16.04.2020

Startup-Corona-Paket: So reagieren Österreichs Gründer und Investoren

Der brutkasten hat Meinungen von Österreichs Gründern und Investoren zum Startup-Paket im Rahmen der Coronakrise eingeholt.
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Startup-Corona-Paket
(c) venionairecapital / hansmann /kacy / startup300 / wearedevelopers Künsztler / Prodanovic / AustrianStartups

Am 16. April hat die Bundesregierung ein Paket zur Unterstützung der österreichischen Startups in der Coronakrise vorgestellt. Der brutkasten hat sich in der Community umgehört, wie diese Maßnahmen zur Unterstützung der österreichischen Gründer und Investoren aufgefasst werden.

+++Michael Altrichter wird Startup-Beauftragter im Wirtschaftsministerium+++

Dieser Artikel wird laufend mit Input aktualisiert. 

Markus Raunig | Austrian Startups

Das heute angekündigte Hilfspaket für Startups ist ein wichtiger Schritt, um den Innovationsstandort Österreich während der Coronakrise zu erhalten. Es freut uns, dass die Bundesregierung die speziellen Herausforderungen von Startups erkannt hat und mit konkreten Maßnahmen helfen will.

Besonders der Startup Hilfsfonds schafft kräftige Investitionsanreize, um entstehende Finanzierungslücken zu schließen und besonders bei kleinen und mittleren Startups die dringend benötigte Liquidität wiederherzustellen. Eine schnelle und unbürokratische Abwicklung ist daher jetzt umso wichtiger.

Hansi Hansmann | Business Angel

Der Hund liegt im Detail begraben – im Moment kann man das Paket noch nicht beurteilen. Wenn die Details so sind, dass Startups leicht, schnelle und ohne große administrative Hürden davon Gebrauch machen können, ist das Paket in Ordnung.

Selma Prodanovic | 1MillionStartups

Es ist ein entscheidender Schritt, um in erste Linie die Innovationskraft des Landes beizubehalten bzw. voranzutreiben, sowie auch Arbeitsplätze zu sichern. Dabei ist die Kombination zwischen privaten Investoren und Staat besonders wichtig.

Rudolf Kinsky | AVCO

Die AVCO begrüßt und unterstützt die heute bekanntgegebenen Maßnahmen, die u.a. auch in dem von AVCO, aaia und AustrianStartups entwickelten Corona-Hilfspaket für Startups vorgeschlagen wurden. Über die genaue Ausgestaltung müssen wir allerdings noch mehr erfahren. Wichtig wird sein, dass die Investitionskriterien einem marktwirtschaftlichen Best Practice entsprechen.

Das Management des VC Fonds sollte mit nachvollziehbare Kriterien und in einem transparenten Prozess ausgewählt werden. Gleichzeitig stellen sich für den VC Fonds viele Fragen, z.B., wie können 50 Millionen Euro nur in österreichische Startups und mit einer guten Risikostreuung investiert werden. Wer sollen die Investoren sein? Wie soll die Garantie funktionieren?

Der Covid-Startup-Hilfsfonds ist als Matching-Topf konzipiert. Auch hier geht es um die Frage, nach welchen Kriterien die Vergaben laufen?

Wir freuen uns über die Ernennung eines Startup-Beauftragten in der Person von Michael Altrichter und auf die Zusammenarbeit mit ihm.

Lisa Fassl | Female Founders und AAIA

Die Tatsache, dass es ein eigenes Hilfspaket für Startups gibt, zeigt, dass das Thema in der Bundesregierung angekommen ist und wir als Szene an Relevanz gewinnen. Viele der Inputs, die aus der Community gekommen sind, wurden in dem Paket aktiv adressiert. Danke an dieser Stelle an alle die dazu beigetragen haben.

