26.01.2023

Rumin8: Bill Gates steckt Millionen in Startup, das Kuh-Rülpser klimafreundlicher macht

Das australische Startup Rumin8 will mit seinem Futterergänzungsmittel die Methan-Emissionen von Kuh-Rülpsern erheblich reduzieren.
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Rumin8 - Bill Gates
Micrsosoft-Gründer Bill Gates | (c) Bill Gates | (c) Lukasz Kobus/European Commission | Hintergrund (c) Daniel Quiceno M via Unsplash

Das Problem ist mittlerweile allgemein bekannt: Methan ist ein noch deutlich stärkeres Treibhausgas als CO2. Und Kühe produzieren beim Wiederkäuen so viel von dem Gas, dass deren Ausstoß global gesehen eine relevante Größe für den Klimawandel ist. Viehhaltung und Rindfleisch- sowie Milchproduktekonsum stehen unter anderem aus diesem Grund in Sachen Klimaschutz in der Kritik (Anm. tatsächlich ist der Methanausstoß nur ein Teilaspekt neben Faktoren wie hohem Flächen-, Wasser- und Energieverbrauch). Während international viele Unternehmen an klimafreundlicheren Fleisch-Alternativen arbeiten, geht das australische Startup Rumin8 einen anderen Weg: Es will über ein Futterergänzungsmittel den Methangehalt in Kuh-Rülpsern reduzieren.

Breakthrough Energy Ventures von Bill Gates steigt bei Rumin8 ein

“Das Unternehmen identifiziert natürlich vorkommende Verbindungen, die antimethanogene Eigenschaften haben, und reproduziert sie in einem hocheffizienten, kostengünstigen, skalierbaren und qualitativ hochwertigen Prozess, um sie an Nutztiere zu verfüttern und deren Emissionen zu reduzieren”, heißt es in einer Aussendung von Rumin8. Mit diesem Unterfangen konnte nun ein prominenter Investor gewonnen werden: Breakthrough Energy Ventures (BEV) von Microsoft-Gründer Bill Gates.

BEV investiert gemeinsam mit dem Unternehmen Harvest Road Group und einigen Bestandsinvestoren in einer Phase-2-Seed-Finanzierungsrunde zwölf Millionen US-Dollar. Insgesamt komme man damit bislang auf rund 25 Millionen Dollar investiertes Kapital, heißt es von Rumin8. Die aktuelle Runde sei überzeichnet gewesen.

Produkt noch nicht am Markt

“Die Nachfrage nach nachhaltigem Eiweiß war noch nie so groß wie heute. Deshalb ist BEV sehr daran interessiert, die Methanemissionen von Rindfleisch und Milchprodukten zu reduzieren”, kommentiert Carmichael Roberts von BEV. “Rumin8 bietet ein kostengünstiges, skalierbares Instrumentarium, das sich bei der Reduzierung von Emissionen bereits als wirksam erwiesen hat. Unser Team wird Rumin8 dabei unterstützen, eng mit Landwirten zusammenzuarbeiten, um die Reichweite dieser Lösung weltweit auszuweiten”.

Noch ist das Produkt aber nicht fertig entwickelt. “Unsere Laborergebnisse liefern weiterhin hervorragende Resultate, unsere Tierversuche spiegeln die Laborergebnisse wider, und die von uns durchgeführten Finanzmodelle deuten darauf hin, dass wir in der Lage sein werden, unsere Produkte zu einem kommerziellen Preis anzubieten”, meint Rumin8 Managing Director David Messina. Jetzt habe man die Mittel, um den Weg zur Kommerzialisierung zu beschleunigen.

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Wiener-Börse-CEO Christoph Boschan
Wiener-Börse-CEO Christoph Boschan | Foto: brutkasten / Wiener Börse (Hintergrund)

Die neue EU-Kommission steht. Hierzulande laufen dagegen nach wie vor die Regierungsverhandlungen zwischen ÖVP, SPÖ und NEOS mit ungewissem Ausgang. Währenddessen kommt nicht nur Österreich nicht aus der Rezession heraus und auch die Prognosen bleiben tendenziell negativ. Begleitet wird das Szenario von einer Häufung an dramatischen Appellen und Forderungen nach umfassenden Änderungen in der Wirtschaftspolitik.

Wie steht es wirklich um Österreich und die EU? Was sind nun die drängendsten Maßnahmen? brutkasten geht diesen Fragen gemeinsam mit führenden Köpfen der heimischen Innovationsszene nach, darunter etwa FFG-Geschäftsführerin Henrietta Egerth, mit PlanRadar-Co-Founder Sander van de Rijdt und mit Storebox-Co-Founder Johannes Braith.

Zum Thema Kapitalmarkt haben wir nun bei Christoph Boschan, CEO der Wiener Börse, nachgefragt.


brutkasten: Die Regierungsverhandlungen befinden sich in der entscheiden Phase. Was sind die wichtigsten Maßnahmen, die in Österreich umgesetzt werden sollten, um Kapitalmarkt und Börse zu stärken?

Christoph Boschan: Die schnellste und einfachste Maßnahme wäre die Wiedereinführung der Behaltefrist für Wertpapiere bzw. die Einführung eines Vorsorgedepots. Das lag alles fix fertig auf dem Tisch und stand im letzten Regierungsprogramm.

Gewichtiger wäre eine bessere Abstimmung des Pensionssystems auf den Kapitalmarkt, also eine teilweise Veranlagung der ersten Säule am Aktienmarkt. Da spreche ich übrigens nicht mit dem reinen Blick durch die “Kapitalmarkt-Brille”. Das würde zugleich den Staatshaushalt entlasten und die Pensionsfinanzierung nachhaltig absichern und Geld für die Innovations- und Wachstumsfinanzierung bereitstellen.

