05.09.2019

Zukunft der selbstfahrenden Autos: Sicherheit darf kein USP sein

Auf der Autonomous-Konferenz in Wien trafen sich Führungskräfte, um über die Zukunft des selbstfahrenden Autos zu diskutieren. Deutlich wurde dabei vor allem zweierlei: Erstens ist Sicherheit ein absolutes Muss, damit die Bevölkerung die Technologie annimmt. Und zweitens braucht es Allianzen, um diese zu gewährleisten.
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Es wird noch ein wenig dauern, bis selbstfahrende Autos wie Daimlers F015 für jedermann erhältlich sind. (c) Daimler

Die Zukunft vorhersagen zu wollen ist so, als wolle man mit dem Auto nachts ohne Licht über eine holprige Landstarße fahren, während man nach hinten schaut – mit diesem Zitat von Peter Drucker eröffnete Georg Kopetz, CEO von TTTech Auto, die erste Ausgabe der “The Autonomous”-Konferenz, die am 5. September in Wien stattfand. Im Mittelpunkt stand dabei das selbstfahrende Auto mit allen Hürden, die es noch bis zur Marktreife nehmen muss. Experten auf C-Level-Ebene trafen sich hier, um an Kooperationen zu schmieden und eine gemeinsame Basis für die Zukunft zu schaffen.

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Denn auch wenn die Zukunft per se laut Drucker schwer vorhersehbar ist, so wollen doch alle Player auf diesem Gebiet sie so weit wie möglich selbst gestalten – und das, so sind sich alle Teilnehmer des Forums einig, geht  nur über Kooperation. “Denn die aktuellen Probleme können nicht von einer einzigen Company allein gelöst werden”, sagt Kopetz.

Gemeinsame Standards für Sicherheit

Entscheidend ist dabei vor allem, dass gemeinsame Standards für das Thema Sicherheit geschaffen werden. Das betont unter anderem Thomas Müller, Leiter Entwicklung Fahrwerk und automatisiertes Fahren bei Audi: “Damit das automatisierte Fahren ein hohes Maß an Kundenakzeptanz erreicht, darf Sicherheit kein Unterscheidungsmerkmal sein – es muss eine Grundvoraussetzung sein”, sagt er.

Denn die Menschen haben gewisse Erwartungen und zugleich Ängste, wenn es um selbstfahrende Autos geht. Um diese Erwartungen zu erfüllen und die Unsicherheit in der Öffentlichkeit zu reduzieren, müssen standardisierte Kriterien für die Bewertung der Sicherheit festgelegt werden, wie Müller betont.

Ähnlich sieht dies Michael Hafner, Leiter Automatisiertes Fahren und Aktive Sicherheit bei Daimler: “Jede Fahrt wird eine sichere Fahrt sein müssen”, sagt er: Die Differenzierung soll darüber stattfinden, ob es sich um eine “gute” Fahrt handelt – also zum Beispiel, ob sie bequem war und welche Features es an Bord gibt.

Selbstfahrende BMW generieren 200 Petabyte an Daten

Die Basis dafür ist jedenfalls bereits gelegt, wie Klaus Fröhlich, Mitglied des Vorstands (Entwicklung) bei BMW, skizziert: Schon jetzt fahren 12 Millionen BMW über die Straßen, die mit der Welt verbunden sind. Das ist nicht nur wichtig für diverse Aspekte des On-Board-Entertainments, sondern auch für das autonome Fahrzeug – denn ein selbstfahrendes Auto kann nicht alle notwendigen Daten und Berechnungen an Bord durchführen, sondern ist auch auf externe Server angewiesen.

“Allerdings befinden wir uns in Sachen autonomes Fahren noch am Anfang der Lernkurve”, sagt Fröhlich. BMW setzt derzeit rund 100 Test-Vehikel ein, um Möglichkeiten des autonomen Fahrens zu testen. Jedes dieser Autos generiert vier bis sechs Terabyte an Daten pro Tag. Rund 1800 interne und externe Experten werten die Daten aus, deren Menge sich mittlerweile auf über 200 Petabyte beläuft.

Und auch Fröhlich betont die Wichtigkeit von Kooperationen – innerhalb ebenso wie außerhalb der eigenen Branche. “Es gibt zum Beispiel Tech-Unternehmen außerhalb der Automobilbranche, deren Expertise wir brauchen”, sagt er: Zugleich seien Themen wie Systemintegration und Verkehrssicherheit für die IT-Unternehmen Neuland, so dass sie auf die Expertise von Unternehmen wie BMW angewiesen sind.