Gleichzeitig ist aber hoffentlich klar, dass dieses Paket eine kurzfristige Hilfe darstellt. Um den Startup-Standort langfristig zu positionieren und die Chancen, die sich durch Corona ergeben, zu nutzen, braucht es eine ganzheitliche Betrachtung und eine sinnvolle Strategie. Diese muss alle Aspekte des unternehmerischen Lifecycles – von Entrepreneurial Education bis Exit – beinhalten.

Ein brandaktuelles Thema in dieser Hinsicht: Die Investitionskontrolle, die ausländische Investments in heimische Unternehmen stark regulieren soll. Wenn hier keine entsprechenden Ausnahmen für Startups geschaffen werden, werden wir es nicht schaffen, globale Player aus Österreich heraus zu entwickeln – und dann gehen auch die besten Unterstützungsmaßnahmen ins Leere.

Berthold Baurek-Karlic | Venionaire Capital Ges.m.b.H.

Wir als Marktteilnehmer hatten gebannt auf das Hilfspaket gewartet. Im Vorfeld wurden lange und recht detaillierte Konzepte durch AAIA und AVCO in Abstimmung mit AustriaStartups ausgearbeitet, woraus der einheitliche Tenor hervorkam, dass wir schnelle, unbürokratische Lösungen benötigten. Das vorgestellte Paket liegt erneut stark in den Händen der aws und wir werden sehen, welche Kriterien Startups im Detail erfüllen müssen und wie schnell dann ausgezahlt wird.

Ich finde es großartig, dass die Krise als Chance gesehen wird, um unser Land unternehmerischer und klimaneutraler zu machen. Technologie soll Fortschritt und Innovation bringen, da liegt dieses Thema gesellschaftlich natürlich in unserer aller Interesse. Hohe Arbeitslosigkeit hat bereits in der Finanzkrise ein Welle von Gründungen ausgelöst, das könnte nun auch durch die Viruspandemie passieren – was ich grundsätzlich als Chance sehe. Unter diesem Gesichtspunkt hoffe ich, dass bei Bedarf etwas „Dünger“ – wie BM Gewessler das Programm selbst bezeichnete – für Startups nachgelegt wird.

Der Covid Hilfsfonds soll eine breite Maßnahme werden, ein Zuschuss. Dotiert mit 50 Millionen Euro für Co-Investments von privaten Investoren (ich interpretiere das als „Business Angels“, und vermute, dass Early-Stage-Fonds erneut ausgeschlossen sind), ist dieser Fonds für mich noch ein Fragezeichen. Die Bandbreite von 10.000 bis 80.000 Euro erscheint mir sinnvoll.

Der “Corona Venture Capital Fonds”, mit 50 Millionen Euro, ist ein guter Anfang. Ich finde es gut, dass das Management ausgeschrieben wird. Es ist eine Chance für mehr Diversität unter österreichischen Fondsmanagern, und der Fonds wird wichtiges zusätzliches Kapital in den Markt bringen. Nicht ganz klar ist mir, welche Kriterien in den Veranlagungsrichtlinien des Fonds verankert werden sollen – gesagt wurde „investiert soll in jene werden, die vor der Krise mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Runde hätten abschließen können“ – hier gibt es offenbar noch Spielraum. Wir werden uns etwas kreatives einfallen lassen und hoffen, an der Ausschreibung teilnehmen zu dürfen.

Michael Altrichter wird als Startup Sprecher einen anspruchsvollen Balance-Akt vor sich haben. Er ist als Investor an 37 Startups beteiligt, Aufsichtsrat der Startup300 AG und will unabhängig für das Ökosystem eintreten. Ich denke, das kann gelingen, wird aber eine gute Balance aus Vertretern von  AustrianStartups, AVCO und AAIA in seinem Expertenkomitee benötigen – je breiter er sich hier aufstellt, umso besser wird es sein. Die Frage nach Interessenskonflikten wurde bereits von einem Journalisten – unmittelbar in der Pressekonferenz – gestellt. Das Thema liegt auf der Hand und ist ihm sicherlich bewusst.

