16.09.2016

“Startup-Milestones” #6 & #7: Peter Buchroithner von Swell bei Florian Kandler

In der sechsten und siebten Folge von Florian Kandlers Podcast Startup Milestones ist der Wiener Peter Buchroithner vom Entscheidungs-App-Startup Swell (früher Dvel) zu Gast. Der Brutkasten hat die Doppelfolge zusammengefasst.
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(c) Swell: Peter Buchroithner

2015 als Dvel gegründet, legte das Wiener Startup Swell einen beachtlichen Start hin. Die App ermöglicht es, zwei Fotos zur Auswahl zu stellen. Freunde können so etwa abstimmen, welches Paar Schuhe man sich kaufen soll. Im Gespräch mit Florian Kandler erzählt Founder Peter Buchroithner warum der Name von “Dvel” auf “Swell” geändert wurde und warum Los Angeles für das Startup besser passt als San Francisco.

Folge # 6:

Weibliche User erfordern genug Frauen im Team

Buchroithner ist bei Swell als CEO und CPO für die Bereiche Product und Sales zuständig. Zugleich kümmert er sich um die Investorenakquise und die Produktentwicklung. Im Moment will das Team Swell dahingehend weiterentwickeln, dass man damit auch Expertenmeinungen einholen kann. Buchroithner sagt, er sei stolz, dass sein sieben Personen umfassendes Team fast zur Hälfte aus Frauen bestehe: “Unsere User sind zu 65 bis 70 Prozent Frauen, da ist es wichtig, dass sich das im Team widerspiegelt.”

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Idee aus “reiner Langeweile” entstanden

Vor Swell lagen bereits zwei andere Startup-Versuche. “Das Problem war einfach, dass bei der Idee die intrinsische Motivation der User fehlte, mitzumachen”, erzählt Buchroithner über Versuch Nummer 2, mit dem immerhin schon mehrere Tausend Kunden gewonnen wurden. Für dieses Startup tourten er und sein Co-Founder 2013 durch die USA, um zu pitchen. Eine Firma aus Los Angeles bekundete Interesse und ließ die beiden dann aber drei Tage lang warten. “Aus reiner Langeweile begannen wir Ideen zu sammeln. Eine von sieben Ideen war Dvel. Wir haben es aber nicht direkt weiterverfolgt”, erzählt Buchroithner.

“Meine Co-Founder haben gesagt, von ihnen aus können wir morgen losfliegen”

Destination: USA

Ein halbes Jahr später sei das zweite Startup dann am Ende gewesen und die Idee für Dvel wieder aktuell geworden. Und tatsächlich lief es damit anders: Nachdem in einer ersten Finanzierungsrunde rund eine halbe Million Euro aufgestellt wurde, versuchte das Team wieder den amerikanischen Markt zu erobern. Ein Büro in den USA gibt es bereits. In Zukunft werde die Firma zur Gänze amerikanisch sein, so Buchroithner. Dass die USA das Ziel sind, war dem Founder von Beginn an klar. “Meine Co-Founder haben gesagt, von ihnen aus können wir morgen losfliegen”, erzählt Buchroithner. Da sei auch offensichtlich gewesen, dass das Team passt.

Redaktionstipps

“Dvel” kam nicht gut an und wurde “Swell”

In den USA wurde übrigens auch “Swell” aus “Dvel”. Denn in Hunderten Gesprächen mit potenziellen Partnern und Investoren in LA zeigte sich eindeutig: Der Name kommt in den USA nicht gut an. “Oft wurde er mit ‘development’ assoziiert, was eher zu einer Agentur passt, oder schlimmer noch mit ‘devil’. Den Namenswechsel haben wir dann gleich für ein komplettes Rebranding genutzt”, erzählt Buchroithner. Denn das ursprüngliche Design sei zu technisch gewesen und hätte den vorwiegend weiblichen Usern weniger zugesagt.

Folge #7:

“Nimm kein Geld von einem Investor, den du nicht kennst”

Investoren noch vor dem Pitch kennen lernen

Bei der Investorensuche hat Buchroithner eine klare Regel: “Nimm kein Geld von einem Investor, den du nicht kennst”, sagt er. Noch bevor man pitche, sollte man möglichst viele potenzielle Geldgeber einfach kennen lernen und sehen, ob man mit ihnen gut kann. Und wie macht man das am geschicktesten? “Gehe zu ihnen und stelle ihnen Fragen, zu denen sie eine klare Meinung haben”, sagt Buchroithner. Wenn man es noch strategischer angehe, könne man natürlich auch Founder von Startups befragen, in die die Investoren davor eingestiegen sind.

