26.08.2022

Innovationsbremse sexuelle Belästigung: Es wird nicht besser, wenn ihr wegschaut

Mit #growrespect starten wir eine Initiative, die sexuelle Belästigung und Diskriminierungen in der Business- und Startup-Welt thematisiert. Für mehr Respekt in der Szene muss über dieses Problem gesprochen werden - denn es ist weiter verbreitet als man denkt. Oder wenn wir ehrlich sind: Ist es uns nicht schon längst bekannt?
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Cigdem Elikci und Carolin Rainer über die Initiative #growrespect: Sexuelle Belästigung und Sexismus in der Business-Welt betrifft auch die Startup-Szene
Cigdem Elikci und Carolin Rainer über die Initiative #growrespect: Sexuelle Belästigung und Sexismus in der Business-Welt betrifft auch die Startup-Szene
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Sexuelle Belästigung, Übergriffe und Sexismus – diese Erfahrungen prägen die Arbeitswelt von Frauen. Egal ob weibliche Angestellte, Founder oder Investorinnen – die Betroffenen haben viele Gesichter und machen deutlich: Dieses strukturelle Problem macht auch vor der Startup-Szene, die sich gerne besonders offen und liberal gibt, keinen Halt. Dabei ist das Spektrum breit, die Grenze ist keine gerade Linie und dennoch sehr klar. Wenn man arbeitet, geht es um Business. Nicht um die Kleidung, die man trägt und was man damit “bezwecken” könnte. Nicht um das Dating- oder Sex-Leben, das mehr oder weniger subtil ständig Thema ist. Und auch bei Fragen reicht die Antwort in Worten aus, man muss sie einem nicht in die Hüfte reiben.

Startups und deren Arbeitsumfeld lösen verschiedenste Assoziationen aus. In erster Linie stehen sie für eine junge, dynamische und moderne Arbeitswelt. Auch negative Bilder kommen nicht zu kurz: Klassischerweise werden sie mit unsicheren Arbeitsplätzen, einer schlechten Organisation und einer miserablen Bezahlung assoziiert. Ob all diese Punkte immer der Realität entsprechen, ist fraglich. Aber nicht zuletzt sind es der Redaktion – und der Szene – bekannte Serien-Gründer, Investoren oder Business Angels, die Betroffene belästigen und ihr mit der Zerstörung ihrer Karriere drohen, wenn sich die jeweilige Person wehrt. 

Die Erfahrungen haben persönliche und wirtschaftliche Folgen

Solche Erfahrungen haben Auswirkungen – egal ob sie ein einziges Mal passieren oder alltäglich sind. Die Auswirkungen sind individuell. Sie sind persönlich und sie sind letztendlich auch wirtschaftlich. Business Angel Hansi Hansmann betonte beispielsweise im brutkasten-Interview Ende 2021 seinen Blick auf Gründungen in Österreich. “Wenn wir weibliche Gründer nicht stark genug unterstützen, berauben wir uns als Gesamtwirtschaft eines großen und wesentlichen Teils dessen, was möglich ist”, erkennt er. Dieses Potential auszunutzen, sollte eben auch der Wirtschaft ein Anliegen sein, denn wie Hansmann betont, habe Österreich in der Vergangenheit bereits viele Chancen in der Startup-Branche verpasst. Das Thema Gründerinnen wäre eine Chance für das Land und seine Hauptstadt, sich in einem Bereich zu spezialisieren, damit mehr Startups nach Wien kommen.

“Sodass Gründerinnen in Europa wissen, dass sie in Österreich bzw. in Wien als weibliche Founder gut behandelt werden. Schließlich ist der Hauptgrund, weshalb Frauen nicht gründen, dass sie sich in der Männerwelt schlecht behandelt fühlen.”

Beunruhigende Zahlen

Ein Reality-Check mit einem Blick auf Zahlen und Fakten ist hierzu vielsagend: Die Ergebnisse des Austrian Startup Monitors 2021 zeigen, wie groß das Problem ist: Knapp über 35 Prozent der Startups in Österreich haben zumindest eine Frau im Gründungsteam. Das ist jedes dritte Startup. Frauen ab 40 Jahren sind in der Startup-Welt weniger anzutreffen, während die Zahl der männlichen Gründer ab 50 Jahren mehr als doppelt so hoch ist (14,4 Prozent gegenüber 7,1 Prozent). Die Folgen einer toxischen und männerdominierten Startup-Welt spiegeln sich unverkennbar auch im stagnierenden Anteil an Startup-Gründerinnen in Österreich wider: Diese liegt bei nur 17 Prozent – und das unverändert seit drei Jahren.