Bernhard Lehner | startup300

Es ist sehr erfreulich, dass die Bundesregierung in enger Abstimmung mit der Startup-Szene dieses Paket geschnürt hat. Das ist ein ganz wichtiges Signal, weil wir in den letzten Wochen gesehen haben, dass die bisherigen Corona-Support-Maßnahmen am Bedarf vieler Startups vorbeigehen.

Das muss jetzt Mut machen und ist auch psychologisch ein super Signal! Entscheidend werden die Details der Pakete sein, das werden wir in den nächsten Tagen und Wochen sehen. Ich hoffe sehr, dass alle Beteiligten die positiven Signale sehen und den Schritt in die richtige Richtung auch anerkennen #thinkpositive #worktogether #startupteamaustria. Ich finde diese Dynamik sehr erfrischend und erfreulich.

Ach ja: Und ich freue mich sehr über den Startup-Beauftragten der Regierung. Das zeigt, dass das Thema ernst genommen wird.

Benjamin Ruschin | WeAreDevelopers

Das von Frau Bundesministerin Margarete Schramböck vorgestellte Startup-Hilfspaket der Bundesregierung ist ein konstruktiver Schritt in die richtige Richtung.

Es muss aber allen Beteiligten klar sein, dass die 150 Millionen Euro nur ein erster Schritt sind und dass die Liquidität beider Maßnahmen – VC-Fonds wie auch COVID-19-Startup Hilfsfonds – in weiteren Etappen nochmals aufgestockt werden muss.

Die Entscheidung, Bernhard Sagmeister und sein Team bei der aws mit dieser wichtigen Maßnahme zu betrauen, ist absolut richtig. Hier sind die Kompetenzen gegeben, die für die operative Umsetzung des Startup-Hilfspakets benötigt werden.

Christoph Boschan | Wiener Börse

Statement der Wiener Börse: Das von der Bundesregierung präsentierte Maßnahmenpaket, das Startups bei der Bewältigung der Coronakrise unterstützen soll, ist ein vielversprechender Schritt. Die erfolgreiche Förderung von Jungunternehmen in Kombination mit dem vorliegenden Regierungsprogramm verspricht eine Stärkung des österreichischen Kapitalmarktes. Das ist im Hinblick auf den Wiederaufbau nach der Krise essenziell. Historisch hat sich gezeigt, Länder mit starken Kapitalmärkten erholen sich rascher von Krisen.

Christoph Boschan, Vorstandsvorsitzender der Wiener Börse: Wer Startup sagt, muss auch Börse sagen. Ohne starken heimischen Kapitalmarkt, können weder jüngere Unternehmen noch ganze Märkte skalieren. Über die Börse sowohl eine Exit- als auch eine breite Beteiligungsmöglichkeit zu schaffen, wird für den Wiederaufbau wichtiger sein denn je. Unternehmen werden das Eigenkapital dringend brauchen.

Das Regierungsprogramm enthält bereits alle Bausteine, damit noch mehr Unternehmen mit dem Finanzierungs-Aufzug ganz nach oben fahren können und nicht im ersten Stock hängen bleiben. Die rasche regulatorische Modernisierung und eine generelle Stärkung der wirtschaftlichen Bildung in Österreich würden diesen Weg mehr Unternehmern zugänglich machen. Eine Einführung der Behaltefrist macht die Beteiligung für die Bevölkerung attraktiver“

Martin Maitz | see:PORT

Das Startup Hilfspaket der Bundesregierung ist auf alle Fälle zu begrüßen, da es Startups, die von der Coronakrise betroffen sind, direkt helfen kann. Diese sind bisher vielfach durch den Rost gefallen. Die Betragshöhe scheint stimmig zu sein, ist aber zum Teil nur ein neuer Name für bestehende Kleider (Hilfsfond).

Der neue VC-Fonds klingt spannend, die Frage wird aber sein, wie schnell er arbeitsfähig wird, da hier die Zeit bei vielen Startups schon sehr drängt.