Sie haben in einem brutkasten-Studiotalk im September gefordert, “zentrale, mächtige, große Kapitalsammelstellen zu errichten”. Was genau verstehen Sie darunter, beziehen Sie sich primär auf Pensionsfonds oder verstehen Sie das Konzept breiter?

In der teilweisen Veranlagung der ersten Säule am Kapitalmarkt liegt tatsächlich das größte Potenzial, ein bis zwei Prozent machen hier auf einige Jahre gesehen bereits viel aus. Die zweite Säule könnte mit einer verpflichtenden betrieblichen Vorsorge gestärkt werden. Oder man kreiert einen Staatsfonds nach norwegischem Vorbild.

Abseits davon gibt es in Österreich 330 Mrd. Euro an niedrigverzinstem privatem Kapital, die nicht nur keine Rendite abwerfen, sondern den Unternehmen auch bei der Innovationsfinanzierung fehlen. Die Liste an Möglichkeiten ist lang, wie auch jene der schon existierenden Blaupausen in Europa.

Welche Maßnahmen bräuchte es konkret? Welche dieser Schritte können in Österreich gesetzt werden und welche nur auf europäischer Ebene?  

Die entscheidenden Schalthebel sind tatsächlich bei den Nationalstaaten. Vorlagen, die für den österreichischen Anwendungsfall angepasst werden können, gibt es genug. Norwegen mit dem Staatsfonds, Schweden mit der teilweisen Veranlagung der Pensionen am Kapitalmarkt, die Schweiz mit der verpflichtenden betrieblichen Altersvorsorge. In Deutschland kommt nun das Vorsorgedepot mit steuerbegünstigter Wertpapierveranlagung. Alles, was eine zu befürwortende Harmonisierung betrifft, etwa beim Gesellschafts-, Insolvenz- und Steuerrecht, ist auf EU-Ebene zu lösen.

Stichwort EU-Ebene. Sie sprechen auch oft von der “unvollendeten Kapitalmarktunion”. Was müsste aus Ihrer Sicht geschehen, um diese Kapitalmarktunion zu vollenden?

Das deckt sich mit den zuvor diskutierten Ansätzen, die jedoch in der langen Liste der – grundsätzlich zu befürwortenden – Ziele der Kapitalmarktunion nur unzureichend adressiert werden können, da derzeit die großen Kapitalsammelstellen nur durch die Mitgliedsstaaten geschaffen werden können. Ohne große Kapitalsammelstellen werden wir die europäische Konkurrenzfähigkeit nicht entscheidend ankurbeln können.

Inwiefern können Kapitalreserven in privaten Altersvorsorgesystemen oder Pensionsfonds als „Treibstoff“ für tiefe und liquide Märkte dienen? 

Indem sie in börsennotierte Unternehmen investieren. Damit schaffen wir die besagten großen Liquiditätspools bzw. Kapitalsammelstellen. Die Unternehmen haben somit eine umfassendere Kapitalquelle für Innovation und Wachstum. Das erklärt auch, warum wir in Europa mit Abwanderung von Listings in Richtung USA zu kämpfen haben. Wachstumsorientierte Unternehmen gehen dorthin, wo sie potenziell das meiste Kapital bekommen können.

Wenn wir wollen, dass das nächste Google, Meta oder Amazon aus Europa kommt, müssen wir hier anpacken. Volkswirtschaften mit entwickelten Kapitalmärkten wachsen schneller und erholen sich rascher von Krisen.

Sie haben bereits angesprochen, dass die nun scheidende Regierung die Wiedereinführung der Behaltefrist für Aktien im Regierungsprogramm vereinbart hatte, ohne sie dann tatsächlich umzusetzen. Für wie wichtig – verglichen mit anderen Möglichkeiten, Anreize zu schaffen – wäre diese Maßnahme, um die private Vorsorge über die Börse attraktiver zu gestalten?

Ich bin immer dafür, Individuen zu ermächtigen und zu stärken und genau das macht die Behaltefrist. Die Befreiung von der KESt (Kapitalertragssteuer) für die langfristige Altersvorsorge ist als Anreiz nicht zu unterschätzen. Sie ist längst überfällig.

Versteuertes Arbeitseinkommen wird in Unternehmen investiert, diese schütten mit Körperschaftsteuer besteuerten Gewinn aus, auf den nochmal 27,5 Prozent geltend werden. Diese steuerliche Eskalation ist immens. Wer vorausschauend agiert und für sein Alter vorsorgt, sollte dringend entlastet werden.

Sie vertreten mit der Wiener Börse die österreichische Nationalbörse. Aktuell kursieren einige Vorschläge, die einen anderen Bereich, nämlich den vorbörslichen Kapitalmarkt betreffen und diese attraktiver machen sollen, etwa die Schaffung eines Dachfonds, der in bestehende Venture-Capital-Fonds investiert, oder einen Beteiligungsfreibetrag für Business Angels und andere private Kapitalgeber. Wie blicken Sie darauf?

Ich halte Ansätze, die Innovation, junges Unternehmertum und Wachstum fördern immer für begrüßenswert. Von jungen Unternehmen, die am Beginn ihrer Reise mit genügend Kapital ausgestattet werden, wird in weiterer Folge auch die Börse, die am oberen Ende der Finanzierungsstufen steht, profitieren.


Aus dem Archiv: Christoph Boschan im brutkasten-Studiotalk (September 2024):


Aus dem brutkasten-Printmagazin: Warum ein Börsengang nicht nur etwas für Großkonzerne ist


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