18.09.2024
AGENTFORCE

Das Ende der Chatbots: Salesforce läutet neue KI-Ära im Kundenservice ein

In San Francisco findet derzeit die Dreamforce statt. Das jährliche Event von Salesforce zählt mit 45.000 Besucher:innen zu den größten Veranstaltungen in der Tech-Branche. brutkasten war live vor Ort bei der Opening-Keynote von Salesforce-Gründer Marc Benioff.
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Marc Benioff | martin pacher | brutkasten

Wer dieser Tage in San Francisco ankommt, dem entgeht eines nicht: die Dreamforce. Für das jährliche Event von Salesforce werden in der Innenstadt teilweise ganze Straßen abgesperrt, Taxis stehen im Stau, und es gibt kaum ein Hotelzimmer, das nicht längst ausgebucht ist. Es ist ein Spektakel, das Vergleiche mit der Superbowl aufkommen lässt – nur dass es hier nicht um Sport geht, sondern um eine neue Ära im Customer-Relationship-Management (CRM).

Von “No Software” zu “Agents”

Wie jedes Jahr richtet sich zu Beginn der Dreamforce-Konferenz die volle Aufmerksamkeit auf einen Moment: die Opening-Keynote von Salesforce-Gründer Marc Benioff. Der heute 59-Jährige Multimilliardär hat Salesforce 1999 mit einer visionären Idee gegründet: Software sollte nicht mehr auf lokalen Servern installiert werden müssen, sondern über das Internet, in der Cloud, als Dienstleistung bereitgestellt werden. 

Marc Benioff während seiner Keynote | (c) martin pacher | brutkasten

Benioff ist nicht nur technischer Visionär, sondern auch ein Meister des Marketings. Von Anfang an positionierte er Salesforce als eine rebellische Alternative zu den großen Softwaregiganten wie Oracle und SAP. Er führte mit provokanten Slogans wie “No Software” eine aggressive Marketingkampagne. Und das mit Erfolg: Rund 25 Jahre nach Gründung zählt Salesforce zu den am schnellsten wachsenden Unternehmen weltweit. Zuletzt erwirtschaftete es einen Jahresumsatz von rund 38 Milliarden US-Dollar.

Salesforce-Gründer: “Hard Pivot” 

Trotz des unbestreitbaren Erfolgs von Salesforce stand das Unternehmen in der Vergangenheit zunehmend unter Druck, im Bereich der Künstlichen Intelligenz mitzuhalten. Erst im September sprach Benioff in einem Interview mit Fortune von einem “hard pivot”, den das Unternehmen vollzieht. Bereits vor der Dreamforce-Konferenz präsentierte Salesforce dahingehend Agentforce – eine Suite autonomer KI-Agenten. Sie soll künftig Mitarbeiter:innen in den Bereichen des Kundenservice, Vertriebs und Marketing bei ihren täglichen Aufgaben unterstützen. 

Im Gegensatz zu bisherigen Copiloten und Chatbots, die auf menschliche Anleitung angewiesen sind, arbeitet Agentforce autonom und soll laut Salesforce so keine Schwierigkeiten mit mehrstufigen Aufgaben haben. Im Hintergrund läuft hierfür die neu entwickelte Atlas Reasoning Engine, die Daten selbständig analysiert – und dabei auf unterschiedlichste Anwendungen zurückgreifen kann.

“Dritte Welle der KI”

Am Dienstag war es dann soweit. Im Moscone Center – San Franciscos größter Kongress-Komplex – hielt Marc Benioff seine lang erwartete Keynote zur KI-Strategie des Unternehmens. “Wir sind die Nummer eins im CRM und das zweitgrößte Softwareunternehmen der Welt”, rief Benioff zu Beginn der Keynote stolz aus. Zudem hielt er fest, dass Agentforce die “dritte Welle der KI” sei.

Das Moscone Center gleicht einem Vergnügungspark | (c) martin pacher | brutkasten

Erste Use-Cases für Agentforce

Im Zuge der Keynote wurden unter anderem konkrete Use-Cases im Kundenservice präsentiert. Als Praxisbeispiel bei Saks Fifth Avenue, einem führenden Einzelhändler, zeigte sich das Potenzial von AgentForce, den Kundenservice zu automatisieren und gleichzeitig die Effizienz zu steigern. 

Die Herausforderung: Ein Kunde ruft beim Kundenservice von Saks an, weil ein Produkt, das er gekauft hat, beschädigt ist und ausgetauscht werden muss. Gleichzeitig möchte der Kunde wissen, wie viele Exemplare des Produkts in einem nahegelegenen Store verfügbar sind. Die Lösung: Agentforce tritt als automatisierter Agent ein, um den gesamten Prozess ohne menschliches Eingreifen zu steuern. 

