05.07.2024
UNTERNEHMER-PORTRÄT

Soluto: Wie eine Baufirma nach 70 Jahren zum Scaleup wurde

Martin Zagler kann mit Soluto in den vergangenen Jahren ein beachtliches Wachstum vorweisen. Nun holte das Unternehmen eine Millionenfinanzierung. Der Gründer erzählte brukasten, wie er die 1947 gegründete Firma in den Scaleup-Modus brachte.
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Soluto-Geschäftsführer Martin Zagler | (c) Soluto
Soluto-Chef Martin Zagler | (c) Soluto

Von 2,7 Millionen Euro Umsatz 2018 auf erwartete 32 Millionen Euro in diesem Jahr. Dazu eine aktuelle Finanzierung in Millionenhöhe durch einen Risikokapitalgeber, um die Expansion im DACH-Raum anzugehen. Was klingt wie eine typische Scaleup-Story, ist tatsächlich die jüngste Entwicklung eines ursprünglich 1947 gegründeten Unternehmens, das heute unter dem Namen Soluto firmiert.

Mit 19 Jahren zwei Baufirmen geerbt

Mit gerade einmal 19 Jahren wurde Martin Zagler Ende der 1980er-Jahre Eigentümer und Geschäftsführer der Firma – und nicht nur von dieser. “Ich habe damals zwei Baufirmen geerbt, obwohl ich mich eigentlich nicht für die Baubranche interessiert habe”, erzählt er im Gespräch mit brutkasten.

“Es gibt nur einen, der für die Insolvenz verantwortlich ist – mich selber”

Mit dem zweiten Unternehmen musste er 1996 im Alter von 26 Jahren Insolvenz anmelden. Die spektakuläre Insolvenz des Bauriesen Maculan Holding AG bescherte der Firma, die als Subunternehmen vom großen Auftraggeber abhängig war, einen Millionenverlust, den sie nicht verkraftete. “Ich hatte damals das wichtigste Learning in meinem Leben: Es gibt nur einen, der für die Insolvenz verantwortlich ist – mich selber”, erzählt Zagler, “dadurch bin ich erst wirklich zum Unternehmer geworden.” Und er habe verstanden, wie er es anders machen müsse.

Pivot bei 20 Millionen Euro Jahresumsatz

Mit dem zweiten Unternehmen gelang das. “Ich habe damit gut verdient. Aber in der Baubranche geht es nur darum, sich gegenseitig im Preis zu unterbieten. Das war kein angenehmes Umfeld”, so der Unternehmer. 2012 machte die Firma um die 20 Millionen Euro Jahresumsatz. Und Zagler beschloss, das Geschäftsmodell zu ändern.

Inspiration beim Weihnachtsshopping im Hurrikan-Gebiet

“Meine Frau und ich waren damals auf einem Weihnachtsshopping-Aufenthalt in New York. Die Stadt war im Herbst vom Hurrikan Sandy getroffen worden und überall in der U-Bahn hingen Werbungen für Belfor, den größten Brand- und Wasserschaden-Sanierer der Welt. Da wusste ich: Das will ich auch machen”, erinnert sich der Unternehmer.

“Wenn jemand ein Badezimmer für die neue Wohnung braucht, haben wir eine Antwort mit vier Buchstaben: Nein.”

Die neue Ausrichtung mit Soluto erklärt Zagler kurz und bündig: “Wir arbeiten nur im akuten Fall nach Brand- und Wasserschäden. Dann machen wir z.B. auch ein komplettes Bad mit Boden, Fliesen, Malerei und allem Drum und Dran. Wenn jemand dagegen ein Badezimmer für die neue Wohnung braucht, haben wir eine Antwort mit vier Buchstaben: Nein.” Auf diese Weise arbeite man nur, wenn entweder eine Versicherung oder eine Hausverwaltung die Kosten trage. “Daher haben wir keine Zahlungsausfälle, die in der Baubranche leider gang und gäbe sind”, so der Geschäftsführer.

Von über 20 auf 4,5 Millionen Euro Umsatz

Dabei war der Pivot durchaus eine Herausforderung. “Der Umsatz ist am Anfang von mehr als 20 Millionen Euro auf 4,5 Millionen Euro zurückgegangen”, erzählt Zagler. Es sei eines der wenigen Jahre gewesen, in denen die Firma Verlust gemacht habe – 200.000 Euro. Zudem habe man sich von rund zehn Prozent der Belegschaft getrennt. “Ich habe die Mitarbeiter damals gefragt: Wollt ihr bei dem neuen Weg dabei sein? 90 Prozent wollten das, zehn Prozent nicht. So hat sich das Thema gelöst”, so der Unternehmer.

