12.05.2015

Startup erst nach der Karriere: Über ein gängiges Klischee, das gar nicht stimmt

/artikel/startup-erst-nach-der-karriere-ueber-ein-gaengiges-klischee-das-gar-nicht-stimmt
Viele Startup Gründer haben eine typische Karriere schon hinter sich.

Der Student als typischer Startup-Gründer ist ein Irrglaube. Was vielleicht im Silicon Valley gang und gäbe ist, wird zumindest in Österreich nicht als typisches Modell gelebt. Die Gründer von Luke-Roberts, Whatchado oder Number 26 hatten schon einige Jahre Berufserfahrung, bevor sie das Abenteuer wagten.

Das amerikanische Silicon Valley hat das Klischee der Startup-Gründer geprägt: junge Männer, oft erst Anfang 20, die meist bereits während ihres Studiums an einer Eliteuni in einer Garage oder einem Studentenzimmer an dem „nächsten großen Ding“ basteln. Diesem Typus gehören sowohl Bill Gates als auch Generationen später Mark Zuckerberg an. In Österreich ist er seltener anzutreffen.

Runtastic, das aus einem Studentenprojekt der Fachhochschule Oberösterreich hervorgegangen ist, wäre ein solches Beispiel. Bereits ein Blick in die Statistik zeigt, dass dieses US-Klischee in Österreich aber eher die Ausnahme ist. Die Mehrheit der Gründer hat laut Wirtschaftskammer Wien ein Studium abgeschlossen – meistens aus den Bereichen Wirtschaft oder Technik. Gegründet wird im Schnitt mit 35.

Wer bereits Berufserfahrung gesammelt hat, hat im Startup-System gewisse Vorteile: „Wenn man bei Siemens gearbeitet hat und dann ein Elektronik-Startup gründet, ist man einfach glaubwürdiger“, ist auch Robert Kopka überzeugt. Der heute 31-Jährige hat Wirtschaftsinformatik studiert und gleich nach dem Studium zu arbeiten begonnen.

Nach drei Jahren als Strategieberater bei Booz&Company hat Kopka seinen Job an den Nagel gehängt und mit einem Kollegen Luke-Roberts gegründet. Noch heuer wollen sie die erste smarte Designerlampe auf den Markt bringen, die sich automatisch ein- und ausschaltet und einen Raum je nach Situation unterschiedlich beleuchtet.

Es war aber nicht die Idee, die die beiden Gründer in die Selbstständigkeit getrieben hat. Auch das gehört eher in die Welt der Klischees. Es war vielmehr umgekehrt. „Mir war schon in der Schule klar, dass ich vor 30 eine eigene Firma gründen will“, erzählt Kopka.

Im Beruf hat er den richtigen Partner kennengelernt, und erst dann kam die Suche nach einer Geschäftsidee: „Wir haben viele verschiedene Ideen durchgerechnet – typisch Strategieberater.“ Auch Maximilian Tayenthal ging die Idee für sein Startup eher strategisch an. „Der Finanzsektor hatte am meisten Potenzial für ein erfolgreiche Neugründung“, erzählt der Mitgründer von Number26.

Die konkrete Idee, ein Smartphone-basiertes Bankkonto zu entwickeln, kam dann von seinem Freund und Partner, Valentin Stalf, der bereits in diesem Bereich tätig war. Die beiden gründeten vor zwei Jahren, da hatte Tayenthal bereits zwei Studien absolviert und als Unternehmensberater, Vorstandsassistent und in einer großen Wirtschaftskanzlei gearbeitet. Als er seinen Job aufgab, lief das Startup bereits eine Zeit lang nebenher.

In der Ideenphase war Ali Mahlodji schon etwas früher als andere Gründer. „Ich hatte schon als Kind diese Vorstellung eines Freundschaftsbuchs für Erwachsene, in dem man alles über Jobs lesen kann“, erzählt der spätere Gründer des Job-Video-Portals Whatchado. „Ursprünglich habe ich mir vorgestellt, dass dieses Buch in der Bücherei auszuborgen ist“, erinnert sich Mahlodji. Das fertige Konzept für eine Internet-Plattform mit kurzen Interviews zu den unterschiedlichsten Jobs lag bereits jahrelang fertig in der Schublade, bevor er überhaupt an ein Startup dachte. „Ich hatte ja nicht einmal ein Businessmodell“, erklärt der heute 33-Jährige.

