22.06.2020

Kostete eine Social Media-Sabotage Trump den Wahlkampfauftakt?

Donald Trumps Auftakt des US-Wahlkampfes verlief nicht wie geplant. Die Uneinigkeit über die Ursachen ist symptomatisch für den Status von Journalismus, Social Media und Meinung weltweit.
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Donald Trump und sein Wahlkampfauftakt: Welche Rolle spielte Social Media?
Donald Trump und sein Wahlkampfauftakt: Welche Rolle spielte Social Media? (c) Adobe Stock /ifeelstock / beigestellt

Glaubt man honorigen Zeitungen wie der Washington Post, der New York Times oder Forbes, hat der US Präsident das Lügen geradezu verinnerlicht. David Markovits untersuchte für Forbes, wie oft Trump log und kam auf die Zahl 18.000. Häufig nutzte Trump dabei selbst „Fake News“ oder „Alternative Fakten“.  Wohl mit keinem anderen Politiker wird der Begriff “Fake News” so stark in Verbindung gebracht wie mit Donald Trump.

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Zurecht schreibt die Presse darüber und kritisiert hart, wenn Fakten verdreht, ausgelassen oder gar frei erfunden werden. Doch, dass wahrscheinlich eine Social Media Aktion seinen Wahlkampfstart sabotierte und das kaum ein Medium zu stören schien, verwundert den interessierten Beobachter dann doch. Ist hier der so wichtige, kritische Journalismus auf einem Auge blind geworden?

Auch schlampig recherchierte oder ausgelassene News wirken wie „Fake News“

Trumps Kampagnen-Leiter Brad Parscale twitterte wenige Tage vor der Wahl-Auftaktveranstaltung in Tulsa (Oklahoma), man habe bereits für über 800.000 Menschen Tickets reserviert und dies werde somit der erfolgreichste Kampagnenstart überhaupt. Doch es kam anders.
Am Event-Tag selbst titelte dann die ehrwürdige NZZ dazu: „Sogar Trumps Anhänger lassen ihn im Stich“. Der Versuch, einen massenhaften Ansturm zu organisieren, sei für Trump gescheitert. Die Halle, die Platz für 19.000 bot, war gerade Mal zur Hälfte gefüllt.

Am Sonntag früh berichteten Nachrichtensender und -agenturen über das Debakel. Die ARD Tagesschau etwa formulierte: „Eine Million Menschen hatte die Kampagne (für Trump, Anm.) zur ersten Rallye seit Anfang März erwartet. Doch es kamen nicht mal genug, um die 19.000 Plätze in der Sportarena zu füllen.“

Koreaner meldeten sich mit Fake-Daten für Trump-Event an

Ein Bericht der New York Times schilderte eine völlig andere Erklärung, wonach koreanische TikTok-Fans die Trump Kampagne massiv getäuscht und den Auftakt damit sabotiert hätten. Die User hätten auf die Einladung der Republikanischen Partei reagiert, sich für den Event zu registrieren und daraufhin hunderttausende Anmeldungen getätigt, mit Fake-Telefonnummern, Fake-Emails und Fake-Namen. Millionenfach seien die Aufforderungen dazu auf Social Media geteilt worden.  Öffentlich gemacht haben das User, die auf Twitter „den Sieg über Trump“ feierten. „Actually you just got ROCKED by teens on TikTok”, kommentierte das Geschehen etwa der demokratische Shooting-Star Alexandria Ocasio-Cortez aus New York süffisant.

Schließlich berichtete noch der ORF in wieder anderer Art und Weise. Die Wahlveranstaltung in Tulsa stünde unter dem Eindruck von Corona, da 6 Mitlieder aus dem Trump-Team positiv getestet wurden. Tulsa sei ein schlecht gewählter Ort, da einst Schauplatz rassistischer Vorkommnisse und nur wenige Menschen seien zu Trump gekommen. Die Wiederwahl im Herbst wackle, so neue Analysen.

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Kein einziges Medium diskutierte bis Sonntagabend die Möglichkeit einer derart umfangreichen Sabotage beim Start einer demokratischen Wahl in entsprechender Tiefe oder Gründlichkeit, obwohl die Beweise dafür schon beachtlich waren. Dass einem der Kandidat womöglich selbst unsympathisch sei, darf Medien nicht davor abhalten, dies ernst zu nehmen und zu versuchen, die Wahrheit ans Licht zu bringen.

