27.12.2021

Rück- und Ausblick: Lob und Kritik aus der Pharma- und Biotech-Branche

Der Pharma- und Biotech-Bereich hatte ein weiteres intensives Jahr. Wir haben Stimmen aus der Branche gesammelt - mit gemischten Gefühlen zum Jahresende.
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Wir haben zum Jahreswechsel Stimmen aus der Pharma- und Biotech-Branche eingefangen.
Wir haben zum Jahreswechsel Stimmen aus der Pharma- und Biotech-Branche eingefangen.

Seit Beginn der Corona-Pandemie steht sie im öffentlichen Fokus wie nie zuvor: Die Pharma- und Biotech-Branche. Die Aufmerksamkeit ist jedoch bekanntlich nicht immer positiver Natur und die Position, in der sich Branchen-Vertreter:innen befinden, nicht immer leicht. Wir haben einige – von der Startup-Gründerin bis zur Österreich-Chefin des globalen Pharma-Riesen – um Statements zum Jahresende 2021 und ihre Erwartungen für 2022 gebeten.


Philipp von Lattorff, Präsident des Pharma-Verbands Pharmig und General Manager von Boehringer Ingelheim Österreich

Philipp von Lattorff
(c) Böhringer-Ingelheim

Noch nie zuvor standen die Arzneimittelindustrie und ihre Bedeutung für den heimischen Standort so sehr im Fokus wie seit dem Ausbruch der COVID-19-Pandemie. Pharmazeutische Unternehmen in Österreich bieten mehrere zehntausend überwiegend hoch qualifizierte Arbeitsplätze, leisten mit ihren Produkten auch in Krisenzeiten wichtige Beiträge zur Gesundheit von Patientinnen und Patienten und setzten auch 2021 mit Investitionen in Millionenhöhe wertvolle Impulse für die Wirtschaft.

Wollen wir ein international wettbewerbsfähiger Standort bleiben, brauchen wir in den kommenden Jahren noch mehr gut ausgebildete Fachkräfte, einen Ausbau unserer Forschungsinfrastruktur und klare ökonomische Anreize für unsere Industrie. Denn jede Investition in den Standort ist auch eine in Österreich und unsere Zukunft.

Ina Herzer, Geschäftsführerin von MSD (Merck) in Österreich

(c) MSD

Ohne medizinische Innovationen sähe die Welt ganz anders aus. Wenn wir 2021 eines gesehen haben, dann welchen weitreichenden Nutzen innovative Arzneimittel und Impfungen für unsere Gesundheit, Wirtschaft und Gesellschaft stiften. Denn wo sie helfen, Menschen zu heilen oder gesund zu halten, verlängern sie zum Beispiel auch deren Arbeitskraft und leisten damit einen essenziellen Beitrag zu Österreichs Produktivität.

Wollen wir diese positiven Effekte maximieren, sind bessere Rahmenbedingungen für Forschung, die Forcierung der Digitalisierung und die verstärkte Nutzung von Gesundheitsdaten notwendig. Denn nur so können innovative Arzneimittel noch schneller erforscht und entwickelt werden und letztendlich dafür sorgen, dass Patientinnen und Patienten sowie alle anderen Bereiche schneller von ihrer Wirkung profitieren können.

Wolfgang Kaps, General Manager von Sanofi in Österreich und der Schweiz

Screenshot: brutkasten

Es freut mich sehr, dass unsere Branche in den vergangenen zwei Jahren viel enger zusammengewachsen ist. In einem kooperativen Miteinander wurden Dinge in einer Geschwindigkeit entwickelt, die ich so noch nicht kannte.

Michael Kreppel-Friedbichler, General Manager Biogen Österreich

(c) Biogen

Die Pandemie hat in den vergangenen 22 Monaten die Aufmerksamkeit Richtung Pharmabranche gelenkt. Die Corona-Impfung stand und steht im absoluten Mittelpunkt des globalen Interesses. Die gesamte Branche hat so eine höhere Sichtbarkeit erhalten. Dies können und wollen wir aktiv nutzen. Wir möchten die hochkomplexe Arbeit, die Forschung und Entwicklung, die in vielen unterschiedlichen Bereichen geleistet wird, zeigen. Wir werden alle in der Branche neue Wege beschreiten, denn eine zukunftsorientiere Pharmaindustrie wird mit einer klugen Datennutzung andere Dimensionen eröffnen. Wir wollen und werden mit unserem Pioniergeist an die Aufgaben herangehen.