Während diese Zahlen Frauen und Männer gleichermaßen beunruhigen, hören wir die Rufe nach Geschlechterquoten und Co. immer lauter werden. Genauer gesagt das Gebrüll von Männern, die für Jahrzehnte Frauen in den Hintergrund gedrängt haben und sich nun plötzlich für die Steigerung der Frauenquote auf sämtlichen Ebenen einsetzen. Während viele dieses Engagement für gute PR missbrauchen, sind die Motive anderer Männer noch fragwürdiger.

So viele Möglichkeiten sich falsch zu verhalten

Im Zuge dieser Erfahrungen tauchen immer wieder zwei sehr gefährliche Probleme auf: Erstens die Männer, die aktiv Grenzen überschreiten und zweitens die Männer, die passiv zusehen oder überhaupt nichts sehen. Zumindest einen dieser Punkte kann man ändern. Man kann für das Problem sensibilisiert werden. Man kann Teil der Veränderung sein. Man kann die Startup-Welt aktiv voranbringen und Erfolg auf mehreren Ebenen erreichen. Der brutkasten möchte Teil davon sein. Deshalb starten wir die Initiative #growrespect. 

Wir brauchen mehr Respekt in der Gesellschaft, mehr Respekt in der Businesswelt und mehr Respekt in der Startupszene. Bist du dabei? Dann denk mit. Hast du eine Erfahrung oder eine Beobachtung gemacht, die du mit uns (anonym) teilen möchtest? Dann wende dich an Cigdem und Carolin aus der brutkasten-Redaktion unter der E-Mail-Adresse [email protected].

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Der vegane „Camembert“ des Wiener Startups Freundeskreis ist seit Juni dieses Jahres in ausgewählten veganen Supermärkten erhältlich. Co-Gründerin Mona Heiß gibt im Interview mit brutkasten einen Einblick in die nächsten Schritte des Unternehmens.
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Das „Kernteam“: Leo Sulzmann, Mona Heiß und Markus Korn. (c) Freundeskreis

Käsealternativen aus Cashewnüssen, Mandeln, Soja oder Erbsenprotein: Der Markt für Käseersatzprodukte erlebt derzeit eine Hochphase. Auch das Startup Freundeskreis hat es sich zur Mission gemacht, mit seinem pflanzlichen „Cam-mhh-berta“ die Käsewelt zu transformieren. Anstelle von Milchkulturen, die in herkömmlichem Camembert verwendet werden, setzt das Unternehmen auf eine untypische Zutat: Marillenkerne – ein Nebenprodukt der heimischen Obstindustrie.

Ende letzten Jahres konnte Freundeskreis eine Förderung von 400.000 Euro von der Austria Wirtschaftsservice Gesellschaft (aws) sichern – brutkasten berichtete. Mit dieser Förderung bauten sie nicht nur ihre Produktion aus, sondern brachten auch ihren veganen „Cam-mhh-berta“ erfolgreich auf den Markt. Im Interview mit brutkasten berichtet Co-Gründerin Mona Heiß über die Fortschritte des Startups und die Pläne für die Zukunft.

Freundeskreis wird mit weiteren 97.000 Euro gefördert

Seit Juni dieses Jahres ist der pflanzliche “Cam-mhh-berta” in ausgewählten Bio-Supermärkten in Wien erhältlich: Pepper & Ginny (1010), Maran Vegan (1060) und Markta (1090). Das Feedback ist vielversprechend: Nach Unternehmensangaben wurden in den ersten vier Monaten bereits rund 1.000 Stück verkauft.

Nur wenige Monate nach der aws-Förderung konnte sich Freundeskreis eine weitere finanzielle Unterstützung sichern: Die Wirtschaftsagentur Wien stellte über die Förderschiene “Produktion” dem Startup rund 97.000 Euro zur Verfügung. Wie Co-Gründerin Mona Heiß im Interview mit brutkasten verrät, soll das Geld in eine neue Pilot-Käsefabrik in Wien-Penzing fließen, die zugleich als zukünftiger Firmenstandort dienen wird.

