30.08.2023

Space Sustainability: “Dort oben fliegen Satelliten von Elon Musk und ein Haufen Schrott”

Weltraumkrieg, All-Kapitalismus und Müll, der unsere Weltordnung bedroht: Das Wiener SpaceTech The Impressive Company macht in seinen Datenanalysen Unglaubliches sichtbar.
/artikel/space-sustainability-impressive-company
Johanna
Johanna "Jojo" Kivalo und Nikodemus Wagner setzen sich für Nachhaltigkeit im Weltraum ein. Foto: (c) The Impressive Company

Im Büro von The Impressive Company in der Wiener Leopoldstadt sieht es aus, wie in einer Studenten-WG: Ausziehcouch, Schreibtisch und ein großer Fernsehbildschirm. Über dem Schreibtisch von CEO Nikodemus Wagner hängt ein Portrait von Jeff Ricketts. Der Kult-Schauspieler spielte in Star Trek Enterprise mit. In einem anderen Raum werden zwei russische Raumfahrtanzüge aufbewahrt.

Jeff Ricketts von Star Trek

In einem von The Impressive Company entwickelten Escape Game spielte Jeff Ricketts den Antagonisten. Die Raumanzüge sind Kostüme für Videos, die lange ihr Hauptgeschäft waren.

Der wichtigste Geschäftsbereich des 12-köpfigen Teams ist aber mittlerweile die Überwachung des Verkaufsaufkommens im Weltraum. “Das Weltraumprojekt hat inhaltlich die Firma komplett übernommen”, erzählt CEO Wagner. The Impressive Company macht Datenauswertungen und Visualisierungen von Dingen, die im Weltraum umherfliegen. Objekte, die unsere Leben stärker beeinflussen, als vielen bewusst ist.

Wollen wir eine Rakete raufschießen?

“Der Weltraum war immer ein Thema in sämtlichen Medien, die wir konsumiert, aber auch produziert haben”, erzählt CEO Wagner über die Weiterentwicklung seines Unternehmens zum SpaceTech.

Die Sehnsucht nach dem Weltall sei plötzlich stark geworden. Kurz entschlossen rief er seinen jetzigen Kooperationspartner Valentin Eder von Space Analyses an. “Valentin, ich möchte eine Rakete rauf schießen, bist du dabei?”, sagte er zu ihm. Eder erteilte ihm eine Abfuhr, er wollte nicht zur weiteren Vermüllung des Weltraums beitragen. “Damit hat unsere Radikalisierung begonnen, weil wir uns mit den Themen Weltraumschrott und Verkehr auseinandersetzen. Uns wurde ein Problem präsentiert, das einer Lösung bedarf”, erklärt Wagner den Ursprung des aktuellen Weltraumprojekts.

Videoproduktion in SpaceTech verwandelt

“Von der inhaltlichen Überschrift her ist unser Weltraumprojekt anders, von der technischen gar nicht so: Es ist ein System, wo Daten automatisiert verarbeitet werden”, so Wagner. “Software Automation im medialen Kontext ist der gemeinsame Nenner zwischen dem, was wir tun”, erklärt er. Zuvor automatisierten sie die Videoproduktion für B2B-Kund:innen. Jetzt machen sie eben automatisierte Datenanalysen über Verkehrsaufkommen im Weltall.

“Dort oben fliegen Satelliten, aber auch ein Haufen Schrott. Kaputte Satelliten und Raketenstufen, die Satelliten rauf bringen. Aber auch Trümmer von Dingen, die zusammengekracht und zersplittert sind”, erzählt Wagner.

Die Objekte, die um unsere Erde kreisen, werden immer mehr. Das zeigen ihre Analysen: “Wir sind wie die Google-Stauanzeige und sagen: In dem Bereich ist es rot oder gelb, da ist viel los, da ist es langsam”, erklärt Johanna “Jojo” Kivalo. Die Systemprozess-Expertin leitet die technische Umsetzung des Weltraumprojektes.

