13.05.2025
MINDSET

Serendipity: Wenn der Zufall zuschlägt und Innovation erschafft

Bei Google wirkte er, auch bei Airbnb und sogar bei Bitpanda wird der Zufall als ein wichtiger Faktor der Entstehungsgeschichte gesehen. Jakob Müllner, akademischer Leiter des Executive MBA Finance der WU Executive Academy, erklärt aus einer Finanzperspektive heraus und analysiert, was Führungskräfte und Finance Professionals tun können, um von den Chancen, die ein "Serendipity-Mindset" bietet, systematisch profitieren zu können. Und nimmt dabei auch CFOs in die Pflicht.
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Serendipity
© WU Executive Academy/Canva - Jakob Müllner, akademischer Leiter des Executive MBA Finance der WU Executive Academy.

Zufällige Begegnungen, die in lebenslanger Freundschaft oder Beziehung gipfeln; die eine Job-Anzeige zum richtigen Zeitpunkt, an dem man sich gerade neu orientieren möchte. Oder die eine Idee, die einem kam, weil man ohne Vorbereitung und Hoffnung einfach inspiriert wurde. Der Zufall spielt in unser aller Leben eine größere Rolle, als man ihm zugestehen möchte.

Schätzungsweise bis zu 50 Prozent der großen wissenschaftlichen Erkenntnisse und bahnbrechenden Innovationen sind nicht akribisch geplanten Strategien, sondern ihm geschuldet. Da stellt sich besonders in der schnelllebigen Business-Welt die Frage, wie man dem Zufall mehr Raum geben könnte. Und was das überhaupt bringen kann. Der amerikanische Forscher Christian Busch, der an der New York University und an der London Business School forscht, hat für dieses Phänomen den Begriff Serendipity in der Managementlehre etabliert, um die innovative Kraft der Zufälligkeit zu beschreiben.

Serendipity: unerwartet und wertvoll

Bei dem Begriff, der sich von der alten Bezeichnung Serendip für das antike Königreich Ceylon, dem heutigen Sri Lanka, ableiten lässt, dreht sich der Kern darum, unerwartet wertvolle Entdeckungen zu machen.

„Salopp formuliert, geht es bei Busch darum, die Fähigkeit zu haben, Zufälle und daraus Möglichkeiten zu erkennen. Und daraufhin zu handeln“, erklärt Jakob Müllner, akademischer Leiter des Executive MBA Finance der WU Executive Academy. Er muss bei dem Serendipity-Konstrukt sehr oft an die Entstehung von Bitpanda denken, als sich drei junge Menschen – Überlieferungen zufolge – im Jahr 2014 zufällig an einer Autobahnraststätte trafen. Sie teilten zwar ein frühes Interesse an Kryptowährungen, waren aber ansonsten erstaunlich unterschiedlich: ein Schiffsmechaniker, ein semi-professioneller Pokerspieler und ein technophiler Landwirt.

„Es war sehr natürlich sehr viel dem Zufall geschuldet“, betont Müllner, „aber es hat auch extrem viel Mut erfordert, dass diese jungen Leute auf eine Technologie und ein Geschäftsfeld setzten, von dem sich niemand hätte vorstellen können, das es eine derartige Größe wie heute erreicht.“ Dabei, so der Forscher weiter, verkörpere das heimische Unicorn nicht unbedingt den Zufall per se, jedoch würde es als Exempel für „Opportunity“ und „das Handeln darauf“ gelten. „Der Handlungsaspekt im Serendipity-Mindset ist schwieriger als der Zufall – der passiert sowieso. Man muss nur offen dafür sein.“

Drei Kriterien für das Mindset

Um zu Busch zurückzukehren, gibt es dem US-Wissenschaftler nach drei wesentliche Bedingungen, damit Serendipity entstehen kann:

  • Handlungsfähigkeit: Die Fähigkeit, unerwartete Gelegenheiten zu erkennen und zu nutzen
  • Überraschung: Das Auftreten eines ungeplanten Ereignisses oder einer ungeplanten Entdeckung
  • Nutzen: Die Schaffung von sinnvollen Ergebnissen aus dem Unerwarteten

„Bei der Serendipity-Mentalität geht es darum, Brücken zu sehen, wo andere Lücken sehen, und das Unerwartete in positive Ergebnisse zu verwandeln“, konkretisiert Busch in seinem Werk „The Serendipity Mindset“.

Google Maps und Mail aus „Raum für Zufall“ entstanden

Berühmte Beispiele eines Serendipity-Moments waren, als Google etwa seinen Mitarbeiter:innen 20 Prozent ihrer Zeit für leidenschaftliche Projekte zur Verfügung stellte und dies zur Entwicklung von Google Mail und Google Maps führte. Diese Innovationen waren, Müllners Meinung nach, nicht Teil der Kernstrategie des Unternehmens, sondern entstanden als zufällige Nebenprodukte der Förderung von Kreativität und Experimentierfreude.

