Historikern kein Zweifel, dass die ERP-Hilfen einen entscheidenden Anteil am heutigen Wohlstand dieser Unternehmen haben. Für den Business-Angel USA haben sie sich definitiv auch rentiert. Über den Handel wurden die Investments schon wenig später wieder eingespielt und tragen auch heute noch Früchte.

Wachstumsphase und Arbeitskräftemangel

Die 1960er-Jahre. Österreich 2.0 hatte die Startphase hinter sich gebracht. Es konnte nun, auch dank des Rebrandings, ausländische Kunden anziehen und hatten ihnen wegen Mentoring und Investitionen der Business-Angels inzwischen einiges zu bieten. Jetzt ging das Wachstum erst so richtig los – man sprach, nicht nur hierzulande, von einem „Boom“. Aus dem Startup wurde ein mittelständisches Unternehmen. Wie viele Firmen in einer starken Wachstumsphase, brauchte Österreich 2.0 nun dringend jede Menge Arbeitskräfte – das Projekt drohte sonst ins Stocken zu kommen. Man begann daher, Leute von anderen Firmen, die nicht so gut zahlen konnten, abzuwerben – vorwiegend vom damaligen Jugoslawien und der Türkei. Vielen von ihnen gefiel es beim neuen Unternehmen so gut, dass sie blieben. Heute arbeiten ihre Enkel noch immer für das nunmehrige (kleine) Corporate Österreich 2.0.

Ein alter neuer Markt

Österreich 2.0 hatte immer relativ gute Beziehungen zu allen seinen Business Angels gewahrt, sogar zum charakterlich sehr schwierigen sozialistischen Staatskonzern Sowjetunion. Im Gegensatz zu konkurrierenden Unternehmen in Westeuropa, hatte es dadurch auch ein recht gutes Netzwerk mit den Tochterunternehmen der Sowjetunion: Firmen wie der damaligen Tschechoslowakei, Ungarn, Rumänien und vielen mehr. 1989 brach dann die ganze Konzernstruktur der Sowjetunion zusammen. Das Businessmodell wurde radikal geändert und der Konzern 1991 auf „Russland“ umbenannt. Die Töchter mussten abgestoßen werden und wurden eigenständig. Österreich 2.0 nutzte sein Netzwerk und stieg relativ schnell mit umfassenden Beteiligungen bei den neuen Mittelständlern ein. Später sollten sich nicht all diese Investments als rentabel erweisen.

Internationale Kooperationen

Die Auflösung des sozialistischen Staatskonzerns hatte für Österreich 2.0 noch eine weitere positive Folge. Die Sowjetunion hatte der Firma nämlich seit der Startphase untersagt, engere Kooperationen mit anderen Unternehmen einzugehen. Nun war die Bahn frei, am weltweit wirtschaftlich erfolgreichsten Kooperationsprogramm teilzunehmen. Österreich 2.0 wurde 1995 das 15. Mitglied der „Europäischen Union“, die Geschäftsbeziehungen zwischen den vertretenen Unternehmen maßgeblich erleichtert und dadurch verstärkt. Im Moment gibt es 28 Mitglieder. Eines beschloss kürzlich wieder auszutreten. Trotz oftmaligen Koordinations- und Kommunikationsschwierigkeiten ist eindeutig erwiesen, dass die Union die Wirtschaft ihrer Mitglieder stärkt. Ein Austritt oder alleine dessen Ankündigung, so sah man jüngst beim Corporate Großbritannien, schadet dem Unternehmen massiv.

Warum klappte es beim zweiten Versuch besser?

Warum Österreich 2.0, anders als Version 1.0, (zumindest bislang) nicht scheiterte, ist aus der Geschichte relativ einfach zu beantworten.  Erstens wollte es aus sich heraus wachsen und strebte nie den Exit an. Damit war ein sehr gelungenes Rebranding mit Fokus auf die tatsächlichen Stärken verbunden. Zweitens gab es bei Versuch Nummer Zwei einen Großinvestor. Anders als nach dem ersten Weltkrieg, gelang nach dem zweiten durch Finanzhilfe nachhaltig der Wiederaufbau. Drittens holte man im richtigen Moment neue Arbeitskräfte, ohne die es kein Weiterkommen gegeben hätte. Viertens trägt die internationale Kooperation mit anderen Unternehmen maßgeblich zum Erfolg bei.

Die Vorgeschichte: Die gescheiterte Version 1.0


* Auch heute gibt es noch einige wenige Menschen, die der alten, „deutschen“ Marke nachtrauern. Sie tragen bei offiziellen Anlässen blaue Kornblumen, wie das schon die Deutschnationalen in den 1920er- und 30er-Jahren gemacht haben. Die meisten von ihnen gehören „Burschenschaften“ mit Namen wie „Teutonia“, „Olympia“ oder etwa „Marko-Germania zu Pinkafeld“ an. Einer von ihnen will gerade erster Mann im Staat werden. Vielleicht könnte es also bald ein Re-Rebranding geben.  