“Gut überlegen, wie viel Investment man braucht”

Ursprünglich dachten die drei Founder, sie würden mit etwa 125.000 Euro Investment auskommen, erzählt Buchroithner. Ihre ersten Investoren hätten ihnen jedoch schon bald darauf klar gemacht, dass sie mehr Geld benötigten. Die Investoren, die Swell an Bord holte, waren dann nicht jene, die am meisten boten. “Man sollte sich ganz klar überlegen, wie viel man braucht und ob man die angebotene Summe überhaupt schon Wert ist”, sagt Buchroithner. Wichtig sei natürlich, das man keinen zu großen Anteil abgebe – 30 Prozent in der ersten Runde seien eindeutig zu viel.

“Wenn man in LA pitcht, ist man nicht der Einhundertsiebzigste an diesem Tag”

In New York passte das Wetter nicht

In den USA hat sich das Founder-Team Los Angeles als Destination ausgesucht. New York würde aus persönlichen Gründen und aufgrund des Wetters nicht passen, erklärt Buchroithner. San Francisco würde ihm zwar sehr gefallen, doch: “Man hat das Gefühl, 80 Prozent der Leute dort sind 35 Jahre alt und tragen einen Kapuzenpullover” – es gäbe einfach zu viel Konkurrenz im Tech-Startup-Bereich. In LA hingegen sei man von der Ausrichtung her gut aufgehoben. “Wenn man dort pitcht, ist man nicht der Einhundertsiebzigste an diesem Tag”, sagt Buchroithner.

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Florian Kandler
Florian Kandler
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Diskussionsrunde der Folge 2: Harald Herzog, Moritz Mitterer, Carina Zehetmaier, Bernd Konnerth, Markus Fallenböck (c) brutkasten

„No Hype KI” wird unterstützt von CANCOM AustriaIBMITSVMicrosoftNagarroRed Hat und Universität Graz.


Gut zwei Jahre ist es her, dass ChatGPT einen Hype rund um generative KI-Modelle auslöste. Doch es stellen sich auch viele kritische Fragen beim Einsatz von KI – besonders in sensiblen Bereichen. Klar ist: Künstliche Intelligenz bietet viele Vorteile und vereinfacht komplexe Prozesse. Gleichzeitig wirft sie jedoch auch Herausforderungen und Ängste auf, mit denen man sich kritisch auseinandersetzen muss.

Was KI in den Bereichen Gesundheit, Bildung und im öffentlichen Sektor leisten kann, diskutierten in der zweiten Folge „No Hype KI”:

  • Bernd Konnerth (Microsoft Österreich | Public Sector Lead)
  • Carina Zehetmaier (Women in AI Austria | Präsidentin)
  • Harald Herzog (Österreichische Gesundheitskasse | Leiter Digitalisierung und Innovation)
  • Moritz Mitterer (ITSV | Aufsichtsratsvorsitzender)
  • Markus Fallenböck (Universität Graz | Vizerektor für Personal und Digitalisierung).
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Menschenzentrierter Ansatz im Mittelpunkt

Künstliche Intelligenz ist schon längst Teil unseres Alltags – ob bewusst oder unbewusst. Und obwohl KI bereits in vielen Lebensbereichen der Österreicher:innen präsent ist, bleibt die Skepsis bei vielen groß. Laut Carina Zehetmaier ist es daher ein besonders wichtiger Faktor, dass man jeder einzelnen Person KI näher bringt, sodass mehr Vertrauen in die Technologie entsteht: „Derzeit gibt es noch viele Ängste rund um KI. Aber es gibt auch noch gewisse Schwachstellen wie zum Beispiel das Halluzinieren, oder auch Vorurteile, die in den Systemen drinnen sind und widergespiegelt werden können. Es ist relevant, dass man sich hier von Anfang an mit den kritischen Fragenstellungen auseinandersetzt“.

Hierbei müsse an vorderster Stelle die öffentliche Hand hohe Standards setzen – vor allem aus menschenrechtlicher Sicht. Zehetmaier befürwortet in diesem Zusammenhang den AI Act, der klare gesetzliche Rahmenbedingungen schafft. „Die öffentliche Hand ist der direkte Adressat der Grund- und Menschenrechte“, sagt sie.