Auch die Entstehung von Airbnb fußte darauf zurück, dass durch eine Konferenz in San Francisco ein Mangel an freien Hotelzimmern herrschte und zwei der drei Founder drei Gäste bei sich zu Hause in San Francisco übernachten ließen. Dem Mythos nach auf Luftmatratzen, die sie „Air Bed and Breakfast“ nannten.

„Das Serendipity-Mindset sagt nicht, alles ist Zufall, sondern animiert die Management-Strategie dazu, dem Zufall Raum zu bieten“, sagt Müllner. Besonders in Unternehmen, in denen Führung traditionell „top-down“ funktioniere und die auf „Forecasting“ und „Conrolling“ setzen, bleibe häufig wenig Platz für Kreativität und unerwartete Entwicklungen.

Werde jedoch ein „bottom-up“-Ansatz verfolgt, könne Serendipity gezielt gefördert werden. Führungskräfte würden damit Mitarbeitenden ermöglichen, spontane Ideen einzubringen und Chancen zu erkennen. So entstehe Raum für Zufall, der derart dann auch unternehmerisch herbeigeführt werden kann. Müllner nennt es „fatal“, wenn Unternehmen in einem Unternehmensumfeld, das immer stärker von Unsicherheit geprägt ist, an sturen Strukturen und Plänen festhalten – das könne seiner Ansicht nach zu einer Paralyse im ganzen Betrieb führen.

Monty-Hall-Problem

Ein Beispiel aus der Psychologie verdeutlicht das, was der Finanzforscher konkret ausdrücken möchte. Es zeigt die ganze Problematik auf, die sich oft von Mensch auf Firma überträgt und als Hemmnis von Innovation gesehen werden kann: die sogenannte sunk-cost fallacy.

Dabei handelt es sich um einen inneren Widerstand, eine einmal getroffene Entscheidung zu revidieren. Menschen neigen dazu, an getroffenen Entscheidungen festzuhalten, auch wenn neue Informationen eine Kursänderung nahelegen. Dieses Verhalten zeigt sich etwa im berühmten „Monty-Hall-Problem“, bei dem es rational sinnvoll ist, die Wahl zu ändern – was aber vielen emotional schwerfällt.

Im traditionellen, verstaubten Finanzverständnis führe dieses Denken oft dazu, dass man trotz veränderter Umstände (z. B. Trumps Zölle) stur an seinem ursprünglichen Forecast festhalte – und Energie darauf verwende, ihn künstlich zu erfüllen, statt flexibel auf neue Gegebenheiten zu reagieren.

Serendipity und die Rolle des CFO

Für die Rolle des CFO, sieht es Müllner als essentiell, Kommunikation durch das ganze Unternehmen sicherzustellen und vor allem eine „flexible Kapitalallokation“ zu ermöglichen, um ein Serendipity-Mindset zu gewährleisten. „Es muss in einem Unternehmen möglich sein, in Strategie-Änderungen zu investieren“, präzisiert er. „Auch wenn sie innovativ, aber wenig ausgegoren sind. Ein CFO hat nicht nur die Rolle, zu optimieren, sondern auch Kapital bereitzustellen.“

Natürlich seien Startups per definitionem besser in der Lage, „serendipitous“ zu agieren, weil sie von Natur aus flexibel und spontan reagieren müssen und keinen festgefahrenen Strukturprozess haben, weiß Müllner. Dennoch gäbe es auch in Österreich große Unternehmen, die erkennen, dass so ein Mindset immer wichtiger wird. Und die sich neu aufstellen möchten.

„In manchen Branchen – etwa im Dienstleistungssektor – sind Innovation und Serendipity natürlich leichter umsetzen, da große Unternehmen starke Entwicklungszyklen haben“, so Müllner. „Innovation braucht dort länger und hat höhere Kosten. Dennoch sollten sich künftig sowohl Startups als auch große Konzerne bemühen, so ein Mindset zu forcieren – auch wenn es für kleinere Unternehmen deutlich einfacher ist.“

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Babyboomer (60- bis 69-Jährige) und Gen Z (14 bis 29) mögen gemeinhin als Gegensatzpaar gelten – in der Frage des Zugangs zum Internet unterscheiden sich die beiden Gruppen in Österreich aber tatsächlich fast gar nicht: 86 Prozent der Boomer nutzen das Internet täglich im Gegensatz zu 87 Prozent der Gen Z. Sogar in der Gruppe der über 70-jährigen liegt dieser Wert mit 79 Prozent nicht viel tiefer. Nach oben hin sticht die Gen Y (30 bis 44) mit 93 Prozent heraus. Das zeigt der aktuelle D21-Digital-Index für Österreich.

