11.04.2019

Blockpit: Die Details zu Österreichs erstem Security Token Offering

Das Linzer Unternehmen Blockpit startet mit dem ersten Security Token in Österreich. Alle Details zur Finanzierung via STO und zu den weiteren Plänen des Startups.
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(c) Blockpit

Der erste Security Token wurde in Österreich ausgegeben. blockpit.io, ein Linzer Startup für Compliance Lösungen für digitale Assets,  kooperierte dafür mit der Crowdinvesting-Plattform Conda. „Wir haben uns aus mehreren Gründen für dieses neue Finanzinstrument im Rahmen der Unternehmensfinanzierung entschieden. Gegenüber einer traditionellen Investitionsrunde, über beispielsweise die Ausgabe von Aktien oder über Venture Capital, kann man mit einem Security Token als Unternehmer ähnlich wie beim Crowdfunding eine breite Masse ansprechen und das Angebot flexibel gestalten“, sagt Florian Wimmer, CEO von blockpit.

Fünf Millionen Euro via STO

Am eigenen Security Token Offering (STO) hat Blockpit laut Wimmer über ein Jahr gearbeitet. Etwa fünf Millionen Euro möchte Blockpit mit dem STO einnehmen. Der Zielmarkt ist dabei aber nicht nur Österreich, sondern ganz Europa, beziehungsweise gibt es laut Wimmer auch Interessenten aus Japan und Korea.

Derzeit können allerdings nur einzelne Investoren, maximal 149 Personen pro EU-Land, in das STO investieren. Man arbeitet aber derzeit an einem Kapitalmarktprospekt, um den Token spätestens im Herbst auch einem breiteren Personenkreis anbieten zu können. Der Preis des Token wird sich für die Investoren der ersten Stunde und die späteren Investoren nicht unterscheiden, sagt Wimmer. Anders wird es dann, wenn das Security Token offiziell an einer Böse – etwa Gibraltar – gelistet wird, dann wird sich der Preis nach Angebot und Nachfrage richten, sowie nach dem Unternehemenserfolg, den Blockpit öffentlich kommunizieren wird. Mit einem Listing an der Börse rechnet Wimmer aber erst mit Ende des Jahres.

Im Gegensatz zu einem klassischen Wertpapier ist der Security Token ein flexibel gestaltbarer „Smart Contract“, der vom Ausgeber in seiner Art und seinem Umfang frei und flexibel definiert werden kann. Generell spricht man hier jedoch von einem klassischen Finanzprodukt, das auf einer Blockchain transparent verbrieft wird. Ein Security Token ist aufgrund seiner technologischen Natur frei gestaltbar. Es kann sich hierbei wie bei einer klassischen Aktie um tatsächliche Anteile an einer Firma handeln, aber auch um Umsatzbeteiligungen, Schuldverschreibungen oder vieles mehr.

+++Mehr Zum Thema: Was ist ein Security Token?+++

Die Vorteile, die solch eine Tokenisierung mit sich bringt, sind sowohl für Herausgeber als auch Käufer vielzählig. Der herausgegebene Security Token (TAX Token) von blockpit garantiert in diesem Fall eine Umsatzbeteiligung in Form eines Genussrechts und stellt ein durchaus außergewöhnliches Finanzinstrument dar. „Security Token Offerings verbinden die Vorteile der herkömmlichen Unternehmensfinanzierung über die Ausgabe von Wertpapieren mit der Blockchain-Technologie und stellen gerade für Startups und KMU eine innovative und günstige Art der Projekt- und Unternehmensfinanzierung dar“, so Rechtsanwalt Oliver Stauber, Partner bei Stadler Völkel Rechtsanwälte, welcher die Emission der TAX Token im Rahmen des STO (Security Token Offering) von Blockpit rechtlich begleitet.

Wie das Security Token Offering von Blockpit funktioniert

Pöltner erklärt, wie das STO von Blockpit funktioniert: Der Investor zeichnet eine Blockpit-Beteiligung, Blockpit kümmert sich um Formalitäten wie den KYC-Prozess (“Know Your Customer”). Der Investor überweist dann das Geld in Ether oder in Euro, woraufhin Blockpit den Security Token an den Investor überträgt. Dieser kann den Token in seinem Crypto Wallet oder Paper Wallet speichern und ihn jederzeit an andere Investoren übertragen – sofern diese ebenfalls den KYC-Regeln entsprechen.

