27.04.2018

Startup-Frühstück: Schramböck fragte Gründer nach Painpoints

Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck lud heute erstmals zum "Startup-Frühstück" ins Ministerium. Dabei wurden gemeinsam mit Startups, aws und FFG drei Top-Prioritäten für das österreichische Ecosystem herausgearbeitet.
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Startup-Frühstück
(c) Christian Lendl: Margarete Schramböck im Gespräch beim Startup-Frühstück

Es war ein durchaus außergewöhnliches Event-Format, das heute erstmals im Wirtschaftsministerium in Wien stattfand. Etwa 40 Personen kamen zum von Ministerin Margarete Schramböck initiierten “Startup-Frühstück”. Geladen waren Vertreter heimischer Startups und die Management-Riegen von aws und FFG. Dabei ging es um die Painpoints österreichischer Jungunternehmen. Der Modus, der dafür gewählt wurde, entstammt der Management-Welt. Zu vier großen Themenkomplexen wurden in wechselnden Diskussionsgruppen je drei Prioritäten definiert. Am Ende wurden gemeinsam drei oberste Prioritäten für die österreichische Startup-Landschaft ausgearbeitet.

+++ Schramböck: “Startups von enormer Bedeutung für den Wirtschaftsstandort” +++

“Wollen feststellen, wie wir Startups das Leben erleichtern können”

“Ich habe diese Methode früher oft mit Kunden und Mitarbeitern angewendet. Sie funktioniert sehr gut”, sagt Ministerin Schramböck im Gespräch mit dem Brutkasten am Rande des Events. Und sie erklärt auch, worum es ihr beim Startup-Frühstück geht: “Das Ziel ist es, dass wir mit den Startups zusammen kommen und hören, wie es ihnen geht. Wir wollen feststellen, was wir tun können, welche Maßnahmen wir setzen können und wie wir ihnen das Leben erleichtern können”. Dazu ginge es um Vernetzung, Austausch “und natürlich darum, gemeinsam gut zu frühstücken”.

FFG und aws holten sich Input

Input wollten sich auch FFG und aws holen. “Die Lösungszugänge, die hier vorgebracht wurden, sind teilweise völlig anders, als wir üblicherweise denken. Rechtliche Rahmenbedingungen existieren dafür teilweise nicht. Genau das bedeutet aber, wirklich aufzubrechen und anders zu denken. Und bei Startups, wo es um Speed geht, muss man einfach anders denken”, sagt FFG-Geschäftsführerin Henrietta Egerth. “Es ist für uns ein wichtiges Stimmungsbild. Es gab gute Ideen für kurzfrisitig umsetzbare Maßnahmen, aber natürlich auch Themen, die nachhaltig bespielt werden müssen”, konstatiert Ralf Kunzmann, Geschäftsführer des aws Gründerfonds.

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(c) Dejan Jovicevic: Die drei erarbeiteten Top-Prioritäten

“Es braucht nicht unbedingt drei Jahre auf der TU”

Fachkräftemangel: Fastlane und Bootcamp

Und was sind nun die Painpoints und die Idee, die dazu vorgebracht wurden? Wenig überraschend nahm etwa der Fachkräftemangel einen besonders wichtigen Platz in der Diskussion ein und schaffte es in die drei obersten Prioritäten. “Es haben sich dazu zwei zentrale Ansätze ergeben”, fasst refugees{code}-Co-Founder Stefan Steinberger zusammen. “Erstens muss eine Fastlane geschaffen werden, um ausländische Programmierer nach Österreich zu bringen”. Sinnvoll sei es, dazu Partnerländer zu finden, in denen die gesuchte Qualifikation entsprechend vorhanden ist. “Zweitens”, sagt Steinberger, “müssen wir die eigene Ausbildung forcieren. Es braucht nicht unbedingt drei Jahre auf der TU. Es gilt, Spezialisierungen und neue Berufsbilder zu schaffen”. Ein “Bootcamp”, bei dem man in neun Monaten programmieren lerne wäre auch zu forcieren. FFG-Chefin Egerth stimmt zu: “Wie müssen die besten Leute nach Österreich holen und zugleich die Leute hier enablen und motivieren”.

“Entrepreneurial Spirit” und Bildung

Genau um den letztgenannten Bereich dreht sich ein weiterer Punkt, der es beim “Startup-Frühstück” in die Top-Prioritäten schaffte. “Es braucht mehr Entrepreneurial Spirit in Österreich”, sagt  Lena Gansterer, Program Director des Wiener Impact Hub. “Wir brauchen in Österreich eindeutig eine positive Kultur dem Unternehmertum und Innovation gegenüber – angefangen von der Schule bis zu allen anderen Bildungseinrichtungen”. Ein Pflichtfach “Digitalisierung” sei ebenfalls im Gespräch gewesen. Auch Ministerin Schramböck spricht in diesem Zusammenhang abermals auf den Ansatz “Coding als Lehrberuf” an.

