21.05.2024
INVESTMENT

Silana: Wiener Nähroboter-Startup erhält 1,5 Mio. Euro Investment

Das Wiener DeepTech Startup Silana sichert sich ein Investment in Höhe von 1,5 Millionen Euro. Zu den Investoren zählen der US-VC SOSV und der Oberösterreichische HighTechFonds, sowie weitere Prominenz der heimischen Startup-Szene. Co-Founder Michael Hofmannrichter erzählt im brutkasten-Talk, wie seine Vision der Demokratisierung des Design-Prozesses durch Nähroboter funktioniert und welche Rolle die österreichische Förderlandschaft beim Closing der aktuellen Funding-Runde spielte.
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Silana, Textilundustrie, Fussl Modestraße,
(c) silana - (v.l.) Michael Hofmannrichter, Anton Wohlgemuth und Michael Mayr.

Das Wiener Startup silana hat den ersten Nähroboter weltweit entwickelt und möchte damit den prekären Arbeitsbedingungen zur Herstellung von Kleidung entgegenwirken. Dieser Mission schließen sich nun der DeepTech Investor SOSV, der Oberösterreichische HightechFonds und prominente Business Angels an, wie etwa eine US-Milliardärs-Familie, die waterdrop-Gründer Martin und Henry Murray, Nachhaltigkeitsexpertin in der Textilindustrie Yoobin Jung und der Sequoia Scout und ex-CGO von N26, Alexander Weber. Insgesamt erhielt das Startup 1,5 Millionen Euro an Kapital.

Gegründet wurde das Unternehmen Mitte 2022 von Michael Hofmannrichter (CEO), Michael Mayr (COO) und Anton Peter Wohlgemuth (CTO). Die drei Founder wissen, dass aktuell 100 Prozent aller Kleidungsstücke per Hand produziert werden. Die damit verbundenen hohen Lohnkosten führten zur Abwanderung vieler Produzenten in den südost-asiatischen Raum – und das nicht ohne Folgen.

brutkasten-Talk: Michael Hofmannrichter über das silana-Investment

“An einem T-Shirt arbeiten oft zwölf bis fünfzehn Personen in sklavenartigen Arbeitsbedingungen meist zwölf Stunden am Stück” sagt Mayr, dessen Familie den größten österreichischen Modehändler Fussl Modestraße betreibt und dabei speziell auf eine verantwortungsvolle Supply-Chain achtet.

“Die Bekleidungsindustrie ist für zehn Prozent der globalen CO2-Emissionen verantwortlich. Gleichzeitig bekommen mehr als 90 Prozent der Beschäftigten in den herstellenden Fabriken zu wenig Lohn, um für ihr Überleben zu sorgen. Knapp ein Drittel der hergestellten Kleidungsstücke können gar nicht erst verkauft werden und werden stattdessen zu bereits überfüllten Mülldeponien in Afrika verschickt”, führt Hofmannrichter zu den prekären Umständen in der Modeindustrie weiter aus.

CO2-Emissionen um mehr als ein Drittel reduzieren

Genau diesem Missstand möchte silana entgegenwirken. Das Wiener Startup kann, eigenen Angaben nach, CO2-Emissionen von Mode um mehr als ein Drittel reduzieren. Mithilfe ihrer Nähroboter sollen heimische Produzenten ihre Produktion wieder zurück nach Europa verlagern können. Eine Verlagerung der Produktion zum Point-of-Sale würde nicht nur Ewigtransportwege per Schiff oder Flugzeug minimieren, sondern vor allem auch den Ressourcenverbrauch in der Produktion verringern.

“Die Überproduktion kann damit faktisch auf null reduziert werden”, erklärt Mayr und Automatisierungsingenieur Wohlgemuth betont, dass “ein hoher Automatisierungsgrad das Nearshoring der Bekleidungsproduktion wieder ermöglichen wird”. Dabei verweist letzterer auf gleichbleibende und planbare Produktionskosten auf asiatischem Niveau. Denn zu hohe Produktionskosten und ein enormer Fachkräftemangel waren die Probleme, die dies bislang verhindert hätten.

Silana-Roboter als letzter Puzzle-Stein für Umschwung

Der Roboter von silana agiert hierbei als letzter Puzzle-Stein in einer optimierten Produktion, um jeden Produktionsschritt von der Stoffrolle bis zum bedruckten T-Shirt vollautomatisiert, auch in Österreich, vornehmen zu können. Jeder Manufakturschritt werde durch eigene Subsysteme in einer eigenen Roboterzelle innerhalb weniger Minuten durchgeführt.