D21-Digital-Index durch A1 erstmals in Österreich

Bereits seit 2001 wird die Studie in Deutschland umgesetzt. Nun kommt sie in Kooperation mit dem heimischen Telekom-Marktführer A1 erstmals auch nach Österreich. „Mit dieser Studie wollen wir auch einen Betrag leisten zu einem tiefergehenden Verständnis über die digitalen Kompetenzen, Nutzungsgewohnheiten sowie den Umgang mit Künstlicher Intelligenz der Österreicherinnen und Österreicher“, kommentiert A1 CCO Consumer und Initiatorin der Österreich-Ausgabe des D21-Digital-Index, Natascha Kantauer-Gansch. „Die Ergebnisse der Studie bestätigen auch, wie wichtig es ist, in die Bildung und die Annäherung an Digitalität zu investieren.“

Der D21-Digital-Index fasst gewichtet die Kategorien „Zugang“, „Kompetenz“, „Grundeinstellung“ und „Nutzung“ zusammen und soll somit auf einen Blick ein Lagebild zum Zustand der Digitalisierung in Österreich geben. Der Gesamtindexwert für Österreich beträgt 65 von 100 und liegt geringfügig höher als zuletzt in Deutschland. 2.101 Interviews mit Personen über 14 Jahren wurden dazu vom deutschen Marktforschungsinstitut Kantar durchgeführt und in der Auswertung repräsentativ gewichtet.

44 Prozent sehen sich selbst als „Digitale Profis“, 5 Prozent als „Digitale Vermeider“

Allgemein sehen sich laut Studie rund 51 Prozent der Bevölkerung als „Digitale Mitte“, 44 Prozent kategorisieren sich selbst als „Digitale Profis“ und fünf Prozent behaupten von sich, „Digitale Vermeider“ zu sein. In Sachen Stimmungslage ermittelte der D21-Digital-Index 43 Prozent „aufgeschlossene“ und 57 Prozent „distanzierte“ Bürger:innen.

In Sachen digitale Kompetenz werden in der Studie fünf „Basiskompetenzen der Digitalisierung“ gemäß EU Digital Competence Framework von 2010 erfasst. Demnach geben 87 Prozent der Befragten an, Fotos bzw. Videos mit dem Smartphone erstellen und versenden zu können. 88 Prozent finden Informationen im Internet, 81 Prozent trauen sich zu, einfache Texte zu erstellen. 83 Prozent können die grundlegenden Funktionen ihres Smartphones anpassen und 73 Prozent geben an, starke Passwörter zu nutzen. In der Zusammenschau verfügen 56 Prozent aller Österreicher:innen über alle fünf „digitalen Basiskompetenzen“.

25 Prozent behaupten, Code lesen zu können

Weiters geben 70 Prozent der Befragten an, unseriöse Nachrichten identifizieren zu können, 81 Prozent fühlen sich fit im Umgang mit dem Onlineangebot von Behörden und Ämtern, 68 Prozent begrenzen ihre digitale Zeit bewusst und ganze 25 Prozent der Befragten fühlt sich im Stande, einen programmierten Code zu lesen. Rund 62 Prozent der Befragten werden auf Basis dieser Ergebnisse laut Index als „resilient im digitalen Wandel“ klassifiziert.

Der D21-Digital-Index erfasst auch die Beurteilung der Notwendigkeit dieser Kompetenzen. 60 Prozent meinen demnach, dass man technische Zusammenhänge im Digitalen verstehen muss und dass es künftig komplexere Fähigkeiten brauchen wird, um Teil der digitalen Welt zu sein. 70 Prozent sind davon überzeugt, dass sie auf dem Arbeitsmarkt ohne Grundkenntnisse der Digitalisierung kaum noch Chancen hätten.

30 Prozent sehen in der Digitalisierung eine Gefahr für die Demokratie

Entsprechend geben rund 36 Prozent der Befragten an, einen ständigen Druck zu empfinden, mit der Digitalisierung Schritt halten zu müssen. Gleichzeitig geben 52 Prozent an, persönlich von der Digitalisierung zu profitieren. 45 Prozent meinen zudem, dass die Digitalisierung Österreich in den nächsten Jahren überwiegend positiv verändern wird. Gleichzeitig orten aber 30 Prozent in der Digitalisierung eine Gefahr für die Demokratie.

KI-Nutzung mit Gender- und Generationen-Gap

Auch Künstliche Intelligenz (KI) hat laut D21-Digital-Index eindeutig die breite Bevölkerung erreicht – wenn auch noch nicht so flächendeckend, wie die Internet-Nutzung. Rund 62 Prozent der Befragten nutzen zumindest selten bewusst KI-Anwendungen. Mit 69 Prozent bei den Männern und 55 Prozent bei den Frauen zeigt sich hier allerdings ein deutlicher Gender-KI-Gap. Und im Gegensatz zur Internet-Nutzung gibt es auch einen sehr deutlichen generationalen Unterschied: Nutzen rund 85 Prozent der Gen Z KI, so sind es bei der Nachkriegsgeneration nur mehr 29 Prozent.

Einen klare Unterschied in der KI-Nutzung gibt es auch je nach Beruf: Benutzen rund 61 Prozent der Berufstätigen, die nicht in einem Bürojob tätig sind, KI, so sind es bei den Büro-Job-Berufstätigen 78 Prozent. Bei den genutzten Anwendungen dominiert klar ChatGPT mit rund 70 Prozent. Meta AI, Microsoft CoPilot und Gemini folgen mit 21 bis 22 Prozent.

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