Moscone Center waren am Dienstag alle Augen auf Marc Benioff gerichtet | (c) martin pacher / brutkasten

Der Agent identifizierte das beschädigte Produkt und verifizierte die Details des Kaufs, indem er die Kundendaten aus der Customer 360-Plattform von Salesforce abrief. Und initiierte automatisch den Austauschprozess. Er erstellte eine neue Bestellung, organisierte den Versand des Ersatzprodukts. Zudem stellte er sicher, dass der Kunde eine Benachrichtigung über den Versand erhält. Gleichzeitig prüfte Agentforce in Echtzeit den Lagerbestand in allen umliegenden Filialen und informiert den Kunden, in welcher Filiale das Produkt vorrätig ist. Falls gewünscht, wird das Produkt zur Abholung in den gewünschten Store umgeleitet.

Als weiteres Beispiel brachte Benioff auch Disneyland als Beispiel, wo Agentforce verwendet wird, um den Besucher:innen eine personalisierte Erfahrung zu bieten. Durch die Analyse von Kundendaten kann Agentforce beispielsweise Empfehlungen geben, welche Attraktionen weniger Wartezeiten haben oder welche Alternativen verfügbar sind​. “Agentforce wird Ihrem Guide helfen, bessere Entscheidungen zu treffen und Ihnen ein besseres Erlebnis zu bieten.”

Saks und Disneyland seien jedoch nur erste Anwendungsbeispiele, künftig könne die Technologie auch in anderen Bereichen eingesetzt werden – wie beispielsweise im Gesundheitssektor. Konkret soll das Service bereits im Oktober global ausgerollt werden – darunter auch in Österreich.


*Disclaimer: Die Reisekosten wurden von Salesforce übernommen.

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Verdea, CSRD
(c) Verdea - Sebastian Reich (l.) und Shane Devane von Verdea.

Während seines Studiums in Mailand hat Sebastian Reich, der das Compliance-Startup Verdea gemeinsam mit Shane Devane aus Irland gegründet hat, bei freiwilligen Beratungsprojekten leider hautnah erfahren, wie langsam und ineffizient Compliance in der EU – von Nachhaltigkeit bis Cybersicherheit – noch abläuft. Und welchen Wettbewerbsnachteil dies gegenüber den USA bedeutet.

Verdea arbeitet mit Knowledge Graphs

Der Wiener wurde anschließend in das Antler-Accelerator-Programm aufgenommen, wo er seinen Co-Founder fand, dessen letztes Startup unter anderem auch von Google gefunded worden war. “Gemeinsam haben wir uns intensiv mit neuen EU-Richtlinien auseinandergesetzt und diese so strukturiert, dass eine KI sie besser verstehen kann (Anm.: Knowledge Graphs)”, sagt er. Um mit ihrer Lösung Unternehmen dort zu unterstützen, wo Prozesse noch langsam und unübersichtlich sind. Dafür erhielt man nun ein sechsstelliges Investment.

An der Finanzierungsrunde beteiligen sich die Investoren Techsoft Invest, Daniel Wülbern, und ein weiterer Business Angel. Mit dem neuen Kapital plant Verdea, sein Angebot weiterzuentwickeln und den europäischen Markt gezielt zu adressieren. Auch soll heuer noch ein Produkt für die NIS2-Richtlinie und die AIFMD gelauncht werden.

Indexierung auf Aufbereitung von Daten

Verdea strukturiert konkret EU-Richtlinien in jene Knowledge Graphs, sodass eine KI die Anforderungen besser verstehen soll. Unternehmen könnten so verschiedene Daten mit Verdea teilen, die dann indexiert und gemäß den Anforderungen der Richtlinie aufbereitet werden. Dies erfolgt mithilfe von “Retrieval-Augmented Generation” (RAG)-Modellen.

Zusätzlich fine-tuned Verdea Open-Source-KI-Modelle, die automatisch erkennen, wo noch Daten eingesammelt werden sollten und wie diese zu finden sind.

Verdea und das Problem der Daten

Die “Corporate Sustainability Reporting Directive” (CSRD) betrifft etwa 50.000 Unternehmen in der EU, die relativ komplexe Anforderungen erfüllen und enorme Datenmengen aufbereiten müssen.

“Das grundlegende Problem vieler Unternehmen ist, überhaupt zu verstehen, welche Daten aus einem unstrukturierten Daten-Dschungel für die verschiedenen Compliance-Prozesse relevant sind”, erklärt Reich. “Eine vollständige Automatisierung durch KI ergibt hier wenig Sinn. Aber gezielte Unterstützung, etwa beim Lesen von tausenden Seiten Unternehmensberichten und CSV-Dateien und deren Aufbereitung gemäß den Richtlinien, kann KI sehr gut und effizient leisten.”

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