22.04.2021

Reintrieb: Wiener Startup testet erfolgreich wassergeschmiertes Getriebe

Wasser statt Schmieröl: Eine Testserie von Reintrieb mit seinem neuartigen Getriebe an der TU München brachte vielversprechende Ergebnisse.
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Reintrieb: Das Gründer Trio Siegfried Lais, Dominik und Vincent Cofalka
(c) Reintrieb: Das Gründer Trio Siegfried Lais, Dominik und Vincent Cofalka

Sprichwörtlich sollte man keinen Sand im Getriebe haben. Doch auch das Eintreten von Wasser gilt es zu vermeiden. Es wird daher hoher Aufwand betrieben, um konventionelle ölgeschmierte Getriebe dicht zu halten, weil Wasser- und Luft-Einschlüsse zu Fressen, Zahnbrüchen, Oberflächenausbrüchen und Verschleiß führen. Bereits geringe Feuchtigkeit im Öl führt zu einem dramatischen Schmierverlust und zu Getriebeschäden. Das Wiener Startup Reintrieb hat einen Gegenentwurf entwickelt, mit dem es den Maschinenbau erobern will: ein wassergeschmiertes Getriebe.

Reintrieb: Wassergeschmiertes Getriebe als “eleganteste Lösung”

Dieses wurde in mehrjähriger Forschung entwickelt und nutzt spezielle Zahnräder aus Hartmetall, die im Betrieb mit (100 Prozent reinem) Wasser nicht rosten, fressen bzw. schnell verschleißen. In einer Testserie an der TU München konnte nun nachgewiesen werden, dass das Konzept funktioniert. “Schon seit Jahren wird intensiv dazu geforscht, Mineralöl als Schmierstoff für Zahnradgetriebe durch unterschiedlichste synthetische Schmierstoffe, auch durch biologisch leicht abbaubare Pflanzenölderivate zu ersetzen. Aber die eleganteste Lösung für das Problem ist natürlich schlicht und einfach mit Wasser zu schmieren, ein technisch höchst anspruchsvolles Unterfangen mit beachtlichen Herausforderungen ans Material. Genau das macht die nun erzielten Testergebnisse von Reintrieb so wertvoll und vielversprechend für Wissenschaft und Industrie. Ganz zu schweigen vom Umweltschutz“, kommentiert Klaus Michaelis, Professor in der Forschungsstelle für Zahnräder und Getriebebau (FZG) an der TU München.

(c) Reintrieb: Das wassergeschmierte Getriebe im Test

Die Tests der wassergeschmierten Getriebe seien mit den üblichen Leistungen und Belastungen, wie sie bei konventionellen ölgeschmierten Getrieben aus einsatzgehärtetem Stahl auftreten, durchgeführt worden, heißt es vom Startup. Die Testergebnisse ließen eine vergleichbare anwendungsübliche Lebensdauer erwarten. Die Tests seien mit Leitungswasser, Salzwasser und handelsüblichem destillierten Wasser durchgeführt worden. Die Wasserqualität habe nach den Erkenntnissen aus den Tests einen entscheidenden Einfluss auf die Funktion und die Lebensdauer der Getriebe.

Einsatz dort, wo sonst Wasser im Getriebe ein Problem ist

Eingesetzt werden soll das wassergeschmierte Getriebe künftig “überall dort, wo Leckagen von schädlichem Schmieröl unerwünscht”, etwa in der Lebensmittel- oder in der Pharmaindustrie. Zudem sei die Wasserschmierung in allen Branchen sinnvoll, bei denen ein Eintritt von Wasser ins Getriebe häufig auftritt, heißt es vom Startup. “Wassereitritt ins Getriebe zählt weltweit zu den bedeutendsten Störfaktoren in der Schifffahrt aller Klassen und führt zu kostspieligen Betriebsunterbrechungen. Aber auch für Getriebe in Kraftwerken, Sperrwerken oder Schifffahrtsschleusen, bei Rohrleitungen oder Pipelines und ganz generell bei Pumpen aller Arten könnte Wasserschmierung Vorteile bringen”, so Reintrieb.