Lohnnebenkosten: “Startups brauchen Liquidität gleich zu Beginn”

Zum dritten Top-Thema wurden die Lohnnebenkosten bestimmt. “Startups brauchen Liquidität gleich zu Beginn, nicht erst später. Die Lohnnebenkosten, insbesondere für Spitzenkräfte, sind da ein großes Thema. Es braucht daher besondere Discounts für Startups”, sagt aws-Geschäftsführer Bernhard Sagmeister. Man könne sich hier an Best Practice-Beispielen aus anderen Ländern orientieren, ergänzt WisR-Co-Founderin Carina Roth. Ein damit verwandtes Thema bringt Berthold Baurek-Karlic (Venionaire Capital, ESAC, AVCO, u.a.) ein: “Es muss vereinfacht werden, dass Mitarbeiter in der frühen Phase ein geringeres Gehalt und dafür Mitarbeiterbeteiligungen bekommen, um den Cashflow der Startups zu entlasten”. Noch gebe es hier große Hürden in steuerlicher und sozialversicherungsrechtlicher Hinsicht.

“Es braucht hier mehr Transparenz und Durchlässigkeit zwischen den Fördergremien”

Förderungen nicht erst im Nachhinein

Nicht unter den Top drei und trotzdem heiß diskutiert war das Thema Förderungen – vielleicht beflügelt durch die Anwesenheit von FFG und aws. Dabei wurden verschiedene Punkte vorgebracht. “Es ist ein Problem, wenn Förderungen erst im Nachhinein ausgezahlt werden”, bringt es ausgerechnet aws-Chef Sagmeister auf den Punkt. Den Bedarf einer generellen Vereinfachung sieht Lena Gansterer: “Bund, Land und Stadt haben jeweils eigene Systeme. Es braucht hier mehr Transparenz und Durchlässigkeit zwischen den Fördergremien”.

Servicierung, Standort und Anschlussfinanzierung

Nicht nur bei Förderungen sondern im gesamten Verwaltungsbereich sieht Andreas Kern von Wikifolio Ausbaupotenzial: “Wir müssen eine Kultur schaffen, in der Behörden Antragsteller als Kunden betrachten. Sie müssen viel stärker beratend agieren und etwa auch in englischer Sprache servicieren. Nur so können wir Startups aus dem Ausland nach Österreich bringen”. Die Attraktivität des Standorts kam nicht nur bei Kern zur Sprache. “Wir brauchen letztlich eine kritische Masse an attraktiven Ideen und Startups, die für internationale und österreichische VCs finanzierungsfähig sind und Wertschöpfung schaffen”, sagt Ralf Kunzmann. Und natürlich fand auch das Thema Anschlussfinanzierung seinen Platz in den Diskussionen. Berthold Baurek-Karlic führt hier etwa die Forderung nach einem nationalen Dachfonds nach dänischem Modell ins Treffen.

“Wenn jetzt nichts passiert, haben wir hier alle nur unsere Zeit vergeudet”

Wie geht es nach dem Startup-Frühstück weiter?

Und was passiert nun mit den beim Startup-Frühstück vorgebrachten Painpoints und Ideen? “Es sind viele verschiedene Maßnahmen, nicht eine Große. Wir werden sie aufnehmen, prioriesieren und schauen, was wir gemeinsam umsetzen können”, sagt Margarete Schramböck. Dass man sich damit nicht zuviel Zeit lassen dürfe, betont AustrianStartups-Geschäftsführer Markus Raunig: “Es wurden viele Ideen gesammelt, über die wir schon länger reden. Es kommt nun auf die Umsetzung an. Es geht bei Startups um Speed. Mit jedem Monat, wo nichts passiert, verlieren wir internationale Wettbewerbsfähigkeit. Es muss also so schnell wie möglich in die Gänge kommen”. Es sei eine wichtige Initiative, alle Meinungen einzuholen, “aber wenn jetzt nichts passiert, haben wir hier alle nur unsere Zeit vergeudet”.

Anmerkung der Redaktion: Die dem Artikel zugrunde liegenden Interviews wurden von Dejan Jovicevic geführt.

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Livin Farms-Gründerin Katharina Unger | (c) Paris Tsitsos / Livin Farms
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Gestern Abend verlieh Martin Kocher in der Grand Hall am Erste Campus den Staatspreis Innovation 2024 – die “höchste Auszeichnung für Unternehmen, die durch innovative Lösungskompetenz wesentlich zur nachhaltigen Wirtschaftsentwicklung des Landes beitragen” – an das Spritzguss-Unternehmen Engel Austria GmbH aus Schwertberg in Oberösterreich.

Engel Austria wurde unter mehreren Nominierten zum Sieger gekürt. Ausgezeichnet wurde das Unternehmen für seinen “Zwei-Stufen-Prozess für energieeffizientes Kunststoffrecycling”. Dabei handelt es sich um einen Kunststoffrecycling-Prozess, der Kosten, Ressourcen und Energie mittels einer Zwei-Stufen-Technologie sparen und damit die CO2-Bilanz verbessern soll.