Samsung und selbstfahrende Autos: Lernen vom Handy-Boom

Samsung ist eines dieser Technologie-Unternehmen, die man nicht in erster Linie mit dem selbstfahrenden Auto in Verbindung bringt. Doch auch der koreanische Konzern zeigt hier Ambitionen, wie Young Sohn, President & Chief Strategy Officer Samsung Electronics, bei seinem Besuch in Wien erläutert.

Sohn spricht in diesem Kontext von einer “vierten Welle der Innovation”: Nach der ersten Welle rund um den Siegeszug des PCs (1980er Jahre), der zweiten Welle rund um das World Wide Web (1990er) und der dritten Welle Anfang diesen Jahrhunderts (“Mobile Ära”) wird es laut Sohn ab 2020 um das Thema “Convergence” gehen. Lösungen wachsen zusammen, um dem Menschen ein angenehmeres Leben zu ermöglichen – das betrifft digitale Gesundheitsvorsorge ebenso wie autonomes Fahren.

Und so kann die aktuelle Welle der Innovation auch von den Erfahrungen der vorherigen Wellen profitieren, betont der Samsung-Manager: Auch bei Mobiltelefonen mussten gemeinsame Standards für die Netze definiert werden, damit man europäische Handys in Asien und den USA verwenden kann, zudem mussten gemeinsame Vorgaben für Technologien wie Bluetooth und WLAN, sowie diverse APIs festgelegt werden. Analog dazu wird es künftig global gültige Netzstandards für die 5G-Anbindung autonomer Fahrzeuge, ebenso wie diverse Netzstandards für die selbstfahrenden Autos geben.

Samsung investiert – unter anderem in Startups

Samsungs Strategie beläuft sich in dieser Hinsicht unter anderem darauf, dass Kerntechnologien wie Batterien, Speicher, SoC und diverse Software entwickelt werden. In den kommenden drei Jahren wird Samsung 160 Milliarden Dollar in Themen wie Halbleiter, Speicherarchitektur, Datenzentren, 5G und Automotive-Technologien investieren.

Außerdem, so betont Sohn, hat Samsung über zwei Milliarden Dollar in Startups aus der Automotive-Branche investiert – unter anderem fällt laut Sohn auch TTTech unter diese Definition. Für acht Milliarden Dollar wurde außerdem Harman, ein Unternehmen mit Fokus auf Connected Cars, übernommen.

Noch ein paar Jahre warten…

Allgemein sind die Experten übrigens der Meinung, dass sich das selbstfahrende Auto nicht von heute auf morgen durchsetzen wird. So zum Beispiel Fröhlich: “Bis zum allgemein verfügbaren Level 5 (Anm.: voll automatisiertes Fahren) sind noch mindestens zehn Jahre technologischer und regulatorischer Fortschritt erforderlich,” sagt der BMW-Manager.

Bis zum Jahr 2021 dürfte es aber schon möglich möglich sein, das Level 3 (automatisiertes Fahren auf der Autobahn) den Kunden anzubieten und in Einzelregionen Pilotprojkete mit automatisiertem Fahren in urbanem Raum zu testen. “Alles andere sind Marketingaussagen oder es werden hohe Sicherheitsrisiken eingegangen”, sagt er: “Das können wir für uns nicht akzeptieren.”

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AI Landscape 2024, Wasner, Hochreiter
(c) Stock.Adobe/GamePixel - Die AI Landscape 2024 ist da.

Die Austrian AI Landscape von Clemens Wasner (EnliteAI, AI Austria) zeigt AI-Startups und -Unternehmen aus der heimischen Startup-Szene. Das Branding dazu wurde von Andreas M. Keck, Kopf und Gründer von “beamr. brand consulting studio” pro-bono durchgeführt. Es ist bereits die insgesamt achte Ausgabe der österreichischen KI-Landschaft.

AI Landscape 2024 wird größer als ihre Vorgänger

“Heuer gibt es 70 neue Unternehmen, ein Novum in dieser Größenordnung. Es ist ein internationales Phänomen, denn die Eintrittsbarriere für die Gründung eines KI-Unternehmens ist gesunken. Ein Grund ist, dass viele Basistechnologien als ‘open source’ verfügbar sind und nicht mehr von Grund auf selbst entwickelt werden müssen”, erklärt Wasner die gestiegene Anzahl an KI-Unternehmen in Österreich.

Besonders im Bereich “Corporate Early Adopters” zeigt sich eine starke Steigerung. “Unternehmen, die teilweise 100 Jahre alt sind, haben eigene AI-Business-Units aufgebaut, eigene Teams zusammengestellt und sind Joint Ventures eingegangen. AI ist schlussendlich in der Realwirtschaft angekommen”, so der AI-Experte weiter.

Die AI Landscape Austria 2024

(c) EnliteAI, AI Austria, Andreas M. Keck (beamr) – Die gesamte Austrian AI Landscape.

