18.01.2024

“Rollercoaster”: Wie ein Steyrer Startup nach Kapitalausfall die Profitabilität zurückholte

Thomas Rafelsberger konnte bereits ein Jahr nach Gründung seines Startups own3d (heute Stream.TV) einen positiven Cashflow vorweisen. Seine Firma wuchs von 15 auf 55 Mitarbeiter:innen und Pläne wurden geschmiedet. Doch dann fiel das Funding aus. Wie er sich von den Folgen erholte und wieder in die Erfolgsspur fand, erklärt er im brutkasten-Gespräch.
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Stream.TV, own3d,
(c) Stream.TV - (v.l.n.r.) Andreas Hanne. Thomas Rafelsberger und Lukas Hoffmann.

Die letzten Jahre waren unwirklich. Eine Pandemie, die privat alles auf den Kopf gestellt hat und für Unternehmer und Unternehmerinnen ähnliches bewirkte. Manche profitierten von den COVID-Vorgängen, bei anderen ging es bergab. Weitere wiederum schwammen auf der Erfolgswelle eines Online-Hypes, um dann wieder von der Realität danach eingeholt zu werden – Stichwort: Layoffs. Thomas Rafelsberger erlebte mit Stream.TV (ehemals own3d) eine ähnliche Achterbahnfahrt und nahm auf seiner Rückkehr zur (erneuten) Profitabilität einige “Learnings” mit.

Stream.TV früher own3d.tv

Es war 2017 als sich Lukas Hoffmann, Andreas Hanne und Thomas Rafelsberger kennenlernten. Sie starteten damals einen unkomplizierten Blog für Livestreaming und Gaming, den sie bald um einen Onlineshop für digitale Produkte erweiterten. 2018 haben sie offiziell die Firma gegründet, die Domain own3d.tv erworben und erhielten 375.000 Euro Funding.

Own3d.tv hatte zu dem Zeitpunkt bereits eine längere Geschichte hinter sich. Zwischenzeitlich war sie Ende der Nullerjahre sogar eine der größten Gaming-Streaming-Seiten weltweit gewesen, hatte aber nicht mit internationalen Konkurrenten wie Twitch mithalten können. Die Betreiber schlitterten in den Konkurs.

Das neue Gründer-Trio sah in der Internet-Adresse jedoch großes Potenzial und revitalisierte sie als Stream-Design-Anbieter.

Gleich profitabel

Anfang 2019 wurden die drei jungen Männer mit ihrem Startup profitabel: “Wir haben aus dem Anfangsinvestment ein gesundes Business im E-Commerce gebaut”, sagt Rafelsberger. “Und sind organisch gut gewachsen. Dann kam 2020 die Pandemie.”

Wo bei anderen Unternehmungen an dieser Stelle ein Einbruch zu erwarten wäre, verdoppelte sich beinahe der Umsatz von own3d und man hatte plötzlich extrem viel Kapital zur Verfügung.

Das Trio plante für die Zukunft und startete als Resultat des Anfangserfolges im Jahr 2020 zwei neue Projekte. Zu ihrem Store gesellten sich eine neue Software fürs Streaming und eine Trading-Card-Plattform.

Die Folge war, dass man neue Teams mit neuen Mitarbeiter:innen für die jeweiligen Bereiche gründen musste und insgesamt auf 55 angestellte Mitarbeiter:innen wuchs.

“In Summe war es dann so, dass es verschiedene Szenarien gegeben hatte, wie wir uns als gesundes Unternehmen weiterführen”, erinnert sich Rafelsberger. “Dann sind mehrere Sachen passiert.”

“Kalte Füße”

Damit meint der Gründer, dass beide neuen Projekte nicht so schnell Umsatz generieren konnten, wie gewünscht. Auch der Umsatz im Shop ging nach dem Corona-Hoch zurück, fiel sogar auf ein Vorpandemie-Niveau. “Am Ende waren wir nicht mehr profitabel”, sagt Rafelsberger.

So war der Plan zusätzliches Funding zu lukrieren, durch bestehende Business Angels und neue Investoren. Man trat in Gespräche und war sehr weit, traf sich am Vorabend der Unterschrift virtuell zusammen und machte sich aus, sich am Folgetag beim Notar in Graz zur Finalisierung der Kapitalspritze zu treffen. Doch am Tag des “Signings” gab es eine “große Klatsche”, wie der Founder erzählt.

Der Neu-Investor hatte über Nacht “kalte Füße” bekommen und war Stunden vor dem Notartermin abgesprungen.

