05.02.2019

Wie KMUs mit Online-Aktienemissionen an Kapital kommen können

Ein "One-Stop-Shop" der Rockets Holding unterstützt KMUs seit kurzem beim Zugang zum neuen Marktsegment "direct market plus" der Wiener Börse. Wir haben mit Wolfgang Deutschmann, Managing Director der Rockets Holding, über den neuen Service gesprochen und warum davon ein Schokoladenproduzent profitieren könnte.
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Rockets Holding
(c) pacher: Wolfgang Deutschmann ist Managing Director der Rockets Holding.

Die Rockets Holding bietet für KMUs einen neuen “One-Stop-Shop” an, um ihnen den Zugang zum neuen Marktsegment “direct market plus” der Wiener Börse zu vereinfachen. Die Plattform begleitet Unternehmen beim Finden neuer Aktionäre, um für ausreichend Streubesitz vor einer möglichen Börsennotierung zu sorgen. Dies wird unter anderem über einen komplett digitalen Zeichnungsprozess ermöglicht. Wir haben mit Wolfgang Deutschmann, Managing Director der Rockets Holding, über sein neues Produkt und aktuelle Entwicklungen am heimischen Crowdfunding-Markt gesprochen.

Welche Entwicklungen konnte die Rockets Holding im letzten Jahr verzeichnen?

Wir sind im letzten Jahr auf all unseren drei Plattformen gewachsen. Dazu zählen Home Rocket im Immobilienbereich, Green Rocket im Bereich der Finanzierung von nachhaltigen Startups und Lion Rocket. Letztere ist unsere jüngste Plattform, über die Investoren in Wachstumsprojekte etablierter Unternehmen investieren können.

+++ Green Rocket überschreitet 10 Millionen Euro-Marke +++

Am schnellsten sind wir mit unserer Plattform Green Rocket gewachsen. Green Rocket ist die erste Crowdfunding-Plattform in Europa, die sich auf Unternehmen mit den Zukunftsthemen Energie, Umwelt, Mobilität und Gesundheit spezialisiert hat.

In Bezug auf die Anzahl der Transaktionen konnten wir allerdings bei Home Rocket das stärkste Wachstum verzeichnen. Insgesamt haben wir neun Millionen Euro im Immobilienbereich eingesammelt. Seit Bestehen der Plattform sind es 35 Millionen Euro, die über rund 21.900 Anlegern investiert wurden. Das ausgezahlte Kapital unserer Plattformen beträgt rund 3,46 Millionen Euro.

Worauf führen Sie diesen Anstieg zurück?

Die heimischen Investoren haben mittlerweile gewisse Learnings im Bereich des Crowdfundings gezogen. Sie wissen, welche Projekte gut funktionieren. Zudem haben sie ein Gespür dafür bekommen, welche Plattform sich für welches Projekt gut eignet.

Eines fällt uns besonders auf: Wir haben sehr viele “Wiederholungstäter” auf unseren Plattformen. Es gibt beispielsweise Investoren, die schon in 90 unterschiedliche Projekte investiert haben. Zudem verfügen sie mittlerweile über Portfolios, die sich aus allen drei Bereichen zusammensetzen – sprich Immobilien, Startups und KMUs. Bisher hatten wir im Immobilien- und KMU-Bereich kein Projekt, das sein Finanzierungsziel nicht erreicht hat.

Wie schätzen Sie den österreichischen Crowdfunding-Markt im internationalen Vergleich ein?

In Relation der Zahlen können wir feststellen, dass Österreich nicht hinterherhinkt. Dies ist primär darauf zurückzuführen, dass sich in den letzten drei Jahren die gesetzliche Rahmenbedingungen für Crowdfunding enorm verbessert haben – siehe Alternativfinanzierungsgesetz. Zudem ist die Crowd auch ein Stück “reifer” und “erwachsener” geworden. Die Investoren merken, dass nicht alles was hip und cool erscheint, auch als Business gut funktionieren muss. Bei Green Rocket haben wir schon von Anfang an auf Nachhaltigkeit, anstatt auf “Coolness” der Geschäftsmodelle gesetzt.

Die Rockets Holding ist auch in Deutschland aktiv. Wie sieht es im Nachbarland mit den Rahmenbedingungen für Crowdfunding aus?

