21.09.2021

BioNTech-Mitgründerin Türeci hält Keynote bei Spin-off Austria Conference

Bei der zweiten Ausgabe der von Hermann Hauser und Herbert Gartner initiierten Konferenz am 23. November wird auch das "Spin-off Dashboard Austria" präsentiert.
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BioNTech-Gründerin Özelm Türeci hält eine Keynote bei der Spin-off Austria Conference
BioNTech-Gründerin Özelm Türeci hält eine Keynote bei der Spin-off Austria Conference | (c) BioNTech

Nicht ganz ein Jahr ist es her, dass die beiden DeepTech-Unternehmer und -Investoren Hermann Hauser und Herbert Gartner die Initiative Spin-off Austria ins Leben riefen und relativ kurzfristig eine erste Konferenz organisierten. Die Mission war und ist dabei sehr klar definiert: Die Etablierung von Unternehmertum als dritter Säule neben Forschung und Lehre an Österreichs Universitäten und Fachhochschulen. Nun folgte die Ankündigung für die zweite Ausgabe des kostenlosen Online-Events – mit etwas mehr Vorlaufzeit als damals. Am 23. November ist es soweit.

Spin-off Austria: 1.000 neue Startups bis 2030 als Ziel

 “Österreich hat in den vergangenen Jahrzehnten in vielen Bereichen an Wettbewerbsfähigkeit verloren. Mit der Spin-off Austria Initiative leisten wir einen Beitrag, um den Rückstand im internationalen Vergleich zu verringern und neue Jobs sowie zusätzliche Karrierechancen für junge Wissenschaftler aller Fakultäten und Studienrichtungen zu schaffen”, sagt Hermann Hauser. Gemeinsam mit Herbert Gartner hat er ein konkretes Ziel definiert: Bis 2030 soll sich ein Spin-off-Ökosystem mit zusätzlichen 1.000 neu gegründeten Startups entwickeln.

Die Ausgangslage: 2020 wurden nur 16 universitäre Spin-off-Gründungen an öffentlichen Universitäten (ohne Fachhochschulen und außeruniversitäre Forschungseinrichtungen) in Österreich verzeichnet. Und das obwohl das Land mit 12,1 Milliarden Euro 3,23 Prozent des Bruttoinlandsprodukts, und damit den EU-weit zweithöchsten Anteil nach Schweden, für Forschung und Entwicklung ausgab. Die Initiatoren sehen darin einen viel zu geringen Output im Vergleich zu den Investitionen. Herbert Gartner ist jedoch zuversichtlich: “Im persönlichen Gespräch mit den politischen und akademischen Entscheidungsträgern erhalten wir zahlreiche positive Rückmeldungen auf unsere im vergangenen Jahr gestartete Initiative. Mit den neuen Leistungsvereinbarungen, die nächstes Jahr in Kraft treten, kann und wird an den Universitäten eine Aufbruchstimmung entstehen, die neues akademisches Unternehmertum entstehen lassen wird”.

BioNTech-Gründerin Özelm Türeci als Keynote-Speakerin

Bei der diesjährigen Konferenz, deren technische Umsetzung der brutkasten durchführt, will man vor allem mit Positiv-Beispielen Stimmung für die Sache machen. Keynotes gibt es dabei unter anderem von BioNTech-Mitgründerin Özelm Türeci und von John Cumbers, Gründer und CEO von SynBioBeta – eine auf synthetische Biologie spezialisierte Community. Mit dem ganztägigen Programm wolle man erfolgreiche Gründer:innen österreichischer Hochschul-Spin-offs und “akademienahe Einhörner” beleuchten und Raum für die Diskussion verschiedener Stakeholder wie Investor:innen, Hochschulleiter:innen oder Rechtsexpert:innen geben, heißt es von den Initiatoren.

Für den nötigen statistischen Unterbau soll das neu geschaffene “Spin-off Dashboard Austria” sorgen. Mit diesem würden die strategischen Ausrichtungen und Aktivitäten sowie Zahlen und Fakten zur österreichischen Spin-off Landschaft umfassend betrachtet, so die Initiative. Abgerundet soll das Programm durch die Prämierung der akademischen Institutionen mit den überzeugendsten Gesamtaktivitäten in Österreich werden.

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Storebox-CEO und Cofounder Johannes Braith
Storebox-CEO und Cofounder Johannes Braith | Foto: brutkasten

Die neue EU-Kommission steht. Hierzulande laufen dagegen nach wie vor die Regierungsverhandlungen zwischen ÖVP, SPÖ und NEOS mit ungewissem Ausgang. Währenddessen kommt nicht nur Österreich nicht aus der Rezession heraus und auch die Prognosen bleiben tendenziell negativ. Begleitet wird das Szenario von einer Häufung an dramatischen Appellen und Forderungen nach umfassenden Änderungen in der Wirtschaftspolitik.

Wie steht es wirklich um Österreich und die EU? Was sind nun die drängendsten Maßnahmen? brutkasten geht diesen Fragen gemeinsam mit führenden Köpfen der heimischen Innovationsszene nach.