Furcht vor Kettenreaktion

Mit dem Verkehr steige das Risiko von Kollisionen. “Das große Gefahrenszenario, vor dem wir uns fürchten, trägt den Namen Kessler-Syndrom. Das ist eine Kettenreaktion, die das alles gefährdet”, sagt Wagner. “Wenn zwei Satelliten zusammenkrachen, entstehen 10.000 Trümmer. Ein Teilchen hat die kinetische Energie eines Artilleriegeschosses. Das reicht für eine Kettenreaktion, die sämtliche Satelliten zerstört”.

Wie oft der Satellit Sentinel-5P während 33 Stunden beinahe mit anderen zusammenstößt, zeigt ein Video von The Impressive Company. Der Satellit gehört der ESA und dient der Beobachtung und Messung von Treibhausgasemissionen. Er ist ein wichtiges Tool, um die Auswirkungen der Klimakrise und die Veränderungen in der Atmosphäre zu überwachen.

Wohlstand, Waldbrände und Lieferketten

Satelliten sind wichtig. Wettervorhersagen, die über Schiff- und Luftfahrt entscheiden, sind davon abhängig. Ausfälle können Missernten, mit Dürren und Hungerkatastrophen zur Folge haben. Auch für die Bekämpfung von Waldbränden sind Satellitendaten wichtig.

“Der Wohlstand, den wir uns aufgebaut haben, basiert auf Services aus dem All”, meint Wagner. Denn der Ausfall von GPS habe einen Zusammenbruch der globalen Lieferketten zur Folge. “Man hat gesehen, was passiert, wenn ein einziges Schiff einen Kanal blockiert oder es in einem Hafen an der Westküste der USA zu wenig Leute gibt, die es entladen”, sagt Kivalo.

Das Problem sei, dass momentan im Weltraum alle machen, was sie wollen. Derzeit seien die Orbits, in denen unsere Satelliten und andere Dinge fliegen, unregulierter Raum. “Ähnlich wie der internationalen Schifffahrt gilt im All die Jurisdiktion des Landes, dem der Satellit gehört”, erklärt Kivalo. “Es ist wieder ein bisschen diese Tragedy of the Commons-Geschichte: Wenn sich alle zusammenreißen und einer nicht, hat der einen Vorteil”.

Wilder Weltraum: Musk gegen China

“Für die meisten aktiven Satelliten ist gerade Elon Musk zuständig. Und will Elon Musk Regulierungen? Fuck no”, meint Wagner. Tatsächlich zeigen die Dashboards von The Impressive Company deutlich, dass die Starlink-Satelliten in den letzten Jahren immer mehr wurden. Aber nicht nur die.

“Bei der Regulierungsfrage gibt es verschiedene Gruppen, die diametrale Interessen haben. Elon Musk gegen China. Etwa auf dieser Ebene spielt sich das ab. Natürlich werden die Amerikaner keine Regulierungen beschließen, von denen die Chinesen auch profitieren”, meint Wagner.

Herzlich willkommen im Weltraumkrieg.

Nikodemus Wagner

Kivalo und Wagner schauen aber genau hin, wer sich im Weltraum benimmt und wer nicht. Eine Spitze in ihrer Datenvisualisierung zeigt, dass Anfang 2022 etwas passiert ist. “Herzlich willkommen im Weltraumkrieg. Das ist der russische Antisatelliten-Waffen-Test”, kommentiert Wagner diese Auffälligkeit. Ein paar Monate nach dem Kriegsbeginn hätten die Russen einen eigenen Satelliten abgeschossen. “Dessen Trümmer-Teile haben im All für Furore gesorgt”, sagt er. Die Trümmer hätten sich nach und nach verteilt. “Das ist unser Business-Case: In den Nachrichten wird berichtet, dass die Russen einen Satelliten abgeschossen haben. Der Satellitenbetreiber will dann wissen, wie das seine Satelliten beeinflusst”, erklärt Wagner. The Impressive Company stellt dann Analysen bereit.