In Deutschland ist eine ähnliche Entwicklung wie in Österreich feststellbar. Viele Startups bieten jetzt Fixzinsen an. Sie haben bemerkt, dass ihnen die Immobilien das Transaktionsvolumen weggenommen haben. Den Investoren reicht es nicht mehr aus, nur mehr auf den Erfolg zu hoffen. Generell ist die Crowdfunding-Szene in Österreich gut aufgestellt. Wenn man das Transaktionsvolumen Österreichs auf Deutschland umlegt und mit zehn multipliziert, so erkennt man, dass Deutschland trotz seiner Größe in diesem Bereich nicht proportional besser aufgestellt ist.

Welche Wünsche haben sie in Bezug auf Crowdfunding an die heimische Politik?

Was wir schon länger propagieren ist, dass es für Crowdfunding in Österreich vermehrt steuerliche Anreize geben sollte. Es braucht einfach bessere Rahmenbedingungen, damit heimische Investoren künftig verstärkt in junge österreichische Unternehmen und KMUs investieren. Dahingehend bedarf es eines entsprechenden Freibetrags.

Die Rockets Holding hat ein neues Geschäftsfeld für sich entdeckt. Sie will KMUs künftig den Zugang zur Wiener Börse erleichtern. Warum hat sich die Rocket Holding dafür entschieden und was sind die Hintergründe?

Mit der Änderung des Aktiengesetzes erhalten KMUs über den “direct market plus” Zugang zur Wiener Börse. Wir als Rockets Holding möchten Unternehmen, die sich dazu entschließen, sich an der Börse listen zu lassen, in diesem Prozess unterstützen. Unser Fokus liegt darauf, dass wir KMUs das Finden neuer Aktionäre erleichtern. Dadurch sollen sie ausreichend Streubesitz – also eine ausreichende Anzahl an unterschiedlichen Aktionären – vor einer etwaigen Börsennotierung erhalten.

Nehmen wir als Beispiel einen Schokoladenproduzenten, der für das Wachstum und die Expansion seines Unternehmens fünf Millionen Euro Kapital benötigt. Er kann mit uns nicht nur viel einfacher das Wachstumskapital im Zuge einer Umgründung zur Aktiengesellschaft und Kapitalerhöhung aufstellen, sondern seinen Aktionären auch die Handelbarkeit der Aktien an der Börse bieten. Unser Service ist, dass wir den Schokoladenproduzenten in diesem Prozess begleiten. Ähnlich wie im Crowdfunding-Bereich möchten wir ihm das nötige Setup zur Verfügung stellen – quasi einen “One-Stop-Shop”.

Welche Innovation beinhaltet euer Service?

Der Aktien-Bereich ist in Österreich rechtlich teils sehr “verkrustet”. Die Aktien bzw. deren Zeichnungsscheine müssen in schriftlicher Form zweimal ausgestellt (§ 152 Abs 1 AktG) und zum Unternehmen gebracht werden. Anschließend ist es erforderlich, die Zeichnungsscheine wiederum zur Bank zu bringen, die diese anschließend weiterleitet. Diese und daran anknüpfende Prozesse haben wir nun vollständig digitalisiert. Wir haben einen komplett digitalen Zeichnungsprozess für Aktienemissionen geschaffen. Damit ermöglichen wir KMUs online über unsere 21.900 Investoren, echtes Eigenkapital einfacher und schneller aufzustellen.

Das ist insbesondere für die heimische Wirtschaft interessant, da diese zu 99 Prozent aus KMUs besteht. Die meisten KMUs brauchen zwischen zwei und zehn Millionen Euro und keine Emission von 100 Millionen Euro. Damit würde selbst ein mittelständischer Schokoladenproduzent nichts anfangen können.

Warum sehen Sie eine Nachfrage in diesem Bereich gegeben?

In Zeiten von Basel III und Basel IV ist es für kleine und mittelständische Firmen immer schwieriger geworden, an neues Kapital – insbesondere Fremdkapital – zu kommen. In dieser Konsequenz wird es für Unternehmen jedoch immer wichtiger, dass sie eine gute Eigenkapitalquote aufweisen können. Genau dieses Thema kann man im Endeffekt mit den digitalen Aktienemissionen bewältigen.

Wie viele KMUs plant die Rockets Holding 2019 zu unterstützen?

