Das Nahversorgungs-Startup KastlGreissler hat in einer Crowdfunding-Kampagne 250.000 Euro erhalten – und will damit nun die Expansion nach Deutschland starten. “Mit Ihrer Investition verhindern Sie, dass Menschen 2 Tonnen Autoblech 20 Kilometer weit bewegen für 2 Liter Milch”, hatte der Aufruf von Mitgründer und “2 Minuten 2 Millionen”-Investor Martin Rohla zur Kampagne gelautet.
Und wie funktioniert das? Durch das Aufstellen von Selbstbedienungscontainern. In diesen namensgebenden “Kastln” werden auf 15 Quadratmetern Fläche rund 450 unterschiedliche Produkte untergebracht. Mindestens 50 Prozent der Waren müssen dabei direkt aus der Region kommen, an manchen Standorten liegt der Anteil tatsächlich aber sogar bei 70 bis 80 Prozent.
Standorte in fünf Bundesländern
KastlGreissler basiert auf einem Franchise-System. Aktuell gibt es sechs Franchisenehmerinnern und -nehmer, die acht Standorte betreiben. Noch diese Woche starten zwei weitere Container in Osttirol und Oberösterreich. Damit ist das Konzept dann in fünf Bundesländern mit insgesamt zehn Containern vertreten. Bis Jahresende soll die Zahl in Österreich bis auf 40 steigen. Als Langfristziel peilt das Unternehmen 140 Container bis 2024 an.
Deutschland-Expansion startet mit Sachsen und Bayern
Nun steht aber zunächst einmal die Expansion nach Deutschland am Programm – zwei Jahre früher als ursprünglich geplant. In einem ersten Schritt soll das Modell nach Bayern und Sachsen gebracht werden. Die Crowdfunding-Kampagne dazu erreichte auf der Plattform Green Rocket im Februar nach nur 13 Minuten die Fundingschwelle von 50.000 Euro. Das Limit wurde daraufhin von 150.000 auf 250.000 Euro erhöht. Bereits im Vorjahr hatte das Unternehmen eine erfolgreiche Crowdfunding-Kampagne durchgeführt.
“Wir haben mitten in der Krise gestartet und dabei von einem verstärkten Bedürfnis nach Regionalität profitiert”, sagt KastlGreissler-Geschäftsführer Gerald Gross. Genauso sei man aber davon überzeugt, dass der Wandel ein langfristiger sei und auch nach der Corona-Pandemie anhalten werde.
Deutsche-Bank-Ökonom: Trump wird geplante Politik “schnell umsetzen”
In den USA ist Donald Trump zum nächsten Präsidenten gewählt worden. In Deutschland zerbricht die Regierungskoalition. Welche wirtschaftlichen Auswirkungen dies hat, erläutern Deutsche-Bank-Ökonom Stefan Schneider und Gerald Resch vom Bankenverband im brutkasten-Interview.
Deutsche-Bank-Ökonom: Trump wird geplante Politik “schnell umsetzen”
In den USA ist Donald Trump zum nächsten Präsidenten gewählt worden. In Deutschland zerbricht die Regierungskoalition. Welche wirtschaftlichen Auswirkungen dies hat, erläutern Deutsche-Bank-Ökonom Stefan Schneider und Gerald Resch vom Bankenverband im brutkasten-Interview.
Wichtige politische Entwicklungen bei Handelspartnern sind immer auch für die österreichische Wirtschaft von Bedeutung. Diese Woche gab es jedoch eine ganz spezielle Situation: Innerhalb eines Tages kam es bei den beiden wichtigsten Handelspartnern zu entscheidenden politischen Weichenstellungen.
In den USA, dem zweitgrößten Handelspartner Österreichs, wurde mit Donald Trump ein neuer Präsident gewählt, der wirtschaftspolitisch viele Dinge verändern will. Und in Deutschland, Österreichs wichtigstem Handelspartner, zerbrach die Regierungskoalition. Dort stehen die Zeichen nun auf Neuwahlen.
Was bedeuten diese Entwicklungen für die Weltwirtschaft, aber auch konkret für Unternehmen in Österreich? Einer, der dies beantworten kann, ist Stefan Schneider. Er war 24 Jahre lang Chefökonom der Deutschen Bank und ist seit Februar Senior Advisor bei der Deutschen Bank für den Themenbereich Makroökonomie Deutschland und Europa. Am Donnerstag war er auf Einladung des Bankenverbands in Wien zu Gast und gab gemeinsam mit Bankenverband-Generalsekretär Gerald Resch im brutkasten-Interview seine Einschätzungen ab.
Schneider: Trump-Politik wird Wirtschaftswachstum erhöhen
Daran, dass Trump seine Ankündigungen umsetzen will, zweifelt Schneider nicht. Nachdem sich abzeichne, dass die Republikaner neben dem Senat auch im Repräsentantenhaus die Mehrheit erhalten werden, werde Trump seine angekündigte Politik “relativ schnell” umsetzen können, erwartet der Ökonom. “Die Steuersenkungen, die er angekündigt hat, werden dann sicherlich kommen. Er wird auch bei der Deregulierung entsprechend reagieren”, führt der Ökonom aus. Beim Zollthema werde es dagegen erst Verhandlungen brauchen. “Das könnte eher in der zweiten Hälfte des nächsten Jahres kommen”, erwartet Schneider.