Eine weitere Auffälligkeit im Diagramm zeigt, dass Starlink zu einem gewissen Zeitpunkt Anfang 2023 etwas an seiner Konstellation verändert hat. “Wir wissen nicht was. Wir sehen aber, dass die Begegnungen von Starlink mehr und mehr werden – relativ steady bis zum Jänner. Und auf einmal gehen die Begegnungen von Starlink mit anderen Satelliten wieder runter”, so Wagner. “Die Daten erzählen, dass etwas passiert ist. Eine Reaktion auf eine Situation oder ein Versuch. Die Konstellation wird jedenfalls aktiv geändert, es gibt aber keine öffentlichen Statements dazu.”

Elon Musk okkupiert das Weltall

“Es ist nicht so, dass Starlink der Villian ist. Aber dadurch, dass Starlink so viele Satelliten hat, ist es ist einfach ein gutes Anschauungsbeispiel. Andere Betreiber wären auch gern dort und bei denen würde das genauso ausschauen. Aus irgendeinem Grund hat der Musk es aber schneller hingekriegt”, meint Kivalo. Mittlerweile gebe es so viele Starlink-Satelliten, dass andere kaum mehr Platz hätten. “Die chinesische Regierung sagt, die Amerikaner haben hier einen hochrelevanten Orbit für die Versorgung der Erde mit Internet mit ihrem System okkupiert. Die Chinesen haben dort keinen Platz, kein eigenes Satelliten-Internet aufzubauen”, fügt Wagner hinzu.

Egal ob Elon Musk oder die Russen – sie und die Entwicklungen im Weltall beobachten Wagner und Kivalo in ihrem Office in der Wiener Leopoldstadt genau.

EU als Auftraggeber

Die Datenanalysen und -Visualisierungen von Impressive Company erzählen viele neue Geschichten über die Machtverhältnisse im Weltraum. Die Mächte, die sich hier gegenüberstehen, sind die gleichen wie auf der Erde. Aber wo ist eigentlich die EU im Weltall und was macht The Impressive Company zu einem Zukunftsunternehmen?

“Irgendwelche Milliardäre stellen Behauptungen auf und wir sagen: Nein, das stimmt nicht, du Arschloch”, sagt Wagner scherzhaft. Er und seine Teamkolleg:innen nennen sich selbst Aktivist:innen, weil sie sich gemeinsam mit der EU für mehr Regulierung im All einsetzen möchten. “Wir wollen, dass die Arschlöcher belangbar sind”, meint Wagner.

Finanziert wurde das Weltraumprojekt bisher über die FFG mit Fördermitteln der European Space Agency (ESA). “Im Rahmen des Auftrags, sollten wir ein Daten-Tool für die europäischen Institutionen entwickeln”, erklärt Wagner. “Weil man nur etwas regulieren kann, wenn man es messen kann. Sonst kann man keine Gesetze schreiben”, ergänzt Kivalo. The Impressive Company will die Informationen bereitstellen. Wenn erst die Regulatoren ihre Daten verwenden, würden die Satellitenbetreiber später nachziehen, glauben sie.

Gegründet wurde The Impressive Company 2020 von Wagner. Ihre Analysen liefern sie an EU-Einrichtungen. Die Daten stammen aus verschiedenen Quellen.

Umweltschutz im Weltraum

Nicht ohne Grund bezeichnen sich Wagner und Kivalo als „Radikale“ oder „Aktivisten“. Ihr wichtigstes Stichwort lautet: „Space Sustainability“, Nachhaltigkeit im Weltraum.

Das sei aber nicht immer einfach zu vermitteln. “Zusammenräumen ist im Weltall extrem schwierig. Die Dinger sind so schnell. Man kann sie nicht einfach einfangen, das ist, als ob man mit so einem Schmetterslingnetz eine Gewehrkugel einfangen will”, so Kivalo. “Es ist ein Umweltschutzthema. Das Machtgefälle zwischen denen, die den Dreck verursachen und denen, die das verhindern oder aufräumen wollen, ist einfach riesig. Die Daten sind deswegen so wichtig, weil du damit überhaupt erst die Grundlage für Regulatorien schaffst”, so Kivalo.