Unser Ziel ist es, dass wir für 2019 zumindest zwei Emissionen umsetzen. Uns ist wichtig, zunächst pragmatisch zu agieren. Eine Aktienemission ist im Gegensatz zum Crowdfunding-Bereich nicht einfach in drei Wochen aus dem Boden gestampft.

Warum ist dies komplexer?

Bei Unternehmen, die Aktienemission abwickeln wollen, sind meistens Umgründungen erforderlich – zumindest dann, wenn das Unternehmen noch keine Aktiengesellschaft ist. Als ROCKETS Holding begleiten wir die Unternehmen schon bei dieser Umgründung.

Was ist der USP eures Services?

Unser USP ist, dass wir den Prozess vollkommen digital gestalten, da wir auch den direkten Kontakt und die erforderlichen Schnittstellen zu den Banken haben. Dadurch werden die Aktien direkt in die Depots der Anleger “geschoben”. Jene Investoren, die über kein Depot verfügen, können sich über unsere Plattform ein solches eröffnen. 

Derzeit benötigen Crowdfunding-Plattformen nationale Lizenzen, um auf den jeweiligen Märkten in den einzelnen europäischen Mitgliedstaaten tätig zu werden. Auf europäischer Ebene ist eine Öffnung der Märkte geplant. Wie bewerten Sie die Öffnung des Marktes?

Ich sehe die Öffnung des Marktes definitiv als Chance, weil im Endeffekt Schranken wegfallen werden und wir auf anderen Märkten aktiv werden können. Natürlich wird es Konkurrenz ins Land bringen. Wir haben jetzt schon Anfragen aus anderen Ländern, die wir aufgrund der Gesetzeslage leider noch nicht bearbeiten können – zumindest ist es wirtschaftlich nicht sinnvoll. In Deutschland haben wir beispielsweise Tochtergesellschaften gegründet, um den dortigen Anforderungen der Behörden bestmöglich gerecht zu werden.

Ist derzeit eine weitere Expansion auf andere europäische Märkte geplant?

Generell muss man festhalten, dass man eine sechsstellige Summe braucht, um in einem anderen Land so richtig durchstarten zu können. Um nachhaltig zu wachsen, bleiben wir daher vorerst in Deutschland und Österreich, bis die EU-Verordnung in Kraft tritt. Die Öffnung der Märkte, wird, wie gesagt, Konkurrenz ins Land bringen, aber daher ist es umso wichtiger, sich solide am heimischen Markt aufzustellen.

Warum ist Crowdfunding im Immobilienbereich am stärksten?

Dafür gibt es gute Gründe. Der Immobilien-Sektor braucht generell mehr Mezzanin-Kapital, als andere Wirtschaftsbereiche und ist es auch gewohnt, damit zu arbeiten. Zudem verstehen Anleger das zugrundeliegende Geschäftsmodell, da es nicht abstrakt ist. Eine Immobilie ist physisch und man könnte theoretisch hinfahren, um sie sich anzuschauen. Viele Anleger im Crowdfunding-Bereich starten daher auch in diesem Segment. Nachdem sie positive Erfahrungen mit Investitionen in Immobilien gemacht haben, investieren sie auch später in andere Segmente, wie Startups.

Wie wird sich 2019 in Bezug auf Crowdfunding weiterentwickeln?

2019 wird ein sehr spannendes Jahr, da das Thema Wertpapiere im KMU-Bereich viel stärker aufkommen wird. Im Immobilienbereich werden Anleihen ein großes Thema. In Deutschland hat sich beispielsweise die Prospektpflichtgrenze von einer auf acht Millionen Euro erhöht. Dahingehend rechnen wir mit einem starken Wachstum im Transaktionsvolumen. Dieses wird sicherlich zwischen 50 und 100 Prozent liegen.

Ich glaube, dass Aktienemissionen in Österreich noch den Ruf haben, dass sie teuer und kompliziert sind. Aufgrund der Tatsache, dass sich die gesetzlichen Rahmenbedingungen verändert haben, ist dieser Bereich jedoch günstiger und smarter geworden. Der Schokoladenproduzent wird von uns durch den ganzen Prozess im Rahmen eines Börselistings geführt. Er braucht keinen geeigneten Wirtschaftsprüfer und Rechtsanwalt selbst mitbringen. Mit unserem Service wollen wir einen One-Stop-Shop anbieten, der es einfach macht, sein Unternehmen mit Eigenkapital auszustatten.