Wie Kopka und Tayenthal hatte auch Mahlodji bereits eine beachtliche Karriere hinter sich, als er gemeinsam mit einem Jugendfreund Watchado gründete: „Ich sage immer: Whatchado ist mein 42. Job“. Gemeint ist damit auch jeder noch so kurze Ferialjob aus Jugendtagen, aber Mahlodji muss gar nicht durch Quantität beeindrucken.

Nach dem Studium war er bei Siemens Berater und dann bei Sun Microsystems im Management. „Ich habe ziemlich viel Geld verdient, und ich hatte ein fettes Auto.“

So unterschiedlich die Karrieren und die Startups von Mahlodji und Kopka auch sein mögen, an das erinnern sich beide aus ihrem früheren Leben. Dienstautos, berufliche Reisen, Fünfsternehotels, alles Annehmlichkeiten, die beide nicht vermissen. „Es ist auch schön, einmal mit Birkenstockschlapfen im Büro zu sein, statt mit Anzug und Krawatte“, meint Kopka.

Das Dienstauto hätte Mahlodji behalten können – wollte er aber gar nicht. Nach der Kündigung ist er auf ein älteres rotes Golf-Cabrio umgestiegen – „um 2000 Euro“ – und heute fährt er nur noch mit Öffis und Tretroller. Auch Tayenthal hat sein Auto längst verkauft. Eine Sache vermisst Mahlodji aber dann doch an seinen früheren Jobs: die Ruhe. Als Gründer sei man immer rastlos und bei Startups müsse ständig alles sehr schnell gehen. „Im Privatleben muss man definitiv Abstriche machen“, weiß auch Tayenthal. Wenn ihm überhaupt etwas abgehe, dann sei das Zeit.

Dass keiner der drei das alte Leben als erfolgreicher Berater, Manager oder Anwalt vermisst, liegt wahrscheinlich daran, dass die Startups gut laufen. Ist man ein besserer Gründer, wenn man bereits Erfahrung hat? Kopka glaubt, dass es mit einigen Jahren Berufserfahrung einfacher ist.

Außerdem schade ein gewisser finanzieller Polster nicht, erklärt er. Das sieht auch Tayenthal so. Er habe zwar nicht explizit für die Startup-Zeit gespart, aber gerade zu Beginn fallen oft Kosten an, die man selbst übernehmen muss – etwa für Reisen zu Investoren.

„Niemand hat mich je nach meiner Karriere gefragt“, erzählt der Whatchado-Gründer. Das Wichtigste sei, Investoren zu überzeugen, und die sehen sich eher das Team an. „Die Aufgaben müssen nach der jeweiligen Erfahrung oder Fähigkeit verteilt sein und wenn man sehr jung ist, muss man eben jemanden mit Erfahrung ins Boot holen“, meint Mahlodji.

Für die speziellen Anforderungen im Finanz-Startup-Bereich ist Tayenthal mit seinem Hintergrund als Unternehmensberater und Anwalt bestens gerüstet. „Wichtiger als Alter und Erfahrung ist aber der Wunsch, eine Branche zu verändern“, sagt Tayenthal. Grundsätzlich brauche man zum Gründen aber auch eine gewisse Portion Naivität, ist Mahlodji überzeugt: „Damit man ein solches Risiko überhaupt eingeht.“

Direkt nach dem Studium zu gründen, hätte sich keiner der drei wirklich vorstellen können. Kopka war zwar immer klar, dass er ein eigenes Unternehmen führen will. Aber zuerst war ein sicherer Job wichtiger. „Ich habe diese Sicherheitsphase gebraucht“, erzählt der Luke-Roberts-Gründer. Auch für Mahlodji war eine eigene Firma nach der Ausbildung noch kein Thema: „Ich habe damals gar nicht darüber nachgedacht – außerdem hätte ich kein Startup gründen wollen, ohne ein konkretes Problem zu lösen.“

Bei Tayenthal war die Situation ähnlich, und er sieht die Schuld daran bei seiner Universität in Wien: „Wir (er und Stalf, Anm.) bereuen, dass wir im Studium nicht mehr mit Start-ups konfrontiert wurden“, sagt der Number-26-Gründer.

Absolventen der Wirtschaftsuni in Wien hätten zu seiner Studienzeit in der Regel den Wunsch gehabt, in die Unternehmensberatung, ins Investmentbanking oder in die Industrie zu gehen. „Ich rate jedem Studenten, zumindest ein Praktikum im Startup-Bereich zu probieren“, meint Tayenthal. „Start-up ist für mich das Sinnvollste, was ich bisher gemacht habe.“

Wer beruflich bereits viel erlebt hat und dann ein risikoreiches Startup gründet, hat doch bestimmt einen Plan B, falls es schiefgeht? „Eigentlich nicht“, sind sich alle drei Gründer einig. „Mein Plan B ist meine Berufserfahrung“, sagt Mahlodji und nennt damit wohl einen der großen Vorteile spätberufener Gründer.

