20.07.2017

Neovoltaic: Wie kann es nach dem Insolvenz-Antrag weitergehen?

Die Neovoltaic ist der jüngste Fall in der österreichischen Startup-Landschaft: Die Insolvenz wurde beantragt. Wie geht es nun weiter?
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Unterm Strich rund 2,5 Millionen Euro Schulden und Zahlungsunfähigkeit – mit dieser Nachricht sorgte das steirische Startup Neovoltaic heute für lange Gesichter in der österreichischen Startup-Szene. Rund 470 Gläubiger müssen nun um ihr Geld beziehungsweise einen Teil ihres Geldes bangen. Die Zahl ist auch deswegen so hoch, weil Neovoltaic erst voriges Jahr über die Plattform Conda eine Crowdinvesting-Kampagne in Form von Nachrangdarlehen abgeschlossen hatte. 348 Investoren hatten dabei über 700.000 Euro in das Unternehmen eingebracht. Wie sich nun herausstellt, wohl ein verfehltes Investment. Denn Nachrangdarlehen werden, wie der Name erahnen lässt, im Falle einer Insolvenz nachrangig gegenüber anderen Forderungen behandelt. Dem Brutkasten liegt dazu eine erste Info-Mail von Conda an die Neovoltaic-Investoren vor, in der über mögliche Folgen des Insolvenz-Antrags informiert wird.

+++ Neovoltaic meldet Insolvenz an +++

Insolvenz-Antrag bedeutet noch nicht das Ende

Eines ist dabei klar: Noch ist das Ende keineswegs besiegelt, auch nicht für die Conda-Investoren. Es gibt die Chance und seitens der Neovoltaic-Führung und der Aktionäre (das steirische Unternehmen ist eine Aktiengesellschaft) auch die Hoffnung auf eine Sanierung. Wenn diese gelingt, bleiben die Forderungen aller Gläubiger in vollem Umfang aufrecht. Ob es zum Versuch einer Sanierung kommt, ist gegenwärtig, nach dem Einbringen des Insolvenz-Antrags, aber noch nicht klar. Denn wenn eine Firma einen solchen Antrag einbringt, bedeutet das vorerst nur eines: Sie gibt offiziell bekannt, dass sie zahlungsunfähig ist. Sie teilt also mit, dass sie den offenen Forderungen nicht nachkommen kann.

Insolvenz-Verwalter übernimmt Verwaltung des Vermögens

Doch was passiert dann? Zunächst wird vom zuständigen Gericht ein Insolvenzverwalter bestellt, in diesem Fall der Grazer Anwalt Norbert Scherbaum. Er verwaltet für die gesamte Dauer des Verfahrens – in der Regel mehrere Monate – das Vermögen des insolventen Unternehmens. Der Unternehmens-Führung wird also mit Start des Verfahrens die Verfügung über die Finanzmittel gänzlich entzogen. (Es gibt eine Ausnahme, das “Sanierungsverfahren mit Eigenverwaltung”. Dazu muss das Unternehmen bereits mit bzw. vor dem Insolvenz-Antrag einen Sanierungsplan vorlegen, mit dem es innerhalb von zwei Jahren 30 Prozent seiner Verbindlichkeiten zurückzahlen kann. Diesem Plan muss auch die Mehrheit der Gläubiger zustimmen.)

+++ Neovoltaic-Insolvenz: Erste Stellungnahmen +++

Reichen Mittel zur Deckung der Verfahrenskosten?

Bevor nun das Verfahren richtig beginnt, wird in einem ersten Schritt geprüft, ob das Vermögen im Unternehmen ausreicht, um überhaupt einmal die Verfahrenskosten zu decken. Hier geht es unter anderem um das Honorar des Insolvenzverwalters und eine Reihe notwendiger Auslagen. Das ist die erste große Hürde. Denn wenn die Mittel selbst dafür nicht ausreichen, wird das Verfahren wegen Masseunzulänglichkeit abgewiesen. Das ist insofern der worst Case, als das Unternehmen dann unabwendbar geschlossen wird. Für die Gläubiger ist in diesem Fall wenig bis gar nichts zu holen. Die Conda-Investoren würden in diesem Fall mit ihren Nachrangdarlehen wohl sicher durch die Finger schauen.

Best Case: Die Sanierung

Wenn nun das Vermögen zur Deckung der Verfahrenskosten ausreicht, entscheidet das Gericht, wie es weitergeht. Es bestehen zwei Möglichkeiten. Entweder wird das Unternehmen verwertet, oder es wird eine Sanierung angestrebt (“Sanierungsverfahren ohne Eigenverwaltung”). Welche Option das Gericht wählt, hängt dabei natürlich von der Einschätzung ab, ob ein Sanierungsplan erfolgversprechend ist. Dazu gibt es ein klares Kriterium: Bei einer Sanierung müssen zumindest 20 Prozent der Gläubigerforderungen innerhalb von zwei Jahren zurückgezahlt werden. Es liegt dann natürlich nicht allein in der Hand des Gerichts: Auch die Gläubiger müssen dem Sanierungsplan mehrheitlich zustimmen. Bei erfolgreicher Sanierung besteht das Unternehmen weiter, langfristig erhalten alle Gläubiger ihr Geld. Im Falle von Neovoltaic wären das auch die Conda-Investoren mit ihren Nachrangdarlehen – der best Case.

Verwertung: Das Problem mit dem Nachrang

Bei Möglichkeit zwei, einer Verwertung, wird das Vermögen des Unternehmens liquidiert. Dabei wird zunächst versucht das insolvente Unternehmen möglichst ganz zu verkaufen. Gelingt das nicht, wird sämtliches Kapital (also auch Immobilien, Maschinen, etc.) bestmöglich zu verfügbarem Geld gemacht. Für Konkurrenz-Unternehmen bietet dieser Fall häufig die Chance auf besondere Schnäppchen. Mit dem Erlös der Liquidation werden dann die Gläubigerforderungen nach ihrer Rangfolge bedient. Für Conda-Investoren hat das wohl nichts Gutes zu bedeuten. Denn die Mittel aus der Liquidation müssen erstmal die Forderungen aller anderen (Groß-)Gläubiger decken, bevor sie zum Zug kommen.

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Das Unternehmen ilvi mit Sitz in Gleisdorf, Steiermark, digitalisiert mit seiner Hardware-Software-Kombination die Erfassung von Vitalwerten von Patient:innen. 2018 gab es dafür eine knapp siebenstellige Kapitalspritze unter dem Lead von eQventure. Wie nun der KSV (Kreditschutzverband) bekannt gab, wurde ein Sanierungsverfahren ohne Eigenverwaltung am Landesgericht Graz beantragt.

ilvi: Sanierungsplanquote von 20 Prozent

Es gibt 37 Gläubiger, elf Dienstnehmer:innen und rund 165.000 Euro Aktiva, bei 1,6 Millionen Euro Passiva. Das Unternehmen bietet eine Sanierungsplanquote von 20 Prozent, zahlbar innerhalb von zwei Jahren vom Tag der Annahme des Sanierungsplanvorschlages an.

Zu den Gründen für die Insolvenz zählen, dass die Umsatzerlöse der ilvi GmbH für das Jahr 2024 nicht erzielt werden konnten. Zudem wurde ein gewährtes Darlehen schneller verbraucht als ursprünglich angenommen. Eine weitere Darlehensvergabe war nicht möglich. Gespräche mit potentiellen Investoren führten ebenfalls zu keinem positiven Abschluss.

2018 gegründet

Zur Geschichte: Die ilvi GmbH wurde am 16. August 2018 von Erwin Berger und Christoph Kauer als Spin-off der Berger Medizintechnik GmbH gegründet. Nach mehreren Wechseln an der Spitze wird das Unternehmen seit dem 14. Mai 2024 durch Geschäftsführer Franz Salomon selbstständig vertreten.

Das Medtech fokussierte sich auf Softwareentwicklung im Bereich der Medizintechnik, insbesondere im Bereich mobiler Datenerfassung im Gesundheitsbereich. Darauf basierend entwickelt, produziert und vertreibt das Unternehmen Medizintechnikprodukte.

Die mobilen Softwarelösungen hingegen zielen darauf ab, die Lebens- und Versorgungsqualität der Patient:innen zu verbessern und gleichzeitig die Gesundheitsversorgung der Zukunft sicherzustellen. Der “Personal Digital Assistant”, der Gesundheitswerte direkt am Krankenbett erfasst, via Bluetooth mit unterschiedlichen Geräten kommuniziert und Daten an das Krankenhaus-Informationssystem überträgt, soll die Arbeitsprozesse des Pflegepersonals digitalisieren und dadurch zugleich optimieren.

Fortführung von ilvi geplant

Die ilvi GmbH beabsichtigt das Unternehmen unter Umsetzung einiger Sanierungs- und Restrukturierungsmaßnahmen fortzuführen: “Der zu bestellende Insolvenzverwalter wird nunmehr zu prüfen haben, ob eine Fortführung im Interesse der Gläubiger liegt und der vorgelegte Sanierungsplan eingehalten werden kann”, sagt Brigitte Peißl-Schickmair, Leiterin Unternehmensinsolvenz Graz.

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