Der Service der Rockets Holding im KMU-Bereich und dem “direct market plus” der Wiener Börse ist noch sehr neu. Dementsprechend bedarf es auch einer Aufklärung.

Ja, das stimmt. In letzter Zeit haben mich sehr viele Leute kontaktiert und mich gefragt, was die Öffnung der Wiener Börse nun bedeutet und welchen Vorteil das bringen kann. Es gibt definitiv noch viele Fragezeichen bei den Unternehmen, die es abzubauen gilt. Wir werden gemeinsam mit der Wiener Börse Workshops anbieten, in denen wir zeigen, wie eine digitale Emission und ein anschließender Börsengang funktionieren.


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v.l. Die beiden Founding Partner Laurenz Sim- bruner und Lukas Püspök | (c) Tina Herzl

Dieser Artikel erschien zuerst in der Jubiläumsausgabe unseres Printmagazins. Ein Link zum Download findet sich am Ende des Artikels.

Spätestens mit dem Sieg von Donald Trump bei den US-Wahlen und der angekündigten Rückkehr seiner „America First“-Politik ist die Debatte über die Technologiesouveränität in Europa neu entfacht. Unter dem Motto „Drill, baby, drill!“ hat Trump zudem angekündigt, die Förderung fossiler Energieträger wie Öl und Gas massiv ankurbeln zu wollen. Gleichzeitig ist Europa in zentralen Industrien wie der Solar- und Batterietechnologie stark von China abhängig. Angesichts dieser Herausforderungen stellt sich die Frage, welche Marktchancen europäische Climate-Tech-Startups im geopolitischen Spannungsfeld zwischen den USA und China künftig haben.

Diese Frage beleuchten wir aus Investorensicht im Gespräch mit Lukas Püspök und Laurenz Simbruner – sie sind Founding Partner des Wiener Venture-Capital-Fonds Push, der gezielt in Health-Tech- und Climate-Tech-Startups investiert. Püspök leitet zudem das gleichnamige Familienunternehmen, das einer der größten Windkraftbetreiber Österreichs ist.


Wie schätzt ihr die aktuelle Finanzierungslage für Startups aus Investorensicht ein?

Laurenz Simbruner: Die erwartete deutliche Verbesserung bei Dealchancen blieb 2024 aus. Viele hatten die Hoffnung, dass der Markt wieder stärker anzieht, aber das war eher eine vorsichtige Prognose als Realität. Stattdessen erlebten wir ein Jahr, das stark im Zeichen selektiver Investments stand – Flight to Quality und ein klarer Fokus auf Unit Economics und den Weg zur Rentabilität. Besonders Top-Teams und Serial Entrepreneurs hatten es beim Fundraising leichter. Im Bereich Climate-Tech war weiterhin Finanzierung da, vor allem von neueren Fonds, die bereits 2021 und 2022 geraist wurden. Doch auch hier gab es erste Anzeichen von Ernüchterung.

Wie äußern sich diese Anzeichen der Ernüchterung im Climate-Tech-Sektor?

Lukas Püspök: Noch vor zwei Jahren waren die Erwartungen hoch – viele Pitch Decks gingen von extremen Energiepreisen aus, und selbst kleine Einsparungen durch Softwarelösungen wurden als äußerst wertvoll angesehen. Heute sind die Energiepreise in Europa zwar leicht erhöht, aber weitgehend normalisiert. Das führt zu einer gewissen Normalisierung der Nachfrage nach spezifischen Lösungen. Doch der Megatrend Climate-Tech bleibt intakt: Lösungen im Kampf gegen die Klimakrise sind weiterhin dringend notwendig, und das Potenzial für neue Technologien ist groß. Besonders Boom-Technologien wie Batterien bleiben gefragt. Allerdings erschweren die wirtschaftliche Situation in Europa und der geopolitische Druck zwischen China und den Vereinigten Staaten die Entwicklungen in der Clean-Tech- und Climate-Tech-Branche.

Der Megatrend Climate-Tech bleibt intakt.

