18.05.2016

Analyse: Wien hat als Hub massiven Aufholbedarf

Studien zeigen: Wien ist nicht unter Europas Top-Startup-Städten. Langfristig könnte das einen starken Wettbewerbsnachteil für die österreichische Wirtschaft bedeuten. Die Unternehmensberatungsfirma Roland Berger hat in Zusammenarbeit mit dem Pioneers Festival eine Strategie entwickelt, wie der Hub Wien wachsen, und international aufholen soll.
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Von den weltweit 20 größten Technologie-Firmen kommen 13 aus den USA und sieben aus China. Aus Europa kommt keine einzige, und das, obwohl der Kontinent in der Vergangenheit so viele große Innovationen hervorgebracht hat. Bleibt die Frage, wie sich die Wettbewerbsfähigkeit Europas in den kommenden 20 Jahren entwickeln wird – denn die Haupttreiber für Innovationen, nämlich wirklich bedeutende Startup-Hubs, sind auf der europäischen Landkarte dünn gesät.

Im Index des “Global Startup Ecosystem Ranking 2015“ scheinen immerhin London, Berlin und Paris auf. Von Wien keine Spur. Nicht einmal in der Liste der aufstrebenden Startups der Compass-Studie 2015 ist Österreichs Hauptstadt zu finden.

“Das ist keine gute Tendenz, denn für die Wettbewerbsfähigkeit des Landes wird das langfristig zum Problem werden”, stellten die Experten der Unternehmensberatungsfirma Roland Berger fest. Denn: “Natürlich müssen große Unternehmen irgendwie an ein Innovationspotential heran. Aber wenn Wien als Startup-Hub international keine Rolle spielt, was bedeutet das für den Wettbewerb, den Wohlstand, die Arbeitsplätze? Um gesund weiterzuwachsen brauchen auch Großunternehmen gerade in einem Umfeld von Volatilität, Ungewissheit, Komplexität und Ambivalenz Innovationen, um wettbewerbsfähig zu bleiben.”

Es muss sich also dringend etwas ändern. Aus diesem Grund hat das Strategieberatungsunternehmen in Zusammenarbeit mit dem Pioneers Festival eine Studie durchgeführt, bei der die gegenwärtige Situation aber auch die Möglichkeiten für die Zukunft von Wien als Startup-Hub dargestellt werden sollten. Insgesamt wurden 53 Interviews mit CEOs, Investoren, Konzernvorständen etc. durchgeführt.

Das Ergebnis: Wien muss aufholen

„Wir wachsen, aber man muss sich vergleichen mit anderen. Die Startup Szene in Wien vibriert, aber auf zu geringem internationalen Niveau. Selbst wenn wir wachsen, verlieren wir, wenn die anderen noch stärker wachsen“, sagt Vladimir Preveden von Roland Berger.

„Alles was strategisch, strukturell ist, muss man mittelfristig betrachten. Man muss die Aktivitäten die jetzt passieren auf ein neues Niveau bringen, qualitativ und quantitativ, um überhaupt eine Chance zu haben, mitzuspielen. Da geht es nicht nur um die Startups generell, sondern um die Wirtschaft, um Arbeitsplätze. Der Wohlstand ist hiermit bedroht.“

Drittstaaten profitieren von österreichischen Förderungen

Wien als Wirtschaftsstandort hat auch Vorteile, die Verfügbarkeit und Kosten der Gründer etwa, die Lebensqualität, aber auch der Faktor, dass sich Universitäten zunehmend bemühen, Entrepreneurship in die Curricula zu integrieren.
Auch eine gute Frühphasenförderlandschaft gehört zu den Vorzügen Österreichs: In der frühen Phase sind Startups meist sehr gut durch Finanzierungen sowohl von öffentlicher Stelle, als auch aus privater Hand versorgt. Wenn das Produkt oder der Service eines Startups aber die Marktreife erreicht, ändert sich die Lage oft schlagartig und es fehlen die liquiden Mittel zur Expansion. Der sogenannte „Series A Gap“ bezeichnet die Kapitallücke, die sich nach der ersten Finanzierungsrunde auftut. Weil es in Österreich wenige Möglichkeiten gibt, diese Lücke zu füllen, wandern zu diesem Zeitpunkt viele Startups ins Ausland ab. Das heißt: Österreich finanziert das Startup in der Frühphase zwar mit staatlichen Mitteln, ist das Unternehmen aber dann erfolgreich, profitieren oft Drittstaaten.