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Geistiges Eigentum ist dieses Jahr das zentrale Thema bei der Spin-off Austria Konferenz | (c) Stock.Adobe/Gorodenkoff
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Das Problem ist bekannt: Während Österreich exzellente universitäre Forschung hervorbringt, gibt es bei der Umsetzung der Ergebnisse in die Wirtschaft noch Einiges an Luft nach oben. Dabei zeigt sich immer wieder: Universitäre Spin-offs zählen zu den erfolgreichsten Startups des Landes. Dank dem fundierten wissenschaftlichen Unterbau liefern sie nämlich einzigartige Produkte auf Basis neuester Forschungsergebnisse, die als genuine Innovationen auf dem Weltmarkt durchstarten können.

Geistiges Eigentum als Hauptthema der Spin-off Austria Konferenz 2024

Erfolgsentscheidend ist dabei, wie mit dem geistigen Eigentum umgegangen wird. Dieses Thema steht dieses Jahr im Zentrum der Spin-off Austria Konferenz. 2020 gestartet geht das jährliche Hauptevent der Initiative Spin-off Austria am 14. November zum fünften Mal über die Bühne. Dabei sollen sich führende Köpfe aus Wissenschaft, Wirtschaft und Politik zusammenfinden, um den Status Quo der österreichischen Spin-off Landschaft gemeinsam zu beleuchten und sich über die Zukunft universitärer Spin-offs in Österreich und Europa auszutauschen.

Das diesjährige Hauptthema – die Gestaltung von Regelungen rund um das geistige Eigentum (IP) in Zusammenhang mit universitären Spin-offs – ist keinesfalls trivial. Denn verschiedene berechtigte Interessen müssen miteinander in Einklang gebracht werden. Einerseits sollen Universitäten einen angemessenen Ertrag für Forschungsergebnisse erhalten, die oft mit öffentlichen Mitteln finanziert wurden. Andererseits brauchen junge Spin-offs besonders zu Beginn Flexibilität und finanzielle Mittel, um ihre Produkte erfolgreich am Markt zu platzieren. Und in Österreich gibt es bislang keine anerkannte und praxisbewährte Methode zur Bewertung dieser Anteile, heißt es von den Veranstalter:innen der Spin-off Austria Konferenz 2024.

“Klare und faire Regelungen für geistiges Eigentum sind entscheidend für den Erfolg universitärer Spin-offs”

“Klare und faire Regelungen für geistiges Eigentum sind entscheidend für den Erfolg universitärer Spin-offs. Wir müssen sicherstellen, dass Ausgründungen die nötigen Ressourcen und Rahmenbedingungen vorfinden, um international wettbewerbsfähig zu sein”, meint auch tech2b-Geschäftsführer Raphael Friedl, stellvertretender Bundessprecher von AplusB, Veranstalter der Konferenz. “Der Austausch zwischen Gründer:innen, Forscher:innen und Investor:innen ist dafür unerlässlich. Die Spin-off Austria Konferenz bietet den idealen Rahmen, um konkrete Maßnahmen und nachhaltige IP-Strategien zu diskutieren, die das Wachstumspotenzial von Spin-offs fördern”, so Friedl.

Renommierte Speaker:innen

Diskutiert werden diese Fragen bei der Spin-off Austria Konferenz 2024 von einer Reihe renommierter Speaker:innen, darunter Mark Ferguson, ehemaliger Vorsitzender des European Innovation Council Boards, Gerhard Plasonig von der TUM School of Management, Molly Stevens, Professorin für Bionanowissenschaften an der Universität Oxford, Rudolf Dömötör, Direktor des WU Gründungszentrums und des ECN – Entrepreneurship Center Network, Jasmin Güngör, General Partner bei Onsight Ventures, Bernhard Sagmeister, CEO von aws, Markus Pröll-Schobel, Programmmanager des Spin-off Fellowship der FFG und Lisa Spöck, Bundessprecherin von AplusB.

Anmeldung zur Spin-off Austria Konferenz 2024 kostenlos

Die Teilnahme an der auf Englisch abgehaltenen Konferenz ist kostenlos. Interessierte können sich zur Online-Konferenz (13:00 – 16:00 Uhr) sowie zur anschließenden Abendveranstaltung (18:00 Uhr) in der Christoph Leitl Lounge der WKÖ (Wiedner Hauptstraße 63, 1045 Wien) anmelden. Die Spin-off Austria Konferenz 2024 wird von AplusB organisiert und von FFG, Austria Wirtschaftsservice (aws), Wirtschaftskammer Österreich (WKO) sowie der Industriellenvereinigung (IV) unterstützt.

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