Das Startup wurde 2016 in Wien von den Brüdern Dominik und Vincent Cofalka sowie Siegfried Lais gegründet. Letzterer ist das technische Mastermind hinter der Entwicklung. Das Unternehmen verfügt bereits über ein europäische Patent für ölfreie, wassergeschmierte Hochleistungsgetriebe und will das künftig zu einer Schutzrechtsfamilie ausbauen. Finanziert wurde Reintrieb bislang privat und über Förderungen durch Horizon 2020, aws und FFG.

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v.l. Georg Kopetz, Co-Founder und CEO von TTTech, sowie Lars Reger, Chief Technology Officer bei NXP | (c) NXP Semiconductors und Robert Fritz

Im Jahr 2022 sorgte TTTech mit einem Investment von 250 Millionen Euro durch Audi und Aptiv für Aufsehen und erreichte damit Unicorn-Status (brutkasten berichtete). Nun macht das Wiener Technologieunternehmen erneut Schlagzeilen: Der niederländische Chiphersteller NXP hat eine verbindliche Vereinbarung zum Erwerb von 100 Prozent der Aktien von TTTech Auto abgeschlossen, einschließlich des 35,8-prozentigen Anteils von TTTech. “Die All-Cash Transaktion wird mit 625 Millionen US-Dollar bewertet”, wie es in einer Aussendung am Dienstag heißt.

TTTech Auto wurde 2018 ausgegründet

Nach einer Entwicklungsphase zusammen mit dem Gründungsgesellschafter Audi wurde TTTech Auto 2018 als Automobiltechnologieunternehmen ausgegründet. Infineon, Samsung und Aptiv kamen als Gesellschafter hinzu, während TTTech Kernaktionär des Unternehmens blieb. 

Die Akquisition durch NXP soll nun eine nahtlose Integration der weltweit anerkannten Sicherheitssoftware-Expertise von TTTech Auto (MotionWise) in die sogenannte “NXP CoreRide Plattform von NXP” ermöglichen, wie es vom Wiener Unternehmen heißt. Zur Einordnung: NXP ist in über 30 Ländern vertreten und erzielte 2023 einen Umsatz von 13,28 Milliarden US-Dollar. NXP zählt somit zu den größten Chipherstellern für Autos.

“NXP und TTTech teilen die Vision, sichere und zuverlässige Systeme anzubieten. Dieser Schritt wird großartige neue Möglichkeiten eröffnen, den Übergang zu softwaredefinierten Fahrzeugen in der Automobilindustrie zu beschleunigen, und wir machen nun einen entscheidenden Schritt, der unsere Technologieführerschaft und unsere Ingenieursressourcen in Europa weiter stärken wird“ so Lars Reger, Chief Technology Officer bei NXP.

Kapital soll reinvestiert werden

Ein Teil der Einnahmen aus dem Verkauf der Aktien soll in bestehende und neue Märkte investiert werden. Ziel ist es, die sicheren Netzwerk- und Steuerungslösungen von TTTech schneller voranzubringen. Diese Lösungen sollen in immer mehr intelligenten und autonomen Maschinen eingesetzt werden. Solche Maschinen finden sich in den Bereichen Off-Highway, Luft- und Raumfahrt, Robotik und Energie.

“Diese Akquisition erlaubt es NXP und TTTech Auto sich bei der Gestaltung der Zukunft der software-definierten Fahrzeuge (SDVs) sich nunmehr gemeinsam auf ihre Kernkompetenzen zu konzentrieren. Die Kernunternehmen der TTTech Gruppe werden ihr Portfolio an autonomen und intelligenten digitalen Lösungen für verschiedene Anwendungen wie robotische Maschinen, die Transformation des Energiesektors sowie in Luft- und Raumfahrtsystemen sehr aktiv weiterentwickeln”, so Georg Kopetz, Mitgründer und CEO von TTTech.


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