Cybersecurity-Bereich steigt

Allgemein ist festzustellen, dass sich – entgegen der letzten Jahre – mehr Firmen mit “Cybersecurity & Defence” beschäftigen. Die Gründe dafür sind, dass es einerseits, wie erwähnt, mehr Open-Source-Modelle gibt, auf die man zurückgreifen kann, ohne selbst Basis-Modelle entwickeln zu müssen. Andererseits hat der Ukraine-Krieg ein Bewusstsein für diese Branche geschaffen.

Die EU hat etwa am 15. März 2024 das Arbeitsprogramm für den European Defence Fund veröffentlicht. Die offizielle Ausschreibung wurde am 20. Juni geöffnet, eine Einreichung war bis zum 5. November 2024 möglich. Diese Ausschreibung war mit 1,1 Milliarden Euro dotiert, wovon 40 Millionen Euro für disruptive Technologien und 67 Millionen Euro für KMU vorgesehen sind.

AI Landscape: GenAI als Treiber

Einen anderen Faktor für die Steigerung der Anzahl an KI-Firmen in Österreich sieht Wasner darin, dass viele Unternehmen in der Vergangenheit auf Automatisierung gesetzt hätten. Belege erkennen, den E-Mail-Posteingang lesen und ins CRM schieben – das sei mit der eigenen Technologie natürlich limitiert gewesen, durch Generative AI und LLMs (Large Language Models) wären nun sehr viele in diesem Bereich tätig. “Das ist etwas, das weltweit parallel passiert”, so Wasner. “Und Chatbots oder Dashboards beinhaltet.”

Auch bemerkenswert ist, dass im Bereich “Life Science” mittlerweile 30 Unternehmen aus Österreich vertreten sind. Für den KI-Experten “wenig verwunderlich”, da es hierzulande mit LISAvienna, INITS und mit dem Science Park Graz gleich drei Ökosysteme gibt, die in diesem Feld “Firmen produzieren”.

Zudem ist der Proptech-Bereich auffällig stark geworden, was wiederum an der Nutzung von LLMs liegt, zum Beispiel wenn es um die Auswertung von Dokumenten rund um Bauprojekte geht. Überall dort, wo man auf unstrukturierte Daten treffe – Baupläne, etc. – sei nun GenAI vermehrt einsatzbar und das ganze Proptech-Feld gehe “durch die Decke”. Insgesamt, so Wasner, gebe es heuer einfach mehrere große Themenfelder in der heimischen AI Landscape.

Beachtlich sei zudem, dass in der KI-Branche wenig Firmen pleite gegangen sind. “Dieses Jahr habe ich im Vergleich zum Vorjahr nur drei, vier Firmen herunternehmen müssen”, sagt er. “Davor waren es rund 30.”

Doch der KI-Experte warnt vor zu großer Euphorie. Er sieht den Moment jetzt als “Ruhe vor dem Sturm” und erwartet eine Konsolidierungswelle für das kommende Jahr. In diesem Sinne prognostiziert er einen Akquise-Trend, der uns bevorsteht. Größere Firmen würden, so seine Einschätzung, Unternehmen aus der Sparte “Operations & Search” aufkaufen, weil sich deren Angebot als replizierbares Business für Dienstleister auszeichne (Knowledge-Management, Bots, Suche mit LLMs).

Mehr Deregulierung, aber…

Was den europäischen Standort betrifft, wünscht sich Wasner mehr Deregulierung, allerdings nicht unbedingt auf der KI-Seite, wie er sagt. Europas KI-Problem liege vor allem im Umstand begründet, dass es hier schwieriger sei, zu gründen bzw. etwa Mitarbeiterbeteiligungen schwerer zu implementieren wären. “In Europa gibt es 27 Rechtsformen bei der Unternehmensgründung, das ist einfach nicht ‘investible'”, sagt er. Auch seien die Finanzierungen zu gering, vor allem dann, wenn man eine KI-Foundation baue. Mistral aus Frankreich wäre da der einzige Ausreißer, was europäische Top-KI-Firmen betreffe.

Als zweiten Punkt nennt Wasner, dass sich die “Compute-Infrastruktur” als zu klein für den europäischen Raum zeige und es von der EU-Seite Investitionen von mindestens 20 Milliarden Euro – wenn nicht mehr – bräuchte, um im KI-Konzert der Großen eine Chance zu haben. Der dritte und letzte Faktor, den Wasner in Sachen Wettbewerbsfähigkeit erwähnt, ist, auf “skilled immigration” zu setzen, um die besten Talente ins Land zu holen, wie er sagt: “Das allerdings geht nur, wenn man die ersten beiden Punkte löst.”

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