17.07.2018

Schramböck: Digitaler Binnenmarkt soll Startups in Europa halten

Bei einer "informellen Tagung" der MinisterInnen für Wettbewerbsfähigkeit über die Zukunft der europäischen Industriepolitik präsentierte Ministerin Margarete Schramböck ihre Ziele während der österreichischen EU-Ratspräsidentschaft.
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Digitaler Binnenmarkt
Screenshot: Margarete Schramböck im Gespräch mit Dejan Jovicevic (Der Brutkasten)

Die Wirtschafts- und IndustrieministerInnen der 28 EU-Mitgliedstaaten kamen gestern bei einer “informellen Tagung” zur Zukunft der europäischen Industrie-Politik im Wiener Austria Center zusammen. Dabei präsentierte Digitalisierungsministerin Margarete Schramböck ihre Ziele in dem Bereich während der österreichischen EU-Ratspräsidentschaft. Zugleich lud sie österreichische AI-Startups in einen “Future Space” ein, die sich den MinisterInnen präsentieren konnten.

+++ Startup-Frühstück: Schramböck fragte Gründer nach Painpoints +++

Artificial Intelligence als Fokus-Thema in der Industrie-Politik

Bei der Tagung wurde ausgelotet, wie es mit der europäischen Industrie-Politik in naher Zukunft weitergehen soll. “Man hat mehr Raum und Zeit als bei den formellen Sitzungen, die dann schon Ergebnisse liefern sollen”, sagt Schramböck im Gespräch mit dem Brutkasten. Im Fokus dieser Industriepolitik soll unter anderem Artificial Intelligence liegen, wie die Ministerin betont. Denn über richtiges Know-How könne Europa international wettbwerbsfähig bleiben.

“Dort, wo die gescheitesten Menschen sind”

“Es ist möglich Industrien, die schon verloren waren und etwa nach Asien abgewandert sind, nach Europa zurückzuholen. Infineon ist das beste Beispiel dafür”, sagt die Ministerin. Denn: “Der Wettbewerb wird nicht mehr dort stattfinden, wo die günstigsten Löhne sind, sondern dort, wo die gescheitesten Menschen sind und wo die beste Innovationskraft da ist”. Neben der gemeinsamen Industriepolitik sei daher auch das Thema Skills zentral. Schramböck wirbt dabei für das in Österreich stark etablierte System der dualen Ausbildung, also der Lehre. Erst kürzlich hatte sie für Österreich die Umsetzung zweier neuer Lehrberufe im IT-Bereich verkündet.

Margarete Schramböck im Video-Interview:

“Digitaler Binnenmarkt”: Startups in Europa halten

Ebenfalls ganz oben auf der Agenda sieht die Ministerin die Schaffung bzw. Stärkung des “digitalen Binnenmarkts” in Europa und nimmt Bezug auf Startups. “Dass wir hier einen geschlossenen digitalen Binnenmarkt haben, ist für die Startups sehr wichtig. So haben sie die Voraussetzungen, in Europa groß zu werden und müssen nicht in die USA gehen”. Und diese in Europa zu halten, sei ein wichtiges Ziel.

Als explizite Maßnahmen im Bereich digitaler Binnenmarkt spricht sie “Public Sector Information” , also das zu Verfügung stellen von Informationen der Verwaltung für Forschung und Entwicklung und ein “Plattform to Business”-Modell an, das vor allem mittelständischen Unternehmen helfen soll. Während der Ratspräsidentschaft soll auch ein “Presidency Paper zur künftigen Vision für eine neue Industriepolitik” entstehen.

Deutliche Worte zu Trump-Aussagen

Verhältnismäßig deutliche Worte findet Schramböck im Gespräch mit dem Brutkasten zu den Aussagen des US-Präsidenten Donald Trump, wonach die EU im Bereich Wirtschaft ein Feind der USA sei. “Feinde sehen anders aus. Aber wenn es notwendig sein sollte, werden wir auch wissen, unsere Unternehmen zu schützen und neue Allianzen zu schmieden. Denn die Welt ist groß und bietet viele Möglichkeiten”. Zugleich betont sie aber: “Unsere Hand ist ausgestreckt”.

⇒ Page zur EU-Ratspräsidentschaft auf der Seite des Wirtschaftsministeriums

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Freundeskreis: Wiener Startup plant Pilotfabrik für veganen Käse

Der vegane „Camembert“ des Wiener Startups Freundeskreis ist seit Juni dieses Jahres in ausgewählten veganen Supermärkten erhältlich. Co-Gründerin Mona Heiß gibt im Interview mit brutkasten einen Einblick in die nächsten Schritte des Unternehmens.
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Das „Kernteam“: Leo Sulzmann, Mona Heiß und Markus Korn. (c) Freundeskreis

Käsealternativen aus Cashewnüssen, Mandeln, Soja oder Erbsenprotein: Der Markt für Käseersatzprodukte erlebt derzeit eine Hochphase. Auch das Startup Freundeskreis hat es sich zur Mission gemacht, mit seinem pflanzlichen „Cam-mhh-berta“ die Käsewelt zu transformieren. Anstelle von Milchkulturen, die in herkömmlichem Camembert verwendet werden, setzt das Unternehmen auf eine untypische Zutat: Marillenkerne – ein Nebenprodukt der heimischen Obstindustrie.

Ende letzten Jahres konnte Freundeskreis eine Förderung von 400.000 Euro von der Austria Wirtschaftsservice Gesellschaft (aws) sichern – brutkasten berichtete. Mit dieser Förderung bauten sie nicht nur ihre Produktion aus, sondern brachten auch ihren veganen „Cam-mhh-berta“ erfolgreich auf den Markt. Im Interview mit brutkasten berichtet Co-Gründerin Mona Heiß über die Fortschritte des Startups und die Pläne für die Zukunft.

