18.03.2021

So könnten Startups bei öffentlichen Aufträgen leichter zum Zug kommen

Wie können Startups ihre Chancen bei öffentlichen Aufträgen verbessern? Vergaberechtsexperte Martin Schiefer im Interview.
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Martin Schiefer ist Rechtsanwalt und Experte für Vergaberecht © der brutkasten
Martin Schiefer ist Rechtsanwalt und Experte für Vergaberecht © der brutkasten

Bei öffentlichen Aufträgen haben es innovative Startups in Österreich oft schwer. Die Verfahren sind aufwändig und die Welt der Startups in vielen Punkten schwer mit der Welt der Ämter und Behörden vereinbar. Dabei muss das gar nicht sein, erklärt Vergaberechtsexperte und Anwalt Martin Schiefer im Interview mit dem brutkasten. Er arbeitet an einem “Leitfaden für innovative Beschaffung” mit und lässt Startups für Vergabeverfahren pitchen.

Viele Startups mit innovativen Lösungen, die in der Krise nachgefragt waren, haben uns gesagt, dass sie in den Ministerien nicht durchgekommen sind – oft mit den Argumenten Beschaffung und Vergabe. Welche Rolle spielt Vergaberecht für die Innovation? 

Martin Schiefer: Das Vergabegesetz an sich lässt Innovation zu. Wir haben ein neues Vergabegesetz seit 2018, das bewusst innovationsgetrieben ist. Die EU will öffentliche Auftraggeber dazu anregen, möglichst innovationsfreundlich zu sein. Das beißt sich ein wenig mit der Geschichte des Vergaberechts, das eigentlich aus einen baugetriebenen Bereich kommt. Um Unternehmen dazu zu bewegen, über die Grenze zu gehen, hat man zunächst mit den standardisierten Leistungen begonnen und hat versucht, die Eignungsnachweise zu standardisieren. Wenn man sich als ausländisches Unternehmen in Österreich bewirbt, muss man Umsätze und Referenzen nachweisen und die Kriterien dafür findet man im Vergabegesetz normiert.

Für Startups ist das eine Hürde.

Ein Startup, das eine innovative Idee hat, hat normalerweise andere Dinge im Kopf als einen Gewerbeschein. Meistens haben sie auch noch keinen Referenz-Auftraggeber. Umsätze haben sie oft auch noch nicht, dafür vielleicht Schulden. Wenn ich da mit den klassischen Kriterien herangehe, wird es für Startups sehr schwierig. Hinzu kommen Schwellenwerte, die im Liefer- und Dienstleistungsbereich sehr niedrig sind – eine Direktvergabe geht nur bis 100.000 Euro netto. Das ist für eine Startup-Finanzierung meistens zu wenig. Startups entscheiden sich lieber für 2 Minuten und 2 Millionen als 2 Wochen und eine Absage. 

Wie aufwändig sind diese Verfahren und wie sind eure Erfahrungen dabei mit Startups?

Wir schauen, dass wir die Elevator Pitches aus der Privatwirtschaft auch ins Vergaberecht übersetzen. Wenn du dich als Startup bei uns bewerben willst, brauchst du nur ein Bewerbungsschreiben schicken. 

Warum das?

Wir haben die Erfahrung gemacht, wenn wir von Startups eine Gewerbeschein verlangen, vom Steuerberater eine Bestätigung wollen, dass es das Startup in sechs Monaten noch gibt und einen Auftraggeber brauchen, der von der Idee überzeugt ist, machen Startups nicht mehr mit. Hinzu kommt: Viele öffentliche Auftraggeber haben Standardabgabefristen, in denen zB steht, du musst um 10 Uhr pünktlich elektronisch signiert abgeben. Das ist für Startups oft unrealistisch. Auch da muss man der Startup-Szene entgegenkommen.

Das ist spannend: Es gibt also trotzdem Wege, mitzumachen?

Vergaberecht ist so wie Tennisspielen. Wenn man beim Tennis verliert, gibt man allem die Schuld außer sich selbst. Die Regeln sind aber für alle gleich und wenn man gewinnen will, muss man trainieren. Wir trainieren im Vergaberecht seit über 25 Jahren. Wir trauen uns deshalb, Ausschreibungsunterlagen so zu formulieren und plötzlich ist auch die Startup-Szene da. 