Warum heißt das Unternehmen eigentlich The Impressive Company? Die Namensfindung sei der introvertierten Natur der Mitarbeiter:innen geschuldet, erzählt der Gründer: „Das war eine ganz bewusste Entscheidung, mit Stolz aufzutreten“, so Wagner.

Deine ungelesenen Artikel:
27.01.2025

Open Source und KI: “Es geht nicht darum, zu den Guten zu gehören”

Nachlese. Die Nutzung von Open-Source-Modellen eröffnet Unternehmen auch im KI-Bereich weitreichende Möglichkeiten. Es gibt dabei aber auch einiges zu bedenken. Darüber und mehr diskutierten in Folge 5 von "No Hype KI" Stephan Kraft von Red Hat, Florian Böttcher von CANCOM Austria, Natalie Ségur-Cabanac von Women in AI und Patrick Ratheiser von Leftshift.One.
/artikel/no-hype-ki-folge-5
27.01.2025

Open Source und KI: “Es geht nicht darum, zu den Guten zu gehören”

Nachlese. Die Nutzung von Open-Source-Modellen eröffnet Unternehmen auch im KI-Bereich weitreichende Möglichkeiten. Es gibt dabei aber auch einiges zu bedenken. Darüber und mehr diskutierten in Folge 5 von "No Hype KI" Stephan Kraft von Red Hat, Florian Böttcher von CANCOM Austria, Natalie Ségur-Cabanac von Women in AI und Patrick Ratheiser von Leftshift.One.
/artikel/no-hype-ki-folge-5

“No Hype KI” wird unterstützt von CANCOM AustriaIBMITSVMicrosoftNagarroRed Hat und Universität Graz.

Kollaborativ, transparent, frei zugänglich und nicht profit-orientiert – mit Open-Source-Software wird eine Reihe von Eigenschaften assoziiert. Und oftmals stehen bei der Nutzung ethische Überlegungen im Zentrum. Dabei gibt es auch ganz praktische Gründe, die für eine Verwendung durch Unternehmen sprechen – auch bei der Implementierung von KI-Anwendungen, ist Stephan Kraft, Community Advocate & Business Development OpenShift & Application Services bei Red Hat, überzeugt. In Folge fünf der Serie “No Hype KI” diskutierte er dieses und weitere Themen mit Florian Böttcher, Solution Architect bei CANCOM Austria, Natalie Ségur-Cabanac, Policy Lead bei Women in AI und Patrick Ratheiser, Gründer & CEO von Leftshift.One.

“Thema ein Stück weit aus dieser emotionalen, moralisierenden Ecke herausholen”

“Ich will das Thema ein Stück weit aus dieser emotionalen, moralisierenden Ecke herausholen”, sagt Stephan Kraft. Für Red Hat als weltweit führenden Anbieter für Open-Source-Lösungen für Unternehmen gehen die Argumente für eine Nutzung nämlich weit darüber hinaus. “Es geht nicht darum, Open Source als Selbstzweck zu sehen, um zu den Guten zu gehören”, so der Experte. Tatsächlich sei die Verwendung von Open Source gerade bei der Etablierung von KI im Unternehmen für Startups und KMU eine wichtige Weichenstellung.

Offenheit, um Diskriminierung entgegenzuwirken

Auch Natalie Ségur-Cabanac sieht Open Source als “Key Technology” im KI-Bereich. Für “Women in AI” spiele die Offenheit eine zentrale Rolle: “Diese Offenheit braucht es, um Diskriminierung entgegenzuwirken.” Open Source verbessere den Zugang für Frauen zur Technologie, die Abbildung von Frauen in den Daten und es vergrößere die Möglichkeiten in der Forschung. Man müsse aber auch aufpassen, ob Software wirklich so offen sei, wie behauptet, sagt sie bezogen auf die aktuellen Diskussionen rund um OpenAI, das sich – ursprünglich als offenes Projekt gestartet – zum profitorientierten Unternehmen entwickelte. Es brauche auch eine klare Definition, was “open” sei.