Das STO selbst ist dabei bloß eine technische Lösung, welche bestehende Finanzinstrumente auf die Blockchain bringt – im Gegensatz zu ICOs, für die es oft keine rechtliche Basis gab. Verschiedene Finanzinstrumente können dabei, inklusive der Rechte und Pflichten, auf die Blockchain wandern und über diese auch übertragen werden. Bei Aktien könnten künftig zum Beispiel auch Stimmrechte und Hauptversammlungen über die Blockchain abgewickelt werden, sagt Stauber.

Auch aus steuerlicher Hinsicht werden über ein STO ausgegebene Wertpapiere wie herkömmliche Wertpapiere behandelt, sagt Michael Peritz von KPMG Austria: “Es bestehen also ganz klare steuerliche Regeln.”

Security Token könnten die Finanzwelt revolutionieren

Gerade im letzten Jahr boomten sogenannte ICOs (Initial Coin Offerings) als alternative Finanzierungsmöglichkeit unter Einsatz der Blockchain-Technologie. Doch das Konzept hatte Schwächen im Bereich der Sicherheit. Security Token Offerings wirken diesen Schwächen entgegen, indem umfassende Regulierungen und echte Vermögenswerte rechtlich gedeckt auf der Blockchain verbrieft werden.

„Während 2017 das Jahr der ICOs war und 2018 der Bärenmarkt die überhitzten Erwartungen unter Schmerzen wieder auf den Boden der Realität geholt hat, zeichnet sich 2019 als das Jahr des STOs ab“, sagt Christoph Kletzer, Senior Lecturer am King’s College London und Beirat der Digital Asset Association Austria (DAAA). Mit den STOs sind die großen Erwartungen, die von ICOs oft enttäuscht wurden gereift und in rechtlich gesicherter Form realisiert worden.

Unter den vielen Vorteilen lassen sich laut Kletzer drei hervorheben: Die gesteigerte Liquidität auch für kleinere Unternehmen, die Interoperabilität der Vermögensklassen und eine mögliche Innovation der Struktur der verbrieften Rechte. Außerdem ist ein STO laut Kletzer wie eine “durchsichtige Vending Machine”: Man könne jedezeit sehen, welchen Anteiil man am jeweiligen Unternehmen hat. Außerdem könne man die Rechte “kreativ miteinander verbinden”: Wer zum Beispiel Anteile länger hält, ,könnte mehr Voting Rights haben.

+++Mehr erfahren: Wie STOs steurlich behandelt werden+++

Prominente Beispiele für erfolgreiche STOs sind etwa Aspen Digital, die $ 18 M für Immobilienanteile an einem Luxus Ressort in Aspen aufgestellt haben oder der Technologie Wachstumsfond ANDRA Capital, der $ 1 Mrd im Auge hat. “Wer also in den USA seinem Portfolio ein Aspen-Ressort beimischen möchte, der kann sich ein Stück Aspen kaufen”, sagt Kletzer.

Während die USA bei der Gesamtzahl der STOs noch führen, ist die Schweiz bereits an zweiter Stelle. In Österreich und anderen europäischen Ländern gibt es laut Kletzer eine sichtbar gesteigerte Aktivität. Asien, bei ICOs führend, muss bei STOs jedoch noch aufholen. “STOs sind aber ein Phänomen, das definitiv bleiben wird”, sagt Kletzer,

Finanzielle Innovation in Österreich

„Die eigentliche Innovation an dem Security Token ist die Einfachheit der Gestaltung, die hohe Sicherheit und die schnelle technologische Umsetzung für beide Seiten“, sagt Paul Pöltner von der Conda AG. Conda ist für die technologische Infrastruktur zuständig und will mittelfristig einen Standard für STOs etablieren. Das österreichische Fintech-Unternehmen nutzte dabei gemeinsam mit blockpit die Infrastruktur des hauseigenen CRWD Networks um den STO durchzuführen.