Redaktionstipps

Best Practice Beispiele zur Förderung von Startup-Ökosystemen

  • Chile: Die chilenische Regierung hat eine Initiativen begründet, um internationale Startups in der Seed Stage anzusiedeln. Arbeitsvisa sowie Mentoring-Programme und finanzielle Unterstützung werden zur Verfügung gestellt. Pro Jahr werde bis zu 200 Startups in das Programm aufgenommen.
  • Israel: Obwohl vor allem Tel Aviv als DER Technik-Innovationshub gilt, wünscht sich Israel Auffrischung von außen. Die Ansiedlung ausgewählter Startups soll durch sogenannte Innovation-Visas erleichtert werden.
  • UK: Wer in ein von der britischen Regierung qualifiziertes Unternehmen investiert, bekommt 50 Prozent von maximal 100.000 Pfund Investition auf seine Einkommenssteuer gutgeschrieben. Außerdem sind 50 Prozent der Erträge aus der Investition von der Kapitalertragssteuer befreit.
  • Deutschland: Mit dem Exist-Gründerstipendium werden Studierende und Absolventen bei der Gründung von universitären Spin-Offs gefördert und der Lebensunterhalt der Gründer für die ersten Jahre gesichert.
  • Estland: Die E-Staatsbürgerschaft bietet jedem die Möglichkeit, eine estnische Firma online zu gründen. Egal wo auf der Welt die Gründer dann tatsächlich sitzen, die Steuern werden in Estland gezahlt.
  • Slowakei: Eine vereinfachte Aktiengesellschaft soll ab 2017 Startups in die Slowakei holen. Die Gründung einer „AG Light“ kostet weniger und geht schneller voran. Nach einigen Jahren kann sie einfach in eine richtige AG umgewandelt werden.

5 Handlungsempfehlungen zur Stärkung des Wiener Startup-Ökosystems

„Eine Beschleunigung oder graduelle Steigerung der aktuellen Aktivitäten im Startup-Ökosystem wird nicht reichen, um aufzuschließen“, ist man sich bei Roland Berger sicher. Zusammen mit Pioneers wurden daher fünf Handlungsempfehlungen entwickelt. Das Ziel: Den Vorsprung von London und Paris aufholen und Wien zu einer relevanten Größe auf der Startup-Landkarte zu machen.

  1. Großunternehmen stärker aktivieren
    Privatpersonen, Stiftungen aber auch Großunternehmen sollen animiert werden, in Startups zu investieren. Insgesamt bedürfe es laut Studie einem Fonds von 300 Millionen Euro zur Förderung von Innovationen. Großunternehmen haben eine starke Bedeutung was das betrifft, werden dieser Rolle derzeit aber noch nicht gerecht. Es fehlt Bereitschaft, mit Startups zusammenzuarbeiten.
  2. Zentralen Startup-Campus errichten
    Gerade in einer Stadt wie Wien ist es wichtig, die Startup-Szene an einem zentralen Punkt zusammenzubringen und in Co-Working-Spaces zusammenzuarbeiten. Es bedarf eines professionellen Managements und geeigneten Partnern für ein solches Großprojekt. Letztlich gehe es dabei auch um die Startup-Corporate-Collaboration.
  3. Neues politisches Mindset
    Stadtpolitik ermöglicht durch finanzielle, steuerliche und infrastrukturelle Rahmenbedingungen eine Konzentration auf Innovation. Obwohl in Wien schon einiges getan wurde, um Startups zu fördern, wünschen sich die Befragen eine vereinfachte Gründung, ein Herabsetzen der Hürden bei der Ansiedlung ausländischer Kreativer und niedrigere Kosten bei der Unternehmensführung. Konkret bedeutet das, Lohnnebenkosten sollen für Startups gesenkt, und das Gesellschaftsrecht angepasst bzw. erleichtert werden.
  4. Junge Wissenschafter zum Gründen bewegen
    Die Kommerzialisierung von Forschungsergebnissen spielt in Europa derzeit noch kaum eine Rolle. Entrepreneurship soll daher schon vor dem Eintritt in die Universität, beispielsweise in der Schule, gefördert werden. Unternehmertum könne man nun eben nicht inskribieren, sagt Preveden. In Österreich ist es immer noch wichtiger, möglichst viel zu publizieren, als mit der eigenen Idee, den eigenen Forschungsergebnissen ein Unternehmen als Spin-Off zu gründen. Hier braucht es laut Studie ein komplett neues Mindset – ähnlich wie in den USA, wo die Umsetzung der Forschung in die Praxis einen hohen Stellenwert hat.
  5. Unproduktives Kapital mobilisieren
    Es sollen Rahmenbedingungen geschaffen werden, um privates Kapital für die wesentlichen Phasen der Unternehmensexpansion zu akquirieren.