Wichtig wird es darüber hinaus sein, weitere Verbesserungsschritte für Investoren einzuführen, um privates Kapital zu mobilisieren – Stichwort: Beteiligungsfreibeträge, Verlustverrechunung und so weiter. Dies wird nötig sein, um Startups nachhaltig auf stabile Beine zu stellen und die Investorenszene weiter zu entwickeln. Dass es nun mit Michael Altrichter einen Startup-Beauftragten gibt, ist ein wichtiger symbolischer Schritt. Es wird aber notwendig sein, ihn mit entsprechenden Kompetenzen auszustatten.

Christian Matzinger | OÖ Hightechfonds

Grundsätzlich sehe ich die Initiative positiv, allerdings hat es auch hier einen ordentlichen Haken, wie bei allen übrigen Hilfsprogrammen des Bundes.

  1. Die 5-Jahresregel ist kein geeignetes Kriterium. Viele Startups, welche jünger als fünf Jahre sind, befinden sich meist noch im Entwicklungsstadium, Prototypenphase oder der Vorbereitung für den Markt. Diese werden vielfach noch über diverse Förderschienen der FFG und dergleichen versorgt.
  2. Probleme gibt es bei Startups (>5 Jahre), welche sich bereits seit kurzem am Markt befinden, allerdings einen Rucksack von Anlaufverlusten mitschleppen und somit durch jegliche Hilfsmaßnahmen fallen, weil sie die URG-Kriterien – Unternehmen in Schwierigkeiten usw. – nicht erfüllen.

Mit der Fünf-Jahresregelung haben diese auch nicht die Chance auf den nunmehr zur Verfügung gestellten Topf. Schade!

Jakob Reiter | The Ventury

Dass es ein Hilspaket speziell für Startups gibt, ist schon ein positives Zeichen in sich und zeigt, dass die Startup-Szene als immer wichtiger erachtet wird und mehr als nur ein “Nice-To-Have” ist, das man jetzt nicht einfach so hängen lassen kann. Aus einer Umfrage von AustrianStartups geht ja auch klar hervor, dass die heimischen, frühphasigen Startups ganz schön zu kämpfen haben. Das Paket wird sicher nicht allen perfekt helfen können und es werden sicher trotzdem einige durch den Rost fallen, aber es ist sicher ein vernünftige Maßnahme. Weitere Lücken zu schließen wird nun die Herausforderung sein.

René Berger | next march GmbH

Die Initiative der Bundesregierung ist begrüßenswert. Wichtig wird zu sehen, ob die Instrumente im Detail auch auf die notwendige Flexibilität für die sehr unterschiedlichen Realität der Startups mitbringen. Umso eher und einfacher der durch die Coronakrise geschaffene Liquiditätsbedarf gedeckt werden kann, desto besser. Viel wird hier von Details und der Handhabung abhängen.
Als zu kurz gegriffen erachte ich, dass Startups für den Hilfsfonds nicht älter als 5 Jahre sein dürfen. Hier wären 7 Jahre der Realität am Markt wohl angepasster gewesen. Bereits den Kleinkinderschuhen entwachsene Startups werden etwa von den Maßnahmen kaum profitieren und müssen auf andere Liquiditätsquellen vertrauen, um durch die Krise so wenig Schaden wie möglich zu nehmen.
Kurz gesagt: gut für kleine, sehr junge Startups. Startups, die stark wachsen und schon größer sind, haben wenig davon.

NEU: Community-Opinion-Corner

Gerne würden wir natürlich auch eure Meinung zum Startup-Hilfspaket und Michael Altrichter als neuen Startup-Beauftragen wissen. Hierfür haben wir einen Community-Opinion-Corner eingerichtet:

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Andreas Buchta-Kadanka, stellvertretender Sektionsleiter in der Sektion III - öffentlicher Dienst und Verwaltungsinnovation, Leitung der Gruppe III/C (c) BMKÖS 2024

Sie ist ein Trainingslager für Innovation. Sie steht für Wertschätzung und Anerkennung und hebt die Arbeit von Innovator:innen ins Rampenlicht. Und sie zeigt, wie gut sich Innovation hands-on umsetzen lässt. Die Rede ist von der Innovate 2024 – der jährlich stattfindenden Innovationskonferenz des öffentlichen Sektors.