Ein weiterer wichtiger Punkt von Zehetmaier ist die Notwendigkeit, marginalisierte Gruppen nicht zu übersehen. Man müsse sich bemühen, geschlechtsspezifische und andere Vorurteile in Datensätzen zu vermeiden. „Wir wissen auch, dass Automatisierung den Gender-Pay-Gap öffnet anstatt schließt, das heißt, da müssen wir aktiv und gezielt gegensteuern“.

Verantwortungsvolle KI bedeute, aktiv an den Daten und Algorithmen zu arbeiten. Nur so könne sichergestellt werden, dass KI-Anwendungen nicht nur technologisch effizient, sondern auch ethisch und gesellschaftlich verantwortungsvoll gestaltet werden.

Responsible AI: Inklusivität, Fairness, Datenschutz

Dass die Anwendung von generativer KI nicht bloß Kosten senken soll, sondern den Menschen Nutzen bringen muss, ist auch für Bernd Konnerth von Microsoft klar. „Wir setzen auf Responsible-AI-Standards, bei denen es um Inklusivität, Fairness, Datenschutz und all diese Themen geht. Das sind Leitplanken in unserer Produktentwicklung“, sagt der Public Sector Lead von Microsoft Österreich.

Von der Unternehmenstransformation bis hin zum öffentlichen Dienst sei ein breites Umschulungsprogramm notwendig, um Ängste abzubauen: Es sei wichtig, „Umgebungen zu schaffen, die es Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter möglich machen, mit der Technologie zu interagieren, um den Berührungsängsten entgegen zu wirken”.

Universität Graz startete UniGPT für Mitarbeitende

Was Bildung angeht, betont Markus Fallenböck von der Universität Graz die Bedeutung einer breiten Wissensvermittlung. Es gehe nicht nur um Spezialist:innen für KI, sondern vor allem um die große Masse an Mitarbeitenden, die einen “sinnvollen Umgang mit KI erlernen” müssen: „Je mehr Wissen wir in die Bevölkerung kriegen, umso mehr können wir Chancen nutzen und Risiken minimieren“.

Die Universität Graz hat dazu eine eigene Micro-Credential-KI gestartet, um Studierenden ein Grundwissen zu KI zu vermitteln: “Das ist ein abgeschlossenes Studienpaket, das man in jedes Studium integrieren kann und das gerade in einer Pilotphase ist”, erläutert Fallenböck. Das Paket lasse sich in jedes Studium integrieren. “Da ist die Idee, dass in ein paar Jahren jeder Bachelor-Studierende, der in Graz einen Abschluss macht, ein Grundwissen hat zu KI-Bereich, Technik, Wirtschaft, Recht, Ethik”.

Für die eigenen Mitarbeiter:innen hat die Universität Graz im Mai 2024 außerdem den Chatbot UniGPT gestartet. Bereits mehrere hundert Mitarbeiter:innen wurden dafür bereits eingeschult. “Da sitzt die Universitätsprofessorin neben der Sekretariatskraft und beide interessieren sich für KI und werden es in ihrem Arbeitsalltag gut einsetzen”, schildert Fallenböck seine Eindrücke.

Über die eigenen Mitarbeitenden will die Universität Graz Wissensvermittlung aber auch in die Bevölkerung tragen. Dazu hat sie im Oktober etwa erstmals den Technology Impact Summit zum Thema KI in Graz veranstaltet. “Weil natürlich auch wichtig ist, dass wir die breite Öffentlichkeit mit dem Thema erreichen. Je mehr Wissen wir in die Bevölkerung kriegen, umso mehr, können wir auch das Chancennutzen und Risikominimieren wirklich schaffen”, erläutert Fallenböck.

ITSV: Künstliche Intelligenz im Gesundheitssystem

 Die ITSV wiederum steuert und koordiniert die IT-Aktivitäten der österreichischen Sozialversicherung – und beschäftigt sich schon länger mit dem KI-Thema. Aufsichtsratsvorsitzender Moritz Mitterer erzählt im Talk, dass das Unternehmen bereits 2018 mit der Erprobung von KI-Lösungen begonnen habe. In einem geschützten Umfeld wurden dabei erste Erfahrungen gesammelt, bevor die Systeme in den Echtbetrieb übergingen. Dieser schrittweise Ansatz habe wesentlich dazu beigetragen, das Vertrauen in KI-Modelle im Unternehmen zu stärken.