Masse an Möglichkeiten

Leftshift.One-Gründer Patrick Ratheiser betont auch die schiere Masse an Möglichkeiten, die Open Source bietet. “2021 hatten wir weltweit Zugriff auf circa 5.000 Open-Source-Modelle. Jetzt sind es bereits mehr als eine Million.” Die Nutzbarkeit sei also klar gegeben, zudem biete die Technologie eine gewisse Unabhängigkeit und werde über ihre Vielfalt zum Innovationstreiber.

Ist Open Source immer die beste Lösung?

Doch bedeutet das, dass Open Source immer die optimale Lösung ist? Ratheiser sieht das differenziert: “Es ist ganz wichtig zu erkennen, was der Kunde braucht und was in dem Fall gerade notwendig ist. Egal, ob es nun On-Premise, in der Cloud, Open Source oder Closed Source ist.” Florian Böttcher von CANCOM Austria pflichtet hier bei: “Wir setzen genau so auf hybrid.”

Datenstruktur im Hintergrund ist entscheidend

Ein Thema, bei dem bei Open Source Vorsicht geboten ist, spricht Natalie Ségur-Cabanac an. Besonders wichtig sei es bei KI-Anwendungen, eine gute Datenstruktur im Hintergrund zu haben. “Die Verantwortung, dass ein Modell mit sauberen Daten trainiert worden ist, liegt bei den Anbietern. Bei Open Source verschwimmt das ein bisschen. Wer ist wofür zuständig? Das ist eine Herausforderung für die Compliance zu schauen, wo man selbst verantwortlich ist und wo man sich auf einen Anbieter verlassen kann.”

Compliance: Großes Thema – mehr Sichereheit mit professioneller Unterstützung

Stephan Kraft hakt hier ein. Genau aus solchen Gründen gebe es Unternehmen wie Red Hat, die mit ihrem Enterprise-Support für Open-Source-Lösungen die Qualitätssicherung auch im rechtlichen Bereich übernehmen. “Das ist ein ganz wichtiger Teil unseres Versprechens gegenüber Kunden”, so Kraft. Unbedacht im Unternehmen mit Open Source zu arbeiten, könne dagegen in “Compliance-Fallen” führen, pflichtet er Ségur-Cabanac bei.

Das sieht auch Patrick Ratheiser als Thema bei Leftshift.One: “Unsere Lösung ist Closed Source, wir setzen aber im Hintergrund Open Source ein. Wichtig ist, dass wir dem Kunden Compliance garantieren können.” Stephan Kraft empfiehlt Unternehmen bei der Open-Source-Nutzung: “Man kann nicht immer gleich die neueste ‘bleeding edge’-Lösung nehmen sondern sollte etwas konservativer herangehen.”

Infrastruktur: Gut planen, was man wirklich braucht

Unabhängig davon, ob man nun Open Source oder Closed Source nutzt, braucht es für die Nutzung von KI die richtige Infrastruktur. “Es kommt natürlich auf den Use Case an, den ein Unternehmen umsetzen will. Da sind die Anforderungen an die Infrastruktur sehr unterschiedlich”, grenzt Florian Böttcher ein. CANCOM Austria unterstützt seine Kunden in genau der Frage. Anwendungen wie das Training von KI-Modellen würde aus gutem Grund kaum in Österreich umgesetzt. “KI ist sehr stromhungrig und entwickelt viel Hitze. Das ist schwierig für ein eigenes Data-Center im Unternehmen, gerade wenn man die Strompreise in Österreich ansieht”, so Böttcher.

“Rechenleistungs-Hunger” von KI könnte sich in Zukunft verringern

Wichtig sei es letztlich, sich als Unternehmen sehr klar darüber zu sein, was man umsetzen wolle. “Danach, welche Software-Lösung man für seinen Use Case einsetzen muss, richtet sich auch die Infrastruktur”, so Böttcher. Er erwarte aber auch, dass die KI-Modelle im nächsten Entwicklungsschritt effizienter werden und der “Rechenleistungs-Hunger” sich verringere.