Am 28. November 2024 dreht sich auf der Konferenz für Verwaltungsinnovation alles um die nächste Generation: “nextGen – Wer gestaltet die Zukunft der Verwaltung?” ist das Motto, unter dem diskutiert, gebrainstormed, vernetzt und gemeinsam gestaltet wird.

Im Vorfeld dazu haben wir mit Andreas Buchta-Kadanka gesprochen – tätig in der Sektion III – öffentlicher Dienst und Verwaltungsinnovation, Leitung der Gruppe III/C, die sich unter anderem mit dem wirkungsorientierten und innovativen Verwaltungsmanagement befasst.

Im Interview mit brutkasten erwähnt er einige Aspekte, warum die “nextGen” in das Rampenlicht der Verwaltungsinnovation gehört und wie es jungen Menschen gelingen kann, den öffentlichen Sektor zu transformieren.


brutkasten: Sehr geehrter Herr Buchta-Kadanka, letztes Jahr hat die Verwaltungsinnovation ihr 100-jähriges Jubiläum gefeiert. Mit welchen Erkenntnissen startet die Verwaltung nun in das nächste Jahrhundert?

Andreas Buchta-Kadanka: Ich glaube, die vielleicht charakteristischste Entwicklung der letzten 100 Jahre war der Wandel von einem Durchsetzen der Obrigkeit hin zu einer immer stärker bürgerzentrierten Verwaltung. Der Dienstleistungsgedanke hat sich sehr stark durchgesetzt. Die Verwaltung ist Dienstleister der Bevölkerung. Und die Bevölkerung nimmt das Verwaltungshandeln nicht einfach hin, sondern verdient Transparenz, Erklärung und das proaktive Beseitigen von Widersprüchen. Diese Entwicklung ist eine entscheidende in unserer Geschichte.

Welche Herausforderungen muss sich die Verwaltung angesichts dessen stellen?

Ich glaube, eine wesentliche Challenge für die Verwaltung und das Regieren generell ist die schnellere Taktzahl, die höhere Geschwindigkeit unseres Apparates. Das beginnt schon bei der Erwartungshaltung von Bürger:innen: Wir versuchen, Transparenz und Schnelligkeit so gut es geht in unser Handeln zu integrieren. Das optimieren wir auch kontinuierlich, wie internationales Benchmarking zeigt.

Das heißt: Je schneller die Verwaltung reagiert, desto besser?

Jein. Ich würde sagen, so korrekt und schnell wie möglich. Grundsätzlich besteht die mediale Erwartungshaltung, dass zu verwaltungspolitischen Themen sehr schnell Stellung genommen wird. Sei es durch Politiker:innen oder durch die Verwaltung selbst. Diese Schnelligkeit ist zumindest meiner Meinung nach eine der größten Herausforderungen: Schnell und korrekt reagieren und bei all der Schnelligkeit Qualität zu sichern. Gerade dafür wollen wir auf innovative Lösungen der nextGen setzen.

Inwiefern könnte diese Umsetzung aussehen?

Konkret geht es darum, abzuwägen: Wie schnell müssen wir sein, was wollen wir transformieren oder digitalisieren und wie machen wir das richtig. Wir wollen schlechte Prozesse nicht einfach digital machen, sondern digitalisieren und optimieren. Wir wollen “Arbeit” anders denken und technologische Vorteile mitnehmen.

Inwiefern glauben Sie, dass Ihnen die diesjährige Innovate Antworten auf diese Fragen liefert?