“Ich bin am Ende ein knallharter Kaufmann”

Für ihn ist klar: “Da gehört schon Mut dazu, sowas zu machen. Aber ich bin am Ende ein knallharter Kaufmann. Ich habe mir das davor schon alles gut durchgerechnet.” Und schließlich beließ es Zagler nicht bei dieser Berechnung. 2017 erfolgte der nächste große Schritt. “Eine Versicherung bot uns an, Rahmenvertragspartner zu werden. Dazu müssten wir aber ordentlich wachsen”, erzählt der Soluto-Chef.

Milliardenmarkt in Österreich

Die Lösung: Ein Franchise-Modell. 2018 holte das Unternehmen die ersten beiden Franchise-Partner an Bord. Aktuell arbeitet Soluto mit drei eigenen und acht Franchise-Standorten mit insgesamt rund 250 Mitarbeiter:innen – und rechnet heuer mit den eingangs erwähnten 32 Millionen Euro Umsatz. “Wir sind zur Zeit der viertgrößte Brand-Wasserschaden-Sanierer Österreichs mit einem Marktanteil von rund 3,2 Prozent. Wir wickeln jährlich ca. 15.000 Schäden ab und sind dabei komplett konjunkturunabhängig”, sagt Zagler. Der Markt habe ein Volumen von einer Milliarde Euro im Jahr – nur in Österreich.

Deutschland-Start noch dieses Jahr

Und hier kommt die Rechnung für den nächsten geplanten Wachstumsschritt ins Spiel. In Deutschland hat der Markt nämlich ein jährliches Volumen von etwa 8,7 Milliarden Euro. Dorthin soll das Franchise-Netz – beginnend mit Bayern und Baden-Württemberg – noch dieses Jahr wachsen. Später stehen die Schweiz und Frankreich auf dem Plan.

Millionenfinanzierung – “die Expansion kostet wirklich echtes Geld”

Dafür holte Soluto sich nun eine siebenstellige Finanzierung vom Revenue-Based-Financing-Spezialisten Tauros Capital. “Wir haben in den ersten drei Jahren 2,7 Millionen Euro in den Aufbau des Franchise-Systems investiert. Die Expansion kostet wirklich echtes Geld. Wir bewegen uns aber mittlerweile in einer Größenordnung, wo es sich mit der klassischen Bankenfinanzierung nicht mehr ausgeht”, sagt Zagler.

Hohe Investitionen in Digitalisierung

Das Kapital soll aber nicht nur in den Ausbau des Franchise-Systems fließen, das mittlerweile vier Mal mit dem Franchise-Award des Österreichischen Franchise-Verbandes ausgezeichnet wurde, dessen Präsident Zagler übrigens seit wenigen Wochen ist. Auch für die Digitalisierung brauche es weiteres Geld, sagt der Unternehmer: “Unser Business verändert sich aktuell radikal. Bei uns läuft mittlerweile vieles über das Smartphone und wir nutzen etwa KI-gestützte Dispositionssysteme. Wir haben uns eine eigene App für die Mitarbeiter:innen bauen lassen und beschäftigen inzwischen eigene IT-Mitarbeiter.”

“Um Unternehmer zu sein, muss man nicht mit 50 den ersten Herzinfarkt haben”

So sieht sich Zagler für die kommenden Wachstumsschritte gerüstet, für die er auch weitere Finanzierungen – etwa über Crowd-Financing – in Betracht zieht. Wichtig sei ihm bei all dem aber ein Grundsatz, den er gemeinsam mit Co-Autorin Irina Pfaffl auch in einem Buch mit dem Titel “Mach’s doch anders! Spaß und Erfolg als Unternehmer:in” niedergeschrieben hat: “Es darf auch Spaß machen. Es darf auch geil sein. Um Unternehmer zu sein, muss man nicht mit 50 den ersten Herzinfarkt haben.”

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Revo Foods, The Filet, Fisch Alternative, Salmon, lach, veganer Lachs
(c) Revo Foods - Revo Foods präsentiert mit seiner neuen Anlage zugleich auch ein neues Produkt.

Revo Foods hat in den letzten Monaten öfters für Schlagzeilen gesorgt. Im Februar wies ein Wiener Landesgericht eine Klage wegen einer vermeintlichen Täuschung von Konsument:innen ab. Einen Monat darauf präsentierte das Food-Startup eine vegane Oktopusalternative aus dem 3D-Drucker, während man im Mai des heurigen Jahres mit einem neuen Produktnamen aufwartete, um etwaigen Rechtsstreitigkeiten vorzubeugen. So wird beispielsweise die Räucherlachsalternative künftig unter dem Namen “Smokey Slices – inspired by Salmon” vertrieben (brutkasten berichtete).