Rafelsberger sieht die Gründe für den Rückzug, dass einerseits die eigenen Umsätze nicht so wie erwartet waren, und dass damals die VC-Szene zu bröckeln begonnen habe. “Die Wirtschaft geriet in Schwierigkeiten und es hat sich alles zugespitzt” erinnert er sich. “Insgesamt war es eine Kombination aus mehreren Sachen. Das globale Umfeld etwa, und dass die Kennzahlen nicht getroffen wurden, wo es in normalen Zeiten kein Problem gewesen wäre. Kurzzeitig war jedoch die gesamte Runde in Gefahr. Einer unser Bestands-Angels war jedoch vom Rückzug nicht beeindruckt und man konnte mit ihm und einem weiteren neuen Investor trotzdem rund zwei Drittel der gewünschten Höhe durchziehen.”

Als Folge, drehte man anschließend die beiden Projekte ab, musste das Team auf 20 Personen verkleinern und konzentrierte sich auf das, was vorher geklappt hatte.

“Nach 2022 haben wir uns im Vorjahr darauf fokussiert, unsere Kostensituation in einen gesunden Bereich zu bringen; und nicht zu sehr am Unternehmen bzw. zwingend am Wachstum, sondern am Produkt zu arbeiten”, erklärt Rafelsberger seine Schritte zum Turnaround.

Stream.TV mit Rückkehr zur Profitabilität

So ist man heute wieder profitabel und hat ein SaaS-Produkt für den Livestreaming-Markt entwickelt, mit dem man über die nächsten Jahre hinweg “angreifen” möchte. Für heuer sei es wichtig, gesund und organisch weiterzuwachsen und gestärkt aus der globalen Krise zu kommen.


Einschub: Zu den üblichen Kunden des Steyrer Startups, das seit 2021 die Dachmarke Stream.TV führt, gehören Livestreamer aller Kategorien wie etwa Gamer, die ihr Spiel vor einem Online-Publikum live zeigen. In diesem Sinne ist das neueste Produkt, mit dem man “angreifen” möchte, ein Tool, um Streaming interaktiver zu gestalten. Dazu zählen die Möglichkeiten von Überblendungen, Sounds, Grafiken, die in die Übertragung hineinfliegen und weitere verschiedene Effekte.


Zwar wachse der Gaming-Markt (einer der wichtigsten Bereiche für das Startup aus Steyr) von Jahr zu Jahr, die Krise treffe dennoch viele Player hart.

“Twitch musste rund ein Drittel seiner Belegschaft gehen lassen, gleichzeitig sind wir aber in der Situation, dass wir in den letzten zwölf Monaten niemanden kündigen mussten und monatlich wachsen. Wir haben zwar die Option, Kapital zu ‘raisen’, haben aber keinen Druck heuer eine Runde machen zu müssen.”

Learnings des Gründers

Rückblickend würde Rafelsberger nicht viel anders machen, als vor drei Jahren. “Gründer treffen tagtäglich Entscheidungen, falsche gehören einfach dazu. Aber wir haben damals als Team wenig schlechte Entscheidungen getroffen”, sagt er. “Und haben uns Nichts vorzuwerfen. Die letzten Jahre waren schwer zu kalkulieren und es war schwierig Prognosen zu treffen.”

Und weiter: “Wir hatten damals plötzlich viel Kapital und uns hohe Ziele gesteckt. Risiko genommen. Da war die Frage, ob uns der Markt nicht auffrisst oder die Konkurrenz uns ‘überrent’, wenn wir nicht riskieren. Wir haben daraus viele ‘Learnings’ mitgenommen. Ein Team aufzubauen kostet Zeit. Die Firmenkultur zu übernehmen auch. Das haben wir ganz gut hinbekommen, am Ende hat uns nur Zeit und das Momentum gefehlt.”

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Seedback-Gründer Gabriel Heiml | (c) Seedback
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“Feedback ist das Frühstück der Champions”, lautet ein bekanntes und relativ abgedroschenes Zitat des US-amerikanischen Managament-Experten Ken Blanchard. Wahr ist es natürlich trotz seiner Abgedroschenheit – und keineswegs überall erfolgreich umgesetzt. Im Gegenteil, meint Gabriel Heiml, Gründer des Wiener Startups Seedback: “Unternehmen rühmen sich oft mit ihrer Unternehmenskultur, die auf Powerpoint-Folien oder irgendwo steht. Die Realität sieht aber häufig anders aus. Für Mitarbeiter:innen, aber auch für Führungskräfte ist das frustrierend.”

“Wie können Feedback-Trainings nachhaltiger gestaltet werden?”

Dabei werde durchaus versucht, die Feedback-Kultur zu verbessern. “Unternehmen zahlen viel Geld für Feedback-Trainings. Nach wenigen Wochen fallen die Mitarbeiter:innen und Führungskräfte aber meist wieder in die alten Muster zurück und das Investment war umsonst. Der Ausgangspunkt für uns war daher die Frage: Wie können solche Trainings nachhaltiger gestaltet werden?”, so Heiml.