Laurenz Simbruner: Interessant ist auch die Entwicklung bei den Investitionsvolumina: Nach einem Anstieg über drei Quartale gab es zuletzt wieder einen Rückgang. Besonders Deals im Bereich künstliche Intelligenz ziehen hier Aufmerksamkeit auf sich, da viele Mega-Rounds ein Drittel des Investitionsvolumens in Anspruch nehmen. Unsere beiden Bereiche Klima und Gesundheit bleiben jedoch noch immer unter den Top-Verticals. Der Fokus im Climate-Tech-Bereich verschiebt sich hin zu echten Herausforderungen der Energiewende und Industrie. ESG-Monitoring oder reine Energiemonitoring-Lösungen reichen nicht mehr aus – es geht darum, die großen Probleme anzugehen. Beispielsweise spielt die Steuerung zwischen Energieproduzenten, Speichern und Abnehmern eine zentrale Rolle, und hier kann Software Effekte erzielen.

Lukas Püspök: Die Komplexität im Energiebereich steigt enorm, die neue Energiewelt ist wesentlich vielschichtiger und dynamischer als früher. Das schafft ein ideales Umfeld für neue Technologieunternehmen, die mit ihrer Agilität und Innovationskraft Lösungen bieten können, die traditionelle Akteure oft nicht schnell genug umsetzen. In diesem Feld ergeben sich fast zwangsläufig große Wachstumschancen für neue Technologieunternehmen. Die Herausforderungen und Möglichkeiten sind so groß, dass es fast nicht anders kommen kann.

Welche Chancen bestehen für Startups im Energiebereich angesichts der dominanten Marktposition Chinas im Hardwarebereich?

Lukas Püspök: Ja, tatsächlich sind die meisten wesentlichen Technologien mittlerweile fest in chinesischer Hand. Bei Wärmepumpen könnte Europa noch eine kleine Chance haben, aber auch hier zeigt sich ein ähnliches Bild wie bei den Wechselrichtern: Vor einigen Jahren hatten auch die europäischen Hersteller noch eine gewisse Relevanz am Weltmarkt, heute spricht jedoch fast jeder nur noch über Huawei und ein paar andere, die ihre Dominanz klar ausbauen konnten.

Diese Entwicklung wird sich in den nächsten Jahren nicht einfach aufhalten lassen. China hat ein enormes Production-Know-how aufgebaut. Die Unternehmen dort sind in Forschung und Entwicklung sowie im Bau großer Produktionsanlagen extrem stark geworden. In Europa wird es sehr schwierig, dieses Niveau schnell zu erreichen.

Die USA gehen einen anderen Weg: Mit dem Inflation Reduction Act fließt viel Kapital in den Aufbau von Produktionskapazitäten, was den USA möglicherweise Vorteile verschafft. In Europa fehlen vergleichbar starke Investitionsanreize und langfristige Strategien, wie sie in China und den Vereinigten Staaten umgesetzt werden.

Historisch gesehen sind industrielle Erfolge eng an günstige Energiepreise gebunden.

Das bedeutet jedoch nicht, dass es für europäische Startups im Energy-Tech-Bereich keine Chancen gibt. Es gibt zahlreiche Felder, in denen sie erfolgreich sein können – von der Ausgleichsenergie über das Energiekostenmanagement bis zur Batterieoptimierung und Implementierung, um nur ein paar zu nennen. Hier bieten sich viele Möglichkeiten zur Wertschöpfung.

Wenn jedoch jemand in Europa eine neue Solarzelle entwickeln möchte, ist Skepsis angebracht, ob eine solche Entwicklung hier wirklich konkurrenzfähig in die Massenproduktion gehen kann. Deshalb liegt unser Fokus ohnehin nicht auf Hardware. Sie kann zwar eine Rolle spielen, aber der Hauptwert sollte immer aus der Softwarekomponente kommen – auch wenn das im Energy-Tech-Bereich manchmal herausfordernd ist.

Welchen Investitionsfokus verfolgt Push im Energiebereich?

Lukas Püspök: Unser Fokus liegt immer auf Asset-Light-Ansätzen, selbst bei Projekten mit Hardwarekomponenten. Wir sind offen, auch Hardware anzusehen, aber der wesentliche Wert wird in Europa öfter durch Software geschaffen, seltener durch herausragende Hardwareentwicklung und Produktion.

Laurenz Simbruner: Das liegt auch daran, dass wir als Tech-Investoren darauf achten, wie leicht Folgefinanzierungen gesichert werden können. Bei reinen Hardware-Investments stoßen wir auf Widerstände: Rund drei Viertel der potenziellen Investoren sagen bei „Hardware only“ Nein. Das erhöht das Risiko, dass eine Anschlussfinanzierung scheitert oder man alternative Finanzierungsquellen wie strategische Investoren oder Family Offices anstreben muss.

