07.01.2019

Smart Data: Rettungsboje im Datenmeer?

Doppelinterview: Wir haben mit den Gründern Christian Lutz von Crate.io und Stefan Ebner von Braintribe gesprochen, die uns aus den Datenfluten retten möchten. Rund um das gemeinsame Schlagwort Smart Data stellen sie Zukunftshypothesen bezüglich einfach zugänglicher Daten auf, die teilweise bereits heute greifen.
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Smart Data
(c) crate.io und braintribe: v.l.n.r. Christian Lutz (Crate.io) und Stefan Ebner (Braintribe)

Die Digitalisierung erzeugt seit Jahrzehnten Datenmengen, deren Ausmaß heute nur noch schwer erfassbar ist. Auf 2,5 Trillionen Bytes schätzt man den globalen Datenoutput pro Tag. Die KIs können mit Big Data umgehen, ihre User immer weniger. Welchen Nutzen stiften großen Datenmengen? Wie können sie unsere Gesellschaft positiv verändern? Stefan Ebner von Braintribe und Christian Lutz von Crate.io geben uns darauf Antworten.

+++ brutkasten Magazin #7: Die Welt in 5 Jahren +++

Smarte Daten für smarte Städte

Stefan Ebners Smart-Data-Unternehmen Braintribe legt mit dem Smart City Lab, das gemeinsam mit der UN initiiert wurde, ein Beispiel für einen Bereich vor, in dem Smart Data zu weitreichenden globalen Veränderungen führen könnte. Städte spülen schon heute riesige Datenmengen in die Rechenzentren ihrer Verwaltungsapparate. Heute wird ihr Potential kaum ausgeschöpft, weil der Umgang mit diesen extremen Daten zu komplex erscheint. Wir haben mit Stefan Ebner, der mit Braintribe 2017 ein Millioneninvestment von Technologiegrößen wie Hermann Hauser einfahren konnte, über das Smart City Lab und die Evolution der Daten gesprochen.

Die technologisierte Stadt, die Smart City – woran denkst du, wenn du das hörst?

Ebner: Ehrlich gesagt: Seit George Orwell hat sich eigentlich in unseren Städten nicht so viel verändert. Ich habe immer noch das Bild von dem Bürgermeister im Kopf, der wissen will, was seine Bürger treiben. Aber: Es gibt ein spannenderes Feld, das aufzeigt, wie wir Städte in Zukunft entwickeln können. Dabei werden wir nicht drum herumkommen, den Menschen ins Zentrum zu stellen und herauszufinden, wie die Technologie dem urbanen Leben dienen kann. Es klingt kitschig, aber die Technologie ist nicht der Zweck. Sie existiert, um ein besseres Zusammenleben zu schaffen. Und Städte sind organische Lebensräume, keine maschinellen oder technologischen.

Braintribe hat gemeinsam mit der UN und der Organisation für internationale Wirtschaftsbeziehungen das Smart City Lab ins Leben gerufen. Wie wird dort gearbeitet?

Ebner: Es ist eine globale Initiative, die in Wien entstanden ist. Im Grunde genommen hat das Smart City Lab zwei Ziele. Das erste ist: Co-Creation. Wir suchen nach Partnern, die Ideen haben, die wir gemeinsam umsetzen. Das zweite ist, die entwickelten Ideen früh mit der Öffentlichkeit zu teilen, damit sie allen zur Verfügung stehen.

Wie hängen die Schlagworte Smart Data und Smart City für dich zusammen?

Ebner: Braintribe lebt seit über 15 Jahre in diesem Big-Data-Raum, der ja im Endeffekt für unsere Gesellschaft zu komplex ist, um allgemein zugänglich zu sein. Wir haben damit gekämpft, eine erstklassige Plattform zu bauen, die das Komplexitätsproblem von Big Data löst. Das Endergebnis ist Smart Data, für uns mit der inzwischen patentggestützten Kerntechnologie Cortex.

Aber es geht natürlich nicht nur uns so. Smart Data ist einfach die nächste Stufe in der digitalen Evolution. Big Data ist heute sehr exklusiv, die Daten gehören einigen Spezialisten. Smart Data hat die richtige Ausdruckskraft und das richtige Format, damit auch Nicht-Spezialisten damit umgehen können. Erst wenn Daten verständlich sind, werden Ihnen die Leute vertrauen. Diejenigen, die sie nicht verstehen, haben Angst vor ihnen.

Und heute verstehen sicher 90 Prozent der Leute Daten nicht, brauchen sie aber. Wir haben dazu Tribefire/Datapedia entwickelt, eine Plattform, die auch Leuten ohne großes Technikwissen Zugang zu Daten vermittelt. So werden im Endeffekt mehr Menschen mehr Macht haben, weil sie besser verstehen, wie man Real-Life-Problems mit Smart Data lösen kann. So helfen wir echten Innovatoren, Projekte umzusetzen, die vorher nur ITlern vorbehalten waren.

Global Smart Data aus dem Ländle

Crate.io, das Startup des Vorarlbergers Christian Lutz, Vater der Onlineportale sms.at und uboot.com und des ehemaligen StudiVZ-Technikchef Jodok Batlogg arbeitet seit einigen Jahren am Umgang mit großen Datenmengen. Wir haben mit Lutz gesprochen.

Was heißt für dich Smart Data und warum brauchen wir sie?

Lutz: Smart Data ist das Ergebnis eines Verdichtungs- oder Anreicherungsprozesses aus Big-Data-Anwendungen. Das heißt: Aus sehr großen Datensammlungen werden die relevanten Daten durch verschiedenste, auch automatisierte Maßnahmen herausgefiltert und weiters noch mit anderen Daten verknüpft, bevor man dann damit arbeitet. Es gibt kaum eine Big Data Anwendung, die ohne Smart Data Ansatz auskommt. Wir brauchen ihn, um Nutzen aus den Daten zu gewinnen.

Kannst du uns auf technischer Ebene einen Einblick geben?

Lutz: Es gibt verschiedene Ansätze, um aus Big Data Smart Data zu generieren. Im einfachsten Fall sind das sogenannte Long-Running-Queries, welche auf dem aktuellen Datenstrom in Echtzeit ausgeführt werden, um bestimmte Werte, Grenzen oder andere Trigger zu erkennen. Oft werden dazu auch gleichzeitig große historische Datenmengen mitanalysiert. Weiters sind verschiedene Methoden aus dem Bereich künstliche Intelligenz im Einsatz, zum Beispiel Machine-Learning, um bestimmte Muster zu erkennen. Dabei werden im ersten Schritt Learning-Queries gefahren – extrem viele über möglichst große Datenmengen. Dann wird das erkannte Muster als Funktion implementiert, welches direkt auf den Datenbank-Servern, also ganz nahe an den Daten, permanent auf dem Datenstrom sitzt und in Echtzeit mitanalysiert.

Wo liegen eure größten Projekte in dem Bereich Smart Data?

Lutz: Crate.io hat in diesem Bereich Kunden in unterschiedlichen Verticals, beispielweise die Firma McAfee mit Securitydaten und Echtzeitanalyse von Policy-Verletzungen, oder für Smart Building Zumtobel, die im Backend Analysen bezüglich des Stromverbrauchs und Zustands von Connected Lights machen. Oder eben Produktionsbetriebe, die in Echtzeit den Fertigungsprozess überwachen, Verbesserungsmaßnahmen zum Teil automatisch setzen können oder den Mitarbeitern an Maschinen helfen können, Ausschuss zu vermeiden beziehungsweise Stillstände zu reduzieren.


Dieser Beitrag erschien in gedruckter Form im brutkasten Magazin #7 “Die Welt in 5 Jahren”.

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Videoarchiv: Live im Interview mit Stefan Ebner – Founder & CEO von Braintribe

Stefan Ebner, der Founder & CEO von Braintribe, im Live Gespräch über sein Firestarters Space, seine Vision einer Co-Creation Community im Wien, das erste Projekt Smart City Lab Opening uvm.

Gepostet von DerBrutkasten am Montag, 14. Mai 2018

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Ida Tin, Co-Founderin von Clue (c) Valerie Maltsev

Dieser Artikel erschien zuerst in der Jubiläumsausgabe unseres Printmagazins. Ein Link zum Download findet sich am Ende des Artikels.

Bunte Hosenanzüge, gepaart mit hohen Absätzen, Sneakers, langen Locken und eleganten Kurzhaarschnitten – beim diesjährigen Global Leaders Summit, organisiert von the female factor und unterstützt von der Stadt Wien, gleicht das Publikum einem bunten Bällebad. An diesem ungewöhnlich warmen September­donnerstag füllt sich das Wiener Rathaus mit über 500 weiblichen Führungskräften aus 50 Nationen.

Is this how a leader looks like?

Mittendrin ragt die dänische Founderin Ida Tin aus der Menge. In einem grau-weiß gestreiften Blazer und mit elegantem Hair-Updo setzt sie kontrollierte Schritte auf den roten Teppich, der Besucher:innen den Weg ins Rathaus markiert. Links und rechts stehen weiß bezogene Stehtische, vor einer türkisen Fotowall tummeln sich Hosenanzüge. „This is how a leader looks like“ steht auf der Fotowand.

„Schriftstellerin“ ist die Berufsbezeichnung, die aus diverser Berichterstattung rund um die dänische Gründerin hervorgeht. In ihrem ersten Buch schrieb sie über Motorradreisen. In Dänemark wurde es zum Bestseller. Ihre Geschichte ist eine, die von vielen gehört und gelesen gehört – denn Ida heißt heute „Mother of Femtech“.

Mother of Femtech

Ida wurde im Kopenhagener Stadtteil Nørrebro geboren und war einen nicht unbeträchtlichen Teil ihres Lebens auf dem Motorrad unterwegs. Mit ihren Eltern und ihrem Bruder hat sie so mehrere Länder der Welt bereist.

Zusammen mit ihrem Vater ­arbeitete sie später für Moto Mundo, einen ­ Motorrad-Reiseveranstalter. In den frühen 2000ern organisierte sie Motor­radtouren durch Vietnam, die USA, Kuba, Chile oder die Mongolei; 2009 erschien ihr besagtes Buch „Direktøs“, in dem sie von ihren Reiseerfahrungen erzählt.

Weil auf Reisen kein Tag ist wie der andere, stand Ida vor einem Problem: Woher weiß sie, wann ihre Monats­blutung kommt? Händisch mitzuschreiben ging nicht, am Motorrad war kaum Platz. Sie brauchte etwas Handliches; etwas, das immer dabei ist. Und etwas, das selbst mitdenkt.

Ida kam auf eine Idee – ­ wenige Jahre später startete sie eine der weltweit ersten Tracking-Apps für Frauengesundheit. Ida gründete Clue als App für menstruierende Personen im Jahr 2012 in Berlin, gemeinsam mit Hans Raffauf, Moritz von Buttlar und Mike LaVigne. Über die Jahre wurde Clue zu einer der berühmtesten Apps unter Menstruierenden. Damit schuf Ida eine technologische Lösung zur Verbesserung von Frauengesundheit – eine Femtech-Lösung.

Forgive me, but I think there is a little bit of a lack of vision for Europe.

Ida Tin, Co-Founderin von Clue

Zurück am Global Leaders Summit höre ich Ida zu, wie sie auf der Global Stage des Großen Festsaals im Wiener Rathaus spricht. Ida setzt ihre Worte gezielt; im Trubel des Summits sticht sie nicht mit Lautstärke hervor, sondern mit Präsenz. Ohne ihre Stimme zu heben, finden Idas Worte ihren Weg durch die Geräuschkulisse des Festsaaltreibens. Sie spricht von einer Reform unseres Ökosystems.

„Let’s invite men into our world“ und „Sense your body, pay tribute to your mental health“ sind nur zwei der Aussagen, die man selten von Gründer:innen im Business-Kontext hört. Mit dem Aufbau ihres Unternehmens hat sie den Begriffen „Gründung“ und „Unternehmensführung“ eine neue Bedeutung verliehen. Sie hat sie menschlicher gemacht.

Nach dem Panel bleibt Zeit für ein kurzes Interview. Wieder schafft es Ida, mit bewusst gesetzten Wortkombinationen eine wichtige Message zu kommunizieren: „Wir müssen aufpassen, was wir als erfolgreich betrachten. Früher war Erfolg Geld, ein hoher Return on Investment; noch größere Finanzierungsrunden. Doch wenn wir ehrlich sind, ist der eigent­liche Reichtum unsere Gesundheit.“

Wie ein System funktioniert

Unverkennbar geht es in unserem Gespräch nicht nur um Geld: „Mehrere Studien zeigen, dass Investitionen in die Gesundheit von Frauen die Wirtschaft ankurbeln. Erst dieses Jahr hat McKin- sey einen Report herausgebracht, der zeigt: Wir würden uns jedes Jahr eine Billion Dollar sparen, wenn die Gesundheitsbedürfnisse von Frauen an- gemessen erfüllt würden.“

Ida zeigt in unserem Interview, dass sie das Thema bewegt: „Frauengesundheit ist teuer, gar keine Frage. Aber wir wissen mittlerweile auch: Wenn es Frauen gut geht, geht es ihren Unternehmen gut, ihren Familien und schließlich auch der Gesellschaft. Viel­fältige Teams begünstigen integrative Unternehmen, bringen weniger Voreingenommenheit und tatsächlich bessere Geschäftsergebnisse.“

Als ob das nicht schon selbsterklärend genug wäre, betont Ida mit einem Kopfnicken: „Wenn wir also Frauen in den Aufbau der Welt miteinbeziehen, funktioniert das System.“

“Die Besessenheit mit Geld macht unser Leben sehr arm. Und engstirnig.”

Ida Tin, Co-Founderin von Clue

Gesundheit!

Dass das in der Corporate-Bubble schwierig umzusetzen ist, weiß Ida. Auch alle bunten Hosenanzüge, die sich zum Global Leaders Summit im Wiener Rathaus versammelt haben, wissen es. Dass nicht tatenlos zugesehen werden darf, wie Frauen, ihre Gesundheit und ihr Potenzial im Unternehmertum vernachlässigt werden, weiß auch jede vor Ort.

„Wir wissen doch alle, dass man mehr Perspektiven in Führungsebenen bringt, wenn man Frauen dort reinsetzt. Wenn man sie einfach machen lässt und niemanden zu formen versucht. Wir leben in einer Kultur, vor allem in der Tech-Szene, in der wir Menschen formen. Du stellst jemanden an, du formst dir deine Arbeitskraft so, wie du sie willst, drückst sie in interne Strukturen. Du etablierst Arbeitsmodelle, die sich nach 40 Wochenstunden richten und Menschen gesundheitlich belasten. Und nicht selten endet das im Burnout. Ich denke, wir müssen uns in dieser Hinsicht mehr am Gesundheitsaspekt unserer Arbeit orientieren. Wenn wir uns kaputtarbeiten, was bleibt dann vom Leben übrig?“, so Ida.

Wenn wir Frauen in den Aufbau der Welt miteinbeziehen, funktioniert das System.

Ida Tin, Co-Founderin von Clue

Langsam lasse ich mir Idas Worte durch den Kopf gehen. „Wenn wir uns kaputtarbeiten, was bleibt dann vom Leben übrig?“ Ja, der Satz kommt wahrlich aus dem Mund einer der erfolgreichsten Founder:innen unserer Zeit. Das ist das Mindset jener Unternehmerin, die mit ihrer Tracking-App den Begriff Femtech prägte und den Grundstein für eine ganze Branche schuf. Sogar Apple war von Idas Technologie begeistert und bat um Zusammenarbeit.

Idas Mindset kommt nicht von irgendwo: „Meine Eltern waren ein Beispiel für Menschen, die genau das taten, was sie wirklich gerne machten; auch, wenn das in den Augen mancher als verrückter kleiner Traum schien. Mit ihrem Traum haben sie sich immerhin ihren Lebensunterhalt verdient. Und ich denke, wenn einem als Kind die Chance gegeben wird, die Welt zu sehen, bekommt man ein Gefühl dafür, wie viele Realitäten es da draußen gibt; und wie viele Dinge miteinander verknüpft sind.“

Der Mangel an Vision

Stichwort Verknüpfung: Sollten wir nicht zuerst anfangen, auf nationaler Ebene zu denken, bevor wir uns die ganze Welt vorknöpfen? Ida sieht das anders:

„Wie soll ein kleines, noch so starkes Land in einem schwachen Europa überleben? Wenn es zu politischen Unruhen auf europäischer Ebene kommt, sind wir alle verwundbar. Wenn die Wirtschaft in Europa zusammenbricht, werden auch einzelne Staaten zusammenbrechen. Es macht keinen Sinn, in nationalen Einheiten zu denken. Wir müssen darüber nachdenken, wie wir uns in Zukunft versorgen können. Wir müssen ein bisschen mehr an unseren Planeten denken. Ich glaube, es mangelt an einer Vision für Europa; und an gutem Storytelling.“

Der neue Erfolg

Ida redet Klartext über Tatsachen, die eigentlich jeder kennt, aber niemand wirklich wahr­ haben möchte. Mit einem weiteren Kopfnicken teilt sie Lösungsansätze:

„Wenn wir unsere Wirtschaft in etwas Nachhaltiges verwandeln wollen, müssen wir Erfolg neu definieren. Zurzeit feiern wir Investments, wir feiern finanzielle Rendite. Wir feiern Unicorns. Aber die Welt verlangt nach einer mehrdimensionalen Vorstellung von Erfolg.“

Ida meint: sich selbst nach eigenen Maßstäben als erfolgreich zu bezeichnen; Gesundheit als Erfolg zu bezeichnen. Und: „Unternehmen aufzubauen, in denen Menschen gesund sein können, in denen Menschen offen queer sein können, in denen Menschen aus verschiedenen Kulturen zusammenkommen; in denen man sie nicht zwingt, Alkohol zu trinken – und in denen eine integrative Kultur geschaffen wird.“

Wir brauchen weniger

Mit Clue hat Ida genau das versucht, und zwar mit einem der wohl umstrittensten New-Work-Themen unserer Zeit: der Vier-Tage-Woche. „Wir haben gesehen, dass unsere Leute an vier Tagen in der Woche genauso viel geleistet haben wie an fünf.“

Ida bot ihrem Team neben vier Arbeitstagen damit auch drei freie Tage, die Möglichkeit für Side Projects und mehr Zeit für Sport, Familie und Ruhe. „Viele hatten das Gefühl, dass ihr Leben eine ganz neue Qualität gewonnen hat. Und zusätzlich gibt es auch eine Menge an Studien und Daten, die zeigen, dass das funktioniert“, so Ida.

Wie in Island

So wie in Island, wo seit 2020 51 Prozent der Arbeitnehmenden reduzierte Wochenarbeitszeiten von 35 bis 36 Stunden bei gleichem Lohn wie zuvor hatten. Heute soll der Anteil noch etwas höher liegen, heißt es von einer Studie des britischen Autonomy Institute und der isländischen Association for Sustainability and Democracy (Alda). Im vergangenen Jahr soll die Wirtschaft Islands um fünf Prozent gewachsen sein – damit verzeichnet der Staat eine der höchsten Wachstumsraten in Europa.

In Idas Office gab es an den vier Arbeitstagen außerdem schuhfreie Zonen, einen Meetingraum ohne Tisch sowie Schwimm- und Fitnessstunden für ihre Mitarbeiter:innen. „Es sind die kleinen Dinge, die die Leute zusammen und zum Lachen bringen. Irgendwann hatten wir sogar eine Vorstandssitzung im tischlosen Raum.“

Kannst du acht Stunden am Tag sitzen?“ Ida reißt mich aus meinem kurzen Tagtraum. „Ich kann es nicht!“, wirft sie hinterher. „Auch jeder Sportler weiß, dass man Erholung braucht, um Höchstleistung zu erbringen. Warum sollte man das als arbeitender Mensch also vernachlässigen?“

Die Planeten-Perspektive

Nach fast 40 Minuten werden wir von zwei bunten Hosenanzügen unterbrochen. Die Zeit für das Interview ist um, das nächste steht an. Eine Frage fehlt uns aber immer noch: Wie lässt sich unsere Gesellschaft nun nachhaltig umbauen?

„Die Besessenheit mit Geld macht unser Leben sehr arm. Und sie macht uns engstirnig. Niemand auf diesem Planeten muss exorbitant viel besitzen. Alles über einem bestimmten Betrag könnte in Klimafonds fließen, in Sozialprojekte, in die gerechte Verteilung von Vermögen. Die Monopolisierung von Reichtum schafft ein großes demokratisches Problem; und schließlich auch ein Problem für Innovation.“

Was uns Ida sagen will: Man kann keine Gesellschaft aufrechterhalten, in der zu wenige zu viel und zu viele zu wenig haben. „Ich wünsche mir, dass wir an einem gemeinsamen Ziel arbeiten. Manchmal frage ich mich: Warum haben wir nicht eine gemeinsame Marke für unseren Planeten? Einen gemeinsamen Plan mit einer gemeinsamen Perspektive. Das wäre etwas, das uns in unserem Tun sicherlich einiges an Klarheit und Ambition geben würde.“

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