Patrick Ratheiser ergänzt: “Es ist grundsätzlich eine Kostenfrage.” Unternehmen müssten sich sehr gut überlegen, ob sie ein eigenes LLM (Large Language Model) betreiben und dieses sogar selbst trainieren wollen, oder lieber doch eine Usage-basierte Lösung wählen. Er sehe bei österreichischen Unternehmen – auch bei größeren – eine klare Tendenz zur zweiten Variante. “Es lässt sich deutlich schneller einrichten, ist kalkulierbarer und auch viel schneller skalierbar”, erklärt Ratheiser.

Etwa im Forschungsbereich sei es jedoch wichtig und notwendig, auch eigene LLMs und die damit verbundene Infrastruktur zu betreiben. Doch auch die Möglichkeit von hybriden Lösungen biete sich an. “Man kann mittlerweile auch Teile in der Cloud lassen und Teile On-Premise. Man kann etwa nur ein datenschutzsicheres LLM selbst betreiben”, erklärt der Experte, der auch bei der Wahl der genutzten Modelle einen hybriden Ansatz empfiehlt: “Man braucht nicht für alle Use Cases das neueste Modell. Manchmal braucht man überhaupt kein LLM.”

Datenschutz: Einige Herausforderungen bei LLMs

Stichwort: Datenschutz. Hier schafft die europäische Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) im KI-Bereich besondere Herausforderungen, weiß Natalie Ségur-Cabanac, die vorab betont: “Ich persönlich halte die DSGVO für ein gutes Regulierungswerk, weil sie sehr viel Spielraum gibt. Ich sage immer: Datenschutz ist sehr komplex, aber nicht kompliziert.” Konkret seien etwa der Grundsatz der Zweckbezogenheit, also dass man Daten nur für konkrete Zwecke einsetzen darf, und dass man sie minimierend einsetzen muss, relevant für den KI-Bereich. “Da haben wir schon einen Konflikt, weil man ja [bei LLMs] erst einmal schaut, was man aus möglichst vielen Daten machen kann”, so die Expertin.

Ist KI rechtlich innerhalb der EU sogar per se in einem Graubereich?

Auch Transparenzbestimmungen – sowohl in der DSGVO als auch im AI-Act der EU – seien zu beachten. “Wenn ich KI verwende, muss ich auch wissen, was drinnen ist”, fasst Ségur-Cabanac zusammen. Ist KI also rechtlich innerhalb der EU sogar per se in einem Graubereich? “Nein, das glaube ich nicht. Aber man muss seine Hausaufgaben schon gut machen”, sagt die Expertin. Wichtig sei daher auch die im Rahmen des EU-AI-Acts eingeforderte KI-Kompetenz in Unternehmen – im technischen und rechtlichen Bereich.

KI-Kompetenz als zentrales Thema

Patrick Ratheiser stimmt zu: “Neben der Technologie selber sind bei unseren Kunden die Mitarbeiter ein Riesen-Thema. Man muss sie nicht nur wegen dem AI-Act fit bekommen, sondern es geht darum, sie wirklich auf die Anwendungen einzuschulen.” Wichtig seien dabei auch die Kolleg:innen, die sich bereits mit dem Thema auskennen – die “Pioniere” im Unternehmen. “AI Literacy ist sicherlich das Thema 2025 und in nächster Zeit. So, wie wir gelernt haben, mit dem Smartphone umzugehen, werden wir es auch mit generativer KI lernen”, so Ratheiser.

“Einfach einmal ausprobieren”

Stephan Kraft ergänzt: Neben einer soliden Datenbasis und der notwendigen Kompetenz brauche es bei KI – gerade auch im Bereich Open Source – noch etwas: “Einfach einmal ausprobieren. Es braucht auch Trial and Error. Das ist vielleicht oft das Schwierigste für CFOs und Geschäftsführer.” Dieses Ausprobieren sollte aber innerhalb eines festgelegten Rahmens passieren, damit die KI-Implementierung gelingt, meint Natalie Ségur-Cabanac: “Unternehmen brauchen eine KI-Strategie und müssen wissen, was sie mit der Technologie erreichen wollen.” Auch sich mit den zuvor angesprochenen rechtlichen Anforderungen – Stichwort Compliance – zu beschäftigen, komme zeitlich erst nach der Festlegung der Strategie.