Ganz klar ist es der Austausch und die Inspiration voneinander. Das physische Zusammenbringen von Innovator:innen aus Wirtschaft, Wissenschaft, der Zivilgesellschaft und Verwaltung. Das Lernen voneinander, das Bilden eines Netzwerkes. Das sind Dinge, die man nicht rein online oder bilateral macht. Dafür braucht es Veranstaltungen wie die Innovate.

Wie passieren Fortschritt und Innovation?

Ich bin davon überzeugt, Innovation passiert vor allem aufgrund des informellen Austausches. Netzwerken ist etwas Persönliches. Inspiration und das Diskutieren darüber, was funktioniert und was nicht, das hat eine ganz starke zwischenmenschliche Komponente. Und diese Art von Innovation braucht keinen Frontalvortrag und keine Jubelbroschüre, sondern persönlichen Austausch.

Der persönliche Austausch soll dieses Jahr ja vor allem mit der nextGen – also der nächsten Generation – passieren. Was will die diesjährige Innovate damit bewirken?

Für uns ist das ein sehr naheliegendes Thema. Wir stehen vor massiven demografischen Umwälzungen. In den nächsten 13 Jahren werden 44 Prozent des Personals in der Verwaltung in Pension gehen. Fachkräfte am Arbeitsmarkt sind ja ohnehin schon gefragt. Es besteht bei uns großer Rekrutierungsbedarf.

Inwiefern könnte die Verwaltung mit der Pensionswelle umgehen?

Indem wir weiterhin ein attraktiver Arbeitgeber sind und unsere Stellung kontinuierlich verbessern. Auf der Nachfrageseite, aber auch für unser bestehendes Personal. Wir wollen für den Bund begeistern und personalwirtschaftliche Themen sehr stark mit dem Innovationsaspekt verbinden. Wir schauen stark darauf, Innovation nicht nur in klassischen personellen Disziplinen wie Bezahlung, Arbeitszeit und New Work zu verankern. Wir stellen als Arbeitgeber auch sicher, unser Personal aktiv in den Innovationsprozess einzubinden und generationenübergreifende Bedürfnisse zu erfüllen. Und dafür bietet die Innovate eine hervorragende Bühne.

Das heißt, auf der Innovate können Teilnehmende die Verwaltung aktiv mitgestalten?

Ganz richtig. Innovation heißt, wir sind für alle Ideen offen und wollen das auch im Personalkontext fördern. Bei der diesjährigen Innovate geht es deshalb primär um das Thema demografischer Wandel, Wissensmanagement, Recruiting und Führung. Unser Schwerpunkt ist die nextGen – und wir befassen uns intensiv damit, wie man altes Wissen sichern, weitergeben und mit den gegenwärtig verfügbaren Mitteln (Stand der Technik) aufbereiten kann.

Das klingt nach einem sehr universellen Thema.

In der Tat. Wir decken damit nicht nur die Bedürfnisse der Verwaltungscommunity, sondern auch jene der Wissenschaft, Wirtschaft und Zivilgesellschaft. Wir wissen, dass Wissenstransfer und Modernisierung nicht nur Herausforderungen in unserem Feld sind, sondern sektorenübergreifend stattfinden müssen.

Welche Themenbereiche rücken zukünftig noch weiter ins Zentrum?

Ein ganz wichtiges Thema, mit dem wir uns dieses Jahr auch befassen, ist die Sinnhaftigkeit im Arbeiten. Diese Komponente ist gerade für die nextGen besonders wichtig. Junge Menschen wollen in ihrem Wirken die Möglichkeit haben, einen nachhaltigen Beitrag für Österreich und die Gesellschaft leisten zu können- und das tun sie bei der Verwaltung.

Wo braucht es besonderen Innovationsbedarf?

Kompetenzen und Skills ständig ändern. Wir wissen, Kompetenzorientierung ist auch auf europäischer Ebene ein großes Thema. Da gilt es, heute schon die Kompetenzfelder von morgen ausfindig zu machen und Entwicklungen bestmöglich zu antizipieren. Denn wenn wir jetzt falsch ausbilden oder schlecht rekrutieren, sind wir auch schlecht für die Zukunft aufgestellt.