Freundeskreis wird mit weiteren 97.000 Euro gefördert

Seit Juni dieses Jahres ist der pflanzliche “Cam-mhh-berta” in ausgewählten Bio-Supermärkten in Wien erhältlich: Pepper & Ginny (1010), Maran Vegan (1060) und Markta (1090). Das Feedback ist vielversprechend: Nach Unternehmensangaben wurden in den ersten vier Monaten bereits rund 1.000 Stück verkauft.

Nur wenige Monate nach der aws-Förderung konnte sich Freundeskreis eine weitere finanzielle Unterstützung sichern: Die Wirtschaftsagentur Wien stellte über die Förderschiene “Produktion” dem Startup rund 97.000 Euro zur Verfügung. Wie Co-Gründerin Mona Heiß im Interview mit brutkasten verrät, soll das Geld in eine neue Pilot-Käsefabrik in Wien-Penzing fließen, die zugleich als zukünftiger Firmenstandort dienen wird.

Bisher finanziert sich Freundeskreis ausschließlich über Fördermittel. Für die kommenden Monate plant das Team jedoch eine Finanzierungsrunde im Frühjahr, um Investor:innen zu gewinnen und das Wachstum des Startups weiter voranzutreiben.

Marillenkerne liefert Cremigkeit und gesunde Nährstoffe

Freundeskreis entwickelte eine pflanzliche Käsealternative, die primär aus Marillenkernen besteht: den „Cam-mhh-berta“. Laut dem Unternehmen ist dieser geschmacklich und in der Konsistenz kaum von herkömmlichem Camembert zu unterscheiden. Der Grund liege in den Eigenschaften der Marillenkerne, die reich an Proteinen und ungesättigten Fettsäuren sind. Diese Nährstoffe sorgen demnach nicht nur für gesundheitliche Vorteile, sondern tragen auch maßgeblich zur cremigen Textur bei, erklärt Heiß.

Die Produktion des „Cam-mhh-berta“ erfolgt in „traditioneller Handarbeit“ auf einem Bauernhof im Wienerwald, in einer ehemaligen Käserei. Dabei setzt Freundeskreis auf dasselbe Verfahren, das auch bei der Herstellung von Kuhmilchkäse Anwendung findet. Das Ergebnis sei ein Käse, der sich durch “Cremigkeit, Nachhaltigkeit und Tradition” auszeichnet.

“Cam-mhh-berta” besteht nur aus vier Zutaten

Das Besondere an der Käsealternative sind die Marillenkerne, die als Hauptzutat dienen. Diese fallen normalerweise als Abfall- oder Nebenprodukt der Saft- und Marmeladenproduktion an. Freundeskreis bezieht die Kerne von regionalen Lieferanten, darunter das niederösterreichische Scaleup Kern Tec – brutkasten berichtete. Aus den Marillenkernen wird durch ein speziell entwickeltes Verfahren eine milchige Flüssigkeit gewonnen, die mithilfe von Reifekulturen, veganen Enzymen und Mikroorganismen zum „Cam-mhh-berta“ verarbeitet wird. Die Käsealternative kommt mit nur vier Zutaten aus: Marillenkerne, Salz, Wasser und vegane Reifekulturen.

Ein kritischer Punkt bei der Verarbeitung von Marillenkernen ist die darin enthaltene Blausäure, die gesundheitsschädlich sein kann. Hier hat Gründer und Forscher Leo Sulzmann ein spezielles Verfahren entwickelt, um die Blausäure auf natürliche Weise abzubauen.

Freundeskreis-Team wächst

Hinter dem Food-Startup Freundeskreis stehen Forscher und Geschäftsführer Leonhard Sulzmann sowie Co-Gründerin Mona Heiß. Während Sulzmann sich auf die wissenschaftlichen und technologischen Aspekte konzentriert, verantwortet Heiß die Kreativdirektion und den Markenaufbau. Zum Kernteam gehört außerdem Sales- und Operations-Verantwortliche Markus Korn. Mittlerweile zählt das Team sechs Mitglieder, die gemeinsam am weiteren Ausbau der Marke Freundeskreis arbeiten.

Zukünftig sollen mehr vegane Käsealternativen auf den Markt kommen

Freundeskreis arbeitet aktuell an der Entwicklung weiterer veganer Käsealternativen. Bereits Anfang nächsten Jahres soll eine vegane „Frischkäsevariante“ auf Basis der Marillenkerne auf den Markt kommen. Doch das ist nicht alles: Eine weitere Produktreihe ist bereits in Planung. Co-Gründerin Mona Heiß verrät, dass es sich dabei voraussichtlich um ein Produkt handeln werde, das speziell zum Backen geeignet sei. Langfristig will das Startup außerdem auch einen veganen „Hartkäse“ anbieten. Die Herstellung dieses Produkts ist jedoch komplexer, da es aufgrund des verwendeten Verfahrens eine bestimmte Zeit für die Reifung benötigt.

In den kommenden Wochen soll außerdem ein Online-Shop live gehen, über den die Produkte von Freundeskreis direkt bestellt werden können. Diese Plattform wird zunächst als Testversion betrieben, um herauszufinden, wie gut sich die Produkte für den Direktvertrieb eignen. Geplant ist dabei ein Modell, bei dem die Käsealternativen erst auf Bestellung und nicht auf Vorrat produziert werden. Weiter in die Zukunft gedacht, kann sich das Startup auch den Vertrieb in Supermärkten vorstellen.

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