Das Ziel von Conda : Anbieter für STO-as-a-Service werden. „Die harte Arbeit sowie die zahlreichen Abstimmungsrunden mit spezialisierten Rechtsanwälten und europäischen Regulatoren haben sich gelohnt, denn Conda hat letztes Jahr die weltweit erste technische Lösung für die einfache und mühelose Herausgabe von Security Tokens gelauncht“, sagt Pöltner. Durch eine Kooperation mit der Staatsdruckerei-Tochter youniqx Identity AG  integriert Conda eine Private-Key-Lösung: „Chainlock“ ermöglicht diverse Anwendungen, beginnend beim Schutz von Identitäten vor Hackern bis hin zum Schutz vor Kunstfälschern.

Warten auf die Börsenfreigabe

Für den Kauf eines Security Tokens ist allen voran kein klassisches Depot bei einer zentralisierten Entität nötig, beispielsweise einer Börse, die den Security Token handelt. Dazu ist nur ein Smartphone oder PC notwendig. Ab hier ist der Weg derselbe wie bei bereits bekannten Finanzprodukten. Während aktuell noch lizenzierte Börsen für den Handel mit Security Token auf sich warten lassen, wird es voraussichtlich erste Handelsplätze mit Ende des Jahres geben. Für die Vorläufer bei solch einem neuen Thema ist der Prozess natürlich noch mit vielen Hürden, sowie hohen finanziellen und zeitlichen Ressourcen verbunden.

Warum sich junge RegTech-Unternehmen wie blockpit trotzdem für ein Security Token entschieden haben? „Dieses Instrument passt perfekt zu uns als RegTech im Bereich von digitalen Assets auf Blockchain Basis. Es war von Anfang an klar, dass für uns als innovative Firma im Tech-Bereich eine klassische Finanzierung weniger interessant ist“, sagt Wimmer. Schon früh wurde laut Wimmer mit dem Gedanken eines Utility Token in Form eines ICOs gespielt, aber aufgrund der rechtlichen Unsicherheiten schnell wieder verworfen. Der Security Token hat mit seinen zahlreichen Vorteilen alle Bedenken schnell eliminiert.

„Aus unserer Sicht wird der Security Token den Finanzmarkt der Zukunft stark prägen – hier wollen wir von Anfang an dabei sein“, sagt Wimmer. Das Ziel von Conda ist es darüber hinaus, einen kostengünstigen und effizienten Standardprozess für ein solches Token-Offering schon 2019 zu erschaffen. Auf einer solchen standardisierten Börse würden sich dann traditionelle Anleger mit dem neuen Segment der Digital Asset-Trader vereinen.

Die Börse von Gibraltar hat nun begonnen, Security Tokens anzubieten. Auch die Börse Stuttgart plant laut Wimmer derartiges. Laut Pöltner wird es noch vor dem Sommer den nächsten STO geben, weitere werden im Herbst folgen. Laut Stauber werden sich auch viele Unternehmen im Immobilienbereich auf diese Art Kapital verschaffen.

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Storebox-CEO und Cofounder Johannes Braith
Storebox-CEO und Cofounder Johannes Braith | Foto: brutkasten

Die neue EU-Kommission steht. Hierzulande laufen dagegen nach wie vor die Regierungsverhandlungen zwischen ÖVP, SPÖ und NEOS mit ungewissem Ausgang. Währenddessen kommt nicht nur Österreich nicht aus der Rezession heraus und auch die Prognosen bleiben tendenziell negativ. Begleitet wird das Szenario von einer Häufung an dramatischen Appellen und Forderungen nach umfassenden Änderungen in der Wirtschaftspolitik.

Wie steht es wirklich um Österreich und die EU? Was sind nun die drängendsten Maßnahmen? brutkasten geht diesen Fragen gemeinsam mit führenden Köpfen der heimischen Innovationsszene nach.

Storebox-Co-Founder und -CEO Johannes Braith sieht im brutkasten-Interview auch Chancen, die die Krise biete, formuliert aber konkrete Maßnahmen, die dazu nun auf politischer Seite ergriffen werden müssten.


brutkasten: Düstere Prognosen und drastische Appelle stehen aktuell in der Wirtschaftsberichterstattung an der Tagesordnung. Wie beurteilst Du die Situation? Ist sie wirklich so dramatisch?

Johannes Braith: Ich beobachte die Großwetterlage natürlich laufend. Allerdings halte ich es für gut, wenn man sich in seinen daily Operations als Founder nicht zwangsläufig beunruhigen lässt. Gerade Startups sind es gewohnt Krisen zu managen bzw. mit ihnen umzugehen. In manchen Fällen kann dadurch sogar etwas Positives entstehen. Denn Krisen erzwingen oft Veränderungen, welche wiederum oft Chancen beinhalten.