Die zwei Gründer Maximilian Tayenthal und Valentin Stalf aus Wien.

Quelle: DiePresse

Deine ungelesenen Artikel:
vor 2 Stunden

Phantom Shares: Neue steuerliche Begünstigung für virtuelle Beteiligungsprogramme in Aussicht

David Gloser (Partner, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer) sowie Christoph Puchner (Partner und Steuerberater) von ECOVIS Austria erklären den neuen Entwurf zum Abgabenänderungsgesetz und erläutern wichtige Neuerung für die Umwandlung der virtuellen Shares in echte Shares.
/artikel/phantom-shares-neue-steuerliche-beguenstigung-fuer-virtuelle-beteiligungsprogramme-in-aussicht
vor 2 Stunden

Phantom Shares: Neue steuerliche Begünstigung für virtuelle Beteiligungsprogramme in Aussicht

David Gloser (Partner, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer) sowie Christoph Puchner (Partner und Steuerberater) von ECOVIS Austria erklären den neuen Entwurf zum Abgabenänderungsgesetz und erläutern wichtige Neuerung für die Umwandlung der virtuellen Shares in echte Shares.
/artikel/phantom-shares-neue-steuerliche-beguenstigung-fuer-virtuelle-beteiligungsprogramme-in-aussicht
Christoph Puchner und David Gloser von Ecovis Austria (c) Ecovis / AdobeStock

Neben Mitarbeiterbeteiligungsprogramme mit echten Anteilen besteht auch die Möglichkeit virtuelle Anteile (sogenannte “Phantom Shares”) zu gewähren. Für echte Anteile wurde mit dem ab 2024 umgesetzten Startup-Paket eine neue steuerliche Begünstigung in § 67a Einkommensteuergesetz geschaffen, die eine Mischrechnung für die Besteuerung erst im Exit-Fall vorsieht: 75 Prozent des Exitgewinnes sind mit 27,5 Prozent (ohne Lohnnebenkosten) und 25 Prozent des Exitgewinnes mit voller Lohnsteuer und Abgaben zu rechnen (woraus in Summe eine Steuerbelastung von rund 35 Prozent resultiert).

Im Gegensatz dazu blieben virtuelle Anteile jedoch bisher unangetastet. Sobald es bei virtuellen Beteiligungsprogrammen zu einer exitbedingten Auszahlung kommt, sind diese mit dem progressivem Einkommensteuertarif steuerpflichtig (in der Regel bis 50 Prozent) und unterliegen auch der Sozialversicherungspflicht sowie den Lohnnebenkosten.

Um diesen nachteiligen Steuereffekt bei virtuellen Beteiligungsprogrammen zu beseitigen, wurde vor kurzem der Entwurf zum Abgabenänderungsgesetz 2024 veröffentlicht.

Neue Begünstigung durch Umstellung von virtuellen Beteiligungsprogrammen

Die neue steuerliche Begünstigung ist dahingehend ausgestaltet, dass bestehende virtuelle Anteile im Zeitraum 1.1.2024 bis 31.12.2025 unter gewissen Voraussetzungen steuerneutral in das bestehende Regime für echte Mitarbeiterbeteiligungen überführt werden können, ohne dass es zu einer Bewertung und Versteuerung des geldwerten Vorteils kommen muss. Eine Besteuerung findet dann erst im Exit-Zeitpunkt statt (insgesamt mit einer Steuerbelastung von rund 35 Prozent).

Wenn nun Mitarbeiter mit virtuellen Anteilen von Startups diese neue Regelung in Anspruch nehmen wollen und aus diesem Grund statt der virtuellen Anteile unter § 67a Einkommensteuergesetz fallende Kapitalanteile (etwa GmbH-Anteile, Aktien, Unternehmenswertanteile, Substanzgenussrechte) erhalten, müssen jedoch sämtliche Voraussetzungen für eine Startup-Mitarbeiterbeteiligung vorliegen, zum Beispiel:

⦁ Das Startup darf über nicht mehr als 100 Arbeitnehmer verfügen
⦁ Die Umsetzerlöse des Startups dürfen nicht mehr als EUR 40 Mio. betragen
⦁ Das Startup darf nicht vollständig in einen Konzernabschluss einbezogen sein (abgesehen davon dürfen die Anteile am Startup nicht zu mehr als 25 Prozent durch Unternehmen gehalten werden, die in einen Konzernabschluss einzubeziehen sind)
⦁ Startup-Mitarbeiterbeteiligung kann nur an “echte”“” Dienstnehmer gewährt werden
⦁ Der Mitarbeiter hat zuvor bzw. im Zeitpunkt der Anteilsgewährung nicht mehr als 10 Prozent der Anteile am Startup gehalten
⦁ Die Anteilsgewährung erfolgt innerhalb von 10 Jahren seit Unternehmensgründung
⦁ Vinkulierung der Mitarbeiterbeteiligung erforderlich
⦁ Schriftliche Erklärung des Arbeitnehmers bzgl. der Inanspruchnahme der neuen Startup-Mitarbeiterbeteiligung (samt Aufnahme der Beteiligung in das Lohnkonto)

Ausblick

Vor diesem Hintergrund sollten Startups ihre bestehenden virtuellen Beteiligungsprogramme einer Analyse unterziehen, inwiefern eine Umwandlung der virtuellen Anteile in eine “echte” Startup-Mitarbeiterbeteiligung iSd § 67a Einkommensteuergesetz in Frage kommt. Aufgrund des temporären Zeitfensters ist diese Möglichkeit einer Umstellung jedoch begrenzt. Da das Abgabenänderungsgesetz derzeit noch im Entwurf vorliegt, bleibt die finale Umsetzung auch noch abzuwarten.


Über die Autoren:

Der Artikel wurde von David Gloser (Partner, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer) sowie Christoph Puchner (Partner und Steuerberater) von ECOVIS Austria verfasst. ECOVIS Austria ist eine der führenden Steuerberatungskanzleien in Österreich im Startup-Bereich.

Toll dass du so interessiert bist!
Hinterlasse uns bitte ein Feedback über den Button am linken Bildschirmrand.
Und klicke hier um die ganze Welt von der brutkasten zu entdecken.

brutkasten Newsletter

Aktuelle Nachrichten zu Startups, den neuesten Innovationen und politischen Entscheidungen zur Digitalisierung direkt in dein Postfach. Wähle aus unserer breiten Palette an Newslettern den passenden für dich.

Montag, Mittwoch und Freitag

AI Summaries

Startup erst nach der Karriere: Über ein gängiges Klischee, das gar nicht stimmt

AI Kontextualisierung

Welche gesellschaftspolitischen Auswirkungen hat der Inhalt dieses Artikels?

Leider hat die AI für diese Frage in diesem Artikel keine Antwort …

Startup erst nach der Karriere: Über ein gängiges Klischee, das gar nicht stimmt

AI Kontextualisierung

Welche wirtschaftlichen Auswirkungen hat der Inhalt dieses Artikels?

Leider hat die AI für diese Frage in diesem Artikel keine Antwort …

Startup erst nach der Karriere: Über ein gängiges Klischee, das gar nicht stimmt

AI Kontextualisierung

Welche Relevanz hat der Inhalt dieses Artikels für mich als Innovationsmanager:in?

Leider hat die AI für diese Frage in diesem Artikel keine Antwort …

Startup erst nach der Karriere: Über ein gängiges Klischee, das gar nicht stimmt

AI Kontextualisierung

Welche Relevanz hat der Inhalt dieses Artikels für mich als Investor:in?

Leider hat die AI für diese Frage in diesem Artikel keine Antwort …

Startup erst nach der Karriere: Über ein gängiges Klischee, das gar nicht stimmt

AI Kontextualisierung

Welche Relevanz hat der Inhalt dieses Artikels für mich als Politiker:in?

Leider hat die AI für diese Frage in diesem Artikel keine Antwort …

Startup erst nach der Karriere: Über ein gängiges Klischee, das gar nicht stimmt

AI Kontextualisierung

Was könnte das Bigger Picture von den Inhalten dieses Artikels sein?

Leider hat die AI für diese Frage in diesem Artikel keine Antwort …

Startup erst nach der Karriere: Über ein gängiges Klischee, das gar nicht stimmt

AI Kontextualisierung

Wer sind die relevantesten Personen in diesem Artikel?

Leider hat die AI für diese Frage in diesem Artikel keine Antwort …

Startup erst nach der Karriere: Über ein gängiges Klischee, das gar nicht stimmt

AI Kontextualisierung

Wer sind die relevantesten Organisationen in diesem Artikel?

Leider hat die AI für diese Frage in diesem Artikel keine Antwort …

Startup erst nach der Karriere: Über ein gängiges Klischee, das gar nicht stimmt