Für das Wachstum der US-Wirtschaft ist die Wahl Trumps laut Schneider aber klar positiv: “Das Wachstum könnte um einen viertel oder einen halben Prozentpunkt höher sein, als wir es bisher hatten”. Damit würde es bei 2,5 bis 3 Prozent liegen.
Das hätte dann auch Folgen für die Geldpolitik: “Zinssenkungen, die die Märkte jetzt eingepreist haben, können dann wahrscheinlich nicht mehr in dem Ausmaß kommen”, sagt Schneider. Durch Trumps spendierfreudige Fiskalpolitik steige das Inflationsrisiko etwas an. Die Inflationsrate könnte um einen viertel Prozentpunkt höher ausfallen.
Bankenverband sieht “Bedrohungsszenario”
Was konkret Österreich angeht, sieht Gerald Resch vom heimischen Bankenverband durchaus ein “Bedrohungsszenario”. Die USA sind Österreichs zweitwichtigster Handelspartner, auf den sieben Prozent der Exporte entfallen und der für sechs Prozent der gesamten Wertschöpfung der Industrie verantwortlich ist. “Wir müssen uns sehr genau anschauen, was Trump von seinen Ansagen wirklich umsetzt”, sagt Resch.
In der Industrie könne aber eine “kleine bis mittlere Abwanderung” in die USA drohen – weil die Unternehmen mögliche Handelszölle umgehen wollen. Aufgrund der in Österreich “extrem stark gestiegenen” Produktionsstückkosten habe man einen Wettbewerbsnachteil. Österreichischen Unternehmer:innen, die in den USA aktiv sind oder aktiv werden wollen, rät Resch, vorerst einmal abzuwarten, was Trump in welcher Schnelligkeit wirklich umsetzt.
Schneider erwartet von Trump “Zäsur” in US-Wirtschaftspolitik
Aber wie stark wird sich Trumps Wirtschaftspolitik wirklich von jener der aktuellen Biden-Regierung unterscheiden? Schneider erwartet jedenfalls eine deutliche Zäsur. “Ja, es sind einige Zölle, beispielsweise bezogen auf China, von Biden nicht zurückgenommen worden. Aber etwa in der Regulierung und gerade im Energiesektor ist die Politik doch eine andere gewesen”, argumentiert der Deutsche-Bank-Chefökonom.
Verglichen mit Trumps unterlegener Gegenkandidatin Kamala Harris unterscheide sich auch die geplante Steuerpolitik klar, da Trump die Steuern über Unternehmen senken wolle und generell weniger für Umverteilung stehe.
Trump “personalpolitisch bis in untere Etagen vorbereitet”
Was die Zusammensetzung des Kabinetts angeht, erwartet Schneider mehr Stabilität als in der ersten Trump-Regierung, in der zahlreiche Personalrochaden gegeben hatte. Diesmal sei Trump “personalpolitisch bis in die unteren Etagen vorbereitet”, sagt der Ökonom. Auch aus diesem Grund werde Trump seine Politik umsetzen können “und es wird weniger Neues in irgendeine andere Richtung geben”.
Wichtig ist aus Sicht von Schneider vor allem das Handelsministerium: Wenn hier ein Hardliner zum Zuge käme, wäre dies ein schlechtes Signal. Für das Finanzministerium wiederum könnte jemand mit einem Background in der Finanzbranche angesichts der hohen Defizite “mit Blick auf die Volatilität der Märkte eine gute Wahl” sein, wie Schneider weiter ausführt.
Schneider vom Scheitern deutscher Regierungskoalition nicht überrascht
Wichtige politische Weichenstellungen gab es diese Woche auch in Deutschland. SPD-Bundeskanzler Olaf Scholz hat am Mittwochabend FDP-Finanzminister Christian Lindner aus der Regierung entlassen, woraufhin dessen Partei die “Ampel”-Koalition verlassen hat. Scholz’ SPD regiert nun vorerst mit ihrem weiteren Koalitionspartner, den Grünen, ohne Mehrheit weiter. Der Bundeskanzler will am 15. Jänner im Bundestag die Vertrauensfrage stellen – in weiterer Folge gelten Neuwahlen im Frühjahr als wahrscheinlich.
Für Schneider kam der Bruch der Koalition nicht überraschend: Lindner hatte in der Vorwoche Forderungen gestellt, die den Kernpositionen von SPD und Grünen entgegengelaufen waren. “Wenn man das ernst genommen hat, war es fast unmöglich, die Kuh vom Eis zu bekommen”, sagt Schneider. In der deutschen Wirtschaft, insbesondere in der Industrie, sei die Unzufriedenheit mit der Regierungskoalition hoch gewesen.
“Jetzt wird es aber erstmal nicht besser”, erwartet Schneider. Sollte es zu Neuwahlen kommen, hätte Deutschland bis zur Bildung einer neuen Koalition “eine Lame-Duck-Regierung in einer Zeit, in der weltpolitisch alles Mögliche passieren kann”.
Aus österreichischer Sicht sieht Gerald Resch vom Bankenverband das Platzen der deutschen Regierungskoalition “durchaus positiv”. Sie sei mit viel Ambition angetreten, habe aber vieles nicht umsetzen können. Es sei jetzt lange Zeit herumlaviert worden. Resch schlussfolgert: “Besser als ein Ende mit Schrecken ist ein Schrecken ohne Ende, denn wir brauchen in Europa ein starkes Deutschland”
Aus dem Archiv:
Stefan Schneider und Gerald Resch im brutkasten-Talk (November 2023)
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