Ist dein Gefühl, dass die öffentliche Vergabe schon an Startups interessiert ist, es aber dann an den Rahmenbedingungen scheitert?

Ja, ganz klar. Man sieht, dass Österreich in der Digitalisierung angekommen ist. Die Verwaltung nimmt das Thema ernst. Die, die diese Innovationsbeschaffung betreiben, mit denen sind wir sehr eng im Austausch. Wir arbeiten auch an einem Leitfaden für innovative Beschaffung.  

Ich war vor einigen Jahren in San Francisco. Die haben dort einen Fast Lane Prozess für Startups, wo man sechs Wochen in einem Programm mit den Behörden zusammenarbeitet – für Absolventen gab es dann sehr vereinfachte Vergaberichtlinien. Gibt es so etwas in Österreich?

Das gibt es in der Form noch nicht. Man kann das Vergabegesetz aber in dieser Richtung interpretieren und gestalten. Wir arbeiten mit dem Ministerium an ähnlichen Lösungen. Das sind so eine Art „Reality Hubs“. In dem Bereich, in dem du dich bewegst, gelten die Gewerbebestimmungen nicht oder nur eingeschränkt. Oder das UWG, Unlauterer Wettbewerbs Gesetz, ist eingeschränkt. Die urheberrechtlichen Regeln sind dort auch ein wenig anders gestaltet. So kann sich jeder einigermaßen frei bewegen und muss keine Angst haben, sofort in ein Regulativ zu fallen. Das ist eine Initiative vom Wirtschaftsministerium, die uns sehr gut gefällt und die wir unterstützen. 

Hast du Tipps für öffentliche Vergabeverfahren? Zählt nur der Preis oder gibt es andere Dinge, mit denen man punkten kann – etwa Nachhaltigkeit?

Wir werden unsere Mittel zielgerichteter einsetzen müssen. Im März 2020 war der Ansatz „koste es, was es wolle“ valide. Jetzt sind wir aber in einer Phase, wo wir eher sagen sollten: Koste es so viel wie nötig, damit wir uns innovativ aufstellen können. Wir wollen auch kleinere und mittlere Unternehmen wieder so weit bringen, dass sie ihre Produkte exportieren können. Wenn wir als Exportland alles zurück nach Österreich bringen wollen, bin ich mir nicht sicher, wie sich das in Summe ausgehen soll. 

Muss Nachhaltigkeit im Vergabegesetz verankert werden?

Das steht schon drinnen. Das Vergabegesetz muss gar nicht novelliert werden. Von den Finanzmärkten kommt in Sachen Nachhaltigkeit ohnehin Druck.

Wenn Startups bei solchen Ausschreibungen mitmachen wollen, aber Angst vor dem Aufwand haben, was würdest du ihnen raten?

Ich würde ihnen raten, mit dem Auftraggeber Kontakt zu suchen. Auftraggeber suchen ja oft nach genau diesem Kontakt zur Startupwelt. Zum Beispiel bei Smart-City-Initiativen in Wien, Graz oder Linz. 

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Kerstin Lobner | (c) Ideenflow

Die Uhr tickt, die Deadline rückt näher – und jetzt sollen du und dein Team auch noch kreative Ideen entwickeln? Klingt unmöglich, oder? Doch genau unter solchen Bedingungen kann Kreativität zur Höchstform auflaufen. Aber warum fällt es uns oft schwer, unter Druck kreativ zu denken, und wie kannst du und dein Team diese Hürde überwinden? Hier sind einige Ansätze, um den kreativen Funken auch unter Zeitnot zu entzünden.

Der Druck als Kreativitätskiller

Zunächst einmal: Kreativität braucht oft Raum. Die besten Ideen kommen, wenn man Zeit hat, Gedanken schweifen zu lassen. Wenn aber die Deadline drängt, blockiert das Gefühl von Stress oft die kreativen Prozesse. Anstatt entspannt nach Lösungen zu suchen, fühlen wir uns gehetzt und neigen dazu, auf alte Muster zurückzugreifen – nicht gerade die ideale Ausgangssituation für frische Ideen.