Besonders bei sensiblen Daten, wie etwa Gesundheitsdaten, ist die Gefahr von Missbrauch ein zentraler Risikofaktor. Mitterer erläutert die Bedeutung von Transparenz und Nachvollziehbarkeit: „Man muss Patientinnen und Patienten mitnehmen, indem man entsprechend strenge Regeln hat und Compliance hat. Und indem man offen damit umgeht, falls doch was sein sollte“.

KI schafft Abhilfe bei steigendem Leistungsaufkommen bei ÖGK

Die ITSV arbeitet dabei unter anderem für die Österreichische Gesundheitskasse (ÖGK). Harald Herzog von der ÖGK erläutert, dass das steigende Leistungsaufkommen – etwa wachsende Fallzahlen, steigende Lebenserwartung, mehr Konsultationen – nach neuen Wegen verlangt: „Würden wir die Prozesse so weiterspielen wie bisher, bräuchten wir mehr Personal“, so Herzog. „Unsere Aufgabe ist es effizient zu arbeiten und alle technischen Möglichkeiten der KI auszunutzen“.

KI könne hier unterstützen, etwa bei der Wahlarztkostenerstattung. Ziel sei es, einen Großteil der Fälle automatisiert abwickeln zu können. Laut Herzog geht es aber nicht darum, den persönlichen Kontakt zu ersetzen, sondern lediglich zu ergänzen.

Zusätzliches Wirtschaftswachstum von bis zu 18 Prozent durch KI-Nutzung

Auch die öffentliche Verwaltung steht vor Herausforderungen, etwa aufgrund der Pensionierungswelle oder des Fachkräftemangels. Künstliche Intelligenz könnte dabei eine Rolle spielen. Bernd Konnerth von Microsoft Österreich sagt: „Künstliche Intelligenz kann eine Antwort sein – vielleicht nicht die Einzige, aber sie hat sehr viel Potenzial durch die Automatisierung wiederkehrender Tätigkeiten, viel Nutzen zu stiften“.

Aktuell befinde sich Österreich erst am Anfang, dieses Potenzial auszuschöpfen. Konnerth verweist auf eine Studie, dass Österreich ein Wirtschaftswachstum von bis zu 18 Prozent erzielen könnte, wenn das ganze Potenzial von KI ausgeschöpft werde.

Ausblick: KI-Nutzung in fünf Jahren

Wo steht der Einsatz von Künstlicher Intelligenz in fünf Jahren? „Ich hoffe, dass wir nicht mehr über die Technologie reden müssen, so wie wir heute auch nicht mehr über Strom sprechen, sondern dass sie einfach da ist“, so Microsoft-Experte Konnerth.

Carina Zehetmaier wiederum blickt auf die EU als Werteunion. In fünf Jahren solle man sehen, dass Österreich und Europa es geschafft haben, einen wertebasierten, menschengerechten KI-Einsatz umzusetzen. Für Österreich könne sich hier eine besondere Chance bieten, so Zehetmaier. Das Land könne sich als Vorreiter für einen vertrauenswürdigen, menschenzentrierten Umgang mit KI etablieren. Es gehe darum, „den menschenzentrierten Ansatz im Einklang mit Werten und Grundrechten umzusetzen“.

KI birgt enormes Potenzial

Die Diskussionsrunde ist sich einig, dass KI in sensiblen Arbeitsfeldern längst keine ferne Zukunftsvision mehr ist, sondern bereits eine zentrale Rolle darstellt. Die Chancen sind enorm – von effizienteren Verwaltungsprozessen über eine präzisere Gesundheitsversorgung bis hin zu einer gerechteren Bildung. Doch um diese Möglichkeiten zu nutzen, braucht es breites Verständnis, klare Regeln, vertrauenswürdige Technik und einen sensiblen Umgang mit Daten.


Folge nachsehen: No Hype KI – Was kann KI in den Bereichen Gesundheit, Bildung und im öffentlichen Sektor leisten?

Hier gehts es zur Nachlese von Folge 1: „No Hype KI – wo stehen wir nach zwei Jahren ChatGPT?”


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