Was muss Europa tun, um im Energiebereich Technologiesouveränität zu erlangen?

Lukas Püspök: Europa kann nur wettbewerbsfähig bleiben, wenn es langfristige, klare Policies ähnlich wie die anderen großen Wirtschaftsräume umsetzt. China hat mit seinen Fünfjahresplänen schon vor Langem begonnen, grüne Technologien und Batterien strategisch zu fördern, und unterstützt seine Unternehmen auf vielen Ebenen. Die USA setzen auf den Inflation Reduction Act, der klare Impulse für die Industrie bietet. Im Vergleich dazu wirkt Europa mit seinen Initiativen wie dem Green Industrial Deal fast zurückhaltend und politisch fragmentiert, was große Schritte erschwert.

Wir brauchen diese Klarheit in der europäischen Politik, um unsere Industrie zu halten und wettbewerbsfähige, günstige Energie zu sichern. Historisch gesehen sind industrielle Erfolge eng an günstige Energiepreise gebunden, und auch für Europa ist der massive Ausbau erneuerbarer Energien alternativlos. Manche Stimmen sprechen sich zwar für mehr Kernenergie aus, aber der gänzlich fossilfreie Ausbau bleibt das Ziel; besonders, da Europa keine großen natürlichen Ressourcen besitzt. Wir müssen so viel wie möglich selbst in Europa erneuerbar produzieren.

Der Fokus im Climate-Tech-Bereich verschiebt sich hin zu echten Herausforderungen der Energiewende und Industrie

Donald Trump hat die US-Wahlen gewonnen und setzt sich für fossile Energieträger ein. Inwiefern ist das eine Gefahr für den europäischen Climate-Tech-Sektor?

Lukas Püspök: Die aktuellen Entwicklungen in den USA stellen für den europäischen Climate-Tech-Sektor aus meiner Sicht keine allzu große Gefahr dar. Wenn die USA erneut aus dem Klimaabkommen austreten und die Schiefergas- und Schieferölproduktion steigern, wird dies zwar Auswirkungen haben, doch Europa wird weiterhin konsequent auf Zukunftstechnologien setzen. Diese klare Haltung stärkt das europäische Ökosystem und zeigt eine gewisse Unabhängigkeit gegenüber globalen politischen Veränderungen. Insgesamt halte ich den Wahlausgang für die Klimabemühungen für sehr bedauerlich – für die Chancen der europäischen Climate-Tech-Unternehmen aber nicht für eine fundamentale Gefährdung.

Laurenz Simbruner: Viele Climate-Tech-Lösungen dienen primär der Kostenreduktion und der Produktivitätssteigerung. Der Kundennutzen steht dabei im Vordergrund, z. B. durch geringeren Verbrauch oder höhere Effizienz. Die Entscheidung für solche Innovationen ist oft wirtschaftlich motiviert und nicht rein ideologisch. So spielt auch in den USA der wirtschaftliche Nutzen eine entscheidende Rolle – und erneuerbare Technologien wie Photovoltaik setzen sich langfristig durch, wenn sie wirtschaftlich sinnvoll sind.

Lukas Püspök: Letztlich zeigt sich: Technologien setzen sich dauerhaft nur dann durch, wenn sie einen entsprechenden Kundennutzen bringen. In vielen Fällen sind aber Anschubfinanzierungen notwendig, um Technologien wie Photovoltaik zu etablieren und günstige, nachhaltige Lösungen weltweit zu fördern. Der große Photovoltaikboom auf österreichischen Dächern begann weniger aus Umweltgründen oder weil plötzlich jeder grünen Strom wollte; vielmehr wollen wir uns im Lichte der hohen Kosten und der Abhängigkeit von Importen wirtschaftlich absichern. Dieses Prinzip zeigt sich auch in den USA: Zwar könnte man mehr Öl und Gas fördern, und in gewissem Umfang wird das leider auch passieren, aber in vielen Fällen ergeben andere Energieformen wirtschaftlich mehr Sinn. Auch die USA werden PV, Windkraft und Batterien weiter stark ausbauen, hauptsächlich, weil sie in der Stromproduktion zu fast konkurrenzlos günstigen Technologien geworden sind.


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