Lösung #1: Timeboxing – Nutze die Zeit klug

Anstatt den gesamten Prozess unter Druck zu setzen, hilft es, die Zeit in kleinere, überschaubare Blöcke zu unterteilen. Diese Technik nennt sich „Timeboxing“. Gebt jeder Phase der Ideensammlung – von der ersten Brainstorming-Runde bis zur Auswahl der besten Ideen – eine feste Zeitvorgabe. So bleibt der Fokus erhalten, ohne dass die Hektik Überhand nimmt. Ironischerweise kann eine solche Strukturierung dazu führen, dass kreative Prozesse in kürzerer Zeit effizienter ablaufen. Setzt euch z.B. ein 10-Minuten-Zeitfenster für das Brainstorming und anschließend weitere 10 Minuten, um die vielversprechendsten Ideen zu priorisieren.

Lösung #2: Kreativitätstechniken wie die 6-3-5-Methode

Eine weitere Technik, die unter Zeitdruck Wunder wirken kann, ist die „6-3-5-Methode“. Hierbei schreiben sechs Personen in fünf Minuten jeweils drei Ideen auf. Diese Ideen werden dann an den nächsten Teilnehmer:in weitergegeben, der/die darauf aufbaut oder neue Vorschläge entwickelt. Durch den schnellen, iterativen Austausch kommen nicht nur viele Ideen zusammen, sondern die Zeitvorgabe sorgt auch dafür, dass niemand zu lange über einer Idee brütet. Diese Technik fördert den Fluss und verhindert, dass der Druck lähmend wirkt.

Lösung #3: Klare Fokussierung durch präzise Fragestellungen

Unter Zeitdruck geht es darum, möglichst schnell die relevanten Ideen zu identifizieren. Je klarer und fokussierter die Fragestellung ist, desto einfacher wird es, zielgerichtet zu arbeiten. Statt „Wie können wir unser Produkt verbessern?“ könnte die Frage lauten: „Wie können wir unsere App-Nutzer schneller zum Kaufabschluss führen?“ – konkrete Aufgabenstellungen fördern schnelle, kreative Lösungsansätze.

Lösung #4: Mikro-Pausen einlegen

Kreativität unter Druck bedeutet nicht, ununterbrochen Höchstleistungen zu erbringen. Mikro-Pausen sind Gold wert. Schon fünf Minuten Abstand können das Gehirn wieder erfrischen und die Kreativität ankurbeln. Diese kurzen Pausen verhindern, dass dein Team in hektisches Denken verfällt und helfen dabei, aus einem anderen Blickwinkel auf das Problem zu schauen. Ein kurzer Spaziergang um den Block oder einfach frische Luft schnappen kann Wunder wirken.

Lösung #5: Gamification – Der spielerische Ansatz

Wenn die Stimmung im Team angespannt ist, hilft es oft, den Druck mit einem spielerischen Element aufzulockern. Eine einfache Möglichkeit: Macht aus dem Ideensammeln ein kleines Spiel. Vergesst den Ernst der Lage für einen Moment und veranstaltet z.B. einen „Pitch-Wettbewerb“, bei dem die Teammitglieder ihre verrücktesten Ideen in nur 60 Sekunden präsentieren. Diese Methode nimmt dem Team den Stress und fördert gleichzeitig unkonventionelle Lösungsansätze.

Fazit: Kreativität unter Druck ist möglich – mit den richtigen Techniken

Der Schlüssel zu Kreativität unter Zeitnot ist es, Strukturen zu schaffen, die den Prozess erleichtern, statt zusätzlichen Druck aufzubauen. Durch Timeboxing, präzise Fragestellungen und spielerische Elemente können du und dein Team auch in stressigen Situationen kreative Höchstleistungen abrufen. Der Trick liegt darin, den Druck in geordnete Bahnen zu lenken und den kreativen Fluss zu fördern, anstatt ihn zu ersticken.


Über die Gastautorin Kerstin Lobner

Kreativität prägte sie von klein auf, als Enkelin des General Managers von Faber-Castell in Irland. Während andere im Alter an Neugierde verlieren, vertiefte sie ihr Interesse an Kreativität stetig.

Nach verschiedenen Positionen im Konzern-Marketing in Branchen wie IT, Telekommunikation und Gesundheitswesen unterstützt sie heute Führungskräfte und Teams dabei, innovative Lösungen zu finden und ihr kreatives Potenzial zu entfalten.


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