Die gesamte Folge ansehen:

Die Nachlesen der bisherigen Folgen:

Folge 1: “No Hype KI – wo stehen wir nach zwei Jahren ChatGPT?

Folge 2: “Was kann KI in Gesundheit, Bildung und im öffentlichen Sektor leisten?

Folge 3: “Der größte Feind ist Zettel und Bleistift”: Erfolgsfaktoren und Herausforderungen in der KI-Praxis”

Folge 4: KI-Geschäftsmodelle: “Wir nutzen nur einen Bruchteil dessen, was möglich ist”


Die Serie wird von brutkasten in redaktioneller Unabhängigkeit mit finanzieller Unterstützung unserer Partner:innen produziert.

No Hype KI
Toll dass du so interessiert bist!
Hinterlasse uns bitte ein Feedback über den Button am linken Bildschirmrand.
Und klicke hier um die ganze Welt von der brutkasten zu entdecken.

brutkasten Newsletter

Aktuelle Nachrichten zu Startups, den neuesten Innovationen und politischen Entscheidungen zur Digitalisierung direkt in dein Postfach. Wähle aus unserer breiten Palette an Newslettern den passenden für dich.

Montag, Mittwoch und Freitag

AI Summaries

Space Sustainability: “Dort oben fliegen Satelliten von Elon Musk und ein Haufen Schrott”

AI Kontextualisierung

Welche gesellschaftspolitischen Auswirkungen hat der Inhalt dieses Artikels?

Leider hat die AI für diese Frage in diesem Artikel keine Antwort …

Space Sustainability: “Dort oben fliegen Satelliten von Elon Musk und ein Haufen Schrott”

AI Kontextualisierung

Welche wirtschaftlichen Auswirkungen hat der Inhalt dieses Artikels?

Leider hat die AI für diese Frage in diesem Artikel keine Antwort …

Space Sustainability: “Dort oben fliegen Satelliten von Elon Musk und ein Haufen Schrott”

AI Kontextualisierung

Welche Relevanz hat der Inhalt dieses Artikels für mich als Innovationsmanager:in?

Leider hat die AI für diese Frage in diesem Artikel keine Antwort …

Space Sustainability: “Dort oben fliegen Satelliten von Elon Musk und ein Haufen Schrott”

AI Kontextualisierung

Welche Relevanz hat der Inhalt dieses Artikels für mich als Investor:in?

Leider hat die AI für diese Frage in diesem Artikel keine Antwort …

Space Sustainability: “Dort oben fliegen Satelliten von Elon Musk und ein Haufen Schrott”

AI Kontextualisierung

Welche Relevanz hat der Inhalt dieses Artikels für mich als Politiker:in?

Leider hat die AI für diese Frage in diesem Artikel keine Antwort …

Space Sustainability: “Dort oben fliegen Satelliten von Elon Musk und ein Haufen Schrott”

AI Kontextualisierung

Was könnte das Bigger Picture von den Inhalten dieses Artikels sein?

Leider hat die AI für diese Frage in diesem Artikel keine Antwort …

Space Sustainability: “Dort oben fliegen Satelliten von Elon Musk und ein Haufen Schrott”

AI Kontextualisierung

Wer sind die relevantesten Personen in diesem Artikel?

Leider hat die AI für diese Frage in diesem Artikel keine Antwort …

Space Sustainability: “Dort oben fliegen Satelliten von Elon Musk und ein Haufen Schrott”

AI Kontextualisierung

Wer sind die relevantesten Organisationen in diesem Artikel?

Leider hat die AI für diese Frage in diesem Artikel keine Antwort …

Space Sustainability: “Dort oben fliegen Satelliten von Elon Musk und ein Haufen Schrott”