Bernhard Wittmann, Geschäftsführer von Sigmapharm

Wittmann Bernhard | PHARMIG ACADEMY
(c) Pharmig

Österreich ist leider kein Krisengewinner. Denn wer genau hinschaut, wird feststellen, dass auch im Pandemiejahr 2021 viele Unternehmen der pharmazeutischen Industrie weiterhin hart darum kämpfen mussten, ihre Produkte auf den Markt zu bringen bzw. dort halten zu können. Mitverantwortlich hierfür ist der enorme Preisdruck, der auf den Produkten vieler kleiner und mittlerer Unternehmen, aber auch von Big Pharma lastet. Denn schon heute ist rund die Hälfte der Arzneimittel, die erstattet werden, günstiger als die Rezeptgebühr. Und die Kostensteigerungen aufgrund stark steigender regulatorischer Anforderungen der letzten Jahre konnten genauso wenig weitergegeben werden wie die aktuelle Rohmaterial- und Energiekostenexplosion.

Es läge in unser aller Interesse, zu verhindern, dass sich aufgrund restriktiver Preis- bzw. Erstattungspolitik der Arzneimittelschatz stetig verringert. Auch für den Standort Österreich wäre es zukunftsweisend(er), würde unsere Industrie eine entsprechende Anerkennung erfahren.

Alexander Belcredi, Gründer Phagomed

Phagomed: Alexander Belcredi
(c) Phagomed

Das Jahr 2021 war ein großartiges Jahr für die österreichische Biotech-Szene. Die Exits von Allcyte (gekauft von Exscientia), Origimm (gekauft von Sanofi) und PhagoMed (gekauft von BioNTech) zeugen von der hohen Innovationskraft am Standort Vienna Biocenter. Die vielen Neugründungen von spannenden Biotechs am Campus lassen darauf hoffen, dass es auch 2022 wieder schöne Erfolge zu feiern gibt.

Thomas Wurm, Gründer Single Use Support

Single Use Support Co-Founder Thomas Wurm
(c) EY

2021 war ein unglaublich forderndes, aber auch erfolgreiches Jahr für die Life Science Branche. Rasche Scale-Ups und viel Arbeitseinsatz waren und sind notwendig, um die COVID-Pandemie zu meistern. Geschwindigkeit in allen Bereichen ist wichtiger denn je, und dies wird auch im Jahr 2022 so bleiben. Die Industrie selbst wächst rasant und neben COVID-Vakzinen und neuen Therapien stehen viele revolutionäre Therapieansätze in den Startlöchern.

Für Single Use Support war 2021 äußerst erfolgreich mit einer fast Verdreifachung des Umsatzes, da wir über die gesamte Biopharma- und Life Science-Industrie hinweg Schlüsseltechnologien entwickeln und liefern. Somit sehen wir auch 2022 in eine positive und wachsende Zukunft an beiden Standorten in Kufstein und Hall, in Tirol, wie auch einer baldigen Tochtergesellschaft in den USA.

Barbara Sladek, Gründerin Biome Diagnostics

(c) brutkasten / Magdalena Schauer Burkart

2021 war für uns alle ein besonderes und ereignisreiches Jahr – speziell im Gesundheitsbereich wurden innovative Lösungen kreiert und schnell umgesetzt. Noch nie wurden Impfstoffe so schnell entwickelt, evaluiert und verfügbar gemacht, was innerhalb kürzester Zeit viele Leben gerettet hat. Das Thema Gesundheit, Health-Tech und Diagnostik rückt, bedingt durch die Pandemie, in das öffentliche Bewusstsein.