So ganz Hals über Kopf darf man sich allerdings nicht ins Wasser stürzen. Gerade in der Verwaltung ist es uns sehr wichtig, das Vertrauen der Bürger:innen zu halten und nicht durch zu riskante Neuerung zu verspielen. Sei es in puncto Datenschutz, Rechtsstaatlichkeit, Rechtssicherheit, Fairness oder Gleichbehandlung. Wenn man in diesen Bereichen schlechte Produkte produziert, kann das Vertrauen der Bevölkerung erodieren.

Das heißt, lieber langsam und sicher als zu schnell und zu riskant?

Das Vertrauen in Institutionen ist ein derzeit sehr wichtiges Thema. Insofern muss man sich bei innovativen Prozessen als Staat schon etwas vorsichtiger und mit klaren Guidelines – auch aus ethischer Sicht – bewegen. Als konkretes Beispiel der Einsatz von KI: Wenn ich auf meiner Spotify-Playlist einen unpassenden Vorschlag erhalte, ist das etwas anderes, als wenn das bei einem Gerichtsurteil der Fall wäre – das hat eine ganz andere Dramatik.

Welche Highlights bietet die Innovate dieses Jahr?

Die Innovate soll ja nicht nur so heißen, sondern auch so sein, dass wir nicht nur Vorträge halten, sondern auch ein gestaltendes Element einbringen. Wir haben dafür heuer ein neues Format: Den sogenannten Innovate Sprint, einen interaktiven Workshop, der sich mit dem Thema nexGen & Verwaltung befasst.

Und beim Innovate Sprint können Teilnehmende aktiv “mit sprinten”?

Genau. Der Innovate Sprint ist ein Workshop-Format, bei dem Teilnehmer:innen in interdisziplinäre Teams aufgeteilt werden. So kommen viele unterschiedliche Hintergründe und Perspektiven zusammen. Die Teams entwickeln dann je eine Idee, die mit künstlicher Intelligenz visualisiert wird. Über die beste Idee wird dann im Zuge der Innovate und mit unserer Verwaltungs-Community abgestimmt und der Sieger wird prämiert.

Was bekommen die Sieger:innen des Innovate Sprint?

Die Siegergruppe wird die Möglichkeit haben, mit uns nächstes Jahr zum Creative Bureaucracy Festival nach Berlin zu fahren. Das ist eines der weltweit größten Veranstaltungen im Bereich der Verwaltungsinnovation.

Das klingt nach einem tollen Siegerpreis! Und nach einem großen Mehrwert für die Verwaltung Österreichs.

Die Teilnehmer:innen der Innovate Sprint können mit ihren Ideen Einiges bewirken. Wichtig ist uns dabei auch, dass wir als wertbasierte Verwaltung das Vertrauen in staatliche Strukturen aufrechterhalten. Das ist eine unserer Kernfunktionen.

Warum ist gerade die Innovate der richtige Ort, um diesen gemeinsamen Fortschritt zu erzielen?

Die Innovate ist wie ein Trainingslager: Natürlich kann ich meinen Sport alleine betreiben und ich kann darin alleine besser werden. Aber ich finde, es ist das Mindeste, einmal im Jahr gemeinsam zu “trainieren”, sich auszutauschen und sich gemeinsam auf zukünftige Challenges vorzubereiten.

Die Innovate ist also quasi ein Trainingslager für die Zukunft der Verwaltung?

Nicht nur: Die Innovate stellt alle, die über das Jahr an Innovation, Sicherheit und digitalem Fortschritt arbeiten, ins Rampenlicht. Die Innovate ist auch ein Stück weit ein Dankeschön für all die Arbeit, die geleistet wird. Und sie zeigt, dass tolle Konferenzen nicht nur etwas für die Privatwirtschaft sind, sondern dass es innovatives Denken und gemeinsames Schaffen auch im Bundeskontext gibt.

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