Storebox-Co-Founder und -CEO Johannes Braith sieht im brutkasten-Interview auch Chancen, die die Krise biete, formuliert aber konkrete Maßnahmen, die dazu nun auf politischer Seite ergriffen werden müssten.


brutkasten: Düstere Prognosen und drastische Appelle stehen aktuell in der Wirtschaftsberichterstattung an der Tagesordnung. Wie beurteilst Du die Situation? Ist sie wirklich so dramatisch?

Johannes Braith: Ich beobachte die Großwetterlage natürlich laufend. Allerdings halte ich es für gut, wenn man sich in seinen daily Operations als Founder nicht zwangsläufig beunruhigen lässt. Gerade Startups sind es gewohnt Krisen zu managen bzw. mit ihnen umzugehen. In manchen Fällen kann dadurch sogar etwas Positives entstehen. Denn Krisen erzwingen oft Veränderungen, welche wiederum oft Chancen beinhalten.

Aber natürlich finde ich es beunruhigend, dass wir, was unsere Wettbewerbsfähigkeit in Europa angeht, so dramatisch den Anschluss verlieren. Ich hoffe, dass der steigende Schmerz dazu führt Regulierungen abzubauen und ein neues Selbstverständnis hinsichtlich Wirtschaft, Startups und Technologie einkehrt.

Welche gesamtwirtschaftlichen Maßnahmen sollten in Österreich möglichst schnell umgesetzt werden? Was muss unbedingt ins Regierungsprogramm?

Das Thema ist leider ziemlich mühsam, da sehr, sehr gute Vorschläge seit langer Zeit am Tisch liegen, die allerdings nicht umgesetzt wurden. Ein wichtiger Punkt ist es bestimmt, Risikokapitalgeber zu incentivieren – Stichwort Beteiligungsfreibetrag.

Noch wichtiger wäre es allerdings die Steuern auf Arbeit deutlich zu reduzieren. Wir sind in einer Zeit, in der wir die Extrameile gehen müssen. Das sollte auch belohnt werden. Man könnte z.B. Überstunden steuerlich freistellen, Pensionisten incentivieren, wenn sie in der Rente arbeiten möchten – eventuell gänzlich steuerfrei, oder man kann über Modelle nachdenken, mit denen man Vollzeitarbeit nicht nur ermöglicht (Kinderbetreuung) sondern eventuell auch belohnt.

Generell stelle ich mir die Frage, wie Menschen den Sinn in ihrer beruflichen Tätigkeit wieder zurückerlangen können. In vielen Gesprächen und Beobachtungen sehe ich, dass die Leistungebereitschaft extrem abgenommen hat. Ob das immer durch politische Maßnahmen geheilt werden kann, bezweifle ich. Ich halte viel von Selbstbestimmung und Eigenverantwortung.

Und was sollte die neue EU-Kommission unbedingt sofort angehen?

Regulierung massiv abbauen. Ich bin mit Storebox mittlerweile in sechs Ländern und mehr als 200 Städten operativ tätig. Es kann ja nicht sein, dass wir gefühlt hunderte unterschiedliche Regulierungen vorfinden, die das Prosperieren von Unternhemen extrem erschweren.

Was wären konkret für euch als Scaleup die wichtigsten Schritte auf nationaler und EU-Ebene?

Die Lohnkosten senken, Regulierungen massiv reduzieren und die Zuwanderung hochqualifizierter Personen massiv erleichtern.

Was bräuchte es, damit die Wiener Börse bzw. zumindest eine europäische Börse für einen IPO eines Scaleups wie Storebox attraktiv ist?

Große Anschlussfinanzierungen müssen in Europa mit europäischem Kapital getätigt werden, um ab einer gewissen Stage als logischen Schritt einen IPO auch in einem europäischen Heimatmarkt zu forcieren.

Aktuell wird nicht nur im Zusammenhang mit Börsengängen die Standortattraktivität stark diskutiert. War Abwanderung aus Europa für euch jemals ein Thema?

Aktuell noch nicht. Ich lebe sehr gerne in Österreich und sehe nicht alles nur negativ. Wir leben in einem tollen Land mit vielen Möglichkeiten, toller Infrastruktur und einigermaßen stabilen Verhältnissen. Die Verwaltung dieses Zustands wird allerdings nicht ausreichen. Es muss gestaltet werden, um den Standort attraktiv zu halten.

Bitte eine Prognose: Abhängig von den Entscheidungen, die in nächster Zeit getroffen werden – was ist das Worst- und was das Best-Case-Szenario für Europa?

Das Worst-Case-Szenario: Die EU zerfällt in unterschiedliche Lager, weil es nicht möglich war, Interessen zu alignen und die großen Hebel zu betätigen. Geopolitisch wäre das eine absolute Katastrophe!

Das Best-Case-Szenario: Die Wettbewerbsfähigkeit wird durch radikale Maßnahmen wieder hergestellt. Die Menschen spüren eine deutliche Entlastung, haben Perspektiven und glauben an eine bessere Zukunft. Europa wächst weiter zusammen und bleibt ein starker und wichtiger globaler Player.

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