Aber natürlich finde ich es beunruhigend, dass wir, was unsere Wettbewerbsfähigkeit in Europa angeht, so dramatisch den Anschluss verlieren. Ich hoffe, dass der steigende Schmerz dazu führt Regulierungen abzubauen und ein neues Selbstverständnis hinsichtlich Wirtschaft, Startups und Technologie einkehrt.

Welche gesamtwirtschaftlichen Maßnahmen sollten in Österreich möglichst schnell umgesetzt werden? Was muss unbedingt ins Regierungsprogramm?

Das Thema ist leider ziemlich mühsam, da sehr, sehr gute Vorschläge seit langer Zeit am Tisch liegen, die allerdings nicht umgesetzt wurden. Ein wichtiger Punkt ist es bestimmt, Risikokapitalgeber zu incentivieren – Stichwort Beteiligungsfreibetrag.

Noch wichtiger wäre es allerdings die Steuern auf Arbeit deutlich zu reduzieren. Wir sind in einer Zeit, in der wir die Extrameile gehen müssen. Das sollte auch belohnt werden. Man könnte z.B. Überstunden steuerlich freistellen, Pensionisten incentivieren, wenn sie in der Rente arbeiten möchten – eventuell gänzlich steuerfrei, oder man kann über Modelle nachdenken, mit denen man Vollzeitarbeit nicht nur ermöglicht (Kinderbetreuung) sondern eventuell auch belohnt.

Generell stelle ich mir die Frage, wie Menschen den Sinn in ihrer beruflichen Tätigkeit wieder zurückerlangen können. In vielen Gesprächen und Beobachtungen sehe ich, dass die Leistungebereitschaft extrem abgenommen hat. Ob das immer durch politische Maßnahmen geheilt werden kann, bezweifle ich. Ich halte viel von Selbstbestimmung und Eigenverantwortung.

Und was sollte die neue EU-Kommission unbedingt sofort angehen?

Regulierung massiv abbauen. Ich bin mit Storebox mittlerweile in sechs Ländern und mehr als 200 Städten operativ tätig. Es kann ja nicht sein, dass wir gefühlt hunderte unterschiedliche Regulierungen vorfinden, die das Prosperieren von Unternhemen extrem erschweren.

Was wären konkret für euch als Scaleup die wichtigsten Schritte auf nationaler und EU-Ebene?

Die Lohnkosten senken, Regulierungen massiv reduzieren und die Zuwanderung hochqualifizierter Personen massiv erleichtern.

Was bräuchte es, damit die Wiener Börse bzw. zumindest eine europäische Börse für einen IPO eines Scaleups wie Storebox attraktiv ist?

Große Anschlussfinanzierungen müssen in Europa mit europäischem Kapital getätigt werden, um ab einer gewissen Stage als logischen Schritt einen IPO auch in einem europäischen Heimatmarkt zu forcieren.

Aktuell wird nicht nur im Zusammenhang mit Börsengängen die Standortattraktivität stark diskutiert. War Abwanderung aus Europa für euch jemals ein Thema?

Aktuell noch nicht. Ich lebe sehr gerne in Österreich und sehe nicht alles nur negativ. Wir leben in einem tollen Land mit vielen Möglichkeiten, toller Infrastruktur und einigermaßen stabilen Verhältnissen. Die Verwaltung dieses Zustands wird allerdings nicht ausreichen. Es muss gestaltet werden, um den Standort attraktiv zu halten.

Bitte eine Prognose: Abhängig von den Entscheidungen, die in nächster Zeit getroffen werden – was ist das Worst- und was das Best-Case-Szenario für Europa?

Das Worst-Case-Szenario: Die EU zerfällt in unterschiedliche Lager, weil es nicht möglich war, Interessen zu alignen und die großen Hebel zu betätigen. Geopolitisch wäre das eine absolute Katastrophe!

Das Best-Case-Szenario: Die Wettbewerbsfähigkeit wird durch radikale Maßnahmen wieder hergestellt. Die Menschen spüren eine deutliche Entlastung, haben Perspektiven und glauben an eine bessere Zukunft. Europa wächst weiter zusammen und bleibt ein starker und wichtiger globaler Player.

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