Auch andere Begebenheiten erwähnte man nicht oder ließ sie bewusst aus: Auf Twitter freuten sich hunderttausende User darüber, dass Trumps Wähler so dumm seien, sogar mit ihrem Präsidenten zu feiern, dass dieser ein Glas Wasser mit nur einer Hand trinken könne. Führende Journalisten und Politiker spielten mit, bedienten zum x-ten Mal das Klischee des völlig stupiden Amis. Dass dies allein dem Umstand geschuldet war, dass man ihm eine schwere Nervenerkrankung nachsagte, weshalb er eine zweite Hand zum Trinken brauchte und er damit ebendieses Gerücht vertreiben wollte, blieb unerwähnt. Wenige Zeitungen, wie „Die Zeit“, erwähnten es dann doch, als Randnotiz, aber immerhin. Die Mutmaßung jedoch, er würde womöglich an einem schweren Nervenleiden oder Demenz leiden, wurde davor von unzähligen Qualitätsmedien verbreitet und in Foren sowie Social Media bis zum Abwinken verspottet.

Corona oder “gewalttätige Demonstranten”?

Für den Start eines Wahlkampfes ist es von erheblicher Bedeutung, wie erfolgreich er besucht und von den Wählern unterstützt wird. Es ist daher relevant, ob Menschen beispielsweise aus Angst vor einer Pandemie fernblieben, wie manche Medien mutmaßten. Wenn offensichtlich mehrere Mitglieder der Event-Organisation angesteckt wurden, erscheint es einleuchtend, dass man das Geschehen mied. Ob deshalb die Anhänger Trump gleich „im Stich lassen“ und das ein Debakel für ihn im Herbst bedeute, niemand weiß, worauf diese Analysen basieren.

Trump selbst meinte, die Ränge seien leer wegen gewalttätiger Demonstranten, welche die Anhänger am Zugang hinderten.  Einige wenige Medien übernahmen sogar diese absurde Erklärung. Nur: Es gab keine Bilder, die das bestätigten. Je nach Sender wurden verschieden große Gruppen gezeigt. Bei ORF, MSNBC, CNN und Co gewann man den Eindruck, die friedlichen Gegendemonstranten seien zahlreicher und dichter gedrängt gewesen als die Anhänger. Auf Dutzenden anderen Kanälen und Plattformen war davon überhaupt keine Rede.

Und dann noch die Recherche sehr bedeutender Zeitungen wie der NYT über die oben erwähnte  Sabotage im Vorfeld des Events, eingefädelt von Usern der Social Media App TikTok. Doch so ganz genau schien das niemanden zu interessieren. Erst sehr spät wurden diese Vorkommnisse in die Berichterstattung mancher Nachrichten aufgenommen. Kritisch hinterfragt hatte es bis Sonntag, auch 20 Stunden nach dem Event, niemand.

Was bleibt, sind Verwirrung und viele Fragezeichen, durch viel zu wenig echte Recherchen und gute Analysen. Alles in allem hat man bei den Berichten über den „Fake News“-Präsidenten den Eindruck, Medien tun sich ausgerechnet bei ihm schwer, nicht selbst in die Falle der eigenen Gesinnung zu tappen und damit die News zu „verfälschen“. Diese Zeilen schreibt im Übrigen kein Trump-Fan, aber ein Anhänger des guten Journalismus.  Journalisten, die sich innerlich regelrecht zu freuen scheinen, wenn Trump mit Sprüchen provoziert und offen lügt, weil man dann in Berichten dazu punkten kann, machen es sich zu leicht. Hätte eine Social Media Kampagne den Wahlkampfauftakt eines demokratischen Kandidaten derart sabotiert, es wäre ein Aufschrei durch alle Medien gegangen und viele hätten Russland dahinter vermutet.

Fazit: Journalismus und Meinung in Zeiten des US-Wahlkampfes

Noch nie hatten wir Zugriff auf so viele Medien und Meinungen. Dennoch ist es für interessierte Menschen schwierig und ziemlich aufwendig, die Wahrheit über Dinge zu erfahren und sich rational und auf Fakten basierend, ein Urteil zu bilden.

Gerade dann, wenn wir so stark dazu provoziert werden, bestätigte Annahmen oder Urteile über jemanden wiederzugeben, müssen wir umso sorgfältiger recherchieren, das Geschriebene nochmal hinterfragen und neue Details sachlich miteinbeziehen. Denn subjektiver, vorurteilsbehafteter oder „geframter“ Journalismus hilft in einer Demokratie garantiert immer den Falschen.+


Über den Autor

Mic Hirschbrich ist CEO des KI-Unternehmens Apollo.AI, beriet führende Politiker in digitalen Fragen und leitete den digitalen Think-Tank von Sebastian Kurz. Seine beruflichen Aufenthalte in Südostasien, Indien und den USA haben ihn nachhaltig geprägt und dazu gebracht, die eigene Sichtweise stets erweitern zu wollen. Im Jahr 2018 veröffentlichte Hirschbrich das Buch „Schöne Neue Welt 4.0 – Chancen und Risiken der Vierten Industriellen Revolution“, in dem er sich unter anderem mit den gesellschaftspolitischen Implikationen durch künstliche Intelligenz auseinandersetzt.