2021 war auch für uns als Firma ein spannendes Jahr: Aus myBioma GmbH wurde Biome Diagnostics GmbH. Durch die Umbenennung stellen wir uns als Unternehmen breiter auf. myBioma als Produkt bleibt natürlich erhalten. Mit myBioma haben wir vielen Menschen geholfen, ihre Darmflora besser kennenzulernen und zu beeinflussen. Gleichzeitig haben wir einen Durchbruch geschafft und wissenschaftlich einen Biomarker entwickelt, der die Chance hat, im onkologischen Bereich die Wirkungsweise von Immuntherapie individuell prognostizieren zu können. Dieses Supporttool für Ärzte ist ein großer Schritt Richtung personalisierte Medizin im Krebsbereich. 2022 wird spannend, weil wir nun daraus ein Medizinprodukt schaffen und hoffentlich so jedem den Zugang zu dieser Diagnostik bieten können.

Pharma-Firmen, Politik, Behörden und Wissenschaft haben im vergangenen Jahr zusammen gezeigt, dass sie zusammenarbeiten können und gemeinsam das Unmögliche möglich gemacht. Wir bei Biome Diagnostics GmbH wünschen uns, dass dieser Spirit auch im kommenden Jahr dazu führt, gemeinsam innovative Lösungen für akute gesundheitliche Probleme zu finden. Natürlich darf der einzelne Mensch nicht auf der Strecke bleiben! Hier hat wohl jeder seine persönlichen Grenzen erlebt, überschritten und gemeistert. Wir können stolz auf uns sein und gespannt das Jahr 2022 erwarten.

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Lympik
Teamfoto: Links: Tom Schwartz, rechts Thomas Peroutka | (c) Lympik

Bereits im Oktober 2022 hat die ESA in Hinblick auf die olympischen Spiele 2024 in Paris und 2026 in Milano-Cortina Förderungen unter dem Motto “Space for Olympic Games” ausgeschrieben. Europäische Startups und KMUs sollten und sollen weiterhin dabei unterstützt werden, erfolgreiche Geschäftsmodelle zu entwickeln, die Weltraumtechnologie nutzen und den olympischen Spielen damit Nutzen bringen.

Das niederösterreichische Startup Lympik hat aus dem Topf eine Förderung im unteren sechsstelligen-Bereich erhalten. Damit möchte man seine Produkte weiterentwickeln und Geschäftsfelder ausweiten. Auch eine Folgeförderung stehe im Raum.

Lympik: Angebot ausbauen

“Meine Idee war von Beginn an, Weltraumtechnologie wie Satellitennavigation und -kommunikation, für den Sport zu nutzen”, erklärt der Gründer von Lympik, Thomas Peroutka, der selbst viele Jahre als Leistungssportler aktiv war. “Begonnen haben wir mit einer neuen Art der digitalen Zeitmessung, dann kamen GPS-Tracking und Videoanalyse dazu. Diese Kombination können wir nun dank der ESA-Förderung schneller und umfangreicher ausbauen.” Aktuell ist das ÖSV-Biathlon-Team der erste Testanwender der neuen Lösung.

“In sechs bis neun Monaten wollen wir so weit sein, dass unsere Lösung für digitale Zeitmessung, GPS-Tracking und Videoanalyse für unterschiedliche Sportarten einsatzbereit ist”, so Peroutka weiter.

Bisher konnten in Sportarten wie Ski Alpin oder Langlauf im Training lediglich die Endzeiten sowie drei bis vier Zwischenzeiten verglichen werden. Mit der Technik von Lympik – brutkasten berichtete – sei eine minutiöse Detailanalyse möglich: Etwa, wer an welcher Stelle auf welcher Linie wie viele Millisekunden gewonnen oder verloren hat oder welche Ausrüstung zum Einsatz kam.

Sensoren

“Durch unsere Lösung stehen nicht nur viel mehr Informationen zur Verfügung, die Teams ersparen sich auch viel Zeit- und Personalaufwand bei der Analyse und noch mehr bei der Auswertung. Während bisher immer eine Person während des Trainings alle Eckpunkte manuell in ein Tablet eingeben musste, geht jetzt alles automatisch”, erklärt Peroutka.

Die Athletinnen und Athleten werden vom Startup dazu mit Sensoren ausgestattet und das Training wird gefilmt. Nach dem Training werden die Videos in eine App geladen und automatisch mit den Daten aus der Zeitmessung und dem GPS-Tracking synchronisiert. Nach wenigen Sekunden stehen die Daten aufgegliedert bereit.

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