Konkret kann Engel Austria Kunststoffabfälle direkt nach dem Zerkleinern im Spritzguss verarbeiten, was den Energiebedarf dieses Prozesses um rund 30 Prozent vermindern soll. Bundesminister Kocher gratuliert “dem neuen Staatspreisträger und seinem hervorragenden Team herzlichst”.

Bundesminister Kocher zeichnet ENGEL AUSTRIA GmbH mit Staatspreis Innovation 2024 aus (c) aws/Martin Lusser

Der Staatspreis Innovation wird im Auftrag des Bundesministeriums für Arbeit und Wirtschaft (BMAW) und von der Austria Wirtschaftsservice GmbH (aws) organisiert. Dieses Jahr wurde er zum 44. Mal vergeben.

Im Rahmen der Preisverleihung betonte auch Hans Unterdorfer, Unternehmensvorstand der Erste Bank Österreich, den hohen Stellenwert innovativer Lösungsansätze: “Innovation hat gerade in herausfordernden Zeiten eine hohe Bedeutung für die Wirtschaft: Sie treibt den Fortschritt an, schafft neue Möglichkeiten und stärkt die Wettbewerbsfähigkeit. Daher ermutigen wir alle Menschen, an ihre Ideen zu glauben und sie weiter zu verfolgen.”

Fünf Nominierungen – darunter Wiener Startup Livin Farms

Neben Engel Austria wurden auch fünf weitere Unternehmen mit einer Nominierung für den 44. Staatspreis Innovation ausgezeichnet. Eines davon ist das Wiener Startup Livin Farms, das erst Ende Oktober seine Europa-Expansion verkündete. Ausgezeichnet wurde das BioTech für sein Projekt “Modular skalierbare Zero Waste Protein Factory.” Das Startup verwandelt durch Zucht von Larven der Schwarzen Soldatenfliege organische Reststoffe in nachhaltiges, proteinreiches Futtermittel.

Außerdem mit einer Nominierung ausgezeichnet wurde die Synex Tech GmbH und die voestalpine Stahl GmbH aus Oberösterreich, die AT & S Austria Technologie & Systemtechnik Aktiengesellschaft aus der Steiermark sowie die Henn GmbH & Co KG aus Vorarlberg.

Sonderpreise “Econovius” und “Verena” verliehen

Im Rahmen der Preisverleihung wurden außerdem zwei weitere Sonderpreise vergeben. Namentlich: Der Sonderpreis “Econovius 2024” durch die Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ) sowie der Sonderpreis “Verena 2024” durch Verbund.

Den Econovius 2024 erhielt das KMU Novasign GmbH für sein Projekt “SmartBio: Die KI-gesteuerte Bioprozessentwicklung der Zukunft”. Die Softwarelösung von Novasign nutzt digitale Zwillinge zur Optimierung komplexer Bioprozesse und gestaltet sie damit um bis zu 70 Prozent effizienter als herkömmliche Methoden. Nominiert wurden neben Novasign auch die Filter System Steyr (FSS) GmbH, die Gebe-Strebel GmbH aus Niederösterreich sowie die LiveVoice GmbH aus Salzburg.

“Verena”-Sieger bereits in Londoner Piccadilly Line integriert

Den Sonderpreis Verena 2024 erhielt heuer die Siemens Mobility Austria GmbH in Kooperation mit der Technischen Universität Wien (TUW). Ausgezeichnet wurde das Projekt “Bionischer Wagenkasten: U-Bahn-Wagenkästen werden 20 Prozent leichter”. Dabei analysiert eine Optimierungssoftware, wie Material im Wagenkasten durch subtraktive Fertigung eingespart werden kann. Damit kann das Rohbaugewicht eines Wagenkastens um 20 Prozent reduziert werden, was den U-Bahn-Verkehr energieeffizienter, nachhaltiger und wirtschaftlicher gestaltet. Die Technologie wird bereits in der neuen Londoner Piccadilly Line angewendet.

Vergeben wurde “Verena 2024” von Franz Zöchbauer, Bereichsleiter Corporate Innovation bei Verbund. “Dieses Projekt zeigt eindrucksvoll, wie technische Innovationen zur Reduktion von CO₂-Emissionen und zu mehr Effizienz im urbanen Verkehr beitragen können“, betont Zöchbauer und meint weiter: „Die Zusammenarbeit von Siemens Mobility mit der TU Wien ist ein herausragendes Beispiel dafür, wie durch modernste Technologien Ressourcen geschont und der öffentliche Verkehr nachhaltiger gestaltet werden können.”

Außerdem für den Sonderpreis Verena nominiert wurden die Anexia Internetdienstleistungs GmbH in Kooperation mit der Universität Klagenfurt sowie die Weider Wärmepumpen GmbH in Kooperation mit der Fachhochschule Salzburg.

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