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Cocoon Capital Advisory Sebastian Kurz - Startups und Beteiligungen - Dream Security
Sebastian Kurz | (c) EVP via Wikimedia Commons

Vor gut zwei Jahren co-gründete der österreichische Ex-Bundeskanzler Sebastian Kurz das Cybersecurity-Startup Dream Security. Mit an Bord ist Shalev Hulio, Ex-CEO der Spionagefirma NSO. Bereits zum Start holte sich das Unternehmen 20 Millionen US-Dollar Kapital. Kurz hielt danach ein Drittel der Anteile.

Investment an Gaza-Grenze

Im November 2023 holte sich Dream ein neues Investment in Höhe von 33,6 Millionen US-Dollar. Kurz hielt danach noch rund 20 Prozent der Anteile. Das Kapital kam primär von den Bestandsinvestoren Aleph und Group 11 – beide aus Israel. Kurz darauf bezifferte das Wall Street Journal die Bewertung der Kurz-Startups mit rund 200 Millionen US-Dollar.

“Die heutige Cyberlandschaft erfordert innovative Ansätze, um aktuellen Bedrohungen effektiv und zielgerichtet zu begegnen. Dank dieser Finanzierungsrunde sind wir in der Lage, weiterhin rasch zu wachsen”, kommentierte der Ex-Kanzler in einem Statement, das brutkasten damals erhielt.

Seither zeigt der eskalierte Gaza-Konflikt Auswirkungen auf Dream Security. So war CEO Shalev Hulio zum Zeitpunkt des letztjährigen Investments selbst als Reservist in der israelischen Armee tätig. Unterschrieben wurde der damalige Investment-Vertrag von Hulio in Uniform an der Grenze zu Gaza.

125 Millionen US-Dollar Umsatz

Im November 2023 zählte das Unternehmen noch 70 Mitarbeiter:innen – 60 davon in Israel. Mittlerweile sei die Belegschaft auf 150 Mitarbeitende gewachsen. “Ihr seid der Grund dafür, dass wir heute dort stehen, wo wir sind”, so der Ex-Kanzler in einem seiner jüngsten LinkedIn-Postings. Gedankt wird auch den bisherigen Investor:innen, darunter Dovi Frances, der Group 11 und Michael Eisenberg, Partner bei Aleph. Überdies verkündet Ex-Kanzler Kurz, mit Dream bereits “über 125 Millionen US-Dollar Umsatz in Europa, dem Nahen Osten und Asien” erreicht zu haben.

Party in der Wüste

Darüber hinaus schreibt Kurz auf LinkedIn: “Für uns als Österreicher war es eine neue Erfahrung, eine Party in der Wüste zu feiern, und dazu noch dem Thema entsprechend gekleidet zu sein… das hat auf jeden Fall eine Menge Spaß gemacht!” Gefeiert wurden die genannten Meilensteine laut dem Posting im Rahmen eines “Tribe-Events”.

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AI Summaries

Kostete eine Social Media-Sabotage Trump den Wahlkampfauftakt?

  • Glaubt man honorigen Zeitungen wie der Washington Post, der New York Times oder Forbes, hat der US Präsident das Lügen geradezu verinnerlicht.
  • David Markovits untersuchte für Forbes, wie oft Trump log und kam auf die Zahl 18.000. Häufig nutzte Trump dabei selbst “Fake News” oder “Alternative Fakten”.
  • Für Uneinigkeit sorgt nun der Wahlkampfauftakt des US-Präsidenten.
  • Wohl mit keinem anderen Politiker wird der Begriff “Fake News” so stark in Verbindung gebracht wie mit Donald Trump.
  • Alles in allem hat man bei den Berichten über den “Fake News”-Präsidenten den Eindruck, Medien tun sich ausgerechnet bei ihm schwer, nicht selbst in die Falle der eigenen Gesinnung zu tappen und damit die News zu “verfälschen”.
  • Hätte eine Social Media Kampagne den Wahlkampfauftakt eines demokratischen Kandidaten derart sabotiert, es wäre ein Aufschrei durch alle Medien gegangen und viele hätten Russland dahinter vermutet.

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