10.03.2023

Silicon Valley Bank: Aktie stürzt ab – und zieht Finanzmärkte mit nach unten

Die Silicon Valley Bank hat starke finanzielle Probleme. Ihr Aktienkurs rasselte am Donnerstag um 60 Prozent nach unten. An den Finanzmärkten fragen sich nun viele, welche Bank als nächstes in Schwierigkeiten geraten könnte.
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Silicon Valley Bank facade at high-tech commercial bank headquarters in South San Francisco Bay area - Santa Clara, California, USA - 2020
Foto: MichaelVi - stock.adobe.com

Nach dem insgesamt schwachen Börsenjahr 2022 hatten sich die Aktienmärkte in den vergangenen Monaten überraschend stark entwickelt. Die Inflation in den USA ist seit vergangenen Sommer gesunken, die Notenbank Fed könnte damit auch die gefürchteten Zinserhöhungen zurückfahren – so die Hoffnung der Anleger:innen. Alle Turbulenzen überstanden also? Wer dies vermutet hatte, hat möglicherweise vorschnell geurteilt.

Zuletzt ging es an den Börsen wieder nach unten – so auch am gestrigen Donnerstag. Für Unsicherheit sorgte an diesem Tag vor allem die Silicon Valley Bank. Deren Aktienkurs brach um gleich 60 Prozent ein.

Der 500 der wichtigsten US-Firmen umfassende Aktienindex S&P-500 verlor knapp 1,9 Prozent. Der techlastige Nasdaq-100 gab um 1,8 Prozent nach. Die allgemein schlechte Marktstimmung griff auch auf den Kryptomarkt über: Bitcoin fiel unter die Marke von 20.000 Dollar, Ethereum zwischenzeitlich unter 1.400 Dollar.

Notverkauf von größerem Anleihe-Portfolio

Auslöser für den Kursrutsch der Silicon Valley Bank: Die Bank hat starke finanzielle Probleme. Offenkunding wurde dies spätestens am Mittwoch, als sie ankündigte, eine 1,75 Mrd. US-Dollar schwere Kapitalerhöhung vornehmen zu wollen – um die eigene Bilanz zu stärken. Das Geld werde benötigt, weil 1,8 Mrd. Dollar in der Bilanz fehlen würden, hieß es in den Unterlagen, die Investor:innen zur Verfügung gestellt wurden.

Dieses Geld fehlt, weil die Bank ein größeres Anleihen-Portfolio verkaufen musste, das sich äußerst ungünstig entwickelt hatte. Hintergrund: Der starke Zinsanstieg bei US-Staatsanleihen. Höhere Anleihezinsen bedeuten umgekehrt niedrigere Kurse. Die Silicon Valley Bank war zu deutlich besseren Kursen eingestiegen.

Auf den Markt werfen musste sie das Portfolio, weil die Bank das Geld benötigte – nachdem Kund:innen angefangen hatten, in größerem Umfang Gelder abzuziehen. Zuvor war durchgesickert, dass mehrere große Venture-Capital-Firmen ihren Klient:innen genau dies empfohlen hatten. Unter diesen Unternehmen soll sich auch der Founders Fund vom umstrittenen Star-Investor Peter Thiel befunden haben. Silicon-Valley-Bank-CEO Greg Becker rief Klient:innen dagegen in einem Conference Call am Donnerstag dazu auf, “ruhig zu bleiben”.

“Leute fragen sich, welche Bank die nächste ist”

An den Finanzmärkten sorgte der Kurseinbruch bei der Silicon Valley Bank für massive Unsicherheit. Weniger, weil die Bank selbst so relevant wäre – sondern aus einem anderen Grund: “Die Leute fragen sich, welche Bank die nächste ist”, sagte Jens Nordvig vom Markt- und Datenanalyse-Unternehmen Exante gegenüber Bloomberg.

“Die Silicon Valley Bank ist nur die Spitze des Eisbergs”, zitierte die Finanznachrichtenagentur mit Christopher Whalen von Whalen Global Advisors einen weiteren Marktstrategen. Er machte sich keine Sorgen um die Großbanken, aber viele kleinere Finanzinstitute könnten größere Schwierigkeiten bekommen. “Viele von ihnen werden Kapital aufnehmen müssen”, sagte er weiter.

In den Tagen zuvor hatte eine andere US-Bank die Schlagzeilen der Finanzmedien dominiert: Silvergate. Sie gilt als “Hausbank” der Krypto-Branche und war ebenfalls in massive Schwierigkeiten geraten. Am Donnerstag wurde schließlich bekannt, dass die Bank liquidiert wird.

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Grafiken zur Startup Entwicklung Österreich
Eigene Grafiken, Karte Rechts (c) ASM
mit Visuals

Dieser Artikel erschien zuerst in der Jubiläumsausgabe unseres Printmagazins. Ein Link zum Download findet sich am Ende des Artikels.

Es ist das Jahr 2014, brutkasten wurde soeben gegründet. Im September launcht Bitpanda, damals noch unter dem Namen Coinimal, Runtastic bringt ein Fitnessarmband auf den Markt und Shpock steht kurz vor der Übernahme durch den norwegischen Medienkonzern Schibsted. Die Startup-Szene boomt.

Das alles ist heute zehn Jahre her. Eine lange Zeit, in der in der österreichischen Startup-Szene einiges passiert ist – Erfolgsstorys von großen Exits werden geschrieben, Investor:innen stecken Millionenbeträge in junge Unternehmen, staatliche Gesellschaften wie die FFG vergeben jährlich 100 Millionen Euro für Projekte von Startups. Aber auch Krisen wie die Covid-19-Pandemie erschütterten die Wirtschaft – immer wieder werden Startups insolvent.

All diese Veränderungen versucht der Austrian Startup Monitor (ASM) festzuhalten, hinter dem das Austrian Institute of Technology (AIT) steht. Durch jährliche Umfragen erhebt die Forschungseinrichtung wichtige Daten, die einen Überblick über die Welt der Startups liefern. Diese Daten wurden brutkasten exklusiv zur Verfügung gestellt. Wir haben uns an – gesehen, was sich in den letzten zehn Jahren in der österreichischen Startup-Szene verändert hat.

Gründungsland Österreich

Beginnen wir mit den Neugründungen. Insgesamt 277 Startups wurden 2014 – im Entstehungsjahr von brutkasten gegründet. Anschließend stieg die Anzahl der Gründungen jährlich, bis der Wert 2017 mit 379 Startups seinen bisherigen Höhepunkt erreichte.

Was die Daten des ASM ebenfalls zeigen, ist ein kleiner Rückgang im ersten Jahr der Covid-19-Pandemie. Doch die Startup-Szene erholt sich schnell, bereits 2021 befinden sich die Neugründungen wieder auf Vorkrisenniveau. Aufgrund der vom AIT ausgewählten Suchstrategien, scheinen neu gegründete Startups erst mit einer zeitlichen Verzögerung bis zu zwei Jahren in den Daten auf. Doch für 2022 bis heute wird, ähnlich der Werte aus Deutschland, eine stabile Anzahl an Neugründungen erwartet  – wenn auch mit einem leichten Rückgang.

Investments: Mehr Deals, Gesamtsumme aber zuletzt rückläufig

Dass Startups über die Jahre vor allem wirtschaftlich immer relevanter werden, zeigen auch die Daten des jährlich erscheinenden EY Start-up-Barometer. Die Studie verrät, dass die Anzahl der Investments für österreichische Startups im vergangenen Jahr ein Rekordhoch erreicht hat. Noch nie zuvor wurden so viele Deals abgeschlossen.

Hier lohnt sich jedoch der Blick auf die Gesamtsumme der Investments. Denn 2023 waren die Investmentbeträge zum zweiten Mal rückläufig. Wie die Daten von EY zeigen, wurden 2023 zwar weit mehr Investments abgeschlossen als jemals zuvor, allerdings gab es keinen einzigen Großdeal im Umfang über 100 Millionen Euro.

2021 war die Anzahl an Investments zwar noch um einiges niedriger als 2023, allerdings katapultierte die Anzahl an Großdeals - wie etwa jene von Bitpanda oder GoStudent - die Summe in eine noch nie da gewesene Höhe. Über 1,2 Milliarden Euro wurde damals in Startups investiert  – mehr als die Hälfte davon alleine durch Großdeals.

Startups werden immer höher bewertet

Neben der Anzahl an Investments steigt auch die Bewertungen der Startups kontinuierlich. Aus den Daten des ASM geht hervor, dass die Investor:innen 2019 noch den Großteil der Startups mit weniger als 2,5 Millionen Euro bewertet haben. Doch bereits im Jahr darauf hat sich alles geändert: Mehr als die Hälfte der Startups erhielt eine Bewertung über dem Schwellwert. 

Seitdem sind die Bewertungen jährlich gestiegen. Im vergangenen Jahr kamen 44 Prozent der heimischen Startups auf eine Bewertung von mehr als fünf Millionen Euro  –  so hoch war der Wert noch nie. Einige Startups haben Bewertungen von über 100 Millionen Euro erreicht.

Startup-Gründung: eine Frage des Geldes

Insgesamt steigt zwar die Anzahl der Investments und auch die Bewertungen. Doch auf welche Finanzierungsformen setzen österreichische Startups überhaupt in welchem Ausmaß?

Die Daten zeigen: Bootstrapping bleibt nach wie vor häufigste Finanzierungsform. Zwei von drei Founder:innen finanzieren ihr Startup aus eigenen Mitteln. Allerdings ist der prozentuale Anteil an eigenfinanzierten Startups seit 2018 stark zurückgegangen. Vor sechs Jahren wurden noch 81 Prozent der Startups gebootstrappt - letztes Jahr waren es nur noch 66 Prozent.

Auch hier zeigt sich, dass öffentliche Förderungen aktuell wieder häufiger werden. Rund die Hälfte der Startups erhielt nationale Unterstützungen. Auch gaben mehr als ein Viertel der Startups an, sich aus dem Cashflow zu finanzieren. Daneben hat gut jedes vierte Startup einen Business Angel hinter sich. Hingegen spielen Finanzierungsmethoden wie Crowdfunding nur mehr eine sehr geringe eine Rolle.

Beliebte Branchen

Vor zehn Jahren war Künstliche Intelligenz noch weitaus weniger verbreitet als heute. Doch die Grundsteine waren bereits gelegt. Aus den Fortschritten im maschinellen Lernen gingen die ersten Pioniere hervor: 2014 übernahm Google das Startup DeepMind und bald danach wurde auch OpenAI gegründet - das Unternehmen hinter der beliebtesten KI ChatGPT. Es sollte aber noch einige Jahre dauern, bis KI auch die österreichische Startup-Szene umkrempelt.

Was aus der Grafik hervorgeht ist, dass IT & Software prozentual gesehen nach wie vor die dominierende Branche bleibt. Startups in der Branche der Life Sciences bekamen in den vergangenen Jahren starken Zuwachs. Ein Rückgang hingegen gab es bei den Anteilen an Hardware-Startups. Sie verlieren über die Jahre immer mehr an Bedeutung – verhältnismäßig setzen sich auch immer weniger Jungunternehmen in der industriellen Technologie an.

Dass Life-Science-Startups beliebter werden, zeigt sich auch bei den Gründungsformen. Akademische Startups, also Unternehmen, die als Spin-Off an einer Universität oder an einer Fachhochschule entstanden sind, machen heute knapp ein Viertel aller Gründungen aus. Aber dennoch: Mehr als jedes zweite Startup wird weiterhin unabhängig gegründet.

Frauen in den Gründungen

Auch der Frauenanteil in den Gründungsteams verändert sich. Nach den Daten des ASM waren vor sechs Jahren nur rund zwölf Prozent der Gründer:innen Frauen, während insgesamt 29 Prozent der österreichischen Gründungsteams zumindest eine Frau im Team hatten.

Bis 2022 stieg der Frauenanteil in den Gründungsteams auf rund 39 Prozent, bevor er vergangenes  Jahr wieder leicht zurückging. Der Anteil der Gründerinnen insgesamt hat sich bei etwa 17 Prozent eingependelt – auch dieser Wert ist leicht rückläufig.

Startups-Teams wachsen

Anhand der Anzahl der Mitarbeiter:innen zeigt sich: Startups wachsen. Vor sechs Jahren, also 2018, waren durchschnittlich 8,2 Mitarbeitende pro Startups angestellt. Nur drei Jahre später, 2021, waren es mit 12,3 Mitarbeiter:innen bereits um die Hälfte mehr. Auch im vergangenen Jahr waren durchschnittlich wieder 12,3 Mitarbeitende pro Startup angestellt.

In welchen Bereichen werden Mitarbeitenden eingesetzt? Am meisten gefragt ist nach wie vor IT und Softwareentwicklung. Jährlich gaben mehr als 40 Prozent der heimischen Startups an, dass sie hierbei Probleme in der Besetzung haben – 2022 war es sogar die Hälfte aller Startups.

Auch Positionen im Sales und in der Produktentwicklung sind gefragt – mehr als ein Viertel der Startups sucht ergiebig nach Angestellten.

Finanzielle Realität

Doch wie viel Umsatz machen die Startups am Ende des Jahres wirklich? Die Antwort wirkt etwas ernüchternd: Nach wie vor geben etwas mehr als ein Viertel der heimischen Startups an, keinen Umsatz zu machen. Ein weiteres Viertel hingegen äußert, dass sie einen Umsatz bis 50.000 Euro hatten – auch dieser Wert bleibt über die Jahre unverändert.

Immerhin kann die andere Hälfte von sich behaupten, einen Umsatz zu erwirtschaften, der darüber liegt. Nicht nur das, auch gibt mehr als jedes zehnte Startup an, bereits einen Umsatz über einer Million Euro zu haben.

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Die Daten, die wir für diesen Artikel verwenden, wurden dem brutkasten vom Austrian Startup Monitoring (ASM) zur Verfügung gestellt, sowie vom EY Start-up Investment Barometer Österreich 2023 abgerufen. Das ASM wird vom Austrian Institute of Technology (AIT) an der Wirtschaftsuniversität Wien durchgeführt. Jährlich befragt die Forschungseinrichtung die österreichische Startup-Szene empirisch. https://austrianstartupmonitor.at/


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