Feedback geben und erhalten

Seedback entwickelte dazu eine Software-Lösung. “Zentral ist dabei, dass das Feedback nicht einseitig passiert, wie etwa bei Mitarbeiter:innenbefragungen. Jeder Beteiligte gibt und erhält regelmäßig Feedback und kann seine Entwicklung mitverfolgen”, erklärt Heiml. Das passiert sowohl zwischen Führungskräften und Mitarbeiter:innen als auch zwischen Mitarbeiter:innen untereinander. Zudem bekommen alle Beteiligten ein “Werkzeugset” mit Übungen, um auf Basis der Ergebnisse entsprechende Maßnahmen setzen zu können.

Geld-Zurück-Garantie bei Seedback

Die Fragen im Seedback-Tool sind individuell an die Kultur-Ziele des Unternehmens angepasst und so gestaltet, dass das tatsächlich gelebte Verhalten abgefragt wird. “In anderen Culture-Tools werden oft abstrakte Fragen gestellt. Wir vermeiden das, um herauszufinden, ob die Kultur nicht nur gewünscht, sondern auch tatsächlich gelebt wird”, so der Gründer. Die Ergebnisse werden nicht nur individuell ausgegeben, sondern fließen auch aggregiert in ein “Culture Tracking” – eine USP von Seedback, wie Heiml betont. Um seinen Claim der nachhaltigen Veränderung zu unterstreichen, bietet Seedback dabei auch eine Geld-Zurück-Garantie.

Anonymität

Ein weiterer wichtiger Punkt sei Anonymität, sagt Heiml: “Viele Kündigungen passieren ja bekanntlich wegen Führungskräften. Die erfahren das aber meist nicht. Mitarbeiter:innen sagen so etwas wie ‘ich möchte mich umorientieren’, um ein unangenehmes Gespräch zu vermeiden”. Die Anonymität bringe ehrliches Feedback mit sich – “und darauf kann man rechtzeitig reagieren, bevor es zu spät ist.”

Nicht nur Software

Das Software-Tool ist aber nur ein Teil des Seedback-Angebots. “Wir wollten am Anfang wegen der Skalierbarkeit nur auf die Software setzen, haben aber schnell gemerkt, dass das nicht reicht”, sagt Heiml. Kunden bekommen daher zum Start ein halbtätiges Kickoff-Feedback-Training und später einen Check pro Quartal. Dieser Nicht-Software-Teil, der aktuell etwa 20 Prozent der Gesamtleistung ausmache, wird teilweise bereits von Partnern übernommen, was zukünftig verstärkt passieren soll.

Umdasch-Gruppe mit mehr als 8.000 Mitarbeiter:innen als Seedback-Referenzkunde

Kundenseitig kann das Startup, das Anfang des Jahres zur offiziell ersten FlexCo wurde, bereits einige starke Referenzen aufweisen. Eine davon ist die Umdasch-Gruppe mit mehr als 8.000 Mitarbeiter:innen inklusive ihrer Tochter Doka. “Sie haben einen Kulturentwicklungsprozess für die gesamte Gruppe eingeleitet und nutzen seit Mitte letzten Jahres Seeback als Tool, damit es zum gelebten Verhalten wird”, erzählt Heiml.

Fixpreise statt Abo-Modell – und damit komplett eigenfinanziert

Obwohl die Arbeit mit dem Seedback-Tool ein laufender Prozess ist, setzt das Startup in seinem Geschäftsmodell übrigens nicht auf ein monatliches Abo-Modell, wie so viele, sondern auf fixe Pakete oder Package Pricing. Und das – wie auch die genannte Referenz nahelegt, erfolgreich. Bislang ist das Unternehmen komplett eigenfinanziert und das soll auch so bleiben. “Wir wollen ein natürlich-organisches Wachstum und streben auch keinen Exit an”, sagt Heiml.

Seedback will Mitarbeiter:innen beteiligen

Die FlexCo, die im Vergleich zur GmbH vor allem Vorteile bei der Anteilsübertragung bietet, sei dennoch die richtige Rechtsform. “Wir wollen Mitarbeiter:innen beteiligen, um Talenten und motivierten Personen auch einen wirtschaftlichen Anreiz zu geben”, erklärt der Gründer. Zudem stehe die neue Rechtsform für einen Veränderungsprozess. “Ich bin der festen Überzeugung, dass es für den Wirtschaftsstandort Entwicklungen und Veränderungen braucht. Wir wollen Innovation nicht nur mit unserem Tool, sondern auch mit den Rahmenbedingungen leben”, so Heiml.

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