Bisher finanziert sich Freundeskreis ausschließlich über Fördermittel. Für die kommenden Monate plant das Team jedoch eine Finanzierungsrunde im Frühjahr, um Investor:innen zu gewinnen und das Wachstum des Startups weiter voranzutreiben.

Marillenkerne liefert Cremigkeit und gesunde Nährstoffe

Freundeskreis entwickelte eine pflanzliche Käsealternative, die primär aus Marillenkernen besteht: den „Cam-mhh-berta“. Laut dem Unternehmen ist dieser geschmacklich und in der Konsistenz kaum von herkömmlichem Camembert zu unterscheiden. Der Grund liege in den Eigenschaften der Marillenkerne, die reich an Proteinen und ungesättigten Fettsäuren sind. Diese Nährstoffe sorgen demnach nicht nur für gesundheitliche Vorteile, sondern tragen auch maßgeblich zur cremigen Textur bei, erklärt Heiß.

Die Produktion des „Cam-mhh-berta“ erfolgt in „traditioneller Handarbeit“ auf einem Bauernhof im Wienerwald, in einer ehemaligen Käserei. Dabei setzt Freundeskreis auf dasselbe Verfahren, das auch bei der Herstellung von Kuhmilchkäse Anwendung findet. Das Ergebnis sei ein Käse, der sich durch “Cremigkeit, Nachhaltigkeit und Tradition” auszeichnet.

“Cam-mhh-berta” besteht nur aus vier Zutaten

Das Besondere an der Käsealternative sind die Marillenkerne, die als Hauptzutat dienen. Diese fallen normalerweise als Abfall- oder Nebenprodukt der Saft- und Marmeladenproduktion an. Freundeskreis bezieht die Kerne von regionalen Lieferanten, darunter das niederösterreichische Scaleup Kern Tec – brutkasten berichtete. Aus den Marillenkernen wird durch ein speziell entwickeltes Verfahren eine milchige Flüssigkeit gewonnen, die mithilfe von Reifekulturen, veganen Enzymen und Mikroorganismen zum „Cam-mhh-berta“ verarbeitet wird. Die Käsealternative kommt mit nur vier Zutaten aus: Marillenkerne, Salz, Wasser und vegane Reifekulturen.

Ein kritischer Punkt bei der Verarbeitung von Marillenkernen ist die darin enthaltene Blausäure, die gesundheitsschädlich sein kann. Hier hat Gründer und Forscher Leo Sulzmann ein spezielles Verfahren entwickelt, um die Blausäure auf natürliche Weise abzubauen.

Freundeskreis-Team wächst

Hinter dem Food-Startup Freundeskreis stehen Forscher und Geschäftsführer Leonhard Sulzmann sowie Co-Gründerin Mona Heiß. Während Sulzmann sich auf die wissenschaftlichen und technologischen Aspekte konzentriert, verantwortet Heiß die Kreativdirektion und den Markenaufbau. Zum Kernteam gehört außerdem Sales- und Operations-Verantwortliche Markus Korn. Mittlerweile zählt das Team sechs Mitglieder, die gemeinsam am weiteren Ausbau der Marke Freundeskreis arbeiten.

Zukünftig sollen mehr vegane Käsealternativen auf den Markt kommen

Freundeskreis arbeitet aktuell an der Entwicklung weiterer veganer Käsealternativen. Bereits Anfang nächsten Jahres soll eine vegane „Frischkäsevariante“ auf Basis der Marillenkerne auf den Markt kommen. Doch das ist nicht alles: Eine weitere Produktreihe ist bereits in Planung. Co-Gründerin Mona Heiß verrät, dass es sich dabei voraussichtlich um ein Produkt handeln werde, das speziell zum Backen geeignet sei. Langfristig will das Startup außerdem auch einen veganen „Hartkäse“ anbieten. Die Herstellung dieses Produkts ist jedoch komplexer, da es aufgrund des verwendeten Verfahrens eine bestimmte Zeit für die Reifung benötigt.

In den kommenden Wochen soll außerdem ein Online-Shop live gehen, über den die Produkte von Freundeskreis direkt bestellt werden können. Diese Plattform wird zunächst als Testversion betrieben, um herauszufinden, wie gut sich die Produkte für den Direktvertrieb eignen. Geplant ist dabei ein Modell, bei dem die Käsealternativen erst auf Bestellung und nicht auf Vorrat produziert werden. Weiter in die Zukunft gedacht, kann sich das Startup auch den Vertrieb in Supermärkten vorstellen.

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