Viel weitreichender sind jedoch die Entwicklungen, die bei Revo Foods im Hintergrund ablaufen. So entwickelte das Unternehmen über die letzten Monate seine industrielle Produktionsmethode für 3D-gedruckte Lebensmittel weiter. Zu Jahresbeginn kündigte das Unternehmen an, mit der Technologie in die Skalierung gehen zu wollen. Zudem soll die Prozesstechnologie künftig über ein B2B-Lizenzmodell an Industriepartner vertrieben werden. Der 3D-Lebensmitteldruck beschränkt sich dabei nicht nur auf die Produktion von Fischalternativen, sondern eröffnet auch “kreative Möglichkeiten”, um neue Lebensmittel zu gestalten, wie es damals von Revo Foods hieß (brutkasten berichtete).

Revo Foods: “3D-Structuring Technology”

Rund zehn Monate nach dieser Ankündigung eröffnet Revo Foods mit der “Taste Factory“ in Wien nun die bisher größte Anlage für additive Lebensmittelproduktion (3D-Lebensmitteldruck). Bei voller Auslastung ist die Anlage auf eine maximale Kapazität von 60 Tonnen pro Monat ausgelegt, und gilt laut dem Startup als die weltweit erste Produktionsanlage mit dieser Technologie im Großmaßstab.

Dabei kombiniert die “3D-Structuring Technology” unterschiedliche Lebensmittel in komplexe Formen, etwa Fett und Protein (wie bei Muskelfleisch). So sollen neuartige Texturen geschaffen und saftige, zarte Faser-Strukturen erzeugt werden können. Dies sei speziell für pflanzliche Filet-, oder Steak Produkte relevant.

Mikronährstoffe bleiben erhalten

Eine weitere Anwendung dieser Technologie ist zudem die Herstellung von proteinreichen Lebensmitteln aus natürlichen Rohstoffen bzw. Biomassen wie Pilzprotein. Herkömmliche Verfahren der Industrie verwenden bei der Produktion oft hohe Temperaturen oder Hochdruck, was sich negativ auf den Nährstoffgehalt im Produkt auswirkt. Die Technologie von Revo Foods könne mit einem milden Prozess (bei niedriger Temperatur und geringem Druck) arbeiten. So blieben mehr Mikronährstoffe erhalten.

Laut Revo Foods sind heutige Lebensmittelproduktionen eher statisch und wenig flexibel für Produktiterationen. Durch die “3D-Structuring-Technologie” könnten komplexe Prozesse automatisiert werden, wodurch die Produktion einer Vielzahl unterschiedlicher Lebensmittel und schnelle Iterationszyklen mit ein und derselben Maschine möglich würden. Die freie Kombination von Inhaltsstoffen ermögliche es zudem, Lebensmittel mit völlig neuen Texturen und Geschmackserlebnissen zu schaffen.

“Mit der Taste Factory zeigen wir erstmals, dass diese Technologie in einem industriellen Maßstab funktioniert. Das öffnet die Tür für eine neue Generation von Lebensmittel-Innovationen. Durch 3D-Strukturierung können wir ganz neue Texturen mit einfachen, aber nährstoffreichen Zutaten wie Mycelium erzeugen, was das finale Produkt viel spannender macht”, sagt Robin Simsa, CEO von Revo Foods.

The Filet – Inspired by Salmon

Mit der neuen Produktionsanlage wird künftig auch “The Filet – Inspired by Salmon” produziert. Konkret handelt es sich dabei um ein 3D-gedrucktes rein pflanzliches Lachsfilet, das bereits im September 2023 auf den Markt gebracht wurde, bislang jedoch in kleinerer Stückzahl produziert wurde. Mit der Skalierung der Produktion kann nun flächendeckend der Einzelhandel beliefert werden. Ab heute ist es in Österreich bei über 500 Billa-Filialen und ab November auch bei Interspar erhältlich, europaweit im Revo Online Shop und bei weiteren Partnern.

Die Hauptzutat, Pilzprotein, gilt als eine der nährstoffreichsten Proteinquellen der Welt. Sie enthält laut Revo Foods ein komplettes Aminosäureprofil und hat eine höhere Bioverfügbarkeit als Rindfleisch. Mycelium wird aufgrund seines hohen Nährwerts oft als “Superfood” bezeichnet. Die natürliche Fasrigkeit mache es zudem zu einem “low processed food”.

Revo Foods und die Textur

“Biomassen wie fermentiertes Pilzprotein liegen im Trend, da sie aufgrund ihrer natürlichen Konsistenz kaum verarbeitet werden müssen und sehr nährstoffreich sind. Wir arbeiten schon an den nächsten Innovationen mit Pilzprotein, was mit 3D-Structuring sehr viel Spaß macht, da es viele Möglichkeiten bietet, das Produkt exakt nach den Vorstellungen unserer Kunden zu gestalten”, sagt Niccolo Galizzi, Head of Food Tech von Revo Food. “Unser Fokus liegt dabei darauf, was das kulinarische Erlebnis zu einem sehr großen Teil ausmacht: Die Textur, also das einzigartige Mundgefühl”.

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