 

Die vollständige Studie findet ihr hier.

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ready2order, Schweiz
(c) ready2order - Markus Bernhart und Arnold Blüml von ready2order.

Das Wiener Fintech ready2order hat sich seit 2015 auf die Entwicklung modularer Point-of-Sale- und Payment-Anwendungen für kleine Unternehmen spezialisiert und zählte im Vorjahr bereits über 10.000 Firmen in Deutschland und Österreich zu seinen Kunden. Nun aber wird die Kassensoftware des Fintechs auch gezielt in der Schweiz angeboten, um den Bedürfnissen von kleinen Unternehmen in Gastronomie, Einzelhandel und Dienstleistungssektor gerecht zu werden, wie es heißt.

ready2order: Schweiz als Ausgangspunkt

“Die Schweiz war für uns immer ein interessanter Markt”, erklärt ready2order CEO Markus Bernhart. “Trotz fehlendem Marketing haben wir bereits eine dreistellige Zahl an Kunden gewinnen können. Dies zeigt klar, dass es den Bedarf gibt und es ist für uns auch der richtige Zeitpunkt, unsere Präsenz im Markt auszubauen und unsere Kassenlösung offiziell anzubieten. Zudem sehen wir die Schweiz durch ihre Mehrsprachigkeit als perfekten Ausgangspunkt für eine Expansion in weitere europäische Länder.”

Zuchetti-Exit 2023

Eine wichtige Rolle bei der Expansion spielt die Unterstützung durch die Zucchetti-Gruppe, zu der ready2order seit Juli 2023 gehört – brutkasten berichete.

“Zucchetti ist bereits seit vielen Jahren mit der Kassensoftware TCPOS in der Schweiz vertreten und kennt den Markt sehr gut. Diese Erfahrung und das starke Partnernetzwerk vor Ort sind für uns von großem Vorteil”, so Bernhart weiter. Zudem würden sich durch die Synergien innerhalb der Gruppe zusätzliche Möglichkeiten eröffnen: „Als Zucchetti-Gruppe können wir verschiedene Kassensysteme für unterschiedliche Kundensegmente anbieten, was uns hilft, neue Marktchancen gemeinsam zu nutzen.”

ready2order: Zunächst nur Deutsch und Englisch

Zu Beginn wird sich ready2order auf die deutschsprachige Schweiz konzentrieren. “Unser Kassensystem unterstützt mehrere Sprachen, aber um den Markteintritt zu vereinfachen, setzen wir zunächst auf Deutsch und Englisch. Diese Region bietet uns operative Synergien, die den Start erleichtern”, erklärt Chief Growth Officer Arnold Blüml.

Die langfristigen Ziele von ready2order in der Schweiz sind für Blüml klar: “Als Innovationsführer möchten wir in den nächsten Jahren einen signifikanten Marktanteil erreichen”, sagt er. “Dabei spielt neben der Kundenzahl vor allem die Kundenzufriedenheit eine zentrale Rolle, die wir kontinuierlich messen werden.”

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