“Wir arbeiten dabei mit den gängigsten Stoffen, und können natürlich auch Stoffe aus nachhaltiger Viskose der Lenzing AG verarbeiten”, erzählt Hofmannrichter. In den vergangenen drei Jahren konnte das Gründerteam den ersten funktionierenden Prototypen entwickeln und damit bereits mehrere renommierte Bekleidungsproduzenten zu Anzahlungen überzeugen. In Österreich wurde hier zum Beispiel der Sportbekleidungshersteller Löffler als Kunde gewonnen.

Silana möchte allgemein für einen radikalen Umschwung in der Textilindustrie sorgen. Eine Miliarde Kleidungsstücke sollen jährlich regional gefertigt werden. Knapp 200 Maschinen wurden hierbei von renommierten Produzenten weltweit bereits vorgemerkt, heißt es. Damit könnten bereits 30 Millionen T-Shirts pro Jahr durch den eigenen SiBot produziert werden. Eine Ausweitung der Produktlinien – unter anderem auf Poloshirts – soll dabei in den nächsten Jahren erfolgen.

Wie aws, die Wirtschaftsagentur und ffg silana beim ersten Funding halfen

Bislang wurde das silana-Team auf sieben Personen aufgestockt. Aktuell ist man auf der Suche nach ambitionierten Hardware- & Software Engineers, die sich der Aufgabe stellen möchten, “flexible Materialien automatisiert verarbeiten zu können, eine Herausforderung die unsere Gesellschaft nachhaltig verändern wird”, wie Wohlgemuth bekräftigt.

Das neue Kapital der Investoren, war nicht die erste finanzielle Förderung, die silana erhalten hat: “Ich muss ein großes Lob an die österreichische Förderkultur aussprechen. Aws, die Wirtschaftsagentur Wien und FFG haben uns davor bereits mit rund 700.000 Euro unterstützt”, erklärt Hofmannrichter im brutkasten-Talk. “Damit konnten wir unseren Prototyp bauen und waren damit als Deep-Tech-Startup in einer genialen Lage, um die erste Runde aufstellen zu können.”

Das frische Kapital läuft nun ganz in die Entwicklung des silana-Roboters, um bereits im kommenden Jahr die ersten Maschinen ausliefern zu können. “Die ersten Kunden sind bereits fixiert, erste Vorverkäufe im DACH-Raum und in den USA haben bereits stattgefunden”, sagt Hofmannrichter. “Wir möchten nun die Implementierung bei unseren Kunden vorbereiten.”

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bee produced, Leiterplattenbestückung, leiterplatten, pcb assembly, Wilfried Lepuschitz (CEO), Timon Höbert (CTO), Sandra Stromberger (CMO), Munir Merdan (CSO).
Das bee produced-Founder:innenteam: Wilfried Lepuschitz (CEO), Timon Höbert (CTO), Sandra Stromberger (CMO), Munir Merdan (CSO) (c) Simon Kupferschmied

Über 2.000 Unternehmen in Europa betreiben Leiterplattenbestückung (PCB Assembly). Knapp 40.000 Unternehmen benötigen genau diese Bestückung mit Bauteilen, können das aber nicht selbst tun. An dieser Schnittstelle setzt bee produced an. Das Wiener Startup hat eine Software entwickelt, die Matchmaking zwischen diesen beiden Seiten betreiben soll.

Dafür wurden auch die Skills des Gründer:innenteams kombiniert: Drei der vier Founder:innen stammen aus dem technischen Bereich. CEO Wilfried Lepuschitz hat beispielsweise in Elektrotechnik an der TU Wien promoviert und lange in der Forschung gearbeitet. Die heutige CMO, Sandra Stromberger arbeite im Online-Marketing und hat zum Beispiel Industry meets Makers aufgebaut – ein Matchmaking-Format, das Inudstrie und freie Entwickler:innen zusammenbringt.

Erster digitaler Marktplatz für Elektronikproduktion

Was ist nun die Idee hinter bee produced? “Wir sind der erste digitale Marktplatz für Elektronikproduktion in Europa”, sagt Lepuschitz. Grundsätzlich ist das Startup ein Software-Unternehmen, dass die europäische Elektronikproduktion stärker vernetzen möchte. Lepuschitz bringt das im brutkasten-Gespräch mit der Biene im Firmen-Logo in Verbindung: Auch Bienen würden nur in einem Netzwerk gut zusammenarbeiten können.

Bisher machen sich Firmen mithilfe von Google-Suchen und Eigenrecherche auf die Suche nach dem passenden Elektronikproduzenten für die gewünschte Leiterplattenbestückung. Bis hier die richtige Lösung gefunden wird, dauert es. Emails werden ausgetauscht, Excel-Listen hin- und hergeschickt, Anrufe getätigt. Kurzum: Ein oft langwieriger und unstrukturierter Prozess, der auf beiden Seiten Arbeitszeit kostet.

Ein Matching-Algorithmus bringt beide Seiten zusammen

Bei bee produced können Unternehmen ihre Stücklisten (BOM), Bestückungskoordinaten (CPL-Daten), Gerber-Dateien und andere relevante Dokumente hochladen. Die Software erkennt die Daten dann automatisch und macht daraus standardisierte Daten für die Abstimmung mit Produzenten, die zuvor einen Onboarding-Prozess mit bee produced durchlaufen haben.

Der Matching-Algorithmus des Startups findet dann über den Elektronikmarktplatz genau die europäischen, lokalen Produzenten, die optimal zu den Anforderungen passen. Über ein Kollaborationstool können danach Details abgestimmt und Angebote verglichen werden. Der Fokus auf lokale Produzenten sei wichtig gewesen, sagt Lepuschitz. Immer mehr Unternehmen wollen weltweiten Supply-Chain-Krisen entgehen und wieder lokaler produzieren. Auch der Umweltfaktor spiele hier eine Rolle.

Im besten Fall endet dieser Prozess in einer Bestellung von Leiterplatten bei dem so gefundenen Produzenten. War die Vermittlung erfolgreich, erhält bee produced eine transaktionsabhängige Gebühr. Alternativ kann die Software auch als White-Label-Lösung in eine bestehende Unternehmenslösung integriert werden, um die Kundenkommunikation zu verbessern. Dann wird eine Lizenzgebühr verlangt.

Drei Jahre Forschung

Das Team von bee produced kennt sich teilweise schon seit Jahren. Wilfried Lepuschitz und Munir Merdan (heute CSO) arbeiten bereits seit 2005 zusammen, damals noch an der TU Wien. Seit 2015 war Timon Höbert (heute CTO) Mitarbeiter in dem Robotik-Forschungsinstitut von Lepuschitz und Merdan. Sandra Stromberger kam dann über Industry meets Makers mit den dreien in Kontakt.

Zu viert gründeten sie 2021 bee produced, seitdem wurden drei Jahre in die Forschung gesteckt. “Wir wissen mittlerweile, warum das bisher niemand in Europa macht. Die Elektronikproduktion ist echt die komplexeste Domäne”, sagt Sandra Stromberger im brutkasten-Gespräch. Man kenne zwar ähnliche Produktionsmarktplätze bereits von 3D-Druckern, dort sei die Digitalisierung des Produktionsprozesses aber wesentlich einfacher. Mittlerweile hat das Unternehmen neben den Gründer:innen fünf angestellte Mitarbeiter:innen.

Sechsstelliges Investment

In der Forschungsphase habe man sich durch eigene unentgeltliche Arbeit und Förderungen finanziert, vor allem von der Wirtschaftsagentur Wien. Im Rahmen von F&E-Projekten arbeite man bereits an weiteren Features, diese werden von der EU und der Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) gefördert. Anfang des heurigen Jahres konnte bee produced außerdem ein Investment im höheren sechsstelligen Bereich abschließen. Beteiligt waren die Investmentgesellschaften Montefiore, Blue Wonder Ventures, SweeNo Invest, Würth Real Consulting, die Lieber.Group und Zamani. Außerdem investieren einzelne Privatpersonen wie i5invest-CEO Herwig Springer und der Comedian Gernot Kulis. Rechtlich begleitet wurde die Finanzierungsrunde von der Kanzlei Taiyo Legal.

Im Juni startete die Soft-Launch-Phase der Software, die wiederum wertvolles Feedback aus dem Live-Betrieb lieferte. Mit September wurde sie nun offiziell gelauncht. Der Plan für die Zukunft ist groß: “Wir wollen in ganz Europa Fuß fassen”, sagt Wilfried Lepuschitz. Allein dieser Markt umfasse rund 50 Milliarden Euro. Derzeit fokussiere man sich aber auf den DACH-Raum und will bee produced hier zu einem